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Vespula vulgaris midgut

Begonnen von Jürgen H., Januar 13, 2020, 18:27:07 NACHMITTAGS

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Jürgen H.

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Liebe MikroskopikerInnen,

Die folgenden Bilder geben Einblicke in die Histologie des Mitteldarms der gemeinen Wespe, Vespula vulgaris.

Die erste Aufnahme habe ich schon einmal gezeigt und dient der Übersicht. Sie zeigt den herauspräparierten Mitteldarm einer Wespe in seiner geringelten Struktur. Hell leuchten die kreuz und quer laufenden kleinen Tracheen wegen ihrer Luftfüllung auf. Bei genauem Hinsehen erkennt man auch eine ganz feine helle Streifung über der Darmwand, die in der Darmrichtung verläuft: Die feine Längsmuskulatur. Die quer zur Verlaufsrichtung des Darms liegende Muskulatur, die den Darm enger schnüren kann, befindet sich hingegen den Vertiefungen der "Ringel".




Die Schnittführung des folgenden Bildes ist oben mit der roten Linie angezeigt, die in der Ebene des Schnittes liegt. Die Darmwand ist also nur tangential angeschnitten. Der Schnitt verläuft daher exakt in der Höhe der quer zur Darmrichtung verlaufenden Schnürmuskulatur.









6 = Mikrovillibesatz der der Vergrößerung der Darmoberfläche dient und durch die eine Exkretion ebenso erfolgen kann, wie eine Aufnahme von Stoffen.
7 = kleine Vesikel
8 = Zellkern. Im folgenden Bild zeigt sich, dass er zwei Nukleoli besitzen kann.
9 = Basalmembran, der die Darmzellen aufsitzen.
10 = Schnürmuskulatur.
11 = wohl sog.Basallabyrint, feine Kanäle, die die Zelle durchlaufen, besonders dicht hämolymphseitig und gegen das Darmlumen hin abnehmend.
12 = Bindegewebe mit Zellkernen?


Das nächste Bild gibt eine wesentlich tiefer gelegene Schnittebene wieder. Oben liegt hellgrau das Darmlumen (ohne Inhalt), unten der Hämolymphraum. Da der Darm nahezu median in Verlaufsrichtung durchgeschnitten ist, ist die "Schnürmuskulatur" 10 nunmehr quer getroffen. Die rote Linie 1 entspricht also dem Verlauf der Schnürmuskulatur  im zweiten Bild.


2 = wohl eine Regenerationszelle, aus der eine neue Darmzelle entsteht.
3 = Längsmuskulatur.
4 = verdichteter und verkürzter Mikrovillibesatz in den Krypten?
5 = keine oder wenige weiß erscheinende Vesikel wie bei 7  in der Nähe der Krypten,
6 = lange und nicht verdichtete Mikrovilli,
7 = weißlich erscheinende Vesikel
8 = Zellkerne mit zwei Nucleoli
9 = Basalmembran
10 = Schnürmuskulatur

Beim näheren Hinsehen fallen die Unterschiede zwischen den Darmzellen bei den Krypten im Bildzentrum und den übrigen Darmzellen auf: unterschiedlicher Mikrivillibesatz, unterschiedliche Zellengröße, andere Vesikel.

Technoviteinbettung, Toluidinblaufärbung, Photo mit einem 63er Öl in s/w mnit Photoshop umgewandelt.

Schöne Grüße

Jürgen


Ralf Feller

#1
Lieber Jürgen,
schöne Bilder, und weil Du den Darm erst präpariert und dann
erst fixiert hast wohl mit sehr wenigen Artefakten.

In Homologie zum Menschen und (anderen) Tieren sollte es sich
um ein einschichtiges (alle Zellen haben Kontakt zur Basallamina)
und einreihiges (alle Zellkerne in gleicher Höhe) Zylinderepithel handeln.

Epitheltypen s.
http://semmelweis.hu/anatomia/files/2018/02/Grundgew_Haut.pdf

Ronald hat so etwas schon einmal hier gezeigt.
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=7075.0

Bei den Insekten fällt mir aber immer die enorme Größe der Mikrovilli
ins Auge. Noch  viel längere Mikrovilli habe ich  im Darm der
Heuschrecke gesehen.




Hier würde ich morphologisch schon von einem zwar einschichtigen,
aber mehrreihigem Epithel sprechen wie wir es beim Menschen vom
Flimmerepithel kennen.

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=8562.0

Bei den Amphibien scheinen die Mikrovilli wohl wieder ,,normal"
zu sein.

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=31217.0

Findest Du in Deinem Wespendarm eigentlich auch Abschnitte in
denen es wie ein mehrreihiges Epithel aussieht?

viele Grüße, Ralf

Jürgen H.

Lieber Ralf,

ein interessantes Bild stellst Du da ein. Carausius? Es gibt, vor allem in der Bildmitte, gar keinen einheitlichen Mikrovillisaum mehr.
Ein wirklich mehrreihiges Epithel habe ich bei meinen Präparaten bisher noch nicht bewusst wahrgenommen. Manchmal erscheint das Epithel mehrreihig, weil es schief angeschnitten ist, z.B die "Röhre" des Darms nur tangential getroffen ist und nicht median. Natürlich gibt es auch nachwachsende Darmzellen zur Regeneration.

Interessant finde ich am Deinem Bild auch, dass die Darmzellen in unterschiedlichen Grautönen getroffen sind. Das ist in meinen Präparaten vor allem bei lebhaft sezernierenden Zellen der Fall, bei denen der Mikrovillisaum fast vollständig verschwindet. Ich bin mir nicht darüber im Klaren, ob das ein präparatorisches Artefakt ist:



(Mal ein bischen Farbe in die graue Welt ;-), bas. Fuchsin, Methylenblau)

Die helleren Farbtönungen kommen offenbar vor allem dort vor, wo sich  die "Einbuchtungen" befinden.

Noch nicht erklären kann ich mir auch das helle "Häutchen" (Pfeile) bei den "Einbuchtungen"



Bisher habe ich in der Lit. noch nichts dazu gefunden.

Du hast Recht: Die Länge der Mikrovilli ist beachtlich. Ob sie bei Deiner Heuschrecke noch länger ist, als bei der Wespe? Ich komme auf etwa 5 µ, ziemlich beachtlich, zu den menschlichen Dünndarmzellen habe ich die Längenangabe von 1-4 µ gefunden.

Schöne Grüße

Jürgen

reblaus

Hallo Jürgen -

wieder mal Wahnsinnsbild- und Infoserie!

Auf dem SW-Bild sieht es ja aus als ob sich die von Dir erwähnten weißen "Häutchen" teilweise wie eine Membran an der Oberfläche fortsetzen. Wäre ein interessanter Aspekt, falls es sich nicht um ein Artefakt handelt  :(

Viele Grüße

Rolf

Jürgen H.

#4
Liebe Mitmikroskopiker(innen)

Wegen der Häutchen habe ich mir meine Präparate nochmals angeschaut: Zu beobachten ist es immer im Grenzbereich zwischen den sezernierenden und den sonstigen Darmzellen. Deine Bemerkung, dass sich das Häutchen über die Einbuchtungen hinaus wie eine Membran fortzusetzen scheint, lässt sich an vielen Stellen bestätigen, z.B. an dieser:


Die Mikrovilli scheinen diesem Häutchen unmittelbar aufzusitzen. Zwischen den Darmzellen und dem Häutchen gibt es einen mehr oder wenig eintönig grau gefärbten schmalen Bereich, bis die granuliert erscheinenden Darmzellen beginnen.

In einem tangentialen Schnitt durch die Darmwand etwa in Höhe der Ring- oder Schnürmuskulatur zeigt sich das Häutchen im Schnitt geschlossen, es besitzt also eine flächige Struktur.


Es fällt auf, dass sich im Darmlumen an einigen Stellen eine Häufung von den hellen fädig erscheinenden Gebilden befinden, die wie die Häutchen aussehen. Manchmal (selten) tragen sie Teilstücke eines Mikrovillibesatzes. (Pfeile)



Die Wespe habe ich im Spätherbst gefangen. Sie machte auch einen müden Eindruck. Der Darm zeigt fast keine Verdauungsprodukte, so dass eine Sekretion als Verdauungsprozess nicht nötig wäre.

Ich neige im Moment dazu, die Bilder dahingehend zu interpretieren, dass es sich um einen Degenerationsprozess handelt. Mal sehen, was der nächst Sommer bringt.

Lieber Rolf,

Danke für Deine Rückmeldung, mit der Du die weitere Untersuchung veranlasst hast!

Schöne Grüße

Jürgen

Ronald Schulte

Jürgen,

Gratuliere zu die tollen Schnitte. Du hast das Technovit einbetten und schneiden ja richtig im Griff bekommen sehe ich. So wie ich schon mal gedacht und gemacht habe sind die blaue Toluidin gefarbte Strukturen meist gar nicht so schön um an zu sehen und ist es besser um die Bilder in schwarz/weiß um zu wandern. Man sieht jetzt einfach mehr an Details, denke ich.

Was mir auffallt sind die Vielheit an Zellkernen die zwei Nucleoli besitzen.

Die Schnittdicke möchte ich noch gerne wissen! Ich denke das es hier um max 1µm oder weniger handelt.

Hast du schon bessere einbette Resultaten bekommen mit das einbetten von Ganze Insekten oder bleibt es so das Technovit und Chitin einfach keine gute Kombination ist?

Gruße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jürgen H.

Lieber Ronald,

Danke für die Gratulation. Ja, ich bin auch ganz glücklich mit diesem Ergebnis des Sezierens, Fixierens und der Einbettung. Jedenfalls für nicht chitinöse herauspräparierte Organe funktioniert das so.

Schnittdicke ist 1,5 mü, es ginge auch dünner und bzgl der ersten tangentialen Anschnitte ärgere ich mich, dass ich es nicht gemacht habe.

Manche Zellkerne haben sogar 3 Nucleoli, was ich bei der erneuten Durchsicht gemerkt habe, wohl ein Zeichen hoher Zellaktivität ( Ribosomenproduktion )

LR White in Kombination mit Chitin läuft besser, Technovit mit Chitin istbei mirimmer noch schlecht, ein neuer Versuch steht an, wenn er gelingt, werde ich berichten. Aber ich habe wenig Hoffnung. Misserfolge von Technovit mit Chitin schein nicht nur an der schlechten Durchdringung des chitinöden Integuments zu liegen
Schöne Grüße

Jürgen