Pilz, Netzstieliger Hexenröhrling (Boletus loridus)

Begonnen von KlausB, Juli 07, 2016, 13:43:41 NACHMITTAGS

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KlausB

Hallo,

hier ein Pilz, den man zur Zeit bei uns recht häufig gefunden hat.

Da es mir noch nicht vernünftig gelungen ist Dauerpräparate aus Pilzschnitten herzustellen,
hier erst mal einige Aufnahmen des Fruchtkörpers und von den Sporen.

Bezüglich der Essbarkeit gibt es zu diesem Pilz unterschiedliche Informationen. In der Literatur wird zum Teil vom Genuß abgeraten, in anderer Literatur wird er als essbar bezeichnet, soll jedoch ohne Alkohol genossen werden, da dies ansonsten zu Störungen im Verdauungsapparat führen kann. Auf jeden Fall muß er stark erhitzt werden (braten oder kochen).
Ich habe den Pilz schon gegessen, und hatte keine Probleme damit, es kann aber sein, dass er für Personen mit alergischer Veranlagung nicht bekömmlich ist.

Beschreibung der Fruchtkörper:
Netzstieliger Hexenröhrling (Boletus luridus) Schaeff.: Fr.

Hut halbkugelig geformt, hellbraun, leicht ins gelbliche gehend mit olivfarbenen Tönen. Zum Rand hin leicht purpurrot. Durchmesser bei den 4 gefundenen Exemplaren ca 80-150mm. Hutrand ist scharf. Oberfläche glatt, leicht filzig.
Gesamthöhe des Fruchtkörpers bei den gefundenen Exemplaren ca. 80 – 160mm. Röhrenmündungen purpurrot, zum Rand hin etwas heller. An Druckstellen schnell blau verfärbend, danach wieder ausblassend. Röhrenlänge bis zu 12 mm, zum Stiel hin wesentlich kürzer werdend. Röhren können leicht vom Hut gelöst werden.
Fleisch blassgelb, beim Anschneiden blauend, und später wieder blass. Nach längerem Liegen verfärbt sich Fleisch nicht mehr. Konsistenz schwammartig, weich, dick. Geruch angenehm pilzartig.
Stiel 60-140mm lang An dickster Stelle bis zu 30mm. Form zylindrisch, stark bauchig, zum Hut und zur Basis hin deutlich dünner. An der Basis fast zugespitzt. Obere Hälfte mit rötlichem bis dunkelbraunem langgestrecktem, grobmaschigem Netz überzogen. Unterer Teil dunkel bis purpurrot. Auf Druck verfärbt sich der Stiel ebenfalls dunkel, später wieder ausblassend. Stielfleisch ist faserig. Im Längsschnitt zeigen sich im unteren Stielrandbereich deutliche dunkelrote Töne, die aber verblassen.

Ganze Fruchtkörper


Ganze Fruchtkörper


Röhren, Stiel und Hutoberfläche


Huttrama und Röhren im Querschnitt


Verbindung von Röhren zu Huttrama


Röhrenmündungen stark vergrößert


Netz auf dem oberen Stieldrittel


Sporen, Abmessungen: 10 Messungen, Längenmittelmaß: 11,1µ, Breitenmittelmaß: 5,3µ, Quotient: 2,1
Laut Literatur sollten die Sporen in etwa bei 13µ*5,8µ und bei einem Qutienten von 2,3 liegen. Da ich an einem Sporenabwurfpräparat gemessen habe, das in Hydro Matrix eingebettet ist, kann es durchaus sein, dass die Sporen etwas geschrumpft sind.


Hier noch eine Made, von der sich einige in dem Pilzkörper aufgehalten haben.


Viele Grüße

Klaus
Zeiss Phomi III im Einsatz
Zeiss OPMI als Stereo

Web-Seite:
https://www.freizeit2012undmehr.com/

liftboy

Hallo Klaus,

diese Feststellung hatte ich auch schon gemacht. Bisher hatte ich alle Sporenpräparate in Eukitt eingebettet; ging schnell und war zur Bestimmung meist ausreichend. Neuerdings mache ich ein Vergleichspräparat mit Einbettung in Magnacol (wasserhaltig).
Bei Vergleichen musste ich feststellen, dass die Sporen irgendwie "fetter" aussahen. Bei den Pollenpräparaten ist es sogar noch extremer, da die Pollen regelrecht aufzuquellen scheinen.

Grüße
Wolfgang

Übrigends:
netter Pilz; die Leute erschrecken sich so schön, wenn er nach dem Anschnitt bläut, ähnlich wie beim Seehecht mit seinen grünen Gräten :-)
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Bernhard Kaiser

Hallo,

Sporen zur Messung immer in dem. H2O einbetten!

mit freundlichen Grüßen
Bernhard Kaiser

Klaus Herrmann

Hallo Klaus,

schöne Dokumentation dieses Pilzes. So wie er aussieht wäre mir allerdings egal ob er essbar ist ich würde ihn nicht in meine Küche einladen - auch nicht, wenn er madenfrei ist! :o
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Eckhard F. H.

ZitatDa ich an einem Sporenabwurfpräparat gemessen habe, das in Hydro Matrix eingebettet ist, kann es durchaus sein, dass die Sporen etwas geschrumpft sind.
Hallo Klaus,
so ist es. Zwei Deiner Sporen zeigen die typische Hohlwangig-, äh Hohlbäuchigkeit. Stärker ausgeprägt ist dieser Effekt, wenn man solche Sporen in Öl einbettet.
Gruß - EFH

KlausB

Hallo,
normalerweise vermesse ich Sporen immer in Wasser oder Melzer, und reinige
anschließend den Objekttträger zur anderweitigen Verwendung.

Jetzt bin ich aber gerade dabei Dauerpräparate herzustellen und zu sehen wie sich
die verschiedenen Fruchtkörperteile im Dauerpräparat verhalten. Bei den Sporen
kann ich sicher mit einer 10-20% Schrumfung leben.

An Zystiden, Hyphen und Basidien bin ich noch dran.

Viele Grüße

Klaus
Zeiss Phomi III im Einsatz
Zeiss OPMI als Stereo

Web-Seite:
https://www.freizeit2012undmehr.com/

the_playstation

Hallo Klaus (H.)

Da schließe ich mich an. Wobei die Pilzform mich irgendwie animiert, mal wieder Pilze zu essen. Klasse Beitrag. Meine Eltern hatten früher ein Wochenendhaus in der Görde und wir haben häufig Pilze gesammelt. Lecker. :)

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Aquarius

Moin,

ich weiß, der Thread ist alt, aber ich wollte der Vollständigkeit halber zu Klaus H. Antwort noch was sagen: Die flockigen und netzstieligen Hexen werden von vielen Pilzkennern als mindestens gleichwertig, wenn nicht gar schmackhafter als Steinpilze gewertet. Nach neuesten Erkenntnissen ist da auch keine Gefahr mit Alkohol im Spiel, wie man früher dachte.
Viele Grüße,
Arndt.

Leitz Dialux 170 mm (Hammerschlag) mit Achr. 4/10/25/40/100 + 3 x Periplan GF10 (Trino). Leitz Kardioid-Kondensor 0.8 und Systemkondensor 600. Hertel & Reuss Stereomikroskop. Leitz Wetzlar Gefriermikrotom.
NVW Wuppertal, Sektion Mikroskopie: https://tinyurl.com/y5xzl9g4

Peter G.

Hallo Arndt,
da kann ich Dir nur zustimmen. Für diese Pilze lasse ich fast alle anderen Röhrlinge stehen. Glücklicherweise sehen sie gefährlich aus, verfärben sich blau (gaanz böse!) und tragen abschreckende Namen: Hexenröhrling, Donnerpilz, Schusterpilz. Und daher bleiben für mich doch noch einige stehen ;D.

Gruß
Peter G.

Peter Reil

Hallo,

das erinnert mich an eine Begegnung vor vielen Jahren.

Ich stellte mein Auto am Waldrand ab und ging in den Wald um Speisepilze zu suchen. Bereits nach 50 m traf ich auf ein mir entgegenkommendes, älteres Ehepaar. Die Frau holte einen Pilz aus dem ansonsten mit Steinpilzen gefüllten Körbchen und fragte mich, ob dies ein Hexenröhrling sei.
Wahrheitsgemäß bejahte ich ihre Frage mit "Flockenstieliger Hexenröhrling".
Daraufhin warf sie den Pilz hinter sich und raunzte vorwurfsvoll ihren Gatten an: "Siehst du, ich hab' dir gleich gesagt, dass dies Hexenröhrlinge sind."
Die beiden bedankten sich und gingen weiter.

Gerade mal 20 m später fand ich dann die vorher schon aussortierten Hexenröhrlinge - wahrscheinlich vom Gatten sauber abgeschnitten und geputzt - auf dem Waldboden liegend.

So schnell hatte ich mein Körbchen noch nie gefüllt.  ;D

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Aquarius

Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie viele Leute Pilze sammeln und essen, die null Ahnung haben. Noch erstaunlicher finde ich es, wie wenig Leute dabei über den Jordan gehen. Es muss wohl so sein, dass der Spruch "Kinder und Besoffene haben immer Glück" auf "ahnungslose Pilzesammler" erweitert werden muss.

Voriges Jahr hatten wir ein paar Flockies und uns kamen Leute entgegen, die nach eigenen Angaben genau diese Pilze eine Woche vorher am selben Platz auch gesammelt hatten, das wären Steinpilze. Auf meinen Einwand, dass das Flockenstielige Hexenröhrlinge wären, sagte die Frau "Wir sammeln die seit Jahren, ich weiß genau, dass das Steinpilze sind" und ließ sich auch nicht vom Gegenteil überzeugen. Da machste nichts.  ::)
Viele Grüße,
Arndt.

Leitz Dialux 170 mm (Hammerschlag) mit Achr. 4/10/25/40/100 + 3 x Periplan GF10 (Trino). Leitz Kardioid-Kondensor 0.8 und Systemkondensor 600. Hertel & Reuss Stereomikroskop. Leitz Wetzlar Gefriermikrotom.
NVW Wuppertal, Sektion Mikroskopie: https://tinyurl.com/y5xzl9g4

plaenerdd

Hallo Aquarius,
Zitat von: AquariusIch finde es immer wieder erstaunlich, wie viele Leute Pilze sammeln und essen, die null Ahnung haben.
Ich würde es eher so formulieren: Die allermeisten Menschen machen es genau richtig, denn sie sammeln nur die Pilze, die sie sicher erkennen. Dass die Kenner dann immer noch genug anderes aus dem Wald holen, ist vollkommen normal. Gefährdet sind wahrscheinlich die Menschen, die sich zwischen diesen beiden Niveaus im Wald bedienen, sich aber selbst zu den Kennern rechen. Da gild dann wieder der alte Spruch: "Nichts ist so gerecht verteilt wie die Intellegenz: Jeder glaubt genug davon zu besitzen." ;D
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Gert Flemming

Lieber Gerd,

ich bin noch vorsichtiger - ich sammle viele Pilze nicht, gerade weil ich sie sicher erkenne.
Z. B. Fliegenpilze,  Gallenröhrlinge usw.

Frdl. Grüße
Gert

Lumi

Auch die leckeren Rotfußröhrlinge können giftig sein,https://i.imgur.com/JcbATmW.jpg
wenn man angeschimmelte Schwämme in das Gericht schneidet.
Macht halt viel Arbeit beim Putzen, da sind heute ganze 2 Stunden drauf gegangen und leider auch viel Abfall.
Grüße
Franz