Das grüne Pantoffeltierchen und ein mir unbekannter Ciliat

Begonnen von MikroMicha, September 11, 2018, 21:43:53 NACHMITTAGS

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MikroMicha

Hallo liebes Forum und liebe Tümplerfreunde,

in meiner "in die Wochen gekommenen" Wasserprobe aus einem Fischteich habe ich in den Kahmhäuten heute mehrere Exemplare des Grünen Pantoffeltierchens (Paramecium bursaria) gefunden. Daneben wimmelte es von von "gewöhnlichen" Pantoffeltierchen. In der Probe hat sich inzwischen ein leichter Fäulnispross in Gang gesetzt, da ich auch kleinere Seerosenblätter, moosigen Uferbewuchs und Algenfäden mit in die Probe genommen hatte. Mit dieser Wasserprobe beschäftige ich mich jetzt schon ca. 3 Wochen. Das Grüne Pantoffeltierchen ist wahrlich ein Augenschmaus, besonders schön anzusehen aufgrund der vielen eingelagerten symbiontischen Zoochlorellen, ein wahrer Farbtupfer sozusagen. Ein Exemplar habe ich aus einer Videosequenz für Euch einmal herausgefischt.

Bild 1 (von oben nach unten): Objektiv A-Plan 40 x, N. A. 0,65
Bild 2 (von oben nach unten): Objektiv A-Plan 63 x, N. A. 0,80

aufgenommen mit Zeiss-Mikroskop Axiolab A1, achromatischer/aplanatischer Kondensor N. A. 0,90 (Hellfeld, schiefe Beleuchtung),
Kamera Canon EOS 5D Mark II

Wie immer, viel Spass beim Betrachten der Bilder  :).
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

limno

Hallo Michael,

Dein Grünes Pantoffeltier ist ja sehr nett zu Dir, dass es so gemächlich schwimmt; so konntest Du es auch ohne Blitz schön ablichten(oder hast Du schon einen?. Es liebt halt das Licht!Beim zweiten Bild hast Du das Vestibulum gut getroffen- man meint in die Röhre hineinfahren zu können.Die Bilder sind aber etwas zu hell geraten. Aber das ist wohl Deiner "Blitzlosigkeit " geschuldet.Morgen gibt's von mir ein Mikroskopfoto mit aufgesetzter Kamera, Blitzwürfel, Blitz und Blitzhalter usw. Bilder noch nicht, denn ein stets unscharf bleibender zentral im Bild liegender großer Fussel liegt im Fotostrahlengang. Heute habe ich  schon gesucht und geputzt, aber noch nichts gefunden >:( Irgendwas is halt immer...
Eine Gute Nacht wünscht
Heinrich




So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

MikroMicha

#2
Hallo Heinrich,

in der Tat hatte das grüne Pantoffeltierchen zwischendurch einmal etwas Zeit und stand manchmal auf der Stelle, ansonsten war es recht fix unterwegs.

Ich muss mich "outen": Es sind keine "richtigen" Fotos, sondern ich habe einige Einzelbilder aus meinen Videos herausgearbeitet:

Zitat von: MikroMicha in September 11, 2018, 21:43:53 NACHMITTAGS
Ein Exemplar habe ich aus einer Videosequenz für Euch einmal herausgefischt.

Zur Zeit fotografiere ich (wenn ich es dann mache) ohne Blitz, bei ISO 3200 und Belichtungszeiten um die 1/320 Sek. bekomme ich schon recht passable Aufnahmen mit meiner Canon EOS 5D Mark II hin. Die Belichtungszeit ist aber für detailliertere Aufnahmen von Ciliaten noch viel zu lang, glaube ich. "Richtige" Fotos aus dem gleichen Probengefäß folgen noch. Außer dem grünen Pantoffeltierchen, vielen normalen Paramecien habe ich viele Ciliaten gefunden, die ähnlich groß (um die 250 µ oder größer) sind, die ich aber wieder nicht eindeutig zuordnen kann. Dieser Ciliat ich gelblich bis grünlich gefärbt, ich tippe auf Paraurostyla wiessei, hievon folgen noch die "richtigen" Fotos.
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

MikroMicha

#3
Hallo liebes Forum und Tümpelfreunde,

im Wasser des gleichen Probengefäßes finden sich außer den von mir oben genannten "normalen" Pantoffeltierchen und dem grünen Pantoffeltierchen 220 µ bis 250 µ große Ciliaten, die deutlich gelblich bzw. grünlich gefärbt sind, einige von ihnen sind auch deutlich transparenter. Ob die Färbung von der Form der Nahrung dieser Ciliaten abhängig ist, kann ich nicht sagen, lässt sich aber vermuten. Ich vermute hinter diesem Ciliaten Paraurostyla weissei, obwohl dessen Größe mit ca. 300 µ angegeben wird. Vielleicht weiß von euch jemand, welches Viech mir hier unter meine Linsen gekommen ist.

Aufnahmedaten:
Bild 1, 2, 4 und 5:
Objektiv A-Plan 40 x, N. A. 0,65, schiefe Beleuchtung, achromatischer/aplanatischer Kondensor, Kamera: Canon EOS 5D Mark II, 1/200 Sek., ISO 3200 (ungeblitzt)

Bild 6 und 7: Objektiv A-Plan 63 x, N. A. 0,80, schiefe Beleuchtung, achromatischer/aplanatischer Kondensor, Kamera: Conon EOS 5D Mark II, 1/320 Sek., ISO 3200 (ungeblitzt)

Viel Spass beim Betrachten der Bilder.



Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

Michael Plewka

hallo Michael,
vielen Dank für Deinen Beitrag! Mit Bezug zu Deinem Kommentar hier:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=32269.0

Zitat....habe ich den Eindruck,  dass mit meinem Mikroskop "etwas nicht stimmt"...

folgende (aus Zeitgründen kurze) technische Anmerkung zu den Bildern zu P. bursaria:

1. Du hattest mal erwähnt, dass Du ein 40x/1.3 Plan Neo hast. Warum hast Du das hier nicht eingesetzt?

2.Heinrichs Bemerkung: 
ZitatDie Bilder sind aber etwas zu hell geraten.

Das Histogramm zeigt, das die Bilder m.E. richtig belichtet sind.  Für meinen Geschmack allerdings  fehlt bei Deinen Bildern die Plastizität, die man mit Schieflicht  (bzw. der Kreutz-Blende) erzielen könnte.  Hier ein Beispiel von Aufnahmen, die aus dem Jahr 2008 (1. Bild) und 2006 (2. Bild) stammen.  Aufgenommen mit einer Coolpix 4500 (ohne Blitz) mit ca 1/2000 sec mit einer 6W Halogen-Lichtquelle, also nicht viel:

http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/01e-protista/e-Ciliata/e-source/Paramecium%20bursaria.html

Vermutlich ist die Blende an Deinem Kondensor  zu stark  geschlossen. Bei mir ist sie immer ganz auf!  Dadurch ändert sich auch die Belichtungszeit im positiven Sinne zu kleineren Werten, so dass man evtl. gar  keinen Blitz braucht.

Beste Grüße
Michael Plewka

P.S. Zu den neuen Bildern kann ich bestimmungsmäßig leider nichts beitragen. Vielleicht meldet sich Martin Kreutz ja noch...

MikroMicha

#5
Hallo Michael,

vielen Dank für Deine Antwort und bezug auf Deinen "Mikroskopischen Urlaubsbericht" https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=32269.0 und die wertvollen technischen Tipps.

Zitat von: Michael Plewka in September 13, 2018, 12:32:22 NACHMITTAGS
folgende (aus Zeitgründen kurze) technische Anmerkung zu den Bildern zu P. bursaria:

1. Du hattest mal erwähnt, dass Du ein 40x/1.3 Plan Neo hast. Warum hast Du das hier nicht eingesetzt?


Das mit dem 40er/1.3 Plan Neo muss falsch rübergekommen sein. Für reine Hellfeldanwendungen habe ich nur die "normalen" A-Plane 40x, N. A. 0,65, 63 x N. A. 0,80 und das N-Achroplan 100 x N. A. 1,25 im Einsatz. Für Phasenkontrastanwendungen (ist auch nicht immer bei Ciliaten zu empfehlen), habe ich die besser korrigierten EC-Plan Neofluare 20 x N. A. 0,50, 40 x N. A. 0,75, 63 x Oil N. A. 1,25 (ein Traum!) und das 100 x Oil N. A. 1,3. Dann bin ich komplett verrückt geworden und habe mir das LCI-Plan Neofluar 63 x Water N. A. 1,3 (ebenfalls ein Phasenobjektiv) angeschafft.

Zitat von: Michael Plewka in September 13, 2018, 12:32:22 NACHMITTAGS

2.Heinrichs Bemerkung: 
Die Bilder sind aber etwas zu hell geraten.

Das Histogramm zeigt, das die Bilder m.E. richtig belichtet sind.  Für meinen Geschmack allerdings  fehlt bei Deinen Bildern die Plastizität, die man mit Schieflicht  (bzw. der Kreutz-Blende) erzielen könnte.  Hier ein Beispiel von Aufnahmen, die aus dem Jahr 2008 (1. Bild) und 2006 (2. Bild) stammen.  Aufgenommen mit einer Coolpix 4500 (ohne Blitz) mit ca 1/2000 sec mit einer 6W Halogen-Lichtquelle, also nicht viel:

Vermutlich ist die Blende an Deinem Kondensor  zu stark  geschlossen. Bei mir ist sie immer ganz auf!  Dadurch ändert sich auch die Belichtungszeit im positiven Sinne zu kleineren Werten, so dass man evtl. gar  keinen Blitz braucht.

Also, ich finde auch, dass die Belichtung passt, vielleicht ist Heinrichs Bildschirm nicht richtig kalibriert (Gammawert). Ich habe mir für die verlässliche Bildschirmeinstellung zusammen mit guten Freunden eine Kalibrationsgerät angeschafft und meinen Bildschirm dahingehend kalibriert.

Ich habe meine Aufnahmen (von Paramecium Bursaria und den mir unbekannten Ciliaten) im sog. Schieflicht aufgenommen. Die Schieflichteinstellung erreiche ich dadurch, dass ich meinen Revolverkondensor etwas aus der Hellfeldposition herausdrehe in Richtung Phasenkontraststellung (Phase1). Wahrscheinlich war ich hier zu zaghaft und hätte es noch stärker anwenden sollen, so dass beim Blick durch den Okularstutzen die beleuchtete Fläche mindestens zur Hälfte abgedeckt wird. Und dann habe ich wahrscheinlich den (Anfänger)fehler begangen und bei Schieflicht auch die Kondensorblende etwas zugezogen (wie im Hellfeld, etwas mehr als 1/3). Das alles erklärt wahrscheinlich die fehlende Plastizität und noch recht lange Belichtungszeit. Von daher, vielen Dank für Deinen Hinweis. Als Beleuchtung setze ich eine LED-Beleuchtung ein (3 x 2 W, 300 Lumen, 6000 K, weiß) ein. Bis jetzt sind meine Aufnahmen alle ungeblitzt.

Zitat von: Michael Plewka in September 13, 2018, 12:32:22 NACHMITTAGS
P.S. Zu den neuen Bildern kann ich bestimmungsmäßig leider nichts beitragen. Vielleicht meldet sich Martin Kreutz ja noch...

Ich hoffe, dass sich Martin dazu bei mir meldet, bei der Ciliatenbestimmung stehe ich nämlich meistens noch völlig "auf dem Schlauch"  ;).
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

limno

#6
Hallo geschätzte Michaels,
@M. Plewka: Ja Du hast wohl recht, das Bild ist richtig belichtet, den Monitor meiner alten Kiste habe ich so gut wie möglich kalibriert. Für sein Alter macht er das recht gut! :) Aber streng genommen, spielt ja auch die übrige Beleuchtung eine Rolle.Meinen Bildschirm habe ich im abgedunkelten Raum kalibriert, so wie es auf einschlägigen Internetseiten beschrieben ist.Aber gestern spätabends saß ich nicht in einem dunklen Raum....
@MikroMicha:Übrigens kann man mit Magic Lantern auch während des Filmens blitzen! Selbst hab' ich das aber noch nicht ausprobiert.Paraurostyla weissei ? Ist, so denke ich, schon mal die richtige Richtung, wenn das Tierchen wie Du selbst vermutest, zu groß ist um P.weissei  zu sein! Ein Maßstabsbalken bzw. die Angabe der Bildlänge hilft mir weiter. Mit den gelungenen Bildern der anderen Ciliaten könnte eine Bestimmung glücken!

Bis bald!
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Martin Kreutz

#7
Hallo Michael,

zu Deinem Beitrag zu P. bursaria und (wahrscheinlich) Paraurostyla weissei mal einige kritische Bemerkungen, die aber wohlwollend gemeint sind (glaub mir!).

Die Aufnahmen von P. bursaria sind nicht mit schiefer Beleuchtung aufgenommen. Ein Reliefeffekt ist nicht zu erkennen. Das kann viele Gründe haben. Da musst Du noch etwas fummeln.

Wenn man anfängt, sich mit Ciliaten zu beschäftigen und sich an Zuordnungen versucht, sollte man auf keinen Fall hypotriche Ciliaten wählen! Wie schon oft erwähnt, gibt es nur sehr wenige Arten, die sich ohne Silberimprägnierung unterscheiden lassen. Wo das Problem liegt, versuche ich Dir an Deinen Fotos von Paraurostyla zu demonstrieren. Wir versuchen an Hand Deiner Fotos eine Bestimmung nach dem Bestimmungsschlüssel für Hypotriche nach Foissner (in seiner Revision IV):

1. Frage:  Gestalt? / Zahl der Cirrenreihen? / Lage der kontraktilen Vauole? / Form des Makronukleus?

Die Gestalt kann man auf Deinen Fotos erkennen. Zahl der Cirrenreihen, Lage der kontraktilen Vakuole und Form des Makronukleus allerdings nicht! D.h., Bestimmung hier schon zu Ende und es kämen noch 6 weitere Fragen zu Merkmalen bis zur Art! Du siehst, woran es klemmt!? Man muss die Merkmale zur Unterscheidung kennen und erkennen. Man muss sie nicht unbedingt fotografieren. Wenn Du schreibst, die kontraktile Vakuole lag in der Körpermitte, weil Du sie dort klar identifiziert hast, ist das ausreichend.

Gerade bei den Hypotrichen ist das Erkennen der Ciliatur ohne Silber äußerst schwierig! Da hilft Dir auch kein DIK oder Phako weiter. Ich halte es aus eigener Erfahrung für wesentlich vorteilhafter, die Merkmale der Ciliaten erst einmal an großen, langsamen Viechern zu üben und sich mal ein paar Aufgaben selber zu stellen. Hat das Vieh eigentlich Trichocysten? Wieviele Mikronuklei gibt es? Wo sitzt die kontraktile Vakuole? Hat sie Zuführungskanäle und wie sehen sie aus? Gibt es Caudalcilien? Wie ist der Zellmund geformt und bewimpert? Erst wenn man diese Merkmale kennt, kann man einen Bestimmungsschlüssel nutzen. Dann geht es daran, die Zahl von "alten Bekannten" zu erweitern. D.h. die Identifizierung von Ciliaten, weil man sie schon kennt und sofort erkennt. Erst dann bekommt man eine Gefühl dafür, in welche Gruppe ein "Neuzugang" gehört.

Das ist wirklich nicht als Kritik gemeint! Du stellst hier viele Beiträge ein und ich sehe, dass Du daran interessiert bist "das nächste Level" zu erreichen.

Martin