Bildverarbeitung von RAW-files - zwei Varianten

Begonnen von Martin Kreutz, Januar 12, 2010, 21:48:40 NACHMITTAGS

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Martin Kreutz

Liebes Forum,

ich möchte hier kurz zwei verschiedene Varianten der Bildverarbeitung vor-  und gegenüberstellen. Ich arbeite seit fast 10 Jahren mit Photoshop und habe im laufe der Jahre einen ganz eigenen ,,Bearbeitungsweg" entwickelt. Der führt zu den typischen Resultaten, die ich hier im Forum ja auch schon oft gezeigt habe. Vor einigen Tagen hat mich Michael Plewka auf einen alternativen Weg aufmerksam gemacht, den ich nach Rücksprache mit ihm hier vorstellen möchte.

Viele im Forum wissen, dass ich ohne Projektiv arbeite und das Zwischenbild direkt mit dem ,,four third Sensor" der Olympus E-400 aufnehme. Dies bedeutet eine enorm hohe Informationsdichte, die vom Sensor wiedergegeben werden muss. Rein rechnerisch müsste der Sensor das mit seiner Pixeldichte locker schaffen, aber in der Praxis ergeben sich eine Menge Artefakte, die sich meiner Ansicht nach hauptsächlich durch Interferenz und Mehrfachreflexion innerhalb der Filter-Sensor-Schicht ergeben. Der MOS Sensor (metal oxide semiconductor) ist durch einen IR-Filter; Pol-Filter (soviel ich weiß) und Staubschutzfilter abgedeckt. Innerhalb von diesem ,,Sandwich" kann es zu Reflexionen kommen. Außerdem ist das Signal/Rausch-Verhältnis vom E-400 Sensor saumäßig. Diese ganzen Nachteile nehme ich jedoch in Kauf, weil mein System optimal geeignet ist für TTL-geblitze Aufnahmen, auch von schnell beweglichen Objekten. Man muss dann eben mehr Zeit in das optimieren des Resultates stecken.

Die bisherige Bildverarbeitung meiner RAW-files erfolgte in 3 Schritten:

1.)   Kontrast anheben
2.)   Farbfehler (durch Interferenz) entfernen
3.)   Fremdkörper und Staubkörner entfernen
4.)   Entrauschen

Das Anheben des Kontrastes (mit Befehl ,,Tonwertkorrektur") geht schnell und einfach, führt jedoch dazu, dass bereits im Rohbild vorhandene Fehlfarben des Untergrundes mit verstärkt werden. Dies geschieht, wenn man im RGB-Modus arbeitet. Michael Plewka hat mich darauf hingewiesen, dass dies bei Bearbeitung im LAB-Modus nicht geschieht. Daher habe ich unten beide Pfade direkt verglichen. Ich habe ein Rohbild dupliziert und es absolut identisch sowohl im RGB- als auch im LAB-Modus bearbeitet.

Hier das RAW-Bild, welches ich aus dem ORF (Olympus Raw Format) ohne Bearbeitung in ein jpeg umgewandelt habe.

               

Ich habe das RAW-Bild dupliziert, eines davon in den LAB-Modus überführt und dann bei diesen ,,Zwillingen" die Kontrastverstärkung durchgeführt. Das Resultat sieht man unten. Fehlfarben des Untergrundes (wahrscheinlich auch bedingt durch die Abbildung des Nullstreifens im DIK) werden beim RGB Modus stark betont (Pfeile). Die LAB-Variante bleibt dagegen fast farbneutral. Außerdem zeigen beide Varianten einen ,,granulären" Hintergrund, weil das Rauschen des Sensors mit verstärkt wurde.

               


Nach der Konstrastverstärkung entferne ich wieder alle ,,Fehlfarben" durch den Befehl ,,Farbe ersetzen". Alle Farben, die nicht zum Objekt gehören (meistens blau, violett, mangenta) reduziere ich auf Null oder fast Null. Danach erfolgt eine Rauschunterdrückung, um den granulären Untergrund wieder los zu werden. Die Rauschunterdrückung ist sehr kritisch, weil man damit auch oft Details ,,vernichtet".

               

Die beiden Bilder unterscheiden sich nun darin, dass die ,,echten" Farben im Objekt (in diesem Fall die grünen Chloroplasten und gelb leuchtenden Kristalle) bei der Kontrastanhebung im LAB-Modus nicht mit verstärkt wurden und nun etwas flau aussehen, ganz im Gegensatz zur RGB-Variante, die wesentlich lebhaftere Farben zeigt. Meine persönlich bevorzugte Variante ist weiterhin der ,,RGB-Pfad", obwohl man bei Objekten mit starker Eigenfärbung besser die LAB-Variante wählt.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Michael Plewka ganz herzlich dafür bedanken, dass ich durch ihn diese neue Variante der Bildverarbeitung in PS kennengelernt habe.

Vielleicht gibt es dazu eine Diskussion, bei der ich noch mehr Varianten lerne, die mir bisher unbekannt waren.

Zum Schluss noch mal der direkte Vergleich zwischen meinem RAW-Bild und meiner bevorzugten Bildbearbeitungsvariante.

               

Allen einen schönen Abend!

Martin Kreutz   



 

Bernhard Lebeda

Hallo Martin

zu Deiner Bemerkung

ZitatDanach erfolgt eine Rauschunterdrückung, um den granulären Untergrund wieder los zu werden. Die Rauschunterdrückung ist sehr kritisch, weil man damit auch oft Details ,,vernichtet".

hätte ich noch einen simplen Trick zu bieten:

Objekt so genau wie möglich bzw. nötig mit dem Lasso Werkzeug einkreisen. Dann "Auswahl umkehren". Nun etwas Gaußscher Weichzeichner drauf, dann wird nur der Hintergrund ins unscharfe Nirwana geschickt!

Zum Schluss "Auswahl aufheben" und sich am gleichmässigen Hintergrund freuen!

Viele Grüsse

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

beamish

Hallo Martin,

ein sehr interessantes Thema:
mich interessiert dabei die Nische Wahrheit oder Demonstration. D.h. was will ich zeigen, das Objekt wie es "wirklich" aussieht (vielleicht "flau"), oder will ich die Details des Objektes deutlich darstellen.
REM-Aufnahmen z.B. sehen ja immer wie Bleigießen aus, zeigen aber viele Details, Lichtmikroskopische Aufnahmen überzeugen das Auge durch ihre Farbigkeit.
Ich denke, es kommt darauf an was der Zweck der Bildbearbeitung ist: Darstellung taxonomisch relevanter Details oder einfach nur Darstellung der Natur, so wie sie ist.
Kurzum, eine mit Software überarbeitete Version einer Aufnahme kann eindrucksvoll aussehen, überhöht aber vielleicht die Wirklichkeit.

Herzlich,

auch Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Michael Plewka

hallo zusammen,

Dank an Martin, dass er diesen Verfahren so eindrucksvoll dokumentiert hat. Ich habe den "Lab" Modus durch die Zeitschrift "ct" kennengelernt. Dort gibt es einige "spezial" Hefte, in denen das "Scharfzeichnen" von Bildern erläutert wird. Ergänzend zu Martins Ausführungen kann ich noch beisteuern, dass im RGB- Modus nicht nur Fehlfarben (= "Farbrauschen") beim Scharfzeichnen ("unscharf maskieren") verstärkt werden, sondern auch an Kanten von Objekten (Diatomeenschalen, Panzern, Zellwänden etc) zusätzliche Farbränder auftreten. Diese werden im Lab-Modus ebenfalls   vermieden.

beste Grüße Michael Plewka

Jan Kros

Hallo Michael und Martin,
Das ist ein interessantes Thema das Ihr vorgeführt hat.
Meine Frage ist was ist der LAB-Modus in PS.
Gerne etwas mehr Informationen.
Herzlichen Gruss
Jan Kros

G. Helbig

Zitat von: Jan Kros in Januar 13, 2010, 14:16:56 NACHMITTAGS
Meine Frage ist was ist der LAB-Modus in PS.

Hallo Herr Kros,

der LAB-Modus kann in Photoshop unter dem Menüpunkt "Bild" > "Modus" gewählt werden.

In der Photoshop-Hilfe findet man unter LAB-Modus:

Lab-Farbmodus
Das CIE L*a*b*-Farbmodell (Lab) basiert auf der menschlichen Farbwahrnehmung. Die numerischen Werte des Lab-Modells beschreiben alle Farben, die von einer Person mit normalem Sehvermögen wahrgenommen werden. Da das Lab-Modell beschreibt, wie eine Farbe aussieht, anstatt festzulegen, wie viel eines bestimmten Farbstoffs ein Gerät (z. B. ein Monitor, Desktop-Drucker oder eine Digitalkamera) zur Darstellung von Farben benötigt, gilt das Lab-Modell als geräteunabhängiges Farbmodell. Farbmanagementsysteme verwenden das Lab-Modell als Farbreferenz, um eine Farbe zuverlässig aus einem Farbraum in einen anderen zu transformieren.
Der Farbmodus ,,Lab" verfügt über eine Luminanz-Komponente (L), deren Wert zwischen 0 und 100 liegen kann. Die Werte der Komponenten a (Grün-Rot-Achse) und b (Blau-Gelb-Achse) liegen im Adobe-Farbwähler und der Farbpalette zwischen +127 und -128.
Lab-Bilder können in den Formaten Photoshop, Photoshop EPS, Großes Dokumentformat (PSB), Photoshop PDF, Photoshop Raw, TIFF, Photoshop DCS 1.0 und Photoshop DCS 2.0 gespeichert werden. Sie können 48-Bit-Lab-Bilder (16 Bit pro Kanal) in den Formaten Photoshop, Großes Dokumentformat (PSB), Photoshop PDF, Photoshop Raw und TIFF speichern.

Viele Grüße

Gerald Helbig

Michael Plewka

hallo zusammen,

@ Martin ("beamish"): ich finde das angeschnittene Thema ebenfalls  sehr spannend, vor allem, weil es viel mit persönlichen Vorlieben zu tun hat; da kann man sich gut die Köpfe heißreden ....
dennoch gebe ich zu bedenken:  im Fall des DIK  ist der Fall einfach, da dieses Verfahren lediglich vorgaukelt, wie die "Wirklichkeit" aus"sieht". Beim DIK wird das mikroskopische Bild ja durch Interferenz synthetisiert. DIK beschreibt zwar die Wirklichkeit, aber die optische Realität wird nicht dargestellt. Das gleiche gilt auch für das Phasenkontrastverfahren.

beste Grüße Michael Plewka

Jan Kros

Hallo Gerald

Herzlichen Auskunft auf meine Frage.
Gerne per Du

Herzlichen Gruss
Jan Kros

reblaus

Hallo Moderatoren -
bitte den wertvollen Betrag im Know-How fixieren!
Gruß und Dank
Rolf Blaich

G. Helbig

Zitat von: Martin Kreutz in Januar 12, 2010, 21:48:40 NACHMITTAGS
Nach der Konstrastverstärkung entferne ich wieder alle ,,Fehlfarben" durch den Befehl ,,Farbe ersetzen". Alle Farben, die nicht zum Objekt gehören (meistens blau, violett, mangenta) reduziere ich auf Null oder fast Null. Danach erfolgt eine Rauschunterdrückung, um den granulären Untergrund wieder los zu werden. Die Rauschunterdrückung ist sehr kritisch, weil man damit auch oft Details ,,vernichtet".

Hallo Martin,

mit welcher Photoshop-Version arbeitest Du (zum Verständis)? Ich beziehe mich auf CS3. Hier kann ich in "Bild > Anpassungen > Farbe ersetzen" nur mit der Pipette den Farbton auswählen? Du schreibst: "alle Farben, die nicht zum Objekt gehören": wie definierst Du diese Farben?

Rauschunterdrückung: arbeitest Du mit dem Filter "Rauschen entfernen" oder "Rauschen reduzieren"?

Danke und viele Grüße

Gerald