Klebriger Kunsttoff am Nikon Labophot 2

Begonnen von antares0815, August 25, 2019, 12:35:46 NACHMITTAGS

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antares0815

Hallo liebe Mikroskopiker,

ich wende mich heute an Euch mit einer Sache, die nicht unmittelbar das Mikroskop als solches betrifft, also das wäre eher eine Frage an die Chemiker:
konkret wird die braune Gummierung oder ist es eine Kunsttoffverkleidung an meinem Labophot 2 (Stativ unten links und rechts) immer klebriger beim Berühren und diesen Umstand wollte ich gerne auf Dauer beseitigen und da ich schon in der Schule eine ausgewiesene Niete in Chemie war  :D die Frage: kann man da mit Klarlack oder ähnlichem drüberlackieren und das damit beseitigen oder gibt es andere Möglichkeiten? Wodurch entsteht das überhaupt mit zunehmendem Alter?
Das Mikroskop steht wie einige andere im Büro, abgedeckt mit der originalen Staubschutzhaube. An einer Canon EOS300D und an einer Logitec Bluetooth Maus habe ich auch solche klebrigen Stellen, beides verschmerzbar, aber nicht an meinem Labophot, da braucht es eine dauerhafte Lösung.

Im voraus schon mal danke fürs Lesen und schönen Sonntag,
Andreas

Peter V.

Hallo,

ein Kollege des Nobelpreisträger Staudinger hat die Chemie der Makromoleküle dereinst als "Schmierenchemie" bezeichnet - ich fürchte, damit hatte er nicht so arg unrecht!

Die Zersetzung von Kunststoffen zu einem schmierigen Etwas ist leider ein übliches Problem - Leitz-Sammler können ein Lied davon singen, wie sich die Schaumstoffe in den originalen Versandkartons der Mikroskopteile im Laufe der Jahrzehnte zu einer zähen, braunen, rohölartigen (und korrosiven!) Masse verändern und alle Metallteile, die damit in Berührung kommen, angreifen.

Triebknöpfe mancher Primostar-Serien von Zeiss zerlegen sich bereits nach weniger als 10 Jahren!

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=31800.msg235559#msg235559

Auch die Gummirungen der Triebknöpfe eines fast noch aktuellen Olympus SZX-12 "verschmieren" teilweise, obgleich das Mikroskop nur nahezu unebnutzt im Schrank steht.

Ich fürchte, Du wirst den Prozess nicht aufhalten und den klebrigen Belag auch nicht entfernen können.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

antares0815

Hallo Peter,

herzlichen Dank für Deine schnelle und leider ernüchternde Antwort.
Ich glaube auch nicht daß man diesen klebrigen Belag wirklich vernünftig entfernen kann, hoffe aber noch auf einen Tip womit man die Stellen überstreichen kann und so quasi konservieren, irgend etwas muss es doch geben, vlt Acryllack oder ähnliches, welches aushärtet und den darunter
liegenden Kunsttoff nicht angreift.
Das ganze muss ja keine Belastung aushalten sondern dient nur der Handauflage. Nur wild drauf los pinseln trau ich mich nicht, sonst hab ich später
gar ein Labophot ohne Handauflage.

Schönen Gruß
Andreas

jochen53

Hallo Andreas.
dieses Phänomen ist viel weiter verbreitet, als man glaubt. Ich hatte das schon bei einem teuren, erst wenige Jahre alten Steiner Fernglas mit Gummierung und bei einer Nikon F-100 SLR. Nach Reklamation hat man bei Steiner die Gummierung gegen eine aus NBR ausgetauscht. Sehr oft kommt es bei den so angenehm griffigen Gummierungen von Foto-Kameras vor, ich vermute es ist PU, wie bei den teerartig schmierig werdenden Spiegelkastendichtungen der SLRs auch. Ich vermute, die werden im Laufe der vielen Jahre durch Feuchtigkeit hydrolysiert. In diversen Foren wird über Erfolge durch Abwischen mit "Bremsenreiniger" berichtet. Ich fürchte, dauerhaft kann man das aber nicht verhindern.
Die kunststoffverliebten Konstruktionsingenieure haben eben nicht mit der doch völlig unwirtschaftlich langen Lebendauer ihrer Konstruktionen gerechnet.
Viele Grüße, Jochen

Peter V.

#4
Hallo,

auch wenn ich kein Chemiker bin, würde ich von einem Überstreichen Abstand nehmen. Niemand wird Dir sagen können, wie die Lackkomponenten (die ja auch sehr unterschiedlich sein können) mit dem Mateial der Handauflagen reagieren. Eine echten Lösungsvorschlag habe ich aber auch nicht....

Herzliche Grüße
Peter
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Bob

Hallo zusammen,
mir ist das Phänomen auch bekannt, von "gummierten" Oberflächen, aber auch von Klarlacken, z.B. den Armlehnen von Ikea-Schwingsesseln aus formverleimtem Sperrholz. Da gibt es wohl eine chemische Reaktion zwischen Hautfett und PU-Lacken.
Ein Verfahren zum Ablösen der Schichten würde mich auch interessieren.

Viele Grüße,

Bob

Peter V.

Hallo,

an meinem "Sammlungs"-Labophot (offenbar wenig genutzt) ist die Kunststoffoberfläche nicht verändert. Sind denn die Veränderungen nur im Bereich der tatsächlichen Armauflage oder auch dort, wo der Kunststoff nicht mit Haut in Berühurung kommt?

Herzliche Grüße
Peter

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JB

Hallo,

In einem Forum (? dem englischen) wurde vor einiger Zeit vorgestellt, wie man die klebrige Plastikschicht bei einem Nikon-Mikroskop entfernt. Soweit ich mich erinnere war es das Optiphot-2 und die klebrige Schicht wurde mit einer Art Polierpaste entfernt - darunter liegt eine feste, dunklere Plasteschicht als neue Oberflaeche.

Ich kann den Artikel aber auch nach langem Suchen nicht mehr finden - vielleicht erinnert sich jemand anders an den Beitrag?

Beste Gruesse,

Jon

Klaus Herrmann

Hallo zusammen,

darüber haben wir früher auch schon mal diskutiert. Das Problem ist, dass in der Anfangsphase der Polyurethanchemie Polyester-PU hergestellt wurden, die Polyesterbindung ist aber nicht hydrolysebeständig und spaltet besonders im sauren Milieu. Und dann bekommt man diese Schmieren. Bekannt sind die schmierigen Schaumstoffpolsterungen von allen Optikherstellern. Ich kenne es persönlich von Zeiss, Leitz, Olympus. Eine Riesensauerei. Hydrolysebeständig sind die Polyether-PU, die heute eingesetzt werden, wenn es lange halten soll.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

B.Neuhaus

Guten Abend Andreas,

ich habe mal bei Shashoa (2008*) geblättert, die über den Zerfall von Kunststoffen in Museumssammlungen schreibt. Einmal angefangen, lässt sich die Zerstörung von Kunststoffen weder stoppen noch rückgängig machen. Sie rät dringend von Lösungsmitteln jeglicher Art ab, da sie unvorhersehbare Reaktionen auslösen und z.B. zum Aufbrechen von Kunststoffen führen können. Empfohlen werden vorsichtige mechanische Reinigung mit einem Staubsauger und weicher Bürste oder mit Wasser und ca. 3% nicht-ionischen Tensiden. Ich vermute, diese Tips sind bedingt hilfreich. Viel mehr habe ich auch in ähnlich gelagerten Publikationen nicht gefunden.

Radikaler wäre es, die Oberfläche wie von Jon vorgeschlagen abzunehmen und eine frische Kunststoffoberfläche zu schaffen, die sich dann wieder für eine Zeit X wie neu anfühlt. Bei Fahrradgriffen habe ich mal Talkum aufgepustet, dass nimmt die Klebrigkeit für eine begrenzte Zeit, löst aber das Problem nicht wirklich; außerdem hat man sich schnell das halbe Mikroskop mit "eingenebelt", das ist vielleicht auch nicht so das was man möchte :-).

Eine echte Alternative könnte es sein, den Kundendienst von Nikon zu kontaktieren, möglicherweise gibt es noch Ersatzteile, man wundert sich manchmal. Ich schaue morgen in meinen dienstlichen Emailadressen nach, ob ich die Adresse eines Nikon-Vertreters finde und schicke Dir dann die Daten, Andreas.

Viele Grüße,
Birger

* Shashoa, Y. 2008. Conservation of plastics. Materials science, degradation and preservation. Verlag Butterworth-Heinemann, Heidelberg, ca. 274 Seiten.

JB

Hallo Birger,

Da muss ich noch klarstellen: Beim Optiphot-2 sind die brauen Handauflagen aus zwei Schichten aufgebaut. In dem verlorengegangenen Link wurde die oberste Schicht abgenommen (klebrig), damit lag die untere, problemlose Schicht frei. Die obere Schicht ist ohnehin bei vielen Optiphot-2 abgenutzt https://lavinia.as.arizona.edu/~mtuell/images/Optiphot/DSC_0124.jpg ; die voellige Beseitigung ist also nicht so problematisch. Ob das aber beim Labophot-2 auch so ist, weiss ich nicht.

Beste Gruesse,

Jon   

Werner

Mein Vorschlag wäre, die Handauflagen mit klarer Haushaltsfolie durch strammes Überziehen abzudecken und die Ränder zu beschneiden. Wenn das dann wieder zu eklig wird, erneuern.
Mit der Folie kann man auch ein PC-Keyboard vor dreckigen Fingern schützen.

Gruß - Werner

Florian Stellmacher

Hallo,

ich hatte dasselbe Problem bei einer Nikon-D70s. In einem Nikon-Forum fand ich den Tipp, die klebrigen Flächen mit Talkum aus dem Bastelladen zu bepinseln und somit die freien Klebevalenzen abzusättigen. Das hat bis jetzt (Monate) einigermaßen  geklappt. Kosmetisch ist das Ergebnis allerdings nicht sooo der burner. Bei den vergleichsweise riesigen Flächen am Mikroskop wird das sicherlich nicht schöner werden.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

JB

Hallo,

Ich habe den Beitrag zur Entfernung der Gummierung wieder gefunden: Tacky Labophot2 hand rest http://www.photomacrography.net/forum/viewtopic.php?t=34918

Erst wurde die Gummierung mit einer Paste aus Natriumhydrogencarbonat und Wasser entfernt, dann die freigelegte Plastikoberflaeche mit Autolack-Poliermittel nachpoliert. Funktioniert wohl auch beim Optiphot-2 http://www.photomacrography.net/forum/viewtopic.php?p=253079

Das ist eine radikale Loesung. Nacharmung auf eigene Gefahr!

Viel Erfolg,

Jon

FWK

Mahlzeit,

ich hatte das Problem an einer Nikon D70 und bin bei meiner damaligen Recherche über diesen Hinweis gestolpert:

https://aphognext.com/forum/index.php/Thread/46146-Klebriger-Kunststoff-auf-Kameragehäuse/

"Wunderschwamm Schmutzradierer" angefeuchtet mit etwas Fettlöser oder Alkohol (könnte mir vorstellen dass Isopropanol besser wirkt als Brennspiritus).

Getestet habe ich das aber nicht selbst, Anwendung auf eigene Gefahr!

Gruß, Andreas