Ein merkwürdiger Pilzbefall von Lepadella

Begonnen von Martin Kreutz, Februar 24, 2019, 20:50:57 NACHMITTAGS

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Martin Kreutz

Liebes Forum,

ich möchte heute über einen merkwürdigen Pilzbefall von Lepadella berichten. In einer alten Probe aus dem Bussenried (einem Ried, nur 1 km vom Simmelried entfernt) konnte ich viele Rädertiere der Gattung Lepadella beobachten. Ich nehme an, dass es sich um Lepadella minuta handelte. Mir fiel auf, dass einigen Exemplaren ,,etwas am Bauch klebte". Ich habe es erst nicht weiter beachtet, weil ich vermutete, das es sich um angehefteten Detritus handelt. Als ich dann zwei Exemplare mit ,,Detritus" kurz hintereinander beobachten konnte, bemerkte ich, dass ein runder Körper immer an der gleichen Stelle auf der ventralen Seite von Lepadella klebte. Hier ein Exemplar in lateraler Ansicht:


PZ = Pilzzelle

Das habe ich mir dann mal näher angeschaut. Hier der mysteriöse runde Körper auf der Ventralseite von Lepadella minuta:



Ich erkannte sofort, dass es sich um eine Pilzzelle handeln musste. Dieser Verdacht bestätigte sich sofort, als ich den Fokus tiefer legte. Man erkennt deutlich das bereits ausgebreitete Mycel des Pilzes und auch die Durchtrittsstelle im Panzer des Rädertieres.


MY = Mycel
PZ = Durchtrittstelle des Pilzes

Ich habe die Schichtdicke dann vorsichtig verringert. Dann kommen die Pilzzelle und das Mycel im Inneren von Lepadella gleichzeitig in den Fokus:


MY = Mycel

Einen solche Pilzbefall hatte ich vorher noch nie gesehen. Der Pilz ist offensichtlich in der Lage, sich spezifisch in der Mitte der Ventralseite von Lepadella anzuheften und einzudringen. Ich kann mir vorstellen, dass begeißelte Zoosporen den Angriff durchführen, aber dies ist natürlich nur vage Theorie. Zudem bin ich für Pilze wahrlich nicht der Spezialist. Ich habe auch nur sehr wenig Literatur dazu. Nur der Voigt (Die Rädertiere Mitteleuropas) zeigt auf einer Seite einige Parasiten von Rädertieren. Der hier beschriebene Pilz ist jedoch nicht dabei. Vielleicht hat jemand mal ähnliches beobachtet und weiß mehr?

Martin 


Michael

Hallo Martin,

wieder mal ein toller Parasit, den Du hier beschreibst! Zeichnet die Anhaftstelle irgend etwas aus? ich dachte eigentlich immer, das der Bauchpanzer bei Lepadella durchgehend ist und nur auf der Rückenseite einige Öffnungen sind. Wenn der Parasit sich immer an die selbe Stelle heftet, sollte diese zum Eindringen besonders gut geeignet sein.
Eine ander Möglichkeit wäre, dass Lepadella beim Abweiden von Oberflächen den Pilz von der Oberfläche abstreift. Dann würde die Infektion aber nicht über Schwärmer erfolgen.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Michael Plewka

Hallo Martin,


da ist Dir ja mal wieder ein interessanter Fund gelungen!  Habe ich (vermutlich, s.u.)  noch nie gesehen.

Während die  meisten Parasiten von den Rädertieren (wobei ich das lediglich vermute) die ich bisher gefunden habe; siehe hier
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/E-TL/e-Ecology/Para-Roti.html
über die Nahrung aufgenommen werden, scheint es ja in diesem Fall so (ähnlich wie bei Zoophagus), dass "dein" Parasit von außen über das Integument in  den Wirt gelangt.

Da fallen mir spontan einige Fragen ein:
Wie hält sich der Parasit am Integument fest?
Wie kommt der Parasit in Lepadella rein? Enzymatische Auflösung des Integuments?
Wie verläuft die Infektion weiter?


Noch eine Sache: bei Lepadella ist man schnell bei "Lepadella ovalis/ L. patella" (wobei ich Dir schon zutraue, dass Du genau hinschaust), aber weil es mir vor kurzem selbst noch so mit Lepadella minuta so ergangen ist: bei den Fotos 1 und 3 könnte es sein (bzw. ist nicht auszuschließen), dass es sich um  (wegen des andeutungsweise zu erkennenden dorsalen Panzerendes) eben L. minuta handelt. Bei dieser habe ich nämlich seltsame Fremdkörper im Inneren gefunden, die ich  nicht zuordnen kann:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Lepadella%20minuta.html


Beste Grüße
Michael Plewka

Martin Kreutz

Hallo Michaels!

@ Michael: An der Anheftungsstelle scheint es nur ein rundes Loch im Panzer zu geben. Weitere Details konnte ich nicht erkennen, weil die Pilzzelle darüber lag. Klar, es kann sein, dass eine vegetative Pilzzelle im Detritus liegt und darauf wartet, bis Lepadella kommt und sie sich dann spezifisch an die ventrale Seite heftet. Die Chance dafür ist jedoch sehr gering. Mit einem aktiv suchenden Schwärmer wäre die Suche erfolgreicher. Aber wer weiß!

@ Michael P.: Vielen Dank für Deine Hilfe bei der Bestimmung. Jetzt sehe ich auch, dass die sichtbaren Merkmale für Lepadella minuta sprechen. Ich habe die Bildbeschriftung bereits angepasst. Wie der Pilz durch den Panzer dringt und wie die Vermehrung dann stattfindet, wüsste ich auch gerne. Momentan kann man wohl nur feststellen, dass es eventuell ein noch nicht beschriebener, parasitischer Pilz ist. Ich hoffe, dass ich die Art von Befall mal wiederfinde. Der Fundort ist mir ja bekannt.

Martin