Tümpelübung in Schwarz-Weiß

Begonnen von Marcus_S, Juli 07, 2020, 18:44:47 NACHMITTAGS

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Marcus_S

Moin!

Ich hab ein bißchen weitergeübt... Ein Probennahmespaziergang führte an einen in einem kleinen Wäldchen gelegenen, vielleicht 60 m² großen, laubgefüllten Tümpel, aus dessen Randzone ich aus dem Bodenschlamm aus knapp 10 cm Tiefe ein wenig Modder mitgenommen habe.

Und darin fand sich der drollige, knapp 200 µm lange Zeitgenosse aus Bild 1 (frei herumschwimmend).

Diesmal habe ich das mit der geringen Schichtdicke und dem Deckglasdruck und dem Eintrocknenlassen geübt. Da das Tierchen ziemlich quirlig war, war das mit dem Hinterherschubsen des Tisches und dem Auslösen etwas schwierig. So entstand also ein kleines Filmchen und daraus extrahiert die Bilder 2 und 3 (Bild 3 mit IrfanView exemplarisch zusätzlich bearbeitet), das war erheblich einfacher.
Ganz hübsch sieht man da doch die goldgelben (hier dunklen), in kurzen Ketten aneinandergelagerten "Körnchen" auf/in der Pellicula (die Außenhaut heißt doch so?) und einen interessanten Schleier und einen Saum am Peristom. Das reizt, an einem Bildausschnitt einmal übelst herumzuvergrößern, zu schärfen und zu kontrastieren.

Und so entstand Bild 2a. Das rauscht natürlich heftig, soll ja aber auch kein schönes Bild sein. Nun kommt die zarte Membran (orange Pfeile) und die darüberliegenden, zarten schleierartigen Fasern (weiße Pfeile) ganz nett zur Geltung. Die "goldenen Körnchen" sind hübsch zu erkennnen und auch oben am Bildrand ein Band weiterer Cirren, das man (mit etwas Mühe auf Bild 3 und auf anderen, hier nicht gezeigten Bildern) bis zum Hinterteil des Tierchen verfolgen kann.

Bei dichter kommendem Deckglas klemmt das Tierchen dann irgendwann fest, schlägt aber weiter mit seinen Cirren. So habe ich in ein paar Ebenen schnell ein paar Bilder geknipst (davon hier zwei gezeigt: Bild 4 und Bild 5). Darin hoffte ich, den/die Kerne zu sichten. Auffällig finde ich zumindest die dunkelgrauen, runden, rund 5 µm großen Gebilde "neben der Wurst" (sucht man ein wenig, so kann man etwa ungefähr 17 von diesen Dingern erkennen oder erahnen), die beiden körnig-grauen, großen Fladen (Macronuclei?) und die "Blase" (= kontraktile Vakuole?) in Bild 4.

Dann kam das Deckglas sehr, sehr nahe und ich rettete das Tierchen durch Zugabe eines Tropfens Wasser. Diese erste Foto-Session hat es recht gut überlebt, denn (in korrekter zeitlicher Reihenfolge) entstand nun erst Bild 1. Ob das Tierchen aber, übellaunig ob der Behandlung, einige seiner Cirren abgeworfen hat oder sowas wie Trichocysten ausgestoßen hat, ich weiß nicht recht. Jedenfalls schwammen in der Nähe des Tierchens ein paar verdächtige, zahnstocherartige, punktierte Gebilde herum.

Bei einem zweiten Festklemmversuch habe ich das Tierchen leider gemordet. Interessant fand ich aber, daß der ganze Cirrenapparat des Peristoms gut erhalten blieb und noch geschätzt 20 Sekunden weiterschlug, obwohl von dem restlichen Tierchen nicht mehr viel übrig war.

Entstanden ist der Unsinn wieder mit der ASI178MM, einem 40x/0,75 Trockenobjektiv und schiefer Beleuchtung, einfach Halogen-Durchlicht mit zusätzlichem IR-Filter und los. Die Belichtungs(Shutter)zeiten betrug bei allen Bildern 82 µs. Moderat geschärft und im Kontrast verschönert mit imPPG 0.6.2, zurechtgeschnitten, auf forentaugliche 66% verkleinert (Bilder 1, 2, 3, 4 und 5, Bildmaßstab also 0,2 µm/px) und nach jpg gewandelt mit IrfanView.

Schlußendlich war ich neugierig, was das denn für ein Borstenvieh sein mochte, habe das Internet geschüttelt und bin zuerst nach der Bilderbuchmethode (DLiW und plingfactory) vorgegangen. Länger habe ich überlegt, ob es sich hier nicht um sowas wie Urostyla grandis handeln könnte. Dann habe ich bei Foissner (1991) geblättert und bin über die erwähnten Verwechslungsmöglichkeiten zu Paraurostyla weissei gelangt. Viele der erwähnten/abgebildeten Merkmale (Größe, zwei Makronuclei, Lage der kontraktilen Vakuole, subpelliculare Granula) passen nach meinem Kenntnisstand so einigermaßen, bei den ganzen Cirren muß ich aber irgendwann erstmal Vokabeln lernen.

Nächste Lektionen: das mit der Schichtdicke weiterüben und dann mal das Stereomikroskop abstauben und gezielt Tierchen einfangen...


Viele Grüße von

Marcus



Marcus_S

... und noch die Bilder 4 und 5...