Einbettung dicker Präparate

Begonnen von Vorticella, November 12, 2017, 17:38:14 NACHMITTAGS

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Vorticella

Hallo,
übernächste Woche möchte ich an einem nahe liegenden Bach den Saprobienindex bestimmen. Die gefangenen Insektenlarven sollen teilweise als Dauerpräparate fixiert werden. Meine Frage: Die meist stromlinienförmigen Larven haben eine Höhe von ca. 2-3 mm. Gerne würde ich sie auf einen Objektträger legen, Einschlussmittel drüber und Deckglas drauf. Das habe ich schon einmal versucht. Mit mäßigem Erfolg. Gibt es Einschlussmittel für solche extrem dicken Präparate? In welchem Fixierungsmittel werden die Präparate dann eingebettet?
Vielen Dank und beste Grüße
Jan

Dünnschliffbohrer

Hallo Jan,

probiers doch mal mit Polyvinyllactophenol: Ganz viel auf das Vieh drauf geben, und dann bei nedriger Temperatureinstellung auf das kleine Philiips-Reisebügeleisen "Stewardess" (gibts´in der Bucht gebraucht schon ab einem Eumel) das Eindeckungsmittel einengen. Von Zeit zu Zeit immer wieder neues Polyphenyllactophenol an den Rändern des Deckglases nachgeben, wo es Luft zieht. Bei so dicken Objekten wird natürlich sehr viel Eindeckungsmittel benötigt - sehr viel mehr, als man auf einmal darauf geben kann. Und das Entwässern dauert auch mit Bügeleisen entsprechend lange. Aber mit etwas kleineren Arthropoden hab ich auf diese Weise schon erfolgreich Totalpräparate hergestellt. Viel Erfolg!
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

JB

Hallo Jan,

Ueblicherweise muessen solche Larven erst praepariert werden, was mit einigem Aufwand verbunden ist.

Die abgetoeteten Larven werden zunaechst mazariert (Entfernung von Muskeln und Eingeweiden). Ueblich sind Kali- oder Natronlauge (Schutzbrille tragen!); sicherer sind Milchsaeure oder Pepsinloesung. Anleitungen will ich hier nicht abtippen, kann ich aber auf Wunsch verlinken!). Am Ende der Mazaration hat man die leere Chitinhuelle der Larve vorliegen, die sehr flach ausgelegt werden kann und das Problem der dicken Praeparate weitgehend erledigt.

Einbettung kann dann erfolgen in:

- Glycerol (z.B. Hohlschliff-Objekttraeger)
- Glycerol-Gelatine (nicht dauerhaft)
- Berlese-Medium und aehnlichen semi-permanenten Einbettungsmedien (Link: https://www.royensoc.co.uk/sites/default/files/Vol10_Part14_MainText.pdf )
- Euparal (dauerhaft)
- Kanada- oder Dam(m)ar-Balsam (dauerhaft)

Bei dicken Objekten ist ausserdem die Benutzung von Einbettungsringen von Vorteil: http://www.watdon.co.uk/acatalog/M906-microscopy-mounting-rings.html

Beste Gruesse,

Jon

Vorticella

Hallo Jon,
diese Präparationsanleitung würde mich sehr interessieren. Bitte schreibe doch den Link ins Forum.
Dank
Jan


Hallo Dünnschliffbohrer,
sind solche Präparate haltbar? Wenn wir schon die Larven abtöten, sollten die Präparate bis zu meiner Pensionierung (in gut 20 Jahren) haltbar sein. Faulen die Larven nicht, wenn sie in wässrigem Medium eingebettet werden?
Danke
Jan

JB

Hallo Jan,

Koennen Sie das hier oeffnen?

https://www.jstor.org/stable/3222537?seq=1#page_scan_tab_contents
https://books.google.co.uk/books?id=CuEThrnWiV8C&pg=PA12
https://www.royensoc.co.uk/sites/default/files/Vol10_Part14_MainText.pdf p. 22-23

In den Anleitungen kann Nelkenoel/Zedernoel durch Xylol ersetzt werden.

Aus Sicherheitsgruenden sollten Sie auf warme/heisse Kalilauge komplett verzichten. Wenn ueberhaupt, kalte Kalilauge und mit entsprechender Sicherheitsausruestung, insb. Schutzbrille (normale Brille ist nicht ausreichend). Ich bevorzuge Milchsaeure; dauert laenger, hat aber den gleichen Effekt.

Beste Gruesse,

Jon

Vorticella

Hallo Jon,
ich kann nur den dritten Link öffnen. Mit meinem Schulenglisch finde ich darin jedoch keine Anleitung.
So wie ich den Artikel verstehe, wird von 80%igem Alkohol in Essigsäure du dann in gummi arabicum + Chloralhydrat überführt. Stimmt das???Dient das Chloralhydrat der Konservierung oder der Bleichung?
Ich bin  mit dem Umgang von Chemikalien (auch heiße Laugen) gut vertraut. Ich würde mich über eine Rezeptur, idealerweise kurz, knackig und auf Deutsch, sehr freuen.
Beste Grüße aus der Vulkaneifel
Jan

Vorticella

Wenn ich die Rezeptur richtig verstehe, geht man so voran:
•   Tiere in warmem Wasser (60-70°C) abtöten
•   Alternativ in 80%igem Alkohol mit etwas Glycerin
•   Übernacht in 10%ige Kalilauge (KOH) legen
•   In Eisessig für 5-10 Minuten überführen
•   In Isopropanol überführen und in Euparal einbetten
•   Nach einigen Wochen mit Lackring vor Aushärtung des Euparals schützen.
Habe ich etwas falsch verstanden???
Beste Grüße
Jan

JB

Hallo Jan,

Das trifft es schon ganz gut. Man muss die Technik den verschiedenen Objekten anpassen und kann die Technik auch variieren. Ihre Liste ist ein guter Startpunkt.

- groessere Tiere vor dem Einlegen in Kalilauge seitlich einstechen oder seitlich einschneiden, je nach Groesse
- nach der Kalilaugebehandlung in Aqua dest etwas quellen lassen, verfluessigten Koerperinhalt sanft herausdruecken (z.B. mit Pinseln)
- neutralisieren mit Essigsaeure
- schrittweise ueberfuehren in aufsteigender Isopropanolreihe (z.B. 50, 70, 90, 96, 100), dann in Eukalyptusoel
- dann in Euparal einbetten, ggf. Deckglas abstuetzen
- einige Wochen trocknen, ggf. Euparal nachfuellen, randen und horizontal (!) lagern

Beste Gruesse,

Jon

liftboy

Hallo erstmal,

da will ich doch mal meine "Bastelanleitung für Arme" raustun.
Die Objekte (Tierchen) lege ich in ein Blockschälchen mit Wasser. das Wasser sollte täglich erneuert werden; dadurch mazeriert sich das Objekt. Vor Entnahme mit einer Pipette herzhaft das Wasser aufwirbeln; dadurch werden Mazerarionsreste vom Objekt entfernt. Auf einen Objektträger Wasser geben, das Objekt mit einem Spatel übertragen, das Wasser mit einem Tupfer abziehen, und dann Hoyers Gemisch (Rezept  s.u.) darauf geben. Für Exuvien reicht das.
Dickere Objekte benötigen einen Ring, den kann man leicht mit Henkelllocheisen aus Kunststofffolie in der benötigten Stärke ausstanzen. Ganz dicke Objekte bekommen bei mir einen Kunststoffring aus dem Gardinenbedarf ( doch doch, die haben sowas!). Das Einbettungsmittel sollte bei dickeren Objekten immer einen Wulst am Deckglasrand bilden, damit beim Schrumpfen nachgezogen werden kann. Nachfüllen nicht vergessen!

Hoyers Gemisch (die einfache Version):
Gummi arabikum Lösung (gibts im Bürobedarf von Fa. Guttenberg) Chloralhydrat und Glyzerin 1.1.1 mischen und fertig!
Das Bürogummi enthält ein Antipilzmittel, deswegen ist ein Lackring nicht erforderlich! Das Chloralhydrat hellt hübsch auf, und das Ganze funktioniert ohne Zwischenstufen direkt aus Wasser!!

Grüße
wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

CMB

Moin in die Runde,


Ich benutze für die Einbettung dickerer Objekte sogenannte Fiberringe. Die sind bei jedem Spengler in Verwendung, der gasdichte Anschlüsse herstellen muss.

Diese gibts in unterschiedlichen Stärken und Grössen. Sie sind chemisch extrem stabil. Wenn man sie zum Beispiel mit dem Durchmesser verwendet, wie man runde Deckgläser hat, kann man sehr komfortabel Kammern für dicke Objekte bauen.
Fieberringe auf  Objektträger aufkleben, einbetten , Deckglas ... ggfs erst nach fest werden des Einbettungsmediums mit einem dann zusätzlichen Tropfen des Einbettungsmediums , um den Schwund auszugleichen.

Gruss in die Runde

CMB

Michael L.

Hallo Jan,

um die Ergebnisse Deiner Untersuchung zu dokumentieren ist es sicher viel praktikabler die Proben in Alkohol oder Formalin fixiert aufzubewahren anstatt aufwendige mikroskopische Präparate davon herzustellen. Limnologische Datenerhebung bedeutet ja nicht schöne Präparate haben zu müssen, entscheident ist die richtige Determination der Arten und Probenkennzeichnung. Natürlich gibt es tolle Mazerationsverfahren um interessante Totalpräparate herzustellen das ist aber nicht nötig für die Bestimmung des Saprobienindexes.

Viele Grüße,

Michael

Holger x

Hallo Wolfgang,

wo bekommst Du denn Chloralhydrat her?

Grüße Holger

liftboy

Hallo Holger,

vom Fachhändler!?

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Dünnschliffbohrer

#13
Hallo Jan,
aber natürlich sind solche Präparate haltbar: das Phenol im Polyvinyllactophenol ist ein sehr wirksamer Konservierungsstoff, die Milchsäure "lacto" hell die Chitinpanzer auf, das vinyl polymerisiert wie ein Kunststoff (vgl. Polyvinylchlorid, PVC) das Einbettungsmittel. Es muss aber gut auf dem kleinen Reisebügeleisen entwässert werden, damit das Deckglas beim Lagern des fertigen Präparates nicht wegschwimmt! Ich muss aber einräumen, dass meine Arthropoden doch deutlich weniger dick waren, als 2-3 mm, wobei die auch noch durch das bei der Entwässerung schrumpfende Einbettungsmittel etwas gequetscht werden. Probier´s doch einfach mal aus, und taste dich von kleinen Arthropoden zu immer größeren, dann evtl. mit Deckglasfüßchen, weiter vor.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Vorticella

Hallo Holger,
Chloralhydrat ist sicher keine Chemikalie, die einfach zu bekommen ist. Chloralhydrat wird in der Psychiatrie als Schlafmittel eingesetzt – wenn alles andere nicht mehr wirkt. Ich habe Zivildienst in einer Psychiatrie abgeleistet. Selbst schwere Jungs fallen damit um wie ein nasser Sack. Daher wird es nicht so einfach im Netz an Privatpersonen abgegeben. Apotheker und Chemielehrer  ;) bekommen das, ohne dass nachgefragt wird. 100g kosten dann 6,10€. Hast du eine ,,Stammapotheke"? Frag mal da. Gerade Apotheker freuen sich über Kunden, die nicht einfach nur Aspirin in der Schachtel kaufen möchten und auf die Frage: ,,Kennen Sie das Präparat?" Mit ,,Ja, ja was bekommen Sie von mir" antworten. Apotheker haben echt ein knochenhartes Chemiestudium hinter sich gebracht und haben niemanden, mit dem sie auf Augenhöhe sprechen können.....