Struvitsteine im Harn unserer Hauskatze

Begonnen von Haus@Hund, April 01, 2017, 23:43:13 NACHMITTAGS

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Haus@Hund

Minnie ist krank. Sie ist unsere 6 Monate alte Hauskatze und wohnt seit Anfang Dezember 2016 bei uns. Seit zwei Wochen ist sie leider etwas unsauber, da sie zum Pipi machen das Katzenklo eben gerade nicht benutzt  :o. Auf Anraten der Tierärztin sammelten wir nach einem solchen "Unfall" mit einer Spritze eine Urinprobe und brachten sie zur Untersuchung in die Praxis. Nach dem dezenten Hinweis, dass ich über ein Phasenkontrast-Mikroskop verfüge, wandte die Ärztin allerdings zu Recht ein, dass ich aber wohl keine Zentrifuge hätte - sie mir aber eine Sedimentprobe machen könnte.

Nach Abschluss der Untersuchung teilte uns die Tierärztin mit, dass sie in Minnies Harn Struvitsteine gefunden hätte, die ihr beim Absetzen von Urin Schmerzen bereiten und sie dadurch ihr Katzenklo meidet. Sie gab uns einige Medikamente mit und riet uns dazu, das Trockenfutter umzustellen. Wird schon wieder. Und: Ich hatte tatsächlich ein Harnsediment mitbekommen, das ich mir dann zu Hause anschauen konnte.

Die Aufnahmen erfolgten mit einer Pentax-KS2 auf meinem BX200, mit dem Objektiv Ph-p 20/0,35 und mit einem Tubusfaktor von 1,25, so dass in der Probe eine Fläche von 0,9 mm x 0,6 mm zur Abbildung gebracht wurde. Hier zwei Bildbeispiele (jeweils mit GIMP in Graustufen gewandelt, etwas kontrastverstärkt und nachgeschärft):





Im Vergleich zu den ebenfalls im Sediment vorhandenen Leukozyten (die größeren dunklen runden Objekte) wirken die Struvitsteine riesig, ihre Längen liegen in der Größenordnung von 0,1 mm. Es fällt leicht zu glauben, dass sie unserer Minnie Schmerzen bereiten.

Interessant: Struvit ist lt. Wikipedia doppelbrechend, genauer: zweiachsig positiv mit einer Doppelbrechung von (nur) 0,009. In der Tat blieb mein Versuch, die Steine zwischen zwei gekreuzten Folienpolarisatoren zu beobachten, erfolglos - es war kein Polarisationskontrast beobachtbar.

Viele Grüße aus Wetzlar
Jörg





Reinhard

Hallo Jörg

Wikipedia:
"Weltweit konnte Struvit bisher (Stand: 2010) an etwa 45 Fundorten nachgewiesen werden, so in einigen Regionen von Victoria und Tasmanien in Australien; in der Gcwihaba-Höhle bei Maun in Botswana"

und nun also auch noch bei Deiner armen Miez!

Gute Besserung wünscht
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

Klaus Herrmann

Hallo Jörg,

nicht nur bei Katzen! Das ist die typische Sargdeckelform und wenn der Harn dann auch noch alkalisch ist, dann ist die Diagnose eindeutig.

Ich denke, dass ich das Bild schon mal gezeigt hatte, ich finde aber mit der angeblich inzwischen so guten Suchfunktion meinen Beitrag nicht. Müsste eigentlich Tripelphosphat heißen.
Ich habe es nocht nicht geschafft die Originalgröße aus meinem Bilderspeicher bei direktupload abzurufen, wenn ich das Bild aus dem Speicher aufrufe. Wenn ich Bilder neu einstelle geht es.

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Gerd Schmahl

Hallo Jörg,
aber warum Phasenkontrast??? Was bringt der bei den Kristallen?
Grübelerische Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Heribert Cypionka

Lieber Jörg,

könnte das erste Bild nicht auch heftigen bakteriellen Befall der Probe zeigen, ein typisches Bild, wie man es mit dem 20er im Phasenkontrast erwarten würde. Viele Teilungsstadien zeigen rege Wachstumsaktivität an...

@ Gerd
Dann hätte das Phako auch bei der Diagnose geholfen ;) 

Besorgte Grüße

Heribert Cypionka

Heiko

Hallo Jörg,

Deiner Katze hilft das natürlich nicht – das Ammoniummagnesiumphosphat kann auch auf dem OT angerührt werten:



Viele Grüße,
Heiko

Haus@Hund

Zitat von: Heribert Cypionka in April 02, 2017, 19:41:43 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

könnte das erste Bild nicht auch heftigen bakteriellen Befall der Probe zeigen, ein typisches Bild, wie man es mit dem 20er im Phasenkontrast erwarten würde. Viele Teilungsstadien zeigen rege Wachstumsaktivität an...

@ Gerd
Dann hätte das Phako auch bei der Diagnose geholfen ;) 

Hallo zusammen,

Minnie lässt schön grüßen und bedankt sich für die Genesungswünsche  :). Sie hat halt das gleiche Problem wie viele Hauskatzen: Sie trinkt relativ wenig und muss jetzt irgendwie durch Wasserbeimengungen im Futter "überlistet" werden.

@Herbert: Ja, klar, hatte ich vergessen zu erwähnen. Ich hatte für unseren Urologie-Flyer mal einen Urologen in Wetzlar aufgesucht und ähnliches bei infizierten Patienten gefunden.

@Gerd: Phasenkontrast ist für Harnsediment zunächst die Methode der Wahl. Ich hatte dann auch mal POL probiert, jedoch keinerlei Doppelbrechung sehen können - die Kristalle waren unter gekreuzten Polfiltern nicht mehr sichtbar.

Gruß
Jörg

micromax

Hallo Jörg,

mich würde auch interessieren warum Phasenkontrast bei Kristallen?

Da bin ich genauso neugierig wie Gerd

Grüße
Thomas

olaf.med

Lieber Jörg, lieber Thomas,

Struvit kristallisiert rhombisch, ist also doppelbrechend, jedoch nur schwach mit einem Wert von 0,008, also etwa so wie Quarz. Man sollte ihn also im polarisierten Licht sehen!

Phasenkontrast ist natürlich immer ein Mittel der Wahl, wenn man geringe Phasenunterschiede kontrastieren will. Bei kleinen Kristallen und der passenden Immersion bekommt man beste Kontrastierung, das heißt man sollte idealerweise in einer Immersion des Brechungsindex der Struvite (ca. 1,500) einbetten. Dann bekäme man, im Gegensartz zu Jörgs ersten Bildern, auch die typischen Farbsäume.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Heiko

Lieber Olaf ...

... und das macht, zumindest bei recht kleinen Kristallen, überhaupt keinen Spaß:



Viele Grüße,
Heiko

micromax

#10
Lieber Olaf,

danke für die Erläuterung. Wenn ich es richtig verstehe, dann kann ich mit Phasenkontrast den Kontrast zwischen Medium und Objekt erhöhen, wenn der Brechungsindex von den beiden annähernd gleich ist. Deshalb schreibst Du auch, dass man ein Medium mit ähnlichem Brechungsindex wählen soll. In dem Fall ist der Kontrast natürlich sehr gering
Ich würde in dem Fall aber ein Einbettmedium mit deutlich anderem Brechungsindex wählen, z.B. n = 1,662. Dann habe ich doch auch einen stärkeren Kontrast. Oder gibt es noch andere Vorteile mit Phasenkontrast zu arbeiten?

Grüße
Thomas

olaf.med

Lieber Heiko,

stimmt!!!!!

Lieber Thomas,

natürlich kannst Du auch so den Kontrast steuern, aber wozu dann noch zusätzlich Phasenkontrast? Der bringt nur zusätzliche Halos ohne bessere Auflösung.

Gruß,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

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micromax

Lieber Olaf,

ich will ja gar kein Phasenkontrast. Mir war nicht klar für was der bei den Kristallen gut sein soll. Aber das hat sich in der Zwischenzeit, danke Deiner Antworten ja geklärt. Ich bette auch Kristalle ein und da wird aus dem Grund der Kontrastverstärkung eben das Medium mit einem höheren Brechungsindex verwendet.

Grüße
Thomas

Udo Hammermeister

Hallo,

Olafs Vorschlag, ein Einbettmittel von möglichst gleichem Brechungsindex zu wählen, hört sich zunächst etwas seltsam an. Sowohl im Durchlicht als auch im Phasenkontrast verringert sich dadurch der Kontast, bis hin zu vollkommen unsichtbar. Das ist hier aber so gewollt, damit die Farben im polarisiertem Licht um so deutlicher hervorkommen, und nicht durch das normale Bild überlagert und gestört werden.

Grüße
Udo

olaf.med

Lieber Udo,

für einen richtigen Phasenkontrast darf die Phasendifferenz zwischen der Umgebung und dem Objekt nur gering sein, und das funktioniert nur bei sehr dünnen Objekten oder bei geringen Differenzen zwischen den Brechungsindizes von Objekt und Umgebung. Daher muss der Brechungsindex der Immersion schon nahe an dem des Objekts sein! Im Idealfall sollten sich die beiden Dispersionskurven sogar schneiden - nur dann erhält man den gewünschten typischen Farbeffekt.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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