Aperturunterschiede von Objektiven

Begonnen von jochen53, Juli 07, 2020, 10:01:56 VORMITTAG

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jochen53

Hallo,
mit fällt auf, daß die Endlich-Objektive gleicher Qualitätsklasse und Maßstabszahl, z.B. Achromaten, aber verschiedener Hersteller, teilweise recht unterschiedliche Aperturen haben.
So ist Carl Zeiss West mit seinem 10/0,22 ja geradezu das Schlußlicht, während die meisten anderen Anbieter eine n.A. von 0,25, einige sogar von 0,30 haben. Ich habe sogar Ölimmersionen mit n.A. 1,40 gesehen, während Zeiss West "nur" 1,25 hatte.
Man liest ja immer, daß die n.A. das Maß für das Auflösungsvermögen eines Objektivs darstellt.
Lag das evtl. an einer Art "Wettbewerb, wer hat die höchste n.A.", wie damals bei den Fotoobjektiven, wo die Lichtstärke quasi zum Marketingargument wurde 1:2,8; 1:2; 1:1,8; 1:1,7; 1:1,4; 1:1,2, 1:1, 1:0,95; obwohl jeder ernsthafte Amateur wußte, daß mit den hochlichtstarken Objektiven bei voll geöffneter Blende nicht viel anzufangen war?
Viele Grüße, Jochen

Bob

Hallo Jochen,
zu Zeiten von 50 ASA Film haben die lichtstarker Objektive schon Sinn gemacht. Beim Mikrokop hängt die Nutzbarkeit erhöhter Aperturen von Bedingungen ab, die nicht so einfach zu kontrollieren sind, wie z.B exakte Einhaltung der Deckglasdicke und Schichtdicke. Der Zeiss Achromat bietet mit 0,22 genug Apertur um auch die Nachvergrößerung eines stärkeren Okulars zu bedienen, mehr ist also nicht wichtig. Und Zeiss hatte ja durchaus Objektive mit höherer Apertur, aber eben in höheren Korrekturklassen. Es mussten ja in Zahlen fassbare Argumente her, um den Kunden zu einer größeren Ausgabe zu bringen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es Zeiten gab, in denen hohe Aperturen als Werbeeffekt genutzt wurden.

Viele Grüße,

Bob

JB

Hallo Jochen,

Das ist richtig. Die Aperturen von Zeiss sind gewohnlich etwas niedriger. Die anderen Hersteller haben bei den NA damals vermutlich noch etwas drauflegen wollen und die NA erhoeht.

Dann muss man aber auch bedenken, dass der Tubusfaktor bei Zeiss-Stativen meist bei 1.0x gehalten ist (es gibt diverse Ausnahmen), selbst wenn Zwischentuben eingebracht werden. Bei den anderen Herstellern kommt man schnell auf 1,25x, manchmal sogar mehr (cf. die Zwischentuben von Leitz, Olympus und Nikon sind fast immer 1,25x). Da ist der NA-Vorteil oft dann dahin. Andererseits ist die Bildfeldwoelbung bei hohem Tubusfaktor nicht mehr so auffaellig.

Dazu kommt, dass sehr hohe NA schnell zu sphaerischer Aberration fuehrt, da die meisten Objektive anders als bei Kameras nicht abgeblendet werden koennen. Eine konservative, etwas niedrigere Wahl der NA ist deshalb bei noch lernenden Anwendern von Vorteil, deren Praeparate noch eine zu grosse Schichtdicke haben.

Der Nutzer von gebrauchten Mikroskopen hat nun eine hervorragende Moeglichkeit, die Stative mit geringem Tubusfaktor (oder sogar Grossfeldoptik 0,8x) mit den sehr hoch aufloesenden Objektiven der anderen Hersteller zu kombinieren!

Nikon produziert uebrigens immer noch Objektive (CFI60) mit besonders hoher NA und bewirbt das auch so. Das liegt auch an der sehr langbrennweitigen Tubuslinse und hohem Tubus (200 mm). Um bei Fluoreszenzanwendungen ein so helles Bild zu liefern wie Olympus (180 mm), muss die NA der Nikon-Objektive entsprechend hoeher sein!

Beste Gruesse,

Jon

Rawfoto

Hallo Jochen

Da auch der Arbeitsabstand eine Rolle spielt (oben noch nicht beschrieben) sollte der mitbetrachtet werden, großer Arbeitsabstand gern nur bei Verzicht auf NA.

Mit den hochlichtstarken Objektiven hat das nichts zu tun.

Die NA ist es aber bei weiten nicht, wenn man Objektive mit gleicher NA über die letzten 100 Jahre vergleicht erkennt man das schnell ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Jürgen Boschert

Hallo Gerhard,

Zitat... Mit den hochlichtstarken Objektiven hat das nichts zu tun.
...

nun, die NA geht direkt in die Lichtstärke eines Mikroskop-Objektives ein; gerade für die Fluoreszenzmikroskopie wurden ja speziell hochaperturige Systeme als "Photonensammler" entwickelt; das war ja letztlich auch die Motivation für Objektive wie das Zeiss / West PlanNeofluar 25 /0,8 Imm.
Beste Grüße !

JB

Rawfoto

Hallo Jürgen

Dann muss ich mich präzisieren, für mich ist in der klassischen Fotografie die Lichtstärke ein Nebeneffekt, mir geht es da viel mehr um die Steuerung des Hintergrunds, sprich der Schärfe/Unschärfeübergang. So ist ein Qualitätsabfall eines Nikon 1,4/58mm förderlich für die Hervorhebung des Hauptmotivs bei offener oder fast offener Blende. Das ist im digitalen Zeitalter der Hauptanwendungsfall solcher Objektive. Kenners der am Markt befindlichen, hochlichtstarke Objektive hat seine ,,beste Qualität" bei offener Blende. Wenn man schnellere Verschlusszeiten braucht geht man mit der ISO hoch.

Daher meine Aussage.

Ich setze in der Mikroskopfotografie die NA ein um die Auflösung zu erhöhen. Das mehr Licht zum Sensor kommt oder das die höhere NA sich auch in Richtung des Freistellen einsetzen lässt spielt beim Stacking eine untergeordnete. Man hat  ja eher das Problem mehr Schärfe zu benötigen.

Gerade bei UV-Anregung hat man ja auch den ISO Vorteil.

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...