Interessante Pilzfunde 34 - Buchen-Speitäubling

Begonnen von Bernd Miggel, Oktober 30, 2021, 17:10:42 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Der Buchen-Speitäubling teilt bei mir zur Zeit (Ende Oktober) den Fundort mit dem Blassen Fichtenritterling und dem Gallentäubling. Die Pilze sind zahlreich vertreten udnd wirken als frische, rote Farbtupfer im braunen Buchenlaub. Sie gehen eine Mykorrhiza mit der Rotbuche ein und wachsen bis in den November hinein. Sie besitzen einen sehr scharfen Geschmack und einen deutlich fruchtigen Geruch.


Eckdaten des Fundes:
• Pilzart: Buchen-Speitäubling Russula nobilis Velen.
• Funddatum 24.10.2021.
• Fundort: NSG Waldmoor-Torfstich bei Oberreichenbach in Baden-Württemberg.
• Begleitbäume: Fichten, Weißtannen, Kiefern, Rotbuchen, Hängebirken.
• Boden: Braunerde, aus sandsteinreichen Fließerden, über Oberem Buntsandstein (Plattensandstein).
• Belegnummer: Miggel wt21024,nsg.




Bild 1 - Fruchtkörper am Standort. Am Boden Buchenlaub und Kiefernnadeln.


Die Fruchtkörper sind recht stabil und festfleischig und relativ groß. Die Hüte sind bis 70 mm breit (am Fundort bis max. 80 mm), klebrig und je nach Wetterlage matt bis glänzend. Die blutrote Huthaut ist höchstens bis zur Hälfte des Radius abziehbar, das zum Vorschein kommende Fleisch rötlich durchgefärbt. Der Hutrand ist glatt und nur bei älteren Fruchtkörpern kurz gerieft. Die leicht splitternden Lamellen, der Stiel und das Fleisch sind reinweiß. Dreht man einen Hut um und schaut in die Lamellentiefe hinein, dann kann man bei manchem Exemplar einen ganz schwach bläulichen Schimmer wahrnehmen.


Bild 2 - Die 70 mm breite, hochrote, glänzende Hutoberfläche eines ausgewachsenen Exemplars. Die Huthaut ist maximal bis zur Hälfte des Radius abziehbar. Das darunter sichtbar werdende Fleisch ist rosa durchgefärbt.


Die Lamellen sind nur selten einmal gegabelt und sehr wenig mit Lamelletten untermischt, bei ausgewachsenen Fruchtkörpern sind sie entferntstehend.



Bild 3 - Blick din die Tiefe der Lamellengesamtheit. Die reinweißen Lamellen stehen relativ entfernt.


Von den makrochem. Farbregaktionen sind Eisensulfat und Guajaktinktur von Interesse. Die Eisensulfat-Reaktion ist deutlich rosa, wenn auch nicht sehr stark:


Bild 4 - Längs durchgeschnittener Fruchtkörper. Links das reinweiße Fleisch, rechts die reinweiße, etwas längadrige Stielrinde. Gezeigt wird die Farbreaktion mit Eisensulfat nach einer Einwirkzeit von einer Minute.


Die Guajak-Reaktion ist stark, was bei dieser Pilzart bestimmungsrelevant ist:


Bild 5 - Hutteil im Schnitt. Gezeigt wird die Farbreaktion mit 5-prozentiger Guajaktinktur nach einer Einwirkzeit von 10 Sekunden.


Die Sporenpulverfarbe ist reinweiß.

Die Sporen sind breit ellipsoid mit deutlich amyloider Ornamentation. Die Onamentation ist warzig-gratig-teilnetzig, wobei die Warzen vielfach eine Höhe von 0,8 µm erreichen und die Netze vielfach geschlossene Maschen bilden. Die Messwerte (auf Grund von 50 repräsentativen Sporen, mit 95-prozentigem Vertrauensintervall):

Lav x Bav = 7,9-8,2 x 6,3-6,6 µm     Qav = 1,23-1,28   Vav = 170-190 µm3
(mit L Länge, B Breite, Q Schlankheitsgrad = L/B, V Volumen, av Average/Durchschnitt)



Bild 6 - Sporencollage in Melzers Reagenz.


Bei der Huthaut sind die ,,Haare" (Endhyphen) und die Pileozystiden relevant. In Kongorot lassen sich die Haare besonders gut beurteilen. Bei unserer Art sind sie vielfach septiert und vielfach verzweigt. Siehe dazu auch SARNARI (1995), Zeichnung auf S. 569.


Bild 7 - Huthaut-Quetschpräparat in SDS-Kongorot. Die "Haare" sind sehr dünnwandig, septiert und verzweigt. Die Pileozystiden sind schlankkeulig bis zylindrisch.


Die Pileozystiden schaut man sich am besten in Sulfovanillin an. Sie sind beim Buchen-Speitäubling zylindrisch bis schlankkeulig mit einem Kaliber von  5-8 µm, besitzen 0 -3 Septen und färben sich in Sulfovanillin deutlich schwarz. Bei den schwarzen, lang geschlängelten Elementen handelt es sich um Latiziferen.


Bild 8a - Huthaut-Quetschpräparat in Sulfovanillin. Zu erkennen sind zahlreiche, schwärzende, schlankkeulige Pileozystiden und ebenfalls schwärzende, lang geschlängelte Latiziferen.



Bild 8b - Huthaut-Quetschpräparat in Sulfovanillin. Verzweigte "Haare" und mehr oder weniger geschwärzte Pileozystiden. Bei der etwa waagerecht im Bild liegenden lassen sich drei Septen erkennen.



Verwechslungsmöglichkeiten gegenüber anderen Speitäublingsarten:

Alle hier angeführten Vergleichsarten sind brüchiger als der Buchen-Speitäubling und besitzen eine sehr viel schwächere Guajakreaktion. Weitere Unterschiede:
• Der Kirschrote Speitäubling Russula emetica geht eine Mykorrhiza mit Nadelbäumen ein. Er besitzt eine komplett abziehbare, immer hochglänzende Huthaut.
• Der Grauende Speitäubling Russula hydrophila geht eine Mykorrhiza mit Nadelbäumen ein und kommt nur in feuchtem bis nassem Milieu in Mooren oder Moorwäldern vor. Er ist sehr brüchig, und der Stiel graut bei ausgewachsenen Exemplaren deutlich.
• Der Kiefern-Speitäubling Russula silvestris ist kleiner und brüchiger als der Buchen-Speitäubling. Er bleicht auch gerne nach Weißlich bis Creme oder Gelblich aus.
• Der Birken-Speitäubling Russula betularum ist sehr klein und gebrechlich und geht eine Mykorrhiza mit Birken ein. Er bleicht meist in Richtung Weiß aus.


Wichtige Notizen:
• Die Reagenzien Eisensulfat und Guajak appliziert man am besten auf dem Stielfleisch. Dort sind die Farbreaktionen am deutlichsten. Die Stielrinde, wie in der Literatur manchmal vorgeschlagen, reagiert deutlich schwächer.
• Für die Guajaktinktur hat sich eine 5-prozentige Lösung in 80-prozentigem Ethanol bewährt. Als Einwirkzeit, nach der man die Reaktion beurteilt, sind 10 Sekunden optimal (nach RENÉ CHALANGE (2014). Die manchmal vorgeschlagenen 5 Sekunden sind meines Erachtens zu kurz, sowohl zum Beobachten als auch zum Fotografieren.
• Die Ornamenthöhe der Sporen ist bei den Fundexemplaren deutlich höher, als es in der Fachliteratur mit bis zu 0,5 (max 0,6) µm angegeben wird.

Weiterführende Literatur:
• MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones: 270-273. - Anatis-Verlag.
• MICHAEL, E., HENNIG, B. & KREISEL, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde 5: Nr. 159.
• KRÄNZLIN, F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6: Nr. 132.
• SARNARI, M. (1995): Monografia Illustrata del Genere Russula in Europa Tomo Primo: 563-569.
• Chalange R. (2014) Utilization du Gaiac pour une aide en Russules à la Détermination des Russules sur le Terrain.
https://de.wikipedia.org/wiki/Buchen-Spei-T%C3%A4ubling
  https://fundkorb.de/pilze/russula-nobilis-buchen-speit%C3%A4ubling



Viel Vergnügen beim Anschauen!

Bernd

Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080


Fachausdrücke, Abkürzungen:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729