Interessante Pilzfunde 39 - Gemeiner Erdritterling

Begonnen von Bernd Miggel, November 18, 2021, 17:39:42 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Ein relativ unauffälliger Pilz, der aber oft durch Massenauftreten auf sich aufmerksam macht, ist der Gemeine Erdritterling. Man findet ihn bis in den Spärherbst hinein vor allem unter Kiefern, mit denen er eine Mykorrhiza eingeht.

Eckdaten des Fundes:

• Pilzart: Gemeiner Erdritterling Tricholoma terreum (Schaeff.) P. Kumm.
• Funddatum: 17.11.2021.
• Fundort: Walddistrikt Ziegelweg, Gemeinde Karlsbad in Baden-Württemberg.
• Begleitbäume: Waldkiefern, Fichten.
• Bodenart Pseudogley aus Lösslehm und lösslehmreichen Fließerden.
• Beleg-Nr.: Miggel div21055,skl



Bild 1 - Der Fundort, am Waldrand unter Waldkiefern, in der Nähe Fichten.


Innerhalb der etwa zehn Erdritterlingsarten ist der Gemeine Erdritterling einer der "Kleineren". In Bezug auf Geruch, Geschmack und Verfärbung ist er völlig unauffällig: Er ist völlig geruch- und geschmacklos und verfärbt sich weder rötlich noch bläulichgrün.
Der Hut ist blass- bis dunkelgrau, dicht filzig-schuppig oder auch radialfaserig und besitzt oft einen zentralen Buckel.


Bild 2 - Eine kleine Population am Fundort.


Die Lamellen sind weiß, oft mit einem Graustich, recht breit und am Stiel ausgerandet angewachsen ("Burggraben"). Sie sind stark mit Lamelletten untermisch, aber kaum einmal gegabelt, und wenn, dann in Stielnähe.


Bild 3 - Blick auf Lamellen und Hutoberfläche.


Der Stiel ist meist zylindrisch, vollfleischig oder enghohl, farblich weiß bis hellgrau und stark glänzend. Das Fleisch ist weiß.


Bild 4 - Fruchtkörper im Längsschnitt.


Die Sporen sind ellipsoid, hyalin und glattrandig mit zentralem, großem Tropfen. Eine Hochrechnung auf Basis einer Stichprobe von 30 repräsentativen Sporen des Fundes ergab folgende Mittelwerte (95-prozentiges Vertrauensintervall):

Lav x Bav = 6,4-6,7 x 4,4-4,6 µm     Qav = 1,42-1,49     Vav = 66-71 µm3
Mit L Länge, B breite, Q = L/B Schlankheitsgrad, V Volumen, av Average (Durchschnitt)


Bild 5 - Sporencollage, Präparat in GSM.


Die Huthaut des Gemeinen Erdritterlings besitzt einen interessanten Aufbau. Wenn man genau hinschaut, kann man folgendes erkennen:
   • Ganz oben die lockeren Hyphen der Filzschicht. Einen Hyphenabschnitt habe ich vermaßt (27.8 x 6.5 µm).
   • Darunter eine Schicht dünner, liegender Hyphen, also eine Kutis. Ein Hyphenabschnitt ist vermaßt mit 24.9 x 4.61 µm.
   • Darunter eine Schicht, bestehend aus ca. vier Hyphenlagen dicker Hyphen, deren Abschnitte man als "backsteinförmig" oder fast isodiametrisch
     bezeichnen kann. Mann nennt diese Hyphenlage auch Hypoderm. Ein schräg stehender Abschnitt ist mit 21.5 x 9.0 µm vermaßt.
   • Und ganz unten eine dicke Lage ganz dünner Hypen. Ein Abschnitt ist mit 28.3 x 3.48 µm vermaßt.

Schnallen an den Hyphensepten sind keine vorhanden.


Bild 6 - Querschnitt durch die Huthaut mit ihren Schichten, 25 µm dicker Mikrotomschnitt, Präparat in SDS-Kongorot.

Weiterführende Literatur:
    • BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (1991): Pilze der Schweiz Bd. 3: Nr. 438.
    • CHRISTENSEN, M., HEILMANN-CLAUSEN, J. (2013): The genus Tricholoma. Fungi of Northern Europe, Vol. 4: 162-165.
    • https://fundkorb.de/pilze/tricholoma-terreum-gemeiner-erdritterling

Viele Freude beim Anschauen!

Bernd



Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080

Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729

Florian D.

Wieder sehr schön Bernd!

Der Erdritterling ist ja auch ein zumindest regional geschätzter Speisepilz. Das war bis vor kurzem der Grünling allerdings auch. Die gruselige weitere Verwandschaft (Tigerritterling) läd auch nicht gerade zu kulinarischen Experimenten ein.

Viele Grüsse
Florian

Bernd Miggel

Hallo Florian,

danke für das Lob! Hast du den Gemeinen Erdritterling schon mal probiert?

lg - Bernd


Peter Reil

Hallo Bernd,

ich habe ihn schon ein paar Mal gegessen. Der schmeckt wirklich prima!

In Frankreich sah ich Erdritterlinge säckeweise zum Verkauf - französische Feinschmecker können nicht irren.

Gruß
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Bernd Miggel

Hallo Peter,

dann probier ich die auch mal. Vielleicht sind noch ein paar zu finden. :)

Liebe Grüße
Bernd

Bernd Miggel

#5
Hallo,

Bild 6 oben hat mir nicht so gut gefallen, weil der Hintergrund durch die Färbereagenz rot geworden ist und damit die Klarheit des Bildes beeinträchtigt wird. Jetzt habe ich bei LECOMPE (2019) auf S. 48 gelesen, dass man nach dem Einfärben mit SDS-Kongorot noch "Glyzerinwasser" durch das Präparat ziehen lassen soll, eben um die Klarheit zu erhöhen. Das Präparat hatte ich noch von gestern. Und da ich ein großes Deckglas verwendet hatte, war es noch nicht komplett eingetrocknet. Durch Zugabe von Glyzerinwasser ist der Hintergrund jetzt nicht mehr rot. Ein zusätzlicher Weißabgleich auf den Hintergrund liefert das folgende, jetzt deutlich klarere Ergebnis (Hier ist auch eine Hyphe des Hypoderms gut erkennbar (ein Hyphenabschnitt mit 23.2 x 12.6 µm bemaßt):



Glyzerinwasser: 5 ml Glyzerin in 5 ml dest. Wasser gelöst.

Literatur:
LECOMTE, M. (2019): Microscopie & Champignons. - Association des Mycologues Francophones de Belgique.


Viele Grüße

Bernd