Strandgut und Meer-/Salzwasser Diatomeen

Begonnen von Carlos, Januar 27, 2018, 20:50:34 NACHMITTAGS

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Carlos

Hallo Diatomeen-Interessierte,
Bekanntlich sind Meeres-Diatomeen reichlich in Schlick, als Belag auf Meerwasser überspülten Steinen/Felsen und als Aufwuchs auf Salzwasser-Pflanzen vorhanden. Hieraus lassen sich mit mehr oder weniger großem  Aufwand  Diatomeen-Konzentrate gewinnen, welche ein Bild von der jeweils vorkommenden Art der Diatomeen und deren relative Anzahl am Ort der Probenahme zulassen.
An Kies-und Sandstränden dagegen, mit kristallklarem Wasser, ist es mir bisher kaum gelungen, Diatomeen-Konzentrate aus entsprechenden Proben von Sand und Kies der Brandungszone zu gewinnen.
Auffällig an derartigen Kies – und Sandstränden ist allerdings, dass nach stürmischen Tagen erhebliche Mengen an Wasserpflanzen (Seegras, Tang etc.) angeschwemmt werden und sich, vom Wind getrieben, an Land an bestimmten Stellen ablagern. (Jeder Strandbenutzer kennt vermutlich dieses Phänomen.)
Seit einiger Zeit treibt mich die Frage um, ob diese Ablagerungen von Wasserpflanzen nicht auch erhebliche Mengen an Diatomeen-Aufwuchs enthalten. (Einerseits könnten natürlich die aufsitzenden Diatomeen beim Durchgang durch die Brandungszone längst abgewaschen/abgelöst worden sein, andererseits sitzen sie in der Regel recht fest verankert an den Wasserpflanzen.)
Jetzt hatte ich im Januar Gelegenheit (Kurztrips nach Catania und Taormina in Sizilien), mir derartiges Strandgut (frisch angeschwemmtes Material von Salzwasserpflanzen, unterschiedlicher Art) zu besorgen. Erste Bemusterungen zeigten (nach sicherlich suboptimale Aufbereitung) eine erstaunliche Vielfalt  unterschiedlicher Arten von Diatomeen.
Ich bin sicher nicht der Erste, der derartige Untersuchungen von angeschwemmten Wasserpflanzen auf Diatomeen hin durchgeführt hat. Hier nun meine Fragen:
Wie arbeitet man derartige Proben optimal auf? Kennt jemand hierzu einschlägige Literatur?
Gruß Carlos

Rene

Hi Carlos, soak material in 10%HCl for a few days, with a good shake every day, then filter through a coarse sieve to get rid of the macro stuff.

Good luck, Rene

JM

Hallo Rene,
ein bisschen mehr muss man schon in die Chemikalienkiste greifen. HCl zerstört (oder besser löst) nur Carbonate. In den meisten Proben ist deutlich mehr in Lösung zu bringen. Das Problem ist nur, dass wenn man nicht aufpasst, einem die Schwefelsäure – Kaliumpermanganat – Lösung an die Decke spritzt. Hat man seinen Kopf dazwischen, spritzt es in die Augen.........
Wenn du eine gute Probe hast, schließe ich sie gerne für dich auf – wenn ich eine kleine Menge behalten darf---- (-:
Und schicke dir den Rest zu....
Einfach eine PN schicken.
Beste Grüße
Jan

Carlos

#3
Hallo zusammen,
hallo Rene,
ZitatHi Carlos, soak material in 10%HCl for a few days, with a good shake every day, then filter through a coarse sieve to get rid of the macro stuff.
Ja, so ähnlich bin ich vorgegangen. (Allerdings reichte eine kurze Zeit der Behandlung mit verd. HCl, ca. 1h, um die Diatomeen vom Pflanzenmaterial abzulösen und anschließend von vielen anderen Begleitstoffen zu befreien. Durchgeführt habe ich das im ,,Mikro-Maßstab", wobei ich am Ende ca.0,1  ml wässriges Diatomeen-Konzentrat erhalten habe. )
Um ein paar Bilder zeigen zu können, habe ich dieses Konzentrat ,,auf die Schnelle" (ebenfalls im Mikromaßstab) chemisch mit einigen Tropfen H2SO4 aufgeschlossen, mit einem Tropfen  gesättigter K2MnO7 Lösung nachbehandelt, mehrfach mit dest. Wasser (zentrifugal) gewaschen und den Rückstand in ca. 2ml aufgeschwemmt. Ein dicker Tropfen wurde davon auf einen Objektträger gegeben, eingetrocknet und mit Pleurax und Deckglas abgedeckt.
Hier nun einige Bilder, alle DF:

10-fach Objektiv

25-fach Objektiv

25-fach Objektiv

25-fach Objektiv

10-fach Objektiv
Die Bilder sollen lediglich die Vielzahl unterschiedlicher Diatomeen, darunter auch Amphipleura/Pleurosigma angulatum, zeigen.
Gruß Carlos


Bob

Hallo Carlos,

vielen Dank fürs Zeigen, das ist ja wirklich eine schöne Artenvielfalt.
So muss ich das auch mal ausprobieren.

Viele Grüße,

Bob

Carlos

Hallo zusammen,
Hallo Bob, freut mich, dass Du den Beitrag interessant findest.
Das gesammelte, angeschwemmte Pflanzenmaterial besteht nicht nur aus einer Pflanzensorte sondern aus einem Gemisch von (mindestens) zwei Typen von Pflanzen: zum einen aus Gras ähnlichen Pflanzen (Seegras?) zum anderen aus ,,moos ähnlichen"  Pflanzen. Ich vermute, dass die Pflanzen aus unterschiedlichen Meereszonen stammen und damit der Aufwuchs an Diatomeen auch unterschiedlich ist. Dies will ich demnächst mal prüfen. (Derzeit sind die Proben bei -20°C tiefgefroren, ich kann mir also etwas Zeit für die Untersuchung lassen.)
Hallo Jan,
ZitatWenn du eine gute Probe hast, schließe ich sie gerne für dich auf – wenn ich eine kleine Menge behalten darf----
An was für einer Probe bist du denn interessiert?  Pflanzenmaterial (in kleinen Mengen) kann ich Dir gern schicken.
(Bei Bedarf kann ich auch für weitere Interessierte an derartigem Material zum Treffen am Freitag, den 2. 2.  in Da mitbringen.)
Gruß Carlos 

JM

Hallo Carlos,
das ist nett. Am 2.2. kann ich leider  nicht nach Darmstadt kommen. Beim darauffolgenden Treffen sollte es klappen. Wir schalten uns dann nochmal kurz. Meine Mutter ist derzeit in Vietnam. Ich habe natürlich Schlamm bestellt. Mal sehen, was sie mitbringt. Dann kann ich evtl. etwas zum Tauschen mitbringen.
Beste Grüße
Jan

bernd552

Hallo Carlos,

das ist ja eine simple und anscheinend effektive Quelle für Diatomeenmaterial! Das werde ich im nächsten Urlaub versuchen.

Was mich aber interessieren würde, was spricht denn dagegen, nach der Karbonatentfernung die Probe auszuglühen statt die zeitintensivere Säurebehandlung anzuwenden?
Man liest hier im Forum immer nur über die Säurevariante.

LG
Bernd 

Carlos

#8
Hallo Bernd,
ZitatWas mich aber interessieren würde, was spricht denn dagegen, nach der Karbonatentfernung die Probe auszuglühen statt die zeitintensivere Säurebehandlung anzuwenden?
Meine Aufbereitung zu Diatomeen-Konzentrat und dessen chemischer Aufschluss zu Diatomeen-Kieselsäure-Skeletten ist nun wahrlich nicht zeitaufwendig.
Ich arbeite mit sehr geringen Mengen an Probematerial. Vom Diatomeen-Konzentrat ausgehend arbeite ich nur im Mikromaßstab und führe alle Operationen in ca. 15 ml fassenden Zentrifugen-Gläsern durch. Immerhin erhalte ich auf diese Weise ausreichend Material für ca. 20 Präparate dicht gedrängter Diatomeen (und Schmutz). Der Zeitaufwand liegt bei wenigen (1 bis 2)  Stunden.
(Wenn Du am 2. 2.in Da bist, dann gerne mehr hierzu.)
Das Schlüsselwort, um einzelne Diatomeen sauber getrennt darzustellen,  ist ,,Verdünnen ... Verdünnen und nochmals Verdünnen". 
Gruß Carlos

Carlos

Hallo zusammen,
Eine recht häufig aus dem Pflanzen-Material aus Taormina isolierte Diatomee möchte ich hier zeigen. Sie hat eine recht unscheinbare, äußere Form, aber bei  sehr hoher Auflösung (Kondensor 1,25 NA, 100-fach Objektiv 1,30 NA, schiefe Beleuchtung) erkennt man die Feinstruktur.

Kennt jemand diese Diatomee?
Gruß Carlos

anne

#10
Hallo Carlos,
ich kann Dir zwar keine Literatur empfehlen aber aus der Praxis einen Tip geben.
Als ich mit Klaus Kemp in England solche Pflanzenteile gesammelt habe, hat er mir folgenden Trick gezeigt.
Die Pflanzen zuerst gut auswaschen, damit keine Sand mehr dran ist.
Dann die Pflanzenteile in eine Tüte geben mit etwas Wasser. Die Tüte verschließen und zwischen den Händen gut verreiben.
Das Wasser in der Tüte verfärbt sich dann zusehends braun von den abgeriebenen Diatomeen.
Am Schluss hat man eine konzentrierte braune Brühe die fast nur Diatomeen enthält und dann leicht zu verarbeiten ist.

lg
anne

RainerTeubner

Hallo Anne,

Deine Methode hört sich gut an, die werd ich ausprobieren. Da spart man sich die Behandlung mit Salzsäure.

Viele Grüße

Rainer
Mikroskop: Carl Zeiss Standard Universal
Bildbearbeitung: Gimp, Helicon focus und picolay
Kamera: Canon EOS 5D II

Carlos

Hallo Anne,
ZitatDie Pflanzen zuerst gut auswaschen, damit kein Sand mehr dran ist.
Dann die Pflanzenteile in eine Tüte geben mit etwas Wasser. Die Tüte verschließen und zwischen den Händen gut verreiben.
Das Wasser in der Tüte verfärbt sich dann zusehends braun von den abgeriebenen Diatomeen.
Am Schluss hat man eine konzentrierte braune Brühe die fast nur Diatomeen enthält und dann leicht zu verarbeiten ist.
Der Tipp mit der Plastiktüte zum Ablösen der Diatomeen ist einleuchtend und verblüffend einfach. So ein Tipp hat mir noch gefehlt. Das werde ich gleich mal ausprobieren. Mir erscheint diese Methode ideal für meine Versuche zu sein, festzustellen, ob die jeweiligen Typen von (angeschwemmten) Wasser-Pflanzen  (Seegras, Seetang etc.) auch Unterschiede in der Art der jeweils anhaftenden Diatomeen aufweisen.
Gruß Carlos

Carlos

Hallo Diatomeen-Experten,
Da sich bisher niemand zur Art der Diatomee in ,,Antwort 9" geantwortet hat, habe ich alle Tafeln des Schmidt-Atlas der Diatomaceen-Kunde (4 Bände!) nach vergleichbaren Diatomeen durchgesehen. M.E. ähnlich sehen nur einige der Diatomeen in Tafel 213 (Nr.13, 14, 31 und 32) dieser Diatomee. Die Tafel zeigt Rhoicosphenia-Diatomeen. Kann das stimmen?
Ich finde die Diatomee deshalb so interessant, weil man sie (im Dunkelfeld), anders als die meisten Diatomeen, beim Durchmustern eines Präparates leicht übersieht. Von einer Feinstruktur war mit Trocken-Objektiven nichts zu sehen.  Sie hat jedoch eine Feinstruktur, die, zumindest von mir mit meinen Möglichkeiten, gerade noch aufgelöst werden konnte.
(Selbst die Feinstruktur einer Amphipleura pelucida Diatomee war für mich einfacher aufzulösen als die dieser Diatomee. Ich gehe also davon aus, dass diese Diatomee unter Fachleuten allein deshalb bekannt ist.)
Gruß Carlos

Carlos

Hallo zusammen,
Mein ursprüngliches Thema ,,Strandgut und Meer-/Salzwasser Diatomeen", bei dem es zunächst  um meine  Frage ging, ob schon mal jemand am Sandstrand  angeschwemmtes Wasserpflanzenmaterial auf anhaftende Diatomeen hin untersucht hat und wie man dies aufbereiten sollte, ist durch die Antwort von Anne m.E. hinreichend beantwortet (danke für den Tipp!).
Da aber bereits meine eigene (improvisierte) Aufbereitungsmethode eine für mich sehr überraschende Vielfalt an unterschiedlichen Diatomeen geliefert hatte, habe ich auch einige Bilder von gewonnenen und chemisch aufbereiteten Diatomeen-Konzentraten eingestellt. (Darunter waren auch viele Diatomeen des Typs, die ich in Antwort 9 als Bild eingestellt habe.)
Zwischenzeitlich habe ich nun, gemäß der Angabe von Anne, allerdings mit sehr kleinen Mengen an jeweils einheitlichem Pflanzenmaterial (vor allem Seegras- und Seemoos- ähnlichem Material) Diatomeen-Konzentrate im Mikro-Maßstab zentrifugal gewonnen und chemisch aufbereitet. Dabei zeigte sich, dass erhebliche Unterschiede in der Art und Menge der den Pflanzenteilen anhaftenden Diatomeen (auch gleichartiger Pflanzenteile z.B. Seegras) vorhanden sind. (Leider habe ich bisher die Diatomee aus Antwort 9 dabei nur vereinzelt gefunden. Um welche es sich handelt, weiß ich immer noch nicht.)
Falls es sich m.E. auch für andere lohnt, werde ich die gewonnenen Ergebnisse mit Bilder  in einem neuen Thema einstellen.
Gruß Carlos