Hallo Zusammen,
Michael Zölffel hat in diesem Faden ja bereits sehr ausführlich und gewohnt kompetent geantwortet. Seit etwa 2 Tagen hatte ich aber meine Antwort schon vorbereitet, sie scheint mir auch etwas ausführlicher zu sein, sodass ich sie trotzdem hier noch einstelle.
existieren speziell für Mikroskope Zeiss Standard Negativokulare, ein Anpassstück und ein Okular-Zwischenstück, so dass beim Fotografieren damit die hierbei auftretenden Bildfehler möglichst gemäß Zeiss West Maßstäben minimiert sind?
Es gab halt die üblichen Aufsetzkameras aus dem Standard-Programm. Prinzipiell möglich sind die Direktprojektion auf den Kamerachip. Dabei wird ein konventionelles Okular mit auf die Chipgröße angepasstem Faktor um einige mm angehoben, um das Bild auf den Chip zu projizieren. Damit wird die Tubuslänge und damit die Korrektion geringfügig geändert, andererseits liegt der Vorteil darin, dass keine zusätzliche Optik -also weniger Glas- von Nöten ist.
Das nächste Prinzip, das zuletzt im Zeiss-Endlich-Programm auch praktisch ausschließlich verwendet wurde, ist die afokale Projektion. Hierbei wird für den Foto-Strahlengang ebenfalls ein konventionelles Okular in korrekter Position, also bei korrekter Tubuslänge, verwendet und mittels einer Relaislinse an die Kamera adaptiert. Als Relaislinse wird ein einfacher Achromat mit zu Okularvergrößerung und Chipmaßen passender Brennweite verwendet oder eben ein Fotoobjektiv entsprechender Brennweite. Zuletzt wurde von Zeiss Oberkochen ein speziell „hochgezüchtetes“ Okular für die Fotografie, das S-KPL 10 / 20.
Daneben können auch die Mipros für die Fotografie eingesetzt werden, die eigentlich für die Projektion gedacht waren; deren Bildweite liegt folglich -näherungsweise- im Unendlichen, sodass auch hier ein Relaisobjektiv erforderlich ist. Eine besonders hochkorrigierte Kombination war dabei das Mipro KPL 63 mm in Kombination mit dem Zeiss´schen Relaisobjektiv 63mm aus deren Mikrokameraprogramm; diese Kombination ist als apochromatisch zu werten.
Zuletzt möchte ich noch PZO erwähnen: Deren Berechnungsgrundlagen und auch Aufmaße sind in weiten Teilen mit denen von Zeiss-West kompatibel. Sie produzierten negative Projektive ohne korrigierenden Einfluss auf die Planizität, wohl aber auf die CVD. Ihr Vorteil liegt im Vgl. zu den konventionellen Kameraanpassungen in einem erheblich kürzeren und damit stabileren mechanischen Aufbau, was wiederum die Erschütterungsanfälligkeit günstig beeinflusst. Allerdings habe ich in vielen Jahren nicht ein entsprechendes Angebot in Ebay gesehen, diese Okulare scheinen also recht selten zu sein.
Läßt sich dies auch unter Zuhilfenahme der nach dem Zweiten Weltkrieg hergestellten Homale (Zeiss Ost) realisieren?
Homale wurde erstmals von Zeiss Jena noch vor WWII in den 1920-iger Jahren auf Vorschlag von Boegehold und Koehler realisiert. Sie dienten zur Kompensation der CVD und vor allem auch der Bildfeldwölbung bei den Apochromaten. Das lag daran, dass die Plan-Korrektur bei Objektiven sehr aufwändig war -insbesondere auch rechnerisch- und, erst sehr viel später realisiert werden konnte. Neben den Apochromaten konnten die Homale auch mit Achromaten verwendet werden, wenn sie eine entsprechende CVD aufwiesen, d.h., mit den Vergrößerungsfaktoren etwa > 15. Nach der Lösung des Problems der Bildfeldebnung im Objektiv wurde das Prinzip der Homale praktisch verlassen. Ähnliche Okulare gab es auch von Leitz mit der Bezeichnung „Ultraplan“ und von Bausch & Lomb als „Ampliplane“.
Aus dem Geschriebenen sollte klar werden, dass Homale für die Kombination mit Zeiss-West Objektiven ungeeignet sein dürften; aber auch hier mag es gangbare Ausnahmen geben.
Lomo hat übrigens die alten Berechnungsgrundlagen m.W. zumindest bis vor kurzem weitergeführt, sodass man deren Homale gelegentlich mit gleicher Bezeichnung immer wieder einmal gebraucht im Netz finden kann (eBay).
Von Zeiss-Ost gab es dann noch die MF-Projektive, die zur Direktprojektion auf die Film-/Chip-Ebene dienen. Gerechnet waren diese allerdings für Formate Kleinbild (entsprechend sog. Vollformat-Chip) aufwärts, sodass man selbst mit den schwächsten mit einem veritablen Bildbeschnitt rechnen muss. Zudem war die in den Objektiven verbliebene CVDs zwischen Zeiss-Ost und West verschieden; es mag hier erfolgreiche Kombinationen geben, das muss man ggf. austesten, ich habe keine eigenen Erfahrungen damit.
Ist die Philosophie betreffend das gemeinsame Minimum aller einzelnen Bildfehler für Mikroskope der Tubuslänge 160mm auch nach dem Krieg für Zeiss Ost und Zeiss West dieselbe geblieben?
Definitiv nein. Zeiss Ost hat die Vorkriegs“philosophie“ noch weitergeführt. Es wurden lange Zeit die optischen Rechnungen weiterverwendet; so auch die Abgleichlänge der Objektive (33mm) und Okulare, ebenso die verschiedenen CVDs. Zeiss West hingegen hat sehr schnell vieles neu gerechnet, ist dabei auf eine Objektivabgleichlänge von 45mm und eine Okularabgleichlänge von 10 mm umgestiegen. Den Objektiven wurden einheitliche Bildfehler hineingerechnet, die dann in den Okularen auch mit einheitlichen „Gegenfehlern“ kompensiert werden konnten. Das ersparte den häufigen Wechsel des Okulars beim Wechsel der Objektive (Objektive mit Faktoren < ca. 10 hatten üblicherweise davor nahezu keine CVD und durften nicht mit kompensierenden Okularen verwendet werden) und vereinfachte auch die Produktion.
Wer weiß hinsichtlich des oben angesprochenen Sachverhaltes mehr? Die im Internet auffindbaren Informationen bezüglich dieses Themas sind für meinen Geschmack mehr als dürftig.
Da hast Du irgendwie Recht.
Welche Aufbauten verwenden denn die Besitzer von Mikroskopen Zeiss Standard, wenn sie unter Verwendung von Objektiven Neofluar photographieren möchten?
Hier wollte ich auf einen Beitrag von Klaus Herrmann verweisen; doch der zugehörige Link funktioniert nicht mehr (oder ich kann den richtigen nicht finden). Deshalb habe ich einige Bilder hier eingestellt, welche die verschiedenen Möglichkeiten der mechanischen Kameraadaptierung an Mikroskope aus dem Standard-Programm aufzuzeigen.
Links sieht man ein Phomi III auf das der Fotoschiebetubus (gerader Fototubus 47 30 23) aufgesetzt ist; mit ihm kann man sehr einfach die Entfernung der Kamera zum Okular anpassen. Auf ihn kommt -je nach verwendetem Adaptierungsprinzip- die Kamera mit oder ohne Projektiv/Objektiv.
Rechts ist an einem Phomi II ein Fototubus M (47 30 24) an gleicher Stelle angebracht, über den das restliche Kamerasystem mittels Klemmring 47 60 05 das restliche System adaptiert. Der Fototubus M bietet über einen Schneckengang die Möglichkeit, die Parfokalität mit dem Beobachtungssystem auf einfache Weise herzustellen, üben den Klemmring kann -wie beim Fotoschiebetubus- die Kameraweite bequem eingestellt werden.
Zwischen den beiden Großgeräten sieht man schließlich im Vordergrund ein Standard Junior mit auf gesetztem Photowechsler, daran nach oben ein einfacher gerader Tubus. An diesen ist ein Klemmstück (47 60 01, "Zeiss-Glocke") angebracht, über das dann das Anbringen des restlichen Aufbaus in bereits genannter Weise erfolgt. Mit diesem einfachen Klemmring kann eine Kamera auch mit Schrägtuben verbunden werden, allerdings ist dieser Aufbau von den hier aufgeführten die mechanisch instabilste. Einen ähnlich Klemmring gab es auch von Ihagge /Dresden.
Gab bzw. gibt es keine Sets für Zeiss Standard der Firma Zeiss West für die Photographie zur Verwendung in Verbindung mit Objektiven Neofluar?
Solche Sets gab es eben nicht speziell für die Neofluare; das war -wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich- auch nicht erforderlich. Das Prinzip war, dass im Zwischenbild alle verbliebenen Restfehler -mit Ausnahme der Bildfeldwölbung- bei allen Objektiven einheitlich waren und damit mit denselben Okularen kompensiert werden konnten.
Ich zumindest habe noch nie gesehen, daß solch ein Set auf eBay jemals angeboten worden wäre.
s.o.