Dünnschliff: Staurolith-Glimmerschiefer-Wissahickon (Pol & Elektronenmikroskop)

Begonnen von Bayer, Juni 21, 2018, 20:46:54 NACHMITTAGS

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Bayer

Liebe Mikro-Freunde,

heute möchte ich mich kurz, zusammen mit Aufnahmen eines Staurolith-Glimmerschiefers, vorstellen.

Mein Name ist Christian Bayer, ich bin vor ca. einem Jahr zur Mikroskopie gekommen und bin nach der Typologie von Klaus Henkel ein "Mikrofotograf" mit einem ausgeprägten "Techniker" Faible. Letzterer ist zwar eher theoretisch ausgeprägt, aber dennoch für mich von hohem Interesse, wenn sich die Lösungen auch auf Unendlich Mikroskope adaptieren lassen (z.B. Zeiss AxioScope).

Im letzten Jahr habe ich einiges an Literatur zur Mikrofotografie gelesen, auch aus dem englischsprachigen Bereich und habe in Mikroskope, Objektive und Kameras investiert (bei einem freundlichen Menschen darf ich ab und zu auch mal ans Elektronenmikroskop - von der Investition habe ich dann doch abgesehen).

Von den Themengebieten bin ich nicht festgelegt. Mich interessiert eigentlich alles, was sich "schön fotografieren" lässt - falls erforderlich, auch mit anspruchsvollen technischen Lösungen. Die Ergebnisse stelle ich gerne hier zur Diskussion.

Was wünsche ich mir von Euch? Ehrliche, konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge - sowohl fotografischer & technischer Natur als auch Anregungen für neue, spannende Motive und Projekte.

Die beigefügten Bilder sind
+ Aufnahmen eines Dünnschliffes mit einem Stemi 508doc  mit Kreuzpolarisation bei 0,63x Zoom und 2,5x Nachvergrößerung auf den Vollformatsensor einer Nikon D850
+ Aufnahmen des dazugehörigen Gesteinswürfels mit einem Stemi 508doc im Auflicht (2x Schwanenhals) bei 0,63x Zoom und 2,5x Nachvergrößerung auf den Vollformatsensor einer Nikon D850
+ Aufnahmen der Oberflächentopographie des dazugehörigen Gesteinswürfels mit einem Sigma 300 VP Elektronenmikroskop (überwiegend mit Sekundärelektronendetektoren)
Alle Aufnahmen wurden noch mit Nikon ViewNX-i bezüglich Schärfe, Kontrast und Belichtung optimiert.

Den Dünnschliff und den Gesteinswürfel hat Robert Gill von Geosec slides angefertigt: http://www.geosecslides.co.uk (Den Tipp hatte ich hier im Forum gefunden - vielen Dank dafür!)

Nach einer Wikipedia Recherche denke ich, den Glimmerschiefer zu erkennen als "schieferartige" Plattenstruktur (interessant, dass diese Struktur tief innerhalb der Erdkruste durch Gesteinsmetamorphose unter hohem Druck und Temperaturbedingungen stattgefunden hat - Gebirgsbildung oder Plattentektonik).

Den Staurolith habe ich leider bisher nicht in Kreuzform gefunden, sondern nur in Form von "körnigen bis massigen Aggregaten" - denke, dass sind die großen "Hagelkörner". Es scheint ein Eisen-Staurolith zu sein. Wir haben auch mit Röntgenstrahlen eine EDAX Analyse gemacht mit 38% Aluminium, 37% Silizium, 8% Eisen, aber auch 4% Magnesium, kein Zink, aber etwas Titan!

Jetzt bin ich gespannt, was Ihr alles auf den Bildern erkennt (was ich noch nicht sehe) und freue mich auf Eure Kommentare.

Beste Grüße
Christian
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

kare

#1
Hallo Christian,

Willkommen im Forum!  :)

Mit Mineralogie kenn ich mich praktisch gar nicht aus, also bleibt mir da nicht viel an deinen Bildern zu interpretieren ausser dass die Bilder gut detailliert sind und interessant. Die Dynamik, die Farben in dem ersten Bild sind einfach umwerfend und das bei Gestein das doch erst mal so undynamisch wirkt. Ist halt nur so wenn man Gestein in dem kurzen Beobachtungszeitraum eines Menschenlebens betrachtet.

Die Aufnahmen mit dem REM sind beeindruckend, würde an so etwas auch mal gerne Hand anlegen.
Habe mich mal aufklären lassen was es bedeuten würde so ein Ding privat zu betreiben, ist mir dann doch zu aufwendig und ausserdem müsste ich auch zu lange drauf sparen. ;)

Eine Anmerkung noch, da es mich grade an meinen ersten Beitrag erinnert und ich ebenso darauf hingewiesen wurde.
Es gibt die Rubrik "Mikroskopiker im Netz" zur Vorstellung. Sieht man halt erst wenn man sich angemeldet hat. Dort sollte man eben auch die Vorstellung machen, kannst ja eine Kurzfassung schreiben und auf das Thema hier verlinken.

Viele Grüße und viel Spaß im Forum,
Karl

Bayer

Hallo Karl,
vielen Dank für die Willkommensgrüße und dass Dir meine Bilder gefallen.
Werde mich nachher dann unter der richtigen Rubrik kurz vorstellen.
Beste Grüße
Christian
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

Bayer

Interessant bei den REM-Aufnahmen waren auch "dynamische" Bilder. Hat der Elektronenstrahl eine zu hohe Intensität, dann laden sich Partikel auf, die sich dann gegenseitig abstossen und die Position ändern. Dadurch haben wir unbeabsichtigt ganze Platten verschoben. Das sieht man gut im REM, da das Bild ja gerastert bzw. Pixel für Pixel abgetastet wird. Dann ist der obere Bereich einer Platte im Bild und der untere fehlt plötzlich, weil die Platte nicht mehr da ist. Dann reduziert man die Energie des Elektronenstrahls und vermindert den Arbeitsabstand - sofern möglich.
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

olaf.med

Lieber Christian,

auch von mir ein herzliches Willkommen! Besonders schön finde ich, dass Du Dich auch der Dünnschlifffotografie widmen willst. Das erste Bild ist ja auch schon interessant und wohlgelungen! Beachte aber bitte, dass eine gute Diagnose meist erst dann möglich ist, wenn man das Objekt auch im linear polarisierten Licht sieht, da man nur dann die Brechungsindizes abschätzen kann. Bei Deinem Bild erkennt man so z.B. nicht, ob der graue Kristall rechts oben ein Staurolith in einer Schnittlage fast senkrecht zu einer optischen Achse ist, oder aber ein Cordierit, dessen Präsenz in dieser Paragenese auch möglich wäre. Im linear polarisierten Licht erkennt man dies aber sofort. Also: für Diagnoseversuche bitte beides, geht es nur um optische Effekte, ist das Bild bei gekreuzten Polarisatoren natürlich ausreichend.

Beste Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Bayer

Lieber Olaf,
vielen Dank für Deine Willkommensgrüße und Anregungen.
Ich werde den Dünnschliff noch einmal nur mit linear polarisierten Licht aufnehmen und sobald ich mein 10x Objektiv habe auch Details davon.
Hättest Du eine Literaturempfehlung bzgl. "Interpretation" von Dünnschliffen für mich?
Beste Grüße
Christian
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

olaf.med

Lieber Christian,

für die allgemeine Polarisationsmikroskopie gibt's die Universalempfehlung hier. Für Interpretaionen wird's noch komplexer und man muss fairerweise darauf hinweisen, dass der nicht Geschulte allenfalls in einfachen Fällen zum Ziel kommt. Für schwierigere Dinge braucht man fachkundige Anleitung, die über das Selbststudium hinausgeht. Manchmal helfen Bücher wie dies.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Bayer

Lieber Olaf,

vielen Dank!
Interaktion erhöht die Motivation.

Band 14 der Clausthaler tektonischen Hefte liegt sogar auf meinem Schreibtisch.
Bin aber erst bei den ersten Seiten angelangt.
Dort finde ich wahrscheinlich auch die Antwort auf meine Frage zum linear polarisierten Licht.

Habe noch so ca. 10 weitere Dünnschliffe fotografiert und kann die dann nach und nach vorstellen.
Derzeit recherchiere ich noch darüber, was ich eigentlich fotografiert habe.

Beste Grüße
Christian
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

TPL

Hallo Christian,

schön zu sehen, wie Du dieses Thema angehst!
Deine "Methoden der Dünnschliffmikroskopie" (Clausthaler Tektonische Hefte, 14) ist der Vorgänger von Olafs erster Empfehlung "Leitfaden zur Dünnschliffmikroskopie", nur mit dem Unterschied, dass die aktuelle Version einige Fehlerlein des Buches korrigiert, an vielen Stellen mit guten (Farb-) Abbildungen ausgestattet ist und... kostenlos ist.

In den 1980ern habe ich mir das Thema mit genau dem Buch erarbeitet, das auf Deinem Schreibtisch liegt und möchte es deshalb auch neben meinem Mikroskop nicht mehr missen. Allerdings ist es von dort bis zur Gesteinsbestimmung noch einmal ein großer Schritt, für den ich Dir weiterhin die Begeisterung wünsche, die aus Deiner Vorstellung und Deinen (sehr guten!) Bildern spricht.

Wegen langer Dünnschliff-Abstinenz steht mir übrigens in Kürze Ähnliches (Gesteinsbestimmung anhand von Dünnschliffen) bevor und ich würde mich freuen, wenn wir uns dazu hier (unter Olafs kritischem, fachkundigem Blick) austauschen können. À propos – es gibt da noch eine bisher ungenannte Empfehlung, die mir sehr hilft, wenn ich bei den kristalloptischen Grundlagen unsicher bin.

Viele Grüße,
Thomas

Bayer

Danke, Thomas,
sehr gerne tausche ich mich mit Dir aus.
Sobald ich wieder zu Hause bin, kann ich mal eine Liste meiner Gesteinsdünnschliffe posten.
Die Aufnahmen kommen dann nach und nach.
Beste Grüße
Christian

P.S.: Und Danke für den Link zu Olafs Webseite
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

Bayer

Ich wohne übrigens in München - falls das für jemanden interessant ist
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

Bayer

Folgende Gesteinsdünnschliffe habe ich bereits fotografiert:
- Schwerspat (Baryt) aus dem Karbon
- Peridotit aus dem Tertiär
- Olivin Gabbro aus dem Tertiär
- Piemontit und Braunit aus der Kreidezeit
- Staurolith-Glimmerschiefer aus dem Kambrium
- Turmalin-Pegnatit aus der Eiszeit (Cryogenium)

Folgende kommen noch:
- Prehnit-Basalt
- Kentallenite aus dem Devon
- Essexite aus dem Karbon
- Aktinolith aus dem Pre-Kambrium
- Luxullianit (Alkalifeldspatgranit mit Turmalinsonnnen) aus dem Devon
- Anhydrit aus dem Trias

Freu mich auf die Diskussion mit Euch!
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

Wutsdorff Peter

Einen Gruß in die Runde der Dünnschliffexperten und an Christian,
die von Olaf empfohlenen Bücher kann ich nur wärmstens empfehlen.
Da ich lieber  ein Buch in der Hand halte als vor dem Bildschirm zu sitzen, habe ich mir die
drei R R R farbig in einem Copyshop Ausdrucken und Binden lassen. War aber nicht gerade preiswert.
Ich habe im Forum eine Reihe Dünnschliffe erworben, die aber nicht bezeichnet sind.
Ich habe daher das Problem der Bestimmung. Mit dem Berek-Kompensator kann ich mühelos
"Gamma" bestimmen. Die Werte liegen alle im bereich  200 - 400 nm.  Aber mit der Messung der Dünnschliffdicke (nur das Gestein!!) tue ich mich noch etwas schwer. Ich komme, wie zu erwarten, auf 20 - 30µ. Da aber die Strahlen im Michel-Levy-Diagr. in diesem Bereich unter ca. 45° verlaufen, gibt es schleifende Schnitte. Aber Üben übt! Vielleicht schaffe ich es noch.
Hier noch zwei zu empfehlende Bücher:
C. Burri: "Das Polarisationsmikroskop"; Springer Basel, 1950
Rinne, Berek:" Anleitung zur allg. und Polarisations Mikroskopie der Festkörper im Durchlicht"
Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttg. 1973

Gruß Peter



Bayer

Hallo Peter,

vielen Dank für die weiteren Buchempfehlungen.
Wie man ein Gamma bestimmt, müsste ich noch nachlesen ;-)
Aber ich habe ja den Band 14 der Clausthaler tektonischen Hefte - muss den nur mal zu Ende lesen.

Willst Du auch mal Fotos von Deinen Dünnschliffen hochladen?

Beste Grüße
Christian
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850

Bayer

Hier sind noch mal vier weitere REM Aufnahmen der Oberflächentopographie des gleichen Gesteinswürfels
Stemi 508doc
AxioScope.A1
Nikon D850