Bakterien in der Fluoreszenzfärbung

Begonnen von Ralf Feller, Dezember 25, 2018, 22:51:52 NACHMITTAGS

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Ralf Feller

Liebe Kollegen,

manchmal ist es interessant Bakterien und andere Krankheitserreger in Ausstrichen und Geweben darzustellen. Die Bakterienfärbung z.B. mit Methylenblau ist dann eine einfache Sache wenn man nur Bakterien auf dem Objektträger hat. Liegen aber nur wenige Bakterien in mitten von Zellen, die sich auch anfärben, dann wird es schon schwerer bis unmöglich z.B. blaue Bakterien auf blauen Zellen zu erkennen. Besonders schwer wird es dann, wenn sich nur wenige Bakterien unter sehr vielen Zellen finden.
Besonders hilfreich sind dann Fluoreszenzfärbungen. Hier leuchten dann die Bakterien in einer anderen Farbe oder auf ganz dunklem Hintergrund auf. Vorteilhaft ist dabei, dass man auch Objektive mit kleiner Vergrößerung, und somit großem Sehfeld, verwenden kann.

Standard-Testobjekt sind für mich dann immer Mundschleimhautabstriche, die sowohl Zellen wie auch Bakterien enthalten. Der Abstrich wird dabei einfach auf einen Objektträger ausgestrichen, getrocknet und zwei Minuten ethanolfixiert.

Acridinorange (AO) ist dabei ein Farbstoff, der Nucleinsäuren (DNA grün und RNA rot) in sehr geringen Konzentrationen anfärbt. Die Bakterien sind in Abb. 1 (400 fache Vergrößerung) und Abb. 2 (1000 fache Vergrößerung) gut als rote Kugeln oder Stäbchen zu erkennen.
Abb. 1 (40x)


Abb. 2 (100x)


In Ausstrichen gibt es also kein Problem.
Aber wie sieht es in Gewebeschnitten aus?
Die Färbung muss in der Paraffinhistologie dabei die aufsteigende Alkoholreihe überstehen wenn man haltbare Dauerpräparate in organischen Eindeckmitteln machen will.
Ich habe also die AO gefärbten Ausstriche analog zu Gewebeproben durch die aufsteigende Alkoholreihe, bis zum Xylol gezogen (Abb. 3 und 4).
Abb. 3


Abb. 4


Die Fluoreszenz nimmt zwar deutlich ab, ist aber noch gut zu erkennen.
Acridinorange sollte also gut tauglich für die Paraffinhistologie sein.

Eine besondere Art von Bakterien sind die Mycobakterien.
Zu diesen recht seltenen Bakterien zählen die Erreger von Tuberkulose und Lepra, aber auch viele weniger gefährliche Arten. Als Besonderheit sind diese Bakterien von einem Wachsmantel umgeben. Dieser verhindert, dass normale Farbstoffe in die Bakterien gelangen. So sind Mycobakterien in normalen Färbungen unsichtbar oder nur sehr schlecht sichtbar. Besonders die Tuberkulosebakterien wachsen auch nicht in normalen Bakterienkulturen, was ihre Unsichtbarkeit noch einmal betont.

Abb. 5 zeigt einen mit Acridinorange gefärbten Ausstrich von Mycobakterien mit schlechter Anfärbbarkeit.


Abb. 5


Wenn es aber gelingt bestimmte Farbstoffe in den Wachsmantel der Mycobakterien zu bringen, dann sind diese dort unangreifbar, das heißt sie lassen sich nicht durch Alkohole und selbst nicht durch Alkohol-Säuremischungen entfernen. Man nennt die Mycobakterien deshalb auch säurefeste Bakterien.

Als Farbstoffe verwendet man den Fluoreszenzfarbstoff Auramin oder für die Darstellung ohne Fluoreszenz, das Fuchsin. Das Eindringen der Farbe wird dabei durch den Lösevermittler Phenol (Auraminfärbung oder mit Fuchsin, Kinyoun-Färbung) oder durch Hitze (Ziehl-Neelsen Färbung) ermöglicht.
Nach der Färbung wird das Präparat mit Säure-Alkohol behandelt, so wird nur der Farbstoff in den Mycobakterien belassen. Alles andere wird also farblos oder durch eine schwache Gegenfärbung nur schemenhaft sichtbar. Abb. 6 zeigt Mycobakterien mit Phenol/Auramin gefärbt und Salzsäure-Alkohol gespült.

Abb. 6


Anwendung am Histologischen Schnitt.
Die Alkoholfestigkeit von Acridinorange und Auramin ist ja jetzt gezeigt.

Abb. 7 und 8 zeigt eine bakterielle Meningitis im Paraffinschnitt mit Acridinorange gefärbt.
Achtung, die Baktreien sind nur als kleine orange Punkte in Abb.8 zu sehen.

Abb. 7 Meningitis Übersicht, die orangen Zellen sind Granulozytenkerne.


Abb. 8 Meningitis 400x, die kleinen roten Punkte sind die Bakterien!


In Abb. 9 und 10 ist ein Schnitt einer alten, verkäsenden Lungentuberkulose zu sehen.
Es sind eigentlich auch keine Bakterien zu erwarten, die wurden ja durch die Therapie eliminiert. Ich hätte mir zwar einige leuchtende Bakterien gewünscht, nun sieht man nur wie ein leeres Präparat aussehen soll.

Abb. 9 alte Lungentuberkulose, Acridinorange, keine Bakterien!


Abb. 10  alte Lungentuberkulose, Auramin, keine Bakterien!


Die Aufnahmen sind an einem Zeiss Standard 16 mit einfachen Planachromaten gemacht,
Bilder mit CoolPix 990 über Leitz-Preiplan,
Auflicht-LED von Stephan Hiller,
also alles preisgünstig und schnell montiert.

Abb. 11 Zeiss Standard 16 mit Auflicht-LED-Fluoreszenz von Stephan Hiller


Das Problem mit der Alkoholstabilität der Färbung entsteht nur am Paraffinschnitt.
In der Semidünnschnitt-Histologie wird der Kunststoff meist nicht aus dem Präparat herausgelöst, das vereinfacht vieles.
Aber manchmal funktioniert Plastik eben nicht gut, wie hier in einem Schnitt von Jürgen Harst.
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=29109.0

Ronald Schulte hat mir vor kurzem Fluoreszenzbilder einer Meningitis im Semidünnschnitt mit DAPI gefärbt geschickt, das ist natürlich klasse.
Vielleicht zeigt uns Ronald ja noch einige Ergebnisse.

Ich wünsch Euch ein schönes Restweihnachten
und einen guten Rutsch in 2019,
viele Grüße, Ralf


Jürgen H.

Lieber Ralf,

Toller Text, tolle Bilder!

Und es stellen sich sogleich einige Fragen:

Mit welcher AO Konzentration hast Du gefärbt? Bei welchem pH Wert? In Puffer?

Bei Deinem ersten Färbeversuch des Mundschleimhautpräparates mit AO hast Du das Präparat zunächst zwei Min. alkoholfixiert. Ich nehme an mit 70% igem Alkohol?  Die Bakterien dürften also abgestorben sein. Die Färbung funktioniert also auch mit toten Bakterien.

ZitatDie Färbung muss in der Paraffinhistologie die aufsteigende Alkoholreihe überstehen

Wieso? Wenn die Färbung auch bei toten Bakterien funktioniert, kann ich den Schnitt ja auch n a c h dem Entparaffinieren und Überführen in Wasser mit AO behandeln, so dass der Alkohol kein AO ausziehen kann.  Oder beeinträchtigt eine langwierige Alkoholbehandlung die anschließende Färbbarkeit mit AO? Hätte also der lange in EtoH gestellte Ausstrich des Mundschleimpräparates bei anschließendem Einstellen in AO ein anderes Färberergebnis gezeigt?

Danke für den schönen Beitrag und schöne Grüße

Jürgen

Ralf Feller

Lieber Jürgen,

Du hast mich erwischt, ich habe den für mich wesentlichen Punkt, "das ich Dauerpräparate machen wollte" unterschlagen!
Werde ich im Text noch einfügen.

Natürlich kann man eine AO-Färbung auch ohne steigende Alkoholreihe direkt in Wasser, Wasser/Glycerin oder einem wässrigen Eindeckmittel ansehen. Das ist auch besser, denn da wird nichts von dem AO herausgelöst.
Allerdings sind solche Präparate oft nur Tage im Kühlschrank haltbar. Die wässrigen Eindeckmittel härten nicht so stark aus wie z.B. Entellan, und wenn man dann das Öl abputzt, hat man auch schon das Deckglas in der Hand. Oft schmiert das ganze dann ganz schön. Ausstrichpräparate an AO und Auramin mikroskopieren wir im Labor getrocknet und ohne Eindeckung und schmeißen das Präparat dann weg.

Die Bakterienfixierung erfolgt am getrockneten Ausstrich mit 96% Spiritus,
dann 2 Min Acridin-Orange
(0,01% in 0,5M Acetatpuffer, pH 3,5)
=> waschen in Wasser=> trocknen oder wässriges Eindeckmittel oder so wie ich es gemacht habe mit der Alkoholreihe.

Acridin-Orange kann auch als Vitalfarbstoff z.B. an Parmecium verwendet werden um Ribosomen zu färben.
Thilo Bauer hat darüber viel geschrieben.
http://www.mikroskopie-bonn.de/berichte_von_treffen_und_aktionen/berichte_2014/fluorescent_life_cell_imaging_mit_dem_eigenen_mikroskop/index.html

viele Grüße und einen guten Rutsch, Ralf

Ronald Schulte

Weil ich damals auch was von die Wacker Paraffin-Blöcke bekommen habe kann ich ziemlich einfach in diesen Treat einhaken.
Ich habe eine Scheibe Gewebe abgeschnitten und umgebettet in Technovit 7100.
Am LKB 2218 Historange habe ich einige 2µm dicke Schnitte gemacht und die Inkubiert mit Dapi (4?,6-Diamidin-2-phenylindol). https://de.wikipedia.org/wiki/4%E2%80%B2,6-Diamidin-2-phenylindol
Die Idee um DAPI zu Probieren war einfach: Bakterien sind Einzelligen und haben DNA ? Dapi bindet an DNA ? dann mussen die Bakterien auch im Fluoreszenz zu sehen sein.



Bild 1, Das Gehirn Gewebe mit Meningitis in Technovit 7100






Bild 2, Ein Stitch Aufnahme von 13 Bilder, Objektiv 10x.
Unten ist das Gehirn Gewebe zu erkennen, oben die eiteriche Substanz mit massenhaft Granulozyten und Bakterien.
Färbung Toluidin Blau in 1%Tetraborat.






Bild 3, Dapi gefärbtes Technovit Schnitt. Objektiv 10x.
Links Gehirn Gewebe, Mitte Eiteriche Substanz, Rechts ein quer geschnitten Blutgefäß.
Die Bakterien sind hier fast noch nicht zu erkennen.






Bild 4, Dapi gefärbtes Technovit Schnitt. Objektiv 25x.
Links Gehirn Gewebe, Unten Eiteriche Substanz.
Die Bakterien sind hier schon besser zu erkennen.






Bild 5, Dapi gefärbtes Technovit Schnitt. Objektiv 40x.
Links Gehirn Gewebe, Unten Eiteriche Substanz.
Die Bakterien sind hier gut zu erkennen.






Bild 6, Dapi gefärbtes Technovit Schnitt. Objektiv 40x.
Eiteriche Substanz.
Die Bakterien sind hier gut zu erkennen.




Gruße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Klaus Henkel

Zitat von: Ronald Schulte in Dezember 26, 2018, 13:58:29 NACHMITTAGS
Weil ich damals auch was von die Wacker Paraffin-Blöcke bekommen habe kann ich ziemlich einfach in diesen Treat einhaken.
Ich habe eine Scheibe Gewebe abgeschnitten und umgebettet in Technovit 7100.
Am LKB 2218 Historange habe ich einige 2µm dicke Schnitte gemacht und die Inkubiert mit Dapi (4?,6-Diamidin-2-phenylindol). https://de.wikipedia.org/wiki/4%E2%80%B2,6-Diamidin-2-phenylindol
Die Idee um DAPI zu Probieren war einfach: Bakterien sind Einzelligen und haben DNA ? Dapi bindet an DNA ? dann mussen die Bakterien auch im Fluoreszenz zu sehen sein.



Bild 1, Das Gehirn Gewebe mit Meningitis in Technovit 7100




Gruße Ronald

Ronald, ich kann Ihre Bilder nicht sehen.
Gruß
KH

Peter V.

Hallo Herr Henkel,

das liegt aber nicht am Server oder Forensoftware, da muss irgendetwas an Ihrem Internetbrowser etc. ,,faul" sein.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.