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Fixierung von Ciliaten

Begonnen von Michael Müller, März 08, 2015, 11:52:29 VORMITTAG

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Michael Müller

Hallo liebe Microforengemeinde,

da ich auf Formaldehyd allergisch reagiere, war ich seit einiger Zeit auf der Suche nach formalinfreien Fixierungen für Ciliaten.
Es gab vor einiger Zeit mal einen Forumsbeitrag in dem Glutaraldehyd empfohlen wurde. Leider ist das, zumindest in den benötigten Kleinmengen, schwer zu beschaffen. Auch die Durchführung ohne Loborausrüstung erschien mir schwierig. Deshalb habe ich vorab mit vielen mir zugänglichen Fixierungen ein klein wenig herumexperimentiert.
Von Hitze bis Kälte, Lugol bis Alkohol, alle Versuche zerstörten die äußere Form der Ciliaten und erwiesen sich als unzulänglich - bis ich aus lauter Verzweiflung zu einer frei und an jeder Ecke  erhältlichen Haushalts-Chemikalie griff.
Ich habe einfach wahlos einen Ciliat (Größe ca. 100µ) auf ein Objekträger pipettiert, ein Tropfen Fixierung dazu, Deckglas und habe folgendes erhalten:

Objektiv 10x


Objektiv 40x, gestacked aus 18 Eizelaufnahmen


Die Bilder haben sicher nicht die hier übliche Qualität, da ich nur eine einfache Okularkamera verwendet habe und eigendlich auch nur Belegfotos machen wollte. Dennoch glaube ich, dass klar wird, dass die Fixierung - wider Erwarten - recht gut geklappt hat.

Die Fixierflüssigkeit besteht aus: Wasser, Propylenglykol, Glyzerin, 12mg/ml Nikotin und Aromen. Es handelt sich um Liqud für E-Zigaretten, das in jedem Tabakladen für ca. 4€ pro 10ml zu erhalten ist. Welcher Bestandteil für die Fixierung verantwortlich ist - Propylenglykol od. Nikotin - weis ich nicht.

Wie gut die Fixierung wirklich ist, kann ich mit meiner Ausrüstung nicht beurteilen. Für meine Zwecke ist sie sicherlich ausreichend. Vielleicht hat ja jemand Lust, mal bessere Vergleichsfotos ins Forum zu stellen?

Zumindest hat diese Fixierung einige unschlagbare Vorteile:
- völlig ungiftig (bis auf Nicotin)
- preiswert
- leicht erhältlich
- und - last but not least - wer kann schon bei seiner Fixierung zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen wählen.  ;D

Viel Spass beim Ausprobieren,

Michael Müller

PS: Vor lauter Fixieren habe ich mich gar nicht groß um den Ciliat gekümmert; vielleicht hat ja jemand einen Tip zur Bestimmung?

Gerne per Du

limno

Hallo Michael,
der Ciliat könnte Paramecium caudatum gewesen sein, zumindest wenn man die Form und Bewimperung  betrachtet.Allerdings ein recht kleines Exemplar. Tipp: Hat man einen unbekannten Organismus im Wassertropfen, ist es von Vorteil, nicht sofort ein Deckglas aufzulegen, sondern zunächst bei niedriger Objektivvergrößerung dessen Bewegungen und Aussehen genau zu betrachten; notfalls ein Foto/Video davon machen, auch wenn's keinen Schonheitspreis dafür gibt. Denn nach Auflegen des Deckglases (besonders wenn die Dicke der Waserschicht gering ist) verändert sich die Gestalt oft rasch, Paramecium caudatum z.B. nimmt dann rundlichere Formen an und schwimmt auch nicht mehr in torkelnden Schraubenlinien Wenn Dein fixierter Ciliat so nahe an die lebende "Version" heranreicht, sieht das doch recht gelungen aus!
Schöne Mikrogrüße
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Michael Müller

Hallo Heinrich,

vielen Dank für deine schnelle Antwort.
Es ist immer schwer, Artbestimmungen aufgrund von schlechten Fotos und noch dazu bei fixiertem Material zu versuchen. Auf den Bildern ist leider nicht zu erkennen, dass das Tier ein adorales Membranellenband hat, dass auf der Bauchseite zum Zellmund führt. Direkt am Mikroskop ist das recht eindeutig. Außerdem habe ich am Stemi das Tier längere Zeit beobachtet. Es is platt wie eine Flunder, gleitet am Boden entlang und strudelt sich die Nahrung in den Mund. Ich würde das Tier eher in die Ordnung Stichotrichia verordnen. Wenn ich mehr güne Flecken im Tier erkennen würde, würde ich eher auf Paraurostyla viridis tippen. Ich halte die wenigen grünen Flecken (die auf dem miesen Foto nicht zu sehen sind) aber eher für Nahrungsreste als für Zoochlorellen.
Ich zeige dir noch ein Foto eines anderen Exemplares (ca. 110µ), bei dem man von seitlich, unten auf die Bauchseite blickt. Vielleicht kann man hier das Membranellenband erahnen.



Ich glaube, dass meine Fotos für eine Bestimmung nicht ausreichen. Trotzdem bin ich für alle Tipps dankbar.

Ich habe übrigens mehrmal versucht, den Ciliat lebend zu beobachen. Die Tiere pflegen lange bevor sie durch das Deckglas festgelegt sind, zu platzen - wahrscheinlich mache ich da was falsch oder die Tiere sind sehr empfindlich. An meinem Mikroskop kann ich (ausser Bewegungen) keine Unterschiede zwischen lebenden und fixierten Tieren beobachten - was nicht viel heissen mag.

Grüsse,

Michael
Gerne per Du

limno

#3
Hallo Michael,
ein stichotricher Ciliat ist es auf jeden Fall!
Herzliche Mikrogrüße!
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

limno

Hallo Michael,
ich muss nochmal was nachfragen: Du schriebst, dass Du Lugolsche Lösung probiert hast. Eigentlich ist Lugol ein recht gutes Fixiermittel, das hervorragende Ergebnisse liefert,(Streble/Krauter, S.23, 10. Auflage) wie ich selbst schon beim Auszählen von Plankton feststellen konnte. Mit welcher Konzentration hast Du gearbeitet?
Und noch eine Frage an ALLE, besonders die Chemiker in der werten Runde; Ist in der Lugolschen Lösung bereits Natriumacetat bzw. Eisessig enthalten, oder muss das noch in entsprechender Menge zugefügt werden?

Liebe Grüße und besten Dank
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Michael Müller

Hallo Heinrich,

ja, ich habe Lugol in unterschiedlichen Konzentrationen probiert. Zur Standardlösung habe ich, wie in Streble/Krauter beschrieben, Essigsäure zugesetzt. Es gibt Lugol aber auch bereits mit Natriumacetat zu kaufen (ich glaube unter dem Namen "Lugol-Plus" od. so ähnlich).
Lugol hat gut fixiert für Phytoplankton und Mehrzeller wie Nematoden, Tardigraden u. ä. Ciliaten wurden nicht so gut fixiert. Der Körper wurde stark deformiert und ist oft geplatzt. Zirren waren aber noch gut zu erkennen. Eiweiß wurde denaturiert. Die oben vorgeschlagene Fixierung liefert weit bessere Ergebnisse: Form bleibt erhalten, Eiweiß wird nicht denaturiert sondern - wahrscheinlich - quervernetzt. Zellstrukturen bleiben wohl weitgehend erhalten.
So ist z.B. bei den oben gezeigten Exemplaren (und auch bei den 3 weiteren von mir fixierten) jeweils an der Stelle des Zellmundes - selbst auf diesen Fotos -ein Spalte zu sehen. Ob das der Zellmund ist, weis ich nicht - jedenfalls ist diese Zellorganelle bei allen untersuchten Exemplaren vorhanden. Dies war mit meiner Ausrüstung an lebenden Tieren so nicht zu beobachten.

Grüsse

Michael
Gerne per Du

limno

#6
Hallo Michael,
Mmh..sonderbar. Mir ist es auch schon mal in anderem Zusammenhang passiert, dass der Streble/Krauter sich geirrt hat, aber hier...-bei einer Standardmethode? Da bin ich überfragt, woran das schlechte Ergebnis liegen könnte. Das würde mich genauso brennend interessieren wie Dich.
Bitte helft uns!
Herzliche Grüße
Heinrich
P.S. Diese am Rand bewimperte "Spalte"ist der "Zellmund" und ein gutes Erkennungsmerkmal bei den Stichotricha und Hypotrichia
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Michael Müller

Hallo Heinrich,

soweit, dass der Streble/Krauter sich geirrt hat, würde ich nicht gehen. Die Fixierung mit Lugol und Auszählung des Sediments ist eine Standardmethode zur Gewässeruntersuchung (Utermöhl Methode) Sie wird in der Literatur aber ausdrücklich nur für Phytoplankton empfohlen. Vielleicht hängt der Erfolg bei Ciliaten ja von der Widerstandsfähigkiet der Tiere ab. Wie gesagt, die von mir untersuchten Ciliaten waren sehr empfindlich und sind beim leisesten Deckglasdruck geplatzt.
Bei Lugol werden die Tiere durch Denaturierung des Eiweiß sehr trübe. Zum Auszählen mag das ja nicht stören, zur genaueren Untersuchung aber schon.
Ich habe heute ein paar Euplotes nach meiner Methode fixiert und muss sagen, dass das die Tiere immer noch aussehen wie im Streble/Krauter abgebildet (auch verglichen mit den Fotos). Es würde mich wirklich interessieren, wie Experten diese Fixierung beurteilen. Will nicht jemand mal einen Versuch machen? Am E-Liquid solls nicht scheitern. Ich bin gerne bereit an Interessierte eine Kleinmenge zu schicken.

Grüsse

Michael
Gerne per Du

knipser009

Zitat von: limno in März 09, 2015, 10:22:25 VORMITTAG
Hallo Michael,

Und noch eine Frage an ALLE, besonders die Chemiker in der werten Runde; Ist in der Lugolschen Lösung bereits Natriumacetat bzw. Eisessig enthalten, oder muss das noch in entsprechender Menge zugefügt werden?

Liebe Grüße und besten Dank
Heinrich

hallo Heinrich

LUGOLsche Lösung enthält von Ansatz her nur Kaliumjodid und elementares Jod in wäßriger Lösung. Elementares Jod löst sich nur minimal in Wasser, aber sehr gut in der wäßrigen lösung seines Salzes Kaliumiodid unter Bildung von KI5. Ein Zusatz von Essigsäure HAc mit ihrem Salz, dem Acetat, bewirkt nur eine Einstellung des pH-Wertes so um pH = 4,8  +/- 0,5  je nach Mischungsverhältnis HAC / Ac.
Ein Zerplatzen des Einzeller kann eventl dadurch erklärt werden, dass die Gesamtlösung zu gering konzentriert ist und dass das Lösungsmittelwasser per Osmose versucht, den  hochkonzentrierten Cilaten zu "verdünnen" , was natürlich zum Platzen des Ciliaten führt.
Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

Eckhard

Hallo,

alle Fixierungen erzeugen Artefakte. Das ist auch nicht so schlimm, so lange man weiss, was Artefakte sind und was nicht. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, etablierte Fixiermethoden zu benutzen. Ansonsten sind die Ergebnisse nicht vergleichbar und nicht aussagekräftig.

Herzliche Grüsse,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Michael Müller

Hallo Wolfgang,

an Osmose hatte ich auch schon gedacht. Als die ersten Versuche mit LUGOL in einer Konzentration, bei der die "Färbung an Kognak erinnert" (Streble/Krauter) fehl geschlagen sind, habe ich folgende Versuche gemacht:

1. LUGOL weiter verdünnt, um das Konzentrationsgefälle zu minimieren: Fixierung des Ciliaten dauert mehrere Sekunde; Ciliat wird dann trübe und sedimentiert; Zellen geplatzt, Zirren nicht sehr gut fixiert.
2. LUGOL im Vergleich zur Standardlösung konzentrierter eingestellt: Fixierung augenblicklich; Ciliat wird dann trübe und sedimentiert; Zellen geplatzt, Zirren sehr gut fixiert. Insgesamt etwas besser.
3. LUGOL unverdünnt: Fixierung augenblicklich; Ciliat wird dann trübe und sedimentiert; Zellen geplatzt, Zirren sehr gut fixiert. Insgesamt etwas schlechter als bei 2.

Da die stark verdünnte Lösung ebenfalls zum Platzen führt, glaube ich nicht an ein Osmose-Problem, da der osmotische Druck bei kleinem Konzentrationsgefälle entsprechend kleiner sein müsste. Vielmehr glaube ich, dass LUGOL zur Denaturierung des Eiweiß in der Zelle führt. Dabei quillt das Material möglicherweise auf, was, je nach Stabilität der Zellwand, zum Platzen führt. Dies würde auch erklären, warum LUGOL bei Algen bessere Ergebnisse zeigt.

Bei der oben vorgestellten Fixiermethode beruht die Fixierung wohl auf dem enthaltenen Nikotin (immerhin 12%). Nikotin schädigt wohl auch den Cilienschlag der Flimmerzellen in den Atemwegen.

Um den Fixiererfolg genauer zu beurteilen, habe ich gesten 3 Exemplare eines alten Bekannten, "Euplotes muscicola" fixiert. Mit diesen Tieren, im lebenden Zustand, habe ich mich die letzten Wochen  genauer beschäftigt und kenne ihr Aussehen daher recht gut. Die fixierten Tiere sind in meinen Augen genauso transparent wie die lebenden. Die Zellform und die Organellen sind gut erhalten. Lediglich die Zirren sehen z.T. so aus, als ob sie sich in "Haarbüschel" verwandelt hätten. Ich kann mit meinem Instrument nicht feststellen, ob diese Büschel wirklich aus den Zirren entstanden sind oder ob Trichozysten ausgelöst wurden (besitzt Euplotes Trychozysten?).

Insgesamt glaube ich, dass die Nikotinfixierung für den Amateur durchaus interessant ist, da sie
- praktisch ungiftig
- problemlos durchführbar
- eine lebensnahe Fixierung
- leicht zu beschaffen
- preiswert
ist.

Ich würde mich wirklich freuen, wenn jemand anderes diese Fixierung mal ausprobieren würde.

Grüsse,

Michael
Gerne per Du

treinisch

Hallo,

auch auf die Gefahr hin, etwas überlesen zu haben: Was spricht eigentlich dafür, dass es sich im vorliegenden Fall überhaupt um eine Fixierung handelt?

Töten ist doch wohl sicherlich nicht synonym zu fixieren?

vlg
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Klaus Henkel

Zitat von: treinisch in März 10, 2015, 13:50:42 NACHMITTAGS
Hallo,

auch auf die Gefahr hin, etwas überlesen zu haben: Was spricht eigentlich dafür, dass es sich im vorliegenden Fall überhaupt um eine Fixierung handelt?

Töten ist doch wohl sicherlich nicht synonym zu fixieren?

vlg
Timm

Richtig. Die Fixierung soll die sicht- bzw. mikroskopierbaren Organe so erhalten, wie sie vor Beginn der Fixierung waren - möglichst alle Organe, die meisten oder ganz bestimmte.

Allerdings bin ich etwas verunsichert, weil es sich im vorliegenden Fall nicht auisweislich des "Betreff" gar nicht um eine Fixierung, sondern um eine Fuxierung handeln soll.

Boys & Girls, schlampt nicht so viel im Betreff, sonst kann der ganze Thread mit der Suchfunktion des Forums niemals gefunden werden.

Und Gruß
KH

Rene

Zitat von: Klaus Henkel in März 10, 2015, 14:17:57 NACHMITTAGS
Richtig. Die Fixierung soll die sicht- bzw. mikroskopierbaren Organe so erhalten, wie sie vor Beginn der Fixierung waren - möglichst alle Organe, die meisten oder ganz bestimmte.

Well , technically speaking there's a difference between fixation and preservation. That shouldn't matter in this discussion though.

René

Michael Müller

Hallo!

Zitat von: Klaus Henkel in März 10, 2015, 14:17:57 NACHMITTAGS
Allerdings bin ich etwas verunsichert, weil es sich im vorliegenden Fall nicht auisweislich des "Betreff" gar nicht um eine Fixierung, sondern um eine Fuxierung handeln soll.

Boys & Girls, schlampt nicht so viel im Betreff, sonst kann der ganze Thread mit der Suchfunktion des Forums niemals gefunden werden.

Entschuldigung für die Schlamperei, ich habe aber erst jetzt begriffen, dass ich den Betreff in der Übersicht ändern kann, wenn ich den ersten Eintrag editiere.

Zitat von: Klaus Henkel in März 10, 2015, 14:17:57 NACHMITTAGS
Richtig. Die Fixierung soll die sicht- bzw. mikroskopierbaren Organe so erhalten, wie sie vor Beginn der Fixierung waren - möglichst alle Organe, die meisten oder ganz bestimmte.

Ja, Töten ist einfach. Meiner Meinung nach erhält die vorgeschlagene Fixierung die sicht- bzw. mikroskopierbaren Organe recht zufriedenstellend. Darum geht es ja gerade.
Ob das Ergebniss über längere Zeit konserviert wird, kann ich noch nicht sagen.

Grüsse

Michael
Gerne per Du