Botanik: Sumpfschachtelhalm ist ein Uferschachtelhalm E. x litorale *

Begonnen von rekuwi, Oktober 14, 2009, 22:58:05 NACHMITTAGS

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Detlef Kramer

Lieber Klaus,

vielen Dank für den tollen link. Werde ich mir gleich abspeichern.

Grüße Heinz herzlichst!

Dir ebenfalls herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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TPL

Zitat von: reblaus in Oktober 15, 2009, 01:39:03 VORMITTAGSilikat in Pflanzen ist eine faszinierende Sache!

Hallo Rolf und andere Kieselgel-Freunde,
nicht böse sein, wenn ich mich als Botanik-Laie hier einmische, aber meines Wissens bauen die Pflanzen weder Silikate ein noch Quarz (welcher zumindest in Deutschland, zu den Oxiden gehört). Es ist vielmehr - ähnlich wie bei kieselschaligen Organismen - das Anhydrid der Kieselsäure.

gerade lese ich in der Wikipedia "Eine Eigenart der Schachtelhalme ist die Einlagerung von Silikat (als Ligninersatz) in die Zellwand. Die Pflanze enthält bis zu 7 % Kieselsäure." Das passt jedoch schon deshalb nicht recht, weil Silikat nun einmal nicht das Gleiche ist wie Kieselsäure. Vielleicht ist das aber auch nur meine Wissenslücke, die ich gerne schließen möchte...

In fossilen Pflanzen (Schachtelhalm gibt es ja auch schon ein paar 100 Millionen Jahre ;)) findet man zwar Silikate und Quarz, aber die (recht gut belegte) Annahme ist, das sich diese relativ stabilen Minerale aus der weniger stabilen Kieselsäure im Zuge der Gesteins-Diagenese gebildet haben. Sollte es da noch einen zweiten Weg geben?

rekuwi

Lieber Klaus,

wirklich, ein gut passender Link der viele Lücken in punkto Schachtelhalm schließt. Danke.

Lieber Thomas,

Aber zu der enthaltenen Kieselsäure gibt es leider keine Aussage. Hoffentlich weiß jemand darüber Genaueres.

Liebe Grüße
Regi

Detlef Kramer

Lieber Thomas,

dann gib uns doch einmal eine Nachhilfestunde in Silizium-Chemie. Ich bin jetzt auch verunsichert. Man hat, als Botanuker halt im Kopf, dass in vielen Zellwänden Siliziumdioxid, aber auch Calcium-Silikat enthalten ist. Mit den Begriffen wird bestimmt oft schlampig umgegangen. Aber, wenn ich an den Verschleiß meiner Diamantmesser denke, denke ich, dass da doch was dran ist an dem SiO2 in den Zellwänden. Und dann gibt es da noch die Kieselalgen. Ich meine, da wäre es klar, dass es sich um amorphen Quarz handelt. Mit anderen worten, der pflanzliche Stoffwechsel kann wohl SiO2 erzeugen.

Genauer weiß ich es leider auch nicht. Aber Du könntest erklären, was die Stoffgruppen genau sind.

Herzliche Grüße

Detlef
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Zitat von: Detlef Kramer in November 11, 2009, 18:50:34 NACHMITTAGSdann gib uns doch einmal eine Nachhilfestunde in Silizium-Chemie. Ich bin jetzt auch verunsichert. Man hat, als Botaniker halt im Kopf, dass in vielen Zellwänden Siliziumdioxid, aber auch Calcium-Silikat enthalten ist. Mit den Begriffen wird bestimmt oft schlampig umgegangen. Aber, wenn ich an den Verschleiß meiner Diamantmesser denke, denke ich, dass da doch was dran ist an dem SiO2 in den Zellwänden. Und dann gibt es da noch die Kieselalgen. Ich meine, da wäre es klar, dass es sich um amorphen Quarz handelt. Mit anderen Worten, der pflanzliche Stoffwechsel kann wohl SiO2 erzeugen.

Genauer weiß ich es leider auch nicht. Aber Du könntest erklären, was die Stoffgruppen genau sind.

Lieber Detlef,
ich wüsste es selbst gerne genauer, aber ein paar Sätze dazu zitiere ich gerne. Da hatten sich bereits Zwei Forumsteilnehmer vor einem anderen Hintergrund mit dem Thema auseinandergesetzt: http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?1,47202,47716#msg-47716  ;).

Ich denke, Alles was Du geschrieben ist korrekt. Insbesondere auch, dass der pflanzliche Stoffwechsel SiO2 erzeugen kann (da gibt es ja auch noch die kieseligen Phytolithe in den Gräsern...). Nur stimmt eben die Gleichsetzung von Kieselsäure und Quarz nicht, da Quarz nur eine Varietät dieser anhydrierten Kieselsäure ist (und selbst vom Quarz gibt es noch ein paar Varietäten ::)). Beim amorphen Quarz muss ich zwar immer ein bisschen zucken (das ist ein bisschen wie "kristallene Luft"), aber dieser missverständliche Begriff ist ja Bestandteil der Standardsprache.

Warum ich auf dieser Sache herumreite: Wäre tatsächlich Quarz im Schachtelhalm, dann würde der als doppelbrechendes Mineral natürlich im Pol-Kontrast hell werden. Dagegen ist die Kieselsäure eben - wie Du schreibst - amorph und sollte deshalb auch keine Doppelbrechung zeigen. Sind also die leuchtenden Partien in Regis Schnitt tatsächlich die kieseligen Zellbestandteile oder sehen wir da andere Doppelbrechungsphänomene?

reblaus

Hallo -

an der Nomenklaturdiskussion möchte ich mich nicht beteiligen, aber einige Wochen weiter oben hatte ich mal ein paar Bildchen angekündigt.
Der Einfachheit halber betrachte ich hier Kieselsäure und deren Salze, die Silikate, zusammen und den Quarz als Anhydrit davon.
Tatsache ist, dass beide im Bodenwasser löslich sind (je nach Temperatur zwischen 30 und 120 mg/l) und so auch über den Transpirationsstrom von Pflanzen aufgenommen und als "Bio-Opal" eingelagert werden. Bei einigen Gruppen von "Silikatsammlern" war dies lange bekannt (Schachtelhalme, Gräser etc.). Bei anderen wurde es lange nicht beachtet, Silkat galt als überflüssig für die Ernährung.

Eines Tags kam ich auf die Idee, Mehltau befallene Rebenblätter in H2SO4 zu kochen. Wir erhielten - im Gegensatz zu gesunden Blättern - einen milchigen Rückstand, der sich als feines, weißes Pulver trocknen ließ, dessen Körner unter dem Rastermikroskop folgenden Anblick boten:





Nach langen Untersuchungen zeigte sich, dass Zellen, die der Mehltau versucht zu penetrieren, als Abwehrreaktion Silikat in die Zellwände einlagern, desgleichen alle benachbarten Zellen.
Das obere Bild zeigt ein Korn von unten, Kappen von Palisadenparenchymzellen sind verkieselt), das zweite Bild eines von oben (hier nur die Umrisse der Epidermiszellen zu sehen, die Sicht auf die unteren Zellen ist verdeckt, man sieht aber das Loch, das die Bohrhyphe des Mehltaus zurückgelassen hat, unten herausvergrößert).
Danach kamen wir drauf, dass man nicht so brutal drangehen muss, sondern die Blätter auch normal mit Methanol entfärben und mit Methylenblau färben kann, dann sieht man die Kieselsäure(Silikat)nester ebenfalls ; die Hyphen des Mehltaus gehen bei dieser Prozedur natürlich ab, aber man sieht noch die "Spur", die sie zurückgelassen haben:





Gruß
Rolf

Druse

Lieber Rolf,

mir fällt nix anderes spontan ein: superklassetoll!

vielen Dank für die Fotos und die Erklärung!

Viele Grüße
Mila

Klaus Herrmann

Hallo Rolf,

finde ich ebenfalls toll!

Ich habe aber noch eine Frage: die blauen Waben sind die Silikatsrukturen, die auch bei der H2SO4-Behandlung stehen blieben? Und die gibt es nur an den Stellen, wo auch Mehltaubefall war?

Dann lässt sich das Silikat mit Methylenblau anfärben und das sogar selektiv?

Dann müsste man doch beim Schachtelhalm - um wieder die Kurve zu Regis Beitrag zu kriegen - das Silikat oder was auch immer ebenfalls mit Methylenblau anfärben lassen? wäre doch einen Versuch wert. Werde ich gleich am Freitag bei Heinz Streble vorschlagen!

Noch was Schreibtechnisches: wie kriegst Du Deinen Rechner dazu richtige Formeln zu schreiben?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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TPL

#23
Zitat von: reblaus in November 11, 2009, 22:05:19 NACHMITTAGSan der Nomenklaturdiskussion möchte ich mich nicht beteiligen, aber einige Wochen weiter oben hatte ich mal ein paar Bildchen angekündigt.
Der Einfachheit halber betrachte ich hier Kieselsäure und deren Salze, die Silikate, zusammen und den Quarz als Anhydrit davon.
Tatsache ist, dass beide im Bodenwasser löslich sind (je nach Temperatur zwischen 30 und 120 mg/l) und so auch über den Transpirationsstrom von Pflanzen aufgenommen und als "Bio-Opal" eingelagert werden. Bei einigen Gruppen von "Silikatsammlern" war dies lange bekannt (Schachtelhalme, Gräser etc.). Bei anderen wurde es lange nicht beachtet, Silkat galt als überflüssig für die Ernährung.

,,Wenn ich ein Wort verwende", erwiderte Humpty Dumpty (...), ,,dann bedeutet es genau, was ich es bedeuten lasse, und nichts anderes." (Lewis Carroll, Alice hinter den Spiegeln)

Hallo Rolf,
eine schöne und anregende Untersuchung! Ja: superklassetoll!

Allerdings wundert es mich nun kaum noch, dass es zwischen verschiedenen Fachbereichen zu massiven Verständigungsproblemen kommt. Mir ging es keineswegs um eine Nomenklaturdiskussion, sondern um eine alte Liebe aus meinem Studium, die Biomineralisation und ein aktuelles Arbeitsgebiet, die Zusammensetzung fossiler Pflanzenreste (Kohle und Schwarzschiefer). Die zitierten Böden bestehen aus einer ganzen Reihe höchst unterschiedlicher und verschieden stabiler/reaktiver Silikate und außerdem aus wechselnden Anteilen von gemeinhin als inert betrachtetem Quarz. Dessen "Löslichkeit" im Bodenwasser begreife ich überhaupt nicht und er ist auch kein Anhydrit (CaSO4), sondern ein Anhydrid.

Natürlich können sich Silikate im Bodenwasser auflösen, aber das heißt ja noch lange nicht, dass sie in einer Pflanze auch wieder zu diesen teilweise komplexen anorganischen Kristallen aufgebaut werden - oder doch??? Ich frage deshalb konkret: welche Silikate wurden bei den Untersuchungen des feinen weißen Pulvers detektiert und mit welchem Verfahren? Röntgen-Beugung wäre eine probate Methode - das REM ist es sicher nicht.

Es wäre hoch interessant zu wissen, ob in Pflanzen tatsächlich Silikate vorkommen oder sogar von den Pflanzen selbst aufgebaut werden, denn das würde ein ganz neues Licht auf die sogenannten "Ascheanteile" von Kohlen oder auf die einmal heftig diskutierte katalytische Wirkung der Schicht-Silikate bei der Erdöl-Bildung werfen.

Fahrenheit

Hallo Zusammen!

auch von meiner Seite vielen Dank für die aufschlussreiche Diskussion und die tollen Bilder!

Ob das 'Versteinern' der Zellwände zur Pilzabwehr erfolgreicher ist, als die übliche Sklerifizierung wie z.B. die Tage bei der Walnuss zu sehen?

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

reblaus

Hallo -
schade, dass ich vor 25 Jahren nicht ein so mächtiges Instrument wie dieses Forum zur Verfügung hatte!
Als Biologe mit u.a Nebenfach Chemie und Geographie (daher ist mir der Unterschied zwischen Anhydrid und Anhydrit eigentlich geläufig) habe ich leider nur Basiskenntnisse zu Silikatchemie und muss mich auf die teils widersprüchlichen und schwammigen Angaben in der Literatur verlassen. Ich nehme auch nicht an, dass wir hier irgendwo über pures SiO2 diskutieren. Was ich hier Silikat nenne sind sozuagen alle unbekannten Kompenten zwischen Orthokieselsäure und Quarz. Die Biologen flüchten sich da in den Ausdruck "Bioopal". In Bambushalmen kommt der ja kiloweise vor.

Wir haben damals auch versucht Reben silikatfrei zu kultivieren. Der niedrigste Gehalt der Kulturlösung, der mit finanziell vertretbaren Mitteln zu erreichen war, waren 5 mg/l (in SiO2-Äquivalenten). Jungpflanzen auf dieser Nährlösung zeigen eine erhöhte Mehltau-Anfälligkeit.
Wenn man die Nährlösung mit Kali-Wasserglas auf höhere Werte bringt als in der normalen Bodenlösung, kriegt man keinen Mehltauschutz, aber die "Waben" von befallenen Blättern nach H2SO4 - Verdau sind dann nicht mehr leer, sondern mit einer amorphen Masse gefüllt:

Dies und andere Analysen zeigen, dass das aufgenommene Silikat in der Pflanze in der Zellvakuole irgendwie in Lösung gehalten wird, bis Abwehr-Bedarf besteht und es kurzfristig (binnen etwa 12 Std) in die Zellwände transportiert wird. Tatsächlich dient es der Abwehr, dann man kann zeigen, dass neue Attacken bei Nachbarzellen oft erfolglos verlaufen. Hier ein Beispiel, an dem man sozusagen die plattgedrückte Bohrhyphe noch erahnen kann - man beachte das erfolgreiche Bohrloch in der Schließzelle und das erfolglose oben:

Meine Aussagen basieren natürlich nicht allein auf ein paar Bildern! Leider konnte ich damals an dieser Sache nicht weiterarbeiten, aber wenn Klaus z.B. hilfsweise Färbungen am Schachtelhalm macht bin ich sehr an den Ergebnissen interessiert!

Gruß
Rolf