Flechten-Inhaltsstoffe an Deckglas sublimiert

Begonnen von Rolf-Dieter Müller, November 27, 2012, 22:07:57 NACHMITTAGS

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Rolf-Dieter Müller

Liebe Forumsmitglieder,

bei einem letzten Treffen hatte mich Ralf daran erinnert, Inhaltsstoffe von Flechten zu sublimieren. Das ist natürlich eine gute Möglichkeit, um die Eignung meiner Frühstücksbrett-Sublimationsanlage auch an anderen Stoffen zu probieren, zwar noch ohne Temperatursteuerung, aber einfach mal schauen was kommt.

Die Betriebstemperatur dürfte um 165 °Celsius gewesen sein, eher etwas mehr. Wie ich es bei den Coffeinkristallen beschrieben habe (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=14339.0), wurde wenig Substanz auf Backpapier gelegt, auf einer Heizelementkammer ein Deckglas gelegt und dann für ungefähr 10 Minuten erhitzt. Die Abkühlung erfolgte für 20 Minuten sehr langsam bis auf Zimmertemperatur.

Wer es selbst einmal probieren möchte, gerne auch mit anderen Substanzen, ein Standardverfahren zur Mikrosublimation hat Klaus Herrmann vor ein paar Jahren hier beschrieben: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=668.msg3024#msg3024. Dafür sind wirklich nur Objektträger, Zahnstocher, Wäscheklammer und Feuerzeug nötig und funktioniert immer.

Nachstehend mein Ergebnis als Pol- und bei gleichem Ausschnitt, auch als Fluoreszenzaufnahme. Zeiss 16x/0,5 imm. PlanNeofluar nicht immergiert


Bild 1 – Aufnahme mit gekreuzten Polfiltern


Bild 2 – Auflichtfluoreszenzaufnahme mit Blauanregung (470 nm).

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter Müller

Herne

Hallo Rolf-Dieter,
tolle Bilder! Das zweite gefällt mir besonders.
Gibt es Gewißheiten oder Vermutungen, um welchen Stoff es sich bei  der Sublimation handelt? Der fluoresziert ja sehr stark!

l.G.
Herbert
Die animalcula infusoria sind Blasen mit Neigungen.
G. Chr. Lichtenberg

reblaus

Hallo Rolf-Dieter -

TOP ! Ich sehe schon, wie die Morphologie der Flechtensublimate in die Bestimmungsliteratur Einzug hält.

Viele Grüße

Rolf

Klaus Herrmann

Lieber Rolf-Dieter,

wieder ein sehr schönes Ergebnis! Du hast es gut beschrieben, worauf es ankommt: einigermaßen kontrolliert erhitzen und langsam abkühlen gibt größere Kristalle und einen dichten Besatz.

Im Prinzip ist meine Methode identisch - aber eben nur im Prinzip  ;)

Zitatund funktioniert immer.
Und das stimmt auch nicht, wie man bei meinem Beispiel schön sehen kann: es kann auch schief gehen! >:(
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Gerd Schmahl

Hallo Rolf-Dieter,
hast Du schon mal nur das Backpapier "sublimiert"? Könnte mir vorstellen, dass da vielleicht auch was "abgeht", weiß ich aber nicht. Ich benutze immer gut ausgeglühte Krohnkorken. Da kommt die Ausgangssubstanz rein und der Objektträger direkt drauf. Dann von unten vorsichtig über dem Teelicht erhitzen. Funktioniert auch ganz gut, allerdings natürlich nicht mit so schön messbaren und reproduzierbaren Temperaturen.
Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Klaus Herrmann

Hallo Gerd,

Zitathast Du schon mal nur das Backpapier "sublimiert"? Könnte mir vorstellen, dass da vielleicht auch was "abgeht",

das denke ich nicht. Das Backpapier sollte eigentlich "emissionsfrei" sein; wenn es das nicht wäre, hätten die Hersteller längst eine aufs Haupt bekommen.

# Rolf I
ZitatIch sehe schon, wie die Morphologie der Flechtensublimate in die Bestimmungsliteratur Einzug hält.

Die Morphologie der Kristalle ist sicher zu unsicher, weil es unheimlich viele verschiedene Substanzen bei den Flechten gibt. Die Dünnschichtchromatographie ist da leistungsfähiger. Aber es gibt auch sicher Fälle, wo eine Unterscheidung als zusätzliches Merkmal über die Morphologie der Sublimate möglich ist.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Lothar Gutjahr

Hallo Rolf-Dieter, hallo Klaus,

das ist eine schöne Methode und es sind sehr schöne Bilder die da entstehen. Meine Frage geht dahin, kann man das auch im Reagenzglas erhitzen und das Gas am Ende zu einem kalten Objekträger führen ? Ich denke gerade an einen kleinen Mikroprozessorgesteuerten Glasrohrofen in den ich ein Reagenzglas bis 3 cm Durchmesser stecken kann und der auf 0,1 Grad Celsius genau regelt.  Den habe ich im alten Labor stehen lassen; sollte in aber wohl besser zu meinem postkartengroßen Croisantgrill gesellen, der da organische Dinge zum kristallisieren aufschmilzt.

Wenn der Weg schon zu lang wäre, müßte man einen flachen einfahrbaren Kühlfinger bauen, der einen OT oder ein Deckglas trägt ?

Ich  werde das Gerätchen auf alle Fälle im nachhinein dem Umzugsgut zuordnen und wegholen; ist ja viel zu interessant auch für Schmelzpunktuntersuchungen. Und dann heißt es notfalls >> Versuch macht kluch <<.

Lieben Gruß

Lothar

Ralf

Hallo Flechteninteressierte,

die Methode der Mikrokristallisation zur Identifizierung einiger Flechteninhaltsstoffe ist schon recht alt und zusammenfassend hier beschrieben: Hale, M.E..: The Biology of Lichens. Arnold; London 1967. Ob das über die Methode der Sublimation auch geht ist bisher nicht beschrieben / untersucht worden. Ein Problem ist, dass meist mehrere Flechteninhaltsstoffe vorhanden sind. Zum Beispiel enthält E. prunastri Usninsäure, Evernsäure und Atranorin. Die hier von Rolf-Dieter gezeigte Kristallform ähnelt der, die man erhält wenn man Ervernsäure umkristallisiert. Mehr kann man aber sicher nicht sagen.

Interessant ist vielleicht der Hinweis, dass E. p. früher zur Herstellung von Parfum benutzt wurde.


Lothar Gutjahr

Hallo,

ich habe vergessen bitte,bitte zu sagen. Aber die oben gestellte Frage interessiert mich nach wie vor.:

ZitatMeine Frage geht dahin, kann man das auch im Reagenzglas erhitzen und das Gas am Ende zu einem kalten Objekträger führen ?

Vielen Dank für eine kleine Antwort, ob das geht oder nicht geht. Das Reagenzglas würde  bis auf  4 cm auf der gesamten Länge gleichmäßig erwärmt.

Gruß Lothar

Klaus Herrmann

#9
Hallo Lothar,

Sublimationsapparaturen in der Chemie sind eigentlich immer so konstruiert, dass die Wege kurz sind. Also ein Kühlfinger in einem großen "Reagenzglas", das in einem Heizblock steckt zur homogenen Erwärmung.
Vielleicht findet man im Netz ja unter "Mikrosublimation" ein erhellendes Bild.

http://download.springer.com/static/pdf/491/art%253A10.1007%252FBF01413693.pdf?auth66=1355087096_3ca14f563b0162e2610e78de1ffee04d&ext=.pdf
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Lothar Gutjahr

#10
Guten Abend Klaus,

ja das habe ich befürchtet. Aber mit der Haak´schen Lösung in passend gemachter Form kann ich mir dann schon helfen. Mein relativ starker Bestand an 29 mm Durchmesser VEB-Reagenzgläsern wird da recht praktisch sein. Der Ofen packt in etwa 32 mm , wenn ich die Gastrocknungsvorrichtung herausziehe. ( Mettler DO337 made in Japan) Mit etwas Geschick kann ich da extern eine kleine Kamera anbringen und zuschauen, wann die ersten Niederschläge stattfinden.

Müßte eigentlich mit der 1 € "Beautycam" gehen, auf die ich dankenswerter Weise in "kurioses in ebay " aufmerksam wurde. Die Bedampfung des Heizrohres ist ja durchsichtig und das Schutzrohr auch. Einzig das Metallgitter vom Berührungsschutz muß entfernt werden oder ein größeres Loch als Sichtfenster bekommen. Dann noch den Kryothermostat an dem zu bastelnden Kühlfinger anschließen und schon könnte zur Not bis minus 40°C gekühlt werden. Ich nehme stark an, daß es am einfachsten ist eine Kupferplatte von fast der Breite eines OT´s zu nehmen und diese mit Kühlkanälen und einer Unterdruckleitung zur Ansaugung des OT´s zu versehen.

Ist halt doch schön, wenn so ein Fundus vorhanden ist. Danke für den "Kühlfinger-Springer-Link"

Gruß Lothar

Edit: ein Buchstabe ausgewechselt

Nutzer nicht mehr aktiv

#11
Der Japaner Asahina hatte damals für Flechten ein Standard Verfahren erstellt.
Nur so kann man die Stoffe versuchen zu kristallisieren.

Ein etwa 1 cm² großes Stück auf ein Objektträger.
Dieses Stück mit Aceton beträufeln. Das Aceton verfliegt und um das Stück entsteht ein Kristallrand.
Das Stück entfernen und in die Mitte eines dieser Mixturen einen Tropfen in die Mitte geben:

Glycerin-acetic acid 2:1
Glycerin-alcohol-water 1:1:1
Glycerin-alcohol-o-toluidine 2:2:1
Glycerin-alcohol-aniline 2:2:1
Glycerin-alcohol-quinoline 2:2:1

Ein Deckglas drauf und über einen Bunsenbrenner z.B. erwärmen.
Danach kalt werden lassen. Jetzt mit Pol unter dem Mikroskop ansehen.

Nur so funktioniert das bei Flechten. Wie Ralf schon geschrieben hat, ist das bei Flechten nicht einfach, weil Flechten meistens mehr als einen Inhaltsstoff haben.
Asahina war auch einer, der das sehr gut konnte und ein Fachmann in diesem Bereich war.



Lothar Gutjahr

Schön, schön Lecanora,

danke für die Erklärung, die auch irgendwie interessant ist. Aber wenn ich schon einen µ-prozgesteuerten Ofen habe der das Durchfahren eines Temperaturbereichs ermöglicht und auf ein zehntel Grad die Temperatur halten kann, sollte eine gestufte Trockendestillation die exaktere Möglichkeit sein, einzelne Stoffe zu gewinnen.

Davon abgesehen, daß ich mit den aus Flechten zu gewinnenden Stoffen nichts anzufangen weiß außer vielleicht schöne Fotos zu machen, werde ich mich mit der geplanten Anlage banaleren Dingen zuwenden und die Flechten lassen wo sie sind. Aber man soll ja nie "NIE" sagen.

Schon dein Sprüchle: "Nur so kann man die Stoffe versuchen zu kristallisieren." müßte Grund genug sein es doch zu tun.

@ hallo Rolf-Dieter,

ich gehe mal davon aus, daß mein Vorhaben noch nicht zu sehr als als Off topic empfunden wird. Es bietet sich ja auch durchaus die Möglichkeit an, so eine Frage wie von Gerd gestellt, interessehalber zu untersuchen. Ich bin jetzt nicht ganz sicher, meine aber, daß ich mit dem Glasrohr bis 400 Grad fahren kann. Wichtig ist dann die von dir im anderen thread angedeutete "Niederschlagsüberwachung". Dazu könnte man auch eine Lichtschranke mit einstellbarem Schwellwert verwenden um eine Frühwarnung zu bekommen.

Da entsteht noch eine Frage: "wie weit ist diese ganze Geschichte lageabhängig ? Den Objektträger sollte der Sensor entweder von der Seite oder von oben mustern können. Ein Kühlfinger zu gestalten, der beidseitig einen OT aufnimmt wäre vermutlich auch in so fern interessant, daß man weniger Reinigungsarbeit hat.

Gruß Lothar

Bernhard Kaiser

#13
ZitatDas Stück entfernen und in die Mitte eines dieser Mixturen einen Tropfen in die Mitte geben:
So sollte eine Anleitung nicht aussehen!

ZitatGlycerin + Eisessig 2:1
Glycerin + 95% Alkohol + Wasser 1:1:1
Glycerin + 95% Alkohol + ortho-Toluol 2:2:1
Glycerin + 95% Alkohol + Anilin 2:2:1
Glycerin + 95% Alkohol + Quinolin 2:2:1
ortho-Toluol gibt es nicht. Ortho- meta- para setzt immer 2 Substituenten am Benzolring voraus. Toluol hat nur einen.

was ist Quinolin? Soll vielleicht Chinolin heißen?

Nutzer nicht mehr aktiv

Dann eben aus dem Englischen

Glycerin-acetic acid
Glycerin-alcohol-water
Glycerin-alcohol-o-toluidine
Glycerin-alcohol-aniline
Glycerin-alcohol-quinoline

ZitatDas Stück entfernen und in die Mitte eines dieser Mixturen einen Tropfen in die Mitte geben:
So sollte eine Anleitung nicht aussehen!

Dann selber was schreiben.