Interessante Bodensee Diatomee

Begonnen von Carlos, August 16, 2017, 11:36:40 VORMITTAG

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Carlos

Hallo,
Für meine ,,Experimente" zur Isolierung und Reinigung von Diatomeen aus Sedimentproben  haben mir Freunde eine Probe Bodensee-Ufersediment (Ende Mai bei ,,Fischbach" gezogen und in gesättigter Kochsalzlösung ,,konserviert".) mitgebracht. Die Probe bestand hauptsächlich aus Sand, mineralischen Feinpartikeln und ,,Schlick". Deshalb hat es etwas gedauert, eine geeignete Methode zu finden, hieraus die darin enthaltenen kleinen und großen Diatomeen für eine mikroskopische Untersuchung hinreichend sauber abzutrennen, und anschließend deren ,,Kieselsäure-Skelette" durch ,,chemischen Aufschluss" unzerstört zu gewinnen. Das ist nun geglückt.
Überrascht bin ich von der ausgesprochenen Vielfalt sowohl großer (> 50/1000 mm) wie auch kleiner Diatomeen-Typen (<50/1000 mm bis ca. 5/1000 mm).
Besonders überrascht war ich über den recht hohen Anteil an ,,recenten" Diatomeen, insbesondere von einem Typ, dessen auffälliges Feinstruktur-Muster ich bisher ähnlich nur in Bildern von Diatomeen ,,exotischer" Herkunft gesehen habe.
Hier einige Bilder dieser Diatomee, einmal eine getrennte Schale einer größeren Diatomee dieser Art im Dunkel- und Hellfeld:


40-fach Objektiv, Dunkelfeld


40-fach Objektiv, Hellfeld, leicht schiefe Beleuchtung

Kleinere Diatomee des gleichenTyps, Ober- und Unterschale nicht getrennt

Obere Schale, 40-fach Objektiv, Hellfeld, leicht schiefe Beleuchtung


Untere Schale, 40-fach Objektiv, Hellfeld, leicht schiefe Beleuchtung

Kennt jemand diese Diatomee?
Nachtrag 24. 8. 2017: Die Probe wurde leider verwechselt. Die Diatomee stammt aus einer Probe "Nordsee-Watt-schlick" aus Sylt.
Gruß Carlos

Klaus Henkel

#1
Zitat von: Carlos in August 16, 2017, 11:36:40 VORMITTAG

Kennt jemand diese Diatomee?

Gruß Carlos

Auliscus sculptus

Meine Quellen:
* William C. Vinyard: Diatoms of North America. Mad River Presss, Inc., Eureka, California 95501; 1979; ISBN 0-916-422-15-1. Seite 88, Abb. 15 a, b.

** Krammer, Kurt: Kieselalgen. Biologie, Baupläne der Zellwand, Untersuchungsmethoden. Kosmos - Gesellschaft der Naturfreunde - Franckh'sche Verlagshandlung - Franckh, Stuttgart 1986, ISBN 3-440-05688-0. Seite 52 Abb. 21.

*** Ettl, Hanus, Brno/Brünn: Grundriß der allgemeinen Algologie. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1980, S. 398; 399 Abb. b.

Auffallend ist, daß ich sie in dem verbändigen Diatomeenwerk in der Süßwasserflora von Mitteleuropa, von Ettl et al.,  Band 2/1 bis 2/4 Bacillariophyceae von K. Krammer und H. Lange-Bertalot nicht aufgefunden habe.

Gruß
KH

Rene


Carlos

Hallo K.H.,
Danke für die schnelle Antwort. Unter ,,Auliscus sculptus" erscheinen bei ,,Google" in IN sehr ähnliche Bilder. Mir scheint danach sicher, dass es sich um ,,Auliscus sculptus" handelt. Soweit ich es bis jetzt überblicke, jedoch nur von Diatomeen außerhalb Europas. Deshalb wohl:
ZitatAuffallend ist, daß ich sie in dem verbändigen Diatomeenwerk in der Süßwasserflora von Mitteleuropa, von Ettl et al.,  Band 2/1 bis 2/4 Bacillariophyceae von K. Krammer und H. Lange-Bertalot nicht aufgefunden habe.
Hallo Rene,
Sehr interessanter Link über die zunehmende Versalzung des Bodensees. Der Rhein und die Weser haben allerdings durch Ableitung von Salzwasser aus der (Kali-)Salzgewinnung, zumindest in der Vergangenheit, auch einen deutlich erhöhten Salzgehalt aufgewiesen. Ist bekannt, ob man dort auch diese Diatomee gefunden hat?
Gruß Carlos

Dr. Jekyll

Hallo Carlos,

Bisher kenne ich diese Art auch nur von marinen Fundorten.
Kann es sich vielleicht um eine Verunreinigung durch eine vorherige Präparation handeln?
Beste Grüße
Harald

Carlos

Hallo Harald,
ZitatKann es sich vielleicht um eine Verunreinigung durch eine vorherige Präparation handeln?
Eigentlich nicht. An ,,marinen" Proben habe ich nur ,,Nordsee-Watt-Schlick" aus Duhnen (Herbst 2016) und ,,Nordsee-Wattschlick" aus Sylt (Frühjahr 2017). Beide Proben wurden nach der Probenahme vor Ort mit Kochsalz ,,konserviert", zentrifugal zu Diatomeen-Konzentrat aufbereitet und dieses zunächst ohne ,,chemische Reinigung" gründlich untersucht. Das Spektrum der Diatomeen-Typen  in diesen beiden Proben unterscheidet sich deutlich voneinander, hat aber keine Ähnlichkeit mit dem Spektrum der Diatomeen-Typen, die in der am Bodensee (Juni 2017) gezogenen, ebenfalls mit ,,Kochsalz" konservierten und zentrifugal zu Diatomeen-Konzentrat aufbereiteten und untersuchten Probe vorkommen.
(Im Mikrofoto-Forum werden recht häufig Diatomeen-Bilder eingestellt werden, und zwar in unvergleichbar besserer Qualität als meine. Deshalb habe ich diese, für mich ungekannte und für diesen Fundort m.E. ungewöhnliche Diatomee hier im Forum ,,Bestimmungshilfe" eingestellt. Jetzt  überlege ich, trotz der Mängel in der Bild-Qualität, doch aus der Vielzahl der in der Bodensee-Sediment-Probe gefundenen Diatomeen-Typen einzelne, mir interessant erscheinende Typen, von sehr klein bis groß, einzustellen. Damit müsste m.E. erkennbar sein, ob diese Diatomeen zum Bodensee ,,passen".) 
Gruß Carlos

Dr. Jekyll

Hallo Carlos,

Eine Probe Nordseewattschlick habe ich aus dem Hafen von Husum bekommen.
Darin enthalten sind einige Exemplare von Auliscus sculptus, also ist die Art eher nicht nicht untypisch für die Nordsee.
Ich bin mal gespannt auf die anderen Diatomeenbilder vom Bodensee und ob sich noch andere marine Formen darin finden.
Beste Grüße
Harald

Carlos

Hallo Harald,
Über ,,,,Auliscus sculptus" und Anzeige von ,,Bilder"  bin ich auf einen sehr interessanten ,,Faden" mit vielen Nordsee-Diatomeen-Bildern von Ulf Tietze gestoßen.
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=7641.15
Neben ,,Auliscus scultus" meine ich, mehrere andere der gezeigten Diatomeen auch in meinem Streupräparat der ,,Bodensee-Diatomeen" gesehen zu haben. Die werde ich mal suchen.
Gruß Carlos

Gerd Schmahl

Hallo Carlos,
mich würde Deine Aufbereitungsmethodik von der Probe bis zum Präparat sehr interessieren.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Carlos

Hallo Gerd,
Zitatmich würde Deine Aufbereitungsmethodik von der Probe bis zum Präparat sehr interessieren.
Ich hatte vor, zu dieser Methode heute einen Beitrag im Unter-Forum ,,Mikro-Know-How"  einzustellen, bin aber damit noch nicht fertig. Hier würde es sicher den ,,Rahmen sprengen". Soviel kann ich hier zusammenfassend sagen:
Es handelt sich im Kern um ein ,,zentrifugales Aufbereitungsverfahren" von Proben, bei dem zunächst ein ,,Diatomeen-Konzentrat" gewonnen wird, in dem praktisch alle Diatomeen, kleine und große, das gleiche ,,Verteilungsspektrum" haben wie in der Ausgangsprobe (anders als beim ,,Sieben", dort gehen die kleinen meist verloren).
Dieses Konzentrat wird als Ausgangspunkt sowohl für die direkte Untersuchung der Diatomeen verwendet, wie auch für die chemische Weiterbehandlung zur Gewinnung der Kieselsäure-Skelette /-Schalen der Diatomeen. In beiden Fällen kann im ,,Mikromaßstab", - weiter verarbeitet werden. (Ca. 0,25 ml bis 0,5 ml zentrifugal verdichtetes Diatomeen-Konzentrat reichen für mindestens 50 Streupräparate.)
Die Abtrennung noch störender Bestandteile erfolgt in beiden Fällen nach einem ,,Mikro-Verfahren", das am besten als ,,pulsierende und fraktionierende Gegenstrom-Sedimentation" beschrieben wird.
Gruß Carlos

Dr. Jekyll

Beste Grüße
Harald

Carlos

Hallo,
Hier Bilder von ausgewählten, weiteren, in der Bodensee-Sediment-Probe häufiger vorkommenden Diatomeen, von denen ich als Laie den Eindruck habe, dass sie gut erkennbare Merkmale haben. (Alle kommen in dem angefertigten Präparat relativ häufig vor (> 5 im Präparat), wie die jetzt identifizierte ,,Auliscus sculptus"-Diatomee.) Darunter sind auch einige, sehr häufig vorkommende kleine (< 25/1000 mm Länge), die bei der üblichen Aufbereitung durch ,,Sieben" abgetrennt und nicht erfasst werden.
Alle Bilder, HF und DF mit leicht schiefer Beleuchtung, sind unbearbeitete Einzelbilder. Sie wurden mit einem 40-fach Leitz-Objektiv mit einer 5MP Touptek-Okular-Kamera mit einem ,,Tandem-Objektiv" aus Leitz-10x Okular und 17mm Plössl-Okular mit maximaler Auflösung aufgenommen. 

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14 DF 25-fach Objektiv

Kann man die Diatomeen zuordnen?
Gruß Carlos

Rene

Well, number 10 looks like Cerataulus radiatus (=smithii), and number 13 is the much beloved Actinoptychus splendens. The other ones, I leave to the freshwater specialists ;-)

Best wishes, René

Dr. Jekyll

Hallo Carlos,

Sehr interessant. Auch Actinoptychus splendens (Bild 13) und diese Diploneis (Bild 12) sind marine Arten.
Beste Grüße
Harald

anne

Hallo Carlos,
unabhängig vom Artenspektrum finde ich die Bruchstücke sehr irritierend. Bei einer Frischwasserprobe hatte ich solchen Bruch eigentlich noch nie.
Hast Du zentrifugiert?
lg
Anne