Junge Arcella-Schalenamöbe

Begonnen von Ole Riemann, August 26, 2019, 17:23:37 NACHMITTAGS

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Ole Riemann

Liebe Kollegen,

ein absolutes Standard-Objekt, aber immer wieder schön, besonders die jungen Zellen, bei denen das Gehäuse noch nicht durch Eisenoxid-Ablagerungen gelb-bräunlich geworden ist: Die uhrglasförmige Schalenamöbe Arcella. Hier bewährt sich der DIC mit seiner Eigenschaft des optischen Schneidens besonders.

Immer wieder finde ich es beeindruckend zu sehen, wie eine einzelne Zelle imstande ist, sich so ein feines, funktionelles Gehäuse zu bauen und sich mit zarten Cytoplasmafäden hierin zu verankern (Cf=Cytoplasmafaden, Nu=Nukleus, kV=kontraktile Vakuole).

Gefunden habe ich das Objekt im Oberflächenhäutchen einer Tümpelprobe, gewonnen durch Auflegen des Deckglases und Mikroskopie des anhaftenden Kleinlebens.




Beste Grüße

Ole

Peter Reil

Hallo Ole,

sehr schöne, aussagekräftige  Bilder - und so erklärt, dass sogar ich etwas dazulernen kann.
Ich hatte so etwas auch schon mal in einer Probe gesehen, konnte es aber nicht deuten.

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Ole Riemann

Hallo Peter,

danke für die nette Rückmeldung - ja, Arcella ist überhaus häufig und in vielen Proben (Moose, Detritus, Oberflächenhäutchen) zu finden.

Viele Grüße

Ole


Jürgen H.


Lieber Ole,

absolut faszinierende Photos. Und Deine Bemerkung zur Herstellung der Schale führte mich zu der Frage, wie denn die Zellteilung in der Amöbe mit der Schalenneukonstruktion vonstatten geht. Tante google half mir weiter und ich fand diesen Artikel, den Du wahrscheinlich schon kennst?

TESTATE AMOEBA ARCELLA VULGARIS (AMOEBOZOA, ARCELLIDAE) IS ABLE TO SURVIVE WITHOUT THE SHELL AND CONSTRUCT A NEW ONE

In diesem Artikel wird auch, aber nicht nur - wie der Titel anzeigt - , die Neukonstruktion der Schale bei Teilung beschrieben ( ,die durch die Beschreibung nicht weniger bewundernswert wird )....

Schöne Grüße und vielen Dank für die schönen Photos

Jürgen

anne

Hallo Ole,
unglaublich schöne Bilder!!

lg
anne

Kurt

Hallo Ole,

danke für die tollen Bilder!!
Ich habe diese Schalenamöbe bisher immer nur mit rot-brauner Schale gesehen, jetzt reizt es mich aber auf Suche nach diesen jungen, zarten und schönen Amöben zu gehen. Wenn ich welche finde, werde ich sie hier auch mal zeigen.

Viele Grüße
Kurt

Bob

Hallo Ole,
danke für die schönen Fotos und die Erklärungen - das ist aj wirklich mal ein attraktives Objekt zum selbst nach suchen.
Ich habe eine Probe aus einem nahen Moor auf der Fensterbank, da waren zwar nicht die gesuchten Zieralgen drin, aber dafür Schalenamöben. Das mit dem schwimmenden Deckglas werde ich mal probieren.

Viele Grüße

Bernd

Hallo Ole,

phantastische Fotos eines faszinierenden Objekts. Immer wenn ich diese Viecher sehe frage ich mich, wozu braucht eine Zelle mehrere Zellkerne (zwei sind in der Schärfeebene, aber es gibt je nach Art ja auch noch ein paar mehr)? Ist das überhaupt ein Einzeller? Wie(so) funktioniert die Steuerung von Wachstum und Zellteilung? Weiß jemand, ob in allen Zellkernen einer Arcella die gleichen genetischen Informationen vorliegen?

Viele Grüße
Bernd

MikroMicha

#8
Hallo Ole,

danke für´s Zeigen Deiner - wie immer - hervorragenden Aufnahmen.

Ich hatte bisher leider nie das Glück, eine derart junge Schalenamöbe zu beobachten. Meine waren stets extrem undurchsichtig und vom "Innenleben" konnte man kaum etwas erkennen außer den Scheinfüßchen, die ab und zu unter der Schale hervorkamen.

Es soll da aber einen Trick geben, solche harten Nüsse unter den Schalenamöben auch (ohne Inversmikroskop) von "unten" beobachten zu können:

Amöbenhaltige Flüssigkeit auf ein Deckgläschen träufeln, das Deckgläschen ein paar Tage mit dem Tropfen nach oben zeigend (die Amöben folgen dabei der Schwerkraft und sinken auf das Deckglächen ab und hafen sich so fest) in einer feuchten Kammer aufbewahren, danach Deckgläschen entnehmen, schnell mit dem Tropfen umdrehen (der Tropfen zeigt dann wieder nach unten) und auf dem Objektträger wie gewohnt auflegen. Hat man Glück, haben sich einige (Schalen)amöben an die Unterseite des Deckgläschens angehaftet. Viel Spass beim Ausprobieren  :). Ist vielleicht eine Alternative zum schwimmenden Deckgläschen auf der Probe.
Herzliche Grüße sendet

Michael (MikroMicha)

plaenerdd

Hallo Bernd,
nicht immer ist eine "Zentralregierung" die beste Lösung. Die Mitochondrien in unseren Zellen haben auch ihre eigenen Erbanlagen, die separat geteilt werden. Manches ist eben einfach "historisch gewachsen".
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

limno

Guten Morgen Bernd,

Gerd hat es auf den Punkt gebracht. Wie Du vielleicht weißt, waren die Urahnen von Mitochondrien und Chloroplasten einmal autonome Lebewesen, wie viele Bakterien es heutzutage sind. Diese gingen im Laufe der Evolution zunehmend engere Symbiosen/parasitäre Beziehungen.mit ihren Wirtszellen ein. Schlussendlich verzahnten sich deren Stoff- und Energiekreisläufe derart miteinander, dass sie nicht mehr unabhängig voneinander leben  konnten.Die von Lynn Margulis entwickelte Endosymbiontentheorie weist diesen Sachverhalt anhand von Entwicklungsspuren nach.
ZitatWie(so) funktioniert die Steuerung von Wachstum und Zellteilung?
Das ist ein weites Feld! Bei der Arcella vermute(!) ich, dass die Informationen in jedem Zellkern +/- identisch sind. Dass dem nicht immer so sein muss , zeigt der Kerndualismus bei den Ciliaten.
Beste Grüße von
Heinrich


So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Bernd

Hallo Gerd, Heinrich,

eure Anmerkungen zu Mitochondrien und Chloroplasten sind richtig aber nicht zutreffend, weil es sich bei den Vorläufern beider Organellen um Prokaryonten gehandelt hat. Bei Arcella sind es aber mehrere echt, also eukarytosche, Zellkerne. Und da alle  Zellkerne absolut identisch aussehen, kann ich mir bis zum Beleg des Gegenteils auch nicht vorstellen, daß irgendwelche Gene von einem Kern zum anderen transferriert werden. Biologisch korrekt handelt es bei dieser Amöbe um einen Coenoblasten oder ein Syncytium (https://de.wikipedia.org/wiki/Syncytium.

Viele Grüße
Bernd

plaenerdd

Hallo,
es gibt jedenfalls zahlreiche Lebewesen mit z.T. sehr zahlreichen Zellkernen. Sie teilen sich, ohne, dass die Zellen sich teilen. Hydrodictyon ist so ein Beispiel, wo das so ist.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

limno

Guten Abend Bernd,

Du hast recht, natürlich handelt es sich bei Chloroplasten und Mitochondrien um Prokaryoten. Da war ich jetzt zu sehr auf die Anmerkung von Gerd fixiert, sorry >:(
Beste Grüße
Heinrich

So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Ole Riemann

... Herzlichen Dank allen für das Interesse und die Diskussionen - und Dir, Jürgen, für den Literaturhinweis.

Viele Grüße

Ole