Herr Asplanchna treibt´s mit einer Goldalge…

Begonnen von Michael Plewka, September 24, 2014, 20:40:25 NACHMITTAGS

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Michael Plewka

....könnte man angesichts dieses Zusammentreffens eines Asplanchna-Männchens mit der Synura-Goldalge glauben  ;-)


hallo zusammen,

Bekanntermaßen  gibt es bei den meisten Rädertierarten entweder Zwergmännchen oder gar keine. Nicht so bei Asplanchna: hier sind die Männchen nur etwas kleiner als die Weibchen, haben aber keinen Verdauungsapparat, d.h.  der Magen und auch der Kauer  fehlt bei ihnen. Bei diesem Exemplar von Asplanchna priodonta fällt auch noch ein Cerebralaugenfleck (roter Punkt) auf. Am Ende des Rumpfs befinden sich die männlichen Geschlechtsorgane einschließlich des ausgestülpten Penis, der bei diesem Exemplar zufällig neben der Goldalge positioniert ist:




In der Detailaufnahme erkennt man zentral den Hoden, der nach rechts durch eine Membran von eine syncytialen Masse abgegrenzt wird, die -ebenfalls von einer Membran umhüllt- zum Vorderteil des Körpers immer dünner wird und an der Körperwand aufgehängt ist. Der Hoden ist zum Vorderende (= rechts) hin mit kugelförmigen Zellen gefüllt, die ich für unreife Spermien halte. Die eigentlichen Spermien sind spindelförmig und mit einem * gekennzeichnet. Im Bereich, der mit Pfeilen markiert ist, befinden sich nadelförmige Gebilde, die im Englischen  "rods" heißen. Diese werden von (hier nicht sichbaren) Zellen gebildet, die als atypische Spermien bezeichnet werden. Die ,,rods" haben die Funktion, den Eintritt der eigentlichen Spermien in den Körper des Weibchens zu erleichtern. Die mit Pfeilspitzen gekennzeichneten Gebilde sind akzessorische Drüsen. Der Penis (Pe) ist an der Spitze mit Cilien besetzt. Bl= Blase.



Während die Zwergmännchen anderer Arten (ebenfalls ohne Verdauungsorgane) immer deutlich schneller als die Weibchen unterwegs sind, bewegen sich die Asplanchna-Männchen zumindest auf dem Objektträger ähnlich gemächlich wie die Weibchen. Wie sich die Viecher in der Natur /Freiwasser begegnen können, ist mir schleierhaft, ist aber eine Sache der Wahrscheinlichkeit und scheint ja zu funktionieren.
weitere Bilder zu Asplanchna hier:

http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/E-TL/Genus/Asplanchna.html


beste Grüße Michael Plewka

talrand

#1
 :D
Hallo Michael, als im doppelten Sinne "alter" Rotatorien-Fan bin ich völlig begeistert von diesen Details.
Nöh, sowas hab ich live noch nie gesehen. Obwohl, Asplanchnas hatte ich schon unter dem damaligen "Neckermann", ich hab gerade nachgeschaut, das war Mai und Juli 1984 aus dem Seerosenteich im Botanischen Garten an der Schweizerstr.  DU Neudorf, hab noch ne Zeichnung mit Maßen, 550 bis 670 mü, war wohl ne priodonta......
Uff......
Viele tolle Bilder mehr von dir wünscht sich
Randolf
Randolf aus Duisburg

Hund Medicus HF mit schiefer Beleuchtung (Kreutzblende) und Dunkelfeld.

Michael Plewka

#2
hallo Randolf,

wie es wohl heute in dem Teich aussieht? Ob es den noch gibt?
Manche Viecher halten sich recht lang in einem Gewässer.....


beste Grüße Michael Plewka

Klaus Henkel

Zitat von: Michael Plewka in September 24, 2014, 20:40:25 NACHMITTAGS

Bekanntermaßen  gibt es bei den meisten Rädertierarten entweder Zwergmännchen oder gar keine. Nicht so bei Asplanchna: hier sind die Männchen nur etwas kleiner als die Weibchen, haben aber keinen Verdauungsapparat, d.h.  der Magen und auch der Kauer  fehlt bei ihnen. Bei diesem Exemplar von Asplanchna priodonta fällt auch noch ein Cerebralaugenfleck (roter Punkt) auf. Am Ende des Rumpfs befinden sich die männlichen Geschlechtsorgane einschließlich des ausgestülpten Penis, der bei diesem Exemplar zufällig neben der Goldalge positioniert ist:

Während die Zwergmännchen anderer Arten (ebenfalls ohne Verdauungsorgane) immer deutlich schneller als die Weibchen unterwegs sind, bewegen sich die Asplanchna-Männchen zumindest auf dem Objektträger ähnlich gemächlich wie die Weibchen. Wie sich die Viecher in der Natur /Freiwasser begegnen können, ist mir schleierhaft, ist aber eine Sache der Wahrscheinlichkeit und scheint ja zu funktionieren.


Die Männchen sind im Vergleich zu den Weibchen relativ winzig. Sie schwärmen hurtig umher, um ein Weibchen zu finden. Das muß bald geschehen, denn ihr Energievorrat ist nur gering, und sie können ihn nicht ergänzen, weil sie keine Freß- und Verdauungsorgane haben. Stoßen sie auf ein Weibchen, so bohren sie deren Außenhülle, die "Haut", an einer beliebigen Körperstelle an und stecken ihren Penis hinein. Oft sieht man man mehere bis viele Männchen auf einem einzigen Weibchen "hocken".

Wegen der Jungfernzeugung sind die meisten Weibchen in einem kleineren Gewässer, wie einem Teich oder Weiher sowieso Klone von einander, so daß eine Mehrfachbegattung durch verschiedene Männchen keine Konkurrenzsituation verursacht, sie sind alle gleich, haben dieselben Erbanlagen. Daher würde es wenig Sinn machen, wenn die Männchen sich bekämpften.

Das zur Ergänzung.

Hier eine Lebendgeburt:
http://www.klaus-henkel.de/asplgeb.html

Ich kenne Planktonfreunde, die schon viele Jahre tümpeln, aber noch nie ein Asplanchna-Männchen gesehen haben.

Gute Nachtgrüße
KH


Rawfoto

Hallo Michael

Tolle Doku, wieder was gelernt ...

Liebe Grüße vom Pillersee (wo ich gerade 2 Nächte verbringe)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

talrand

#5
 :D
ZitatIch kenne Planktonfreunde, die schon viele Jahre tümpeln, aber noch nie ein Asplanchna-Männchen gesehen haben

Ja, was finde ich denn da in meinen Aufzeichnungen:
19.05.1983 1984, sorry, eine Asplanchna ohne Ovarien, 250 µm, männlich; in gleicher Probe einige Asplanchna brightwelli mit bandförmigem Ovar.
Dazu kamen noch Synchaeta pectinata, Polyartha remata, Trichotria pocillum, Keratella quadrata und cochlearis, Testudinella elliptica, Filina longiseta longiseta, Lecane closterocerca (in Formalin und KOH gelegt und Kauer gezeichnet, brutal der Kerl) und Lecane flexilis.

Lange her, hatte ich schon fast vergessen.

Randolf
Randolf aus Duisburg

Hund Medicus HF mit schiefer Beleuchtung (Kreutzblende) und Dunkelfeld.

talrand

#6
Zitat von: Michael Plewka in September 25, 2014, 22:07:51 NACHMITTAGS
hallo Randolf,

wie es wohl heute in dem Teich aussieht? Ob es den noch gibt?
Manche Viecher halten sich recht lang in einem Gewässer.....


beste Grüße Michael Plewka


Lieber Michael, der Teich existiert noch im Neudorfer Botanischen Garten, ohne Frage.
Bloß, ob man das ungesteinigt oder geteert und gefedert überlebt, ein Planktonnetz da durchzuziehen?
Schon damals wurde man da sehr angemacht: Sie fangen doch da wohl keine Molche, oder?
Droh, böse!! Erregte Bürgerseelen!
Muß aber wirklich mal die Lage sondieren.
Randolf
Randolf aus Duisburg

Hund Medicus HF mit schiefer Beleuchtung (Kreutzblende) und Dunkelfeld.

Klaus Henkel

Zitat von: talrand in September 26, 2014, 15:56:40 NACHMITTAGS

Lieber Michael, der Teich existiert noch im Neudorfer Botanischen Garten, ohne Frage.
Bloß, ob man das ungesteinigt oder geteert und gefedert überlebt, ein Planktonnetz da durch zu ziehen?
Schon damals wurde man da sehr angemacht: Sie fangen doch da wohl keine Molche, oder?
Droh, böse!! Erregte Bürgerseelen!
Muß aber wirklich mal die Lage sondieren.
Randolf

Was ist erlaubt oder nicht?
Lesen Sie zunächst hier:
http://www.klaus-henkel.de/wilderei.html

Gruß
KH

talrand

Danke für die Infos, lieber Klaus Henkel.
Aber was gilt für Teiche ohne Fischbesatz?
Muß ich noch mal checken.

Randolf K.
Randolf aus Duisburg

Hund Medicus HF mit schiefer Beleuchtung (Kreutzblende) und Dunkelfeld.

Michael Plewka

#9
hallo Herr Henkel,

ZitatDie Männchen sind im Vergleich zu den Weibchen relativ winzig
Wie in meinem  Betrag zu lesen bezog ich mich  auf Asplanchna und deren Besonderheiten.
Aber zu den Fakten:.
Körperlänge Asplachna priodonta männlich: 322µm/ 328µm (2 Expl).
Körperlänge Asplachna priodonta weiblich: 432µm / 442µm (2 Expl.), d. h. die Weibchen sind ca. 30% größer.

Bei  beispielsweise Brachionus calyciflorus (Männchen 98µm; Weibchen 297µm) oder Polyarthra dolichoptera (Männchen 62µm , Weibchen 222µ; alle Werte an fotografierten Exemplaren gemessen und insofern nachvollziehbar),  sind die Weibchen somit dreimal so groß wie die Männchen, was die Bezeichnung ,,Zwergmännchen" durchaus rechtfertigt. Bezogen auf Asplanchna halte ich Ihre Aussage allerdings für unzutreffend.

ZitatSie schwärmen hurtig umher
gilt für Zwergmännchen anderer Arten sicherlich, nicht aber für Asplanchna-Männchen.

ZitatOft sieht man man mehere bis viele Männchen auf einem einzigen Weibchen "hocken".

Habe ich noch nicht gesehen. Es wäre schön, wenn Sie davon mal ein Foto zeigen könnten, erst dann glaube ich das.

Eine Fotoserie der Begattung von  Cephalodella gibba nämlich zeigt, dass  der Begattungsversuch eines zweiten Männchens nicht zum Erfolg führte:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/C.gibba.Paar1.html

Eine Serie von einer Lebendgeburt bei Asplanchna hatte ich schon mal hier im Forum gezeigt:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Asplanchnella%20sieboldi.html

@ Randolph: zwar ist Duisburg nur 60 Automin. von Hattingen weg, doch gehört dieses Gebiet nicht zu meinen bevorzugten Probeentnahmestellen. Ändert sich ja vielleich mal, wenn was besonderes auftaucht....

@ Gerhard: ich wünsche tolle Funde!

beste Grüße Michael Plewka

Martin Kreutz

Hallo Michael,

meinen Glückwunsch zu den ausgezeichneten Fotos und zum Fund des Männches von Asplanchna. Ich selbst hatte 2007 zum ersten mal die Gelegenheit auch ein Männchen zu finden. Ich möchte Deinen thread nutzen, es um einen meiner Funde zu erweitern. Keine Angst, es kommt jetzt kein "me too" Bild! Statt dessen möchte ich zwei Bilder eines Fundes beitragen, der (nach meiner Interpretation) mit der sexuellen Vermehrung von Asplanchna zusammenhängt. Bevor die Eizelle durch ein Spermium des Männchens befruchtet werden kann, muss in dieser die meiotische Reifeteilung erfolgen. In den Proben, in denen ich 2007 auch zwei Männchen gefunden habe, fand ich auch ein Weibchen mit einer auffälligen Kernteilung im Eierstock. Im folgenden Bild erkennt man deutlich die Mitosespindel und die Chromatiden (Pfeil). Die Spindelpole sind etwa 50 µm voneinander entfernt:



Hier diese meiotische Teilung mit Ölimmersion:



Pol = Polkörper
SP = Spindelpol

Dass es sich hier wirklich um eine Reifeteilung einer Eizelle handelt und um keine "normale" Mitose, schließe ich aus zwei Merkmalen:

- die in Teilung befindliche Zelle ist sehr groß
- ich glaube auf ca. 16:00 Uhr einen Polkörper identifizieren zu können

Evtl. handelt es sich aber auch einfach um den Beginn der Empryonalentwicklung nach der Befruchtung. Dann sähe man hier die Mitose. Vielleicht weiß jemand mehr.

Schönen Abend

Martin






Michael Plewka

Hallo Martin,

deine Bilder sind genial und somit eine echte Bereicherung für diesen Thread!  Vielen Dank, dass  du sie bereitgestellt hast.
Ich habe sowas noch nicht gesehen. Liegt hier eine Meiose vor? Ich habe bisher immer gedacht, die Meiose würde im Eierstock passieren, bevor die Zellen anschließend mit Dotter gefüllt werden. Ich habe versucht, den Zeitpunkt der Meiose in der Literatur zu finden, aber bisher vergebens.
Dein erstes Bild erinnert mich an eine Schemazeichnung aus dem Buch "Microscopic Anatomy of the Invertebrates. Vol.4".
dann wäre die große Zelle ein sich entwickelnder Embryo.

beste Grüße Michael Plewka

Martin Kreutz

Hallo Michael,

vielen Dank, dass Du es so postiv aufgenommen hast, dass ich Deinen thread "missbraucht" habe. Inzwischen glaube ich auch, dass hier eher eine Mitose in einem sich entwickelnden Embryo zu sehen ist und keine Meiose. Eine meiotische Reifeteilung findet allerdings auch schon im Embryo statt. D.h., wenn das Embryo dann irgendwann fertig entwickelt ist und schlüpft, sind in den weiblichen Tieren in den Eierstöcken bereits alle durch Reduktionsteilung entstandenen Eizellen vorhanden, die im weiteren Leben des Tieres auch nicht mehr erneuert werden. D.h. die Reduktionsteilung zur Reifung von Eizellen durch Meisose findet bereits im Mutterleib statt. Dies ist auch beim Menschen so. Ich weiß allerdings nicht, wann in der Embryonalentwicklung dieser Reifungsprozess stattfindet. Es scheinen in dem Stadium auf meinem Bild nur sehr wenige Zellen vorhanden zu sein. Eine echte Zelldifferenzierung scheint noch nicht stattgefunden zu haben. Ich vermute, wissen tue ich es nicht, dass die Reifeteilung erst dann stattfindet, wenn sich der spätere Eierstock im Embryo entwickelt. Durch den einmaligen Fund lassen sich leider keine weiteren Angaben machen. Ich habe diese Zellteilung übrigens dadurch gefunden, dass ich eine sehr dicke Planktonprobe (vom Bodensee) unters Deckglas gebracht habe und leicht gepresst habe, so dass alle Exemplare festgelegt und etwas "verbreitert" waren. Dann haben ich mit dem 10X Objektiv gezielt die Ovarien und Embryonen angeschaut. Ich weiß nicht mehr, wieviele Exemplare ich untersucht habe (ist ja ein paar Jährchen her), aber ca. 200 mögen es gewesen sein. Dieser Zustand der gut sichtbaren Zellteilung hält auch temporär nur kurz an. Danach werden die Zellen immer kleiner und die Zellteilungen gehen im "Zell-Salat" unter.

Schönen Sonntag!

Martin

rhamvossen

Hallo Michael,

ZitatOft sieht man man mehere bis viele Männchen auf einem einzigen Weibchen "hocken".

Habe ich noch nicht gesehen. Es wäre schön, wenn Sie davon mal ein Foto zeigen könnten, erst dann glaube ich das.

Ich vermute, du kannst eine sehr lange Zeit warten bis KH solch ein Bild zeigen wird. Kritik geben ist nämlich einfacher als selber beobachten,  fotografieren und zeigen. Beste Grüsse,

Rolf

Eckhard

Hallo Rolf,

toller Beitrag! Trägt zur sachlichen Diskussion bei.

Herzliche Grüsse,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
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