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Rotwein

Begonnen von Ernst Hippe, November 11, 2009, 21:32:15 NACHMITTAGS

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Ernst Hippe

Hallo Oinologen,

im Bodensatz von Rotwein fanden sich nicht nur die erwarteten Weinstein-Kristalle (roter Pfeil und bei stärkerer Vergrößerung ein anderer im kleinen Bild), sondern auch plattige rosa Strukturen. Sind das noch Traubenreste?



Da es ja hier echte Weinkenner gibt, weiß das vielleicht jemand.
Gruß Ernst Hippe
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Eckhard

Hallo Ernst,

könnte es sich dabei nicht um Calciumcarbonat, gefärbt durch den Wein, handeln?

Herzliche Grüsse
Eckhard

Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

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www.penard.de
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Klaus Herrmann

Hallo Weinnasen,

ZitatCalciumcarbonat,
wohl eher nicht, wenn dann Ca-Tartrat, das ist schwerlöslich. Carbonate sollten sich in der sauren Umgebung nicht halten.

Der kleine hübsche "Diamant" dürfte dann wieder Weinstein sein.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Ernst Hippe

Danke für die bisherigen Deutungen. Die rosa Blättchen sind offenbar nicht kristallin, auch nicht optisch aktiv. Ob das Tartrat als amorphes Häutchen vorkommt, weiß ich nicht.
Gruß Ernst Hippe
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Detlef Kramer

Lieber Ernst,

an Klaus' Interpretation glaube ich auch nicht so recht, denn Tartrat müsste eigentlich immer doppelbrechend sein. Was ich eher annehme: es handelt sich um ausgefallene Tannine; die gibt es ja reichlich im Rotwein und die können ausfallen, das weiß ich von meinen EM-Erfahrungen. Ist aber auch nur eine Vermutung.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Bernhard Lebeda

Zitat von: Detlef Kramer in November 12, 2009, 21:58:41 NACHMITTAGS
Was ich eher annehme: es handelt sich um ausgefallene Tannine; die gibt es ja reichlich im Rotwein und die können ausfallen, das weiß ich von meinen EM-Erfahrungen.

... und wenn da noch so viele Tannine drin waren, dann hat Ernst den Mouton-Rothschild zu früh geöffnet!

Tz, tz, tz.... ;D



Bernhard


Ich bevorzuge das "DU"

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Eckhard

Hallo,

mal einen Tropfen HCl drauf und schauen ob es sprudelt ...

Herzliche Grüsse
Eckhard
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Ernst Hippe

Jetzt habe ich die rosa Häutchen erst mal zurückgestellt, denn es zeigen sich Massen von Zellen, die in ständiger unregelmäßig schwacher, wahrscheinlich Brownscher Bewegung sind:



Ich nehme an, das sind Hefezellen, wundere mich aber, daß sie im Bodensatz noch anzutreffen sind. Das war (nach dem Preis) ein ziemlich alter milder Rotwein. Fachleute gefragt!
Gruß Ernst Hippe
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Detlef Kramer

Lieber Ernst,

wenn er mild war, im Sinne von Restsüße, ist die Sache doch klar: süßer Wein, bzw. alles, was nicht wirklich trocken, d.h. durchgegoren ist, muss steril abgefüllt werden und fängt natürlich sofort wieder an zu gären, nachdem die Flasche geöffnet wurde - die Pilzsporen sind allgegenwärtig!

Na, denn Prost,

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Ragin

Hallo Ernst
Normalerweise so denke ich sterben die Hefen ab wenn ein gewisser Alkoholgehalt bei der Gärung erreicht ist. Das hängt von der einzelnen Hefesorte ab. Sauerstoff brauchen die eigentlich ja nicht und gären auch bei geschlossener Flasche weiter wie bei der Sektherstellung. Auf jeden Fall perlt der Wein dann wenn die Flasche geöffnet wird. Wenn Sauerstoff dran kommt, dann könnten sich eher Essigsäurebakterien bilden. Vielleicht sind auch Milchsäurebakterien im Spiel. Soviel ich weis wird manchmal auch Milchsäure bei der Herstellung beigefügt wobei ich denke, dass es eben nur die Säure selbst ist und weniger die Bakterienkulturen. Keine Ahnung,
wie lange war die Flasche denn offen bis Du sie gefunden hast? Schmeckt er korrekt?
Der Rotwein enthällt Flavonoide, die ihm seine Farbe verleihen. Die sind an Zucker gebunden. Mag sein, dass dieser Farbstoff solche roten Plättchen bildet wie Du sie gefunden hast. Wenn ich mir die Bilder anschaue finde ich es kaum vorstellbar wie gut sowas schmecken kann ;)
Schönen Gruß
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Ernst Hippe

Hallo Rainer,
der Wein schmeckte tadellos bis zum letzten Glas, dessen Bodensatz ich dann mit Wasser verdünnt in eine Petrischale getan habe. Sauerstoff kommt also dran, kaum noch Alkohol. Die Flasche war ein paar Tage offen.
Die vermuteten Hefezellen haben sich in den letzten Stunden deutlich vermehrt.
Ich werde die Versuche mit einem anderen Rotwein demnächst wiederholen.
Gruß Ernst Hippe
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Ragin

Hallo Ernst
Durch das Mikroskop betrachtet ist es doch sehr interessant, was wir so täglich an unbekannten Lebensformen zu uns nehmen.
So lässt sich selbst der Weingenuss zur Wissenschaft erheben. Ja, so macht das Leben Spaß. Meiner These nach müssten diese Individuen jetzt eigentlich auf Grunde eines dramatischen Nahrungsmangels bald ihre Vermehrungstätigkeit einstellen. Dazu währe entweder Zucker, was die Hefen angeht, oder eben der liebe Alkohol für die meinerseits vermuteten Essigsäurebakterien von Nöten.
Hauptsache, der Wein war noch genießbar und Du bekommst bald ein sicheres Ergebnis für Deine Forschungen.
Bin auch gespannt was da wirklich drinnen war im Mikrokosmos Deiner Weinflasche.
Schönen Abend noch
Mit besten Grüßen,
Rainer
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

reblaus

Hallo -

es handelt sich um Sekundärinfektion (kamen später dazu und vermehren sich noch) mit Apiculatus-Hefen. Die kommen gelegentlich als Störenfriede schon bei der Weinherstellung vor, weil sie neben Ethanol (wie die erwünschten Saccharomyces - Hefen) auch lästige Nebenprodukte (z.B. Essig) erzeugen.
Milchsäurebakterien sind kleiner. Diese kommen meist auch im Jungwein vor und können dort die Äpfelsäure in die weniger sauer schmeckende Milchsäure umwandeln (Milchsäuregärung - aber der Marketing-Experte spricht lieber vom "Biologischen Säureabbau")

Gruß
Rolf

Ernst Hippe

Hallo Rolf,
vielen Dank für die Erläuterung der "angespitzten" Hefezellen! Ich habe gleich im Internet ein bißchen weiter nachgesehen. An eine Artbestimmung traue ich mich nicht, bin aber auch so zufrieden. Was mich sehr wundert, ist die Brownsche Bewegung bei diesen doch relativ großen Zellen, kenne sie eher von den viel kleineren Kristallen in Desmidiaceen.
Demnächst kommt also der andere Rotwein dran (auch aus Süditalien).
Gruß Ernst Hippe
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Klaus Henkel

Zitat von: Ernst Hippe in November 14, 2009, 10:21:23 VORMITTAG
Hallo Rolf,
vielen Dank für die Erläuterung der "angespitzten" Hefezellen! Ich habe gleich im Internet ein bißchen weiter nachgesehen. An eine Artbestimmung traue ich mich nicht, bin aber auch so zufrieden. Was mich sehr wundert, ist die Brownsche Bewegung bei diesen doch relativ großen Zellen, kenne sie eher von den viel kleineren Kristallen in Desmidiaceen.

Lieber Herr Hippe!
Das mit der Brownschen "Molekular"bewegung scheint so eine Sache zu sein. Bruno P. Kremer erwähnt auf Seite 27 von Das große Buch der Mikroskopie eine Vermutung von Albert Einstein, daß die Bewegung durch Schlieren infolge Dichteschwankungen in Flüssigkeiten zustande kämen. Dann wäre die Bewegung auch größerer Partikel schon erklärlich, denn Schlierenströmungen sind sehr kraftvoll und bewegen noch ganz andere Sachen. Mal nachlesen bei Rühenbeck. Siehe Hinweis bei B.P.K. S. 27.
Gruß
KH