Interessante Pilzfunde 82 - Schwachfleckender Täubling

Begonnen von Bernd Miggel, Juli 21, 2023, 18:00:09 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

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Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Man findet den recht seltenen Schwachfleckenden Täubling (Russula persicina) bei Laubbäumen, wie Rot- und Hainbuchen oder Eichen, auf Kalkböden, also beispielsweise im Hainbuchen-Eichen-Wald oder im Orchideen-Buchenwald. Dieser Cremesporer zeichnet sich durch einen roten Hut, reif cremefarbene Lamellen, einen weißen, mitunter rosa überhauchten Stiel und scharfen Geschmack aus. Die Rote Liste Deutschlands (2016) führt die Art im Kriterium G (Gefährdung unbekannten Ausmaßes).

Karl Wehr verdanke ich eines der hier präsentierten Bilder.

Bild 1 – Exemplare mit typisch gefärbte Hüten schwach rosa überfärbten Stielen. Bei Rotbuchen im Orchideen-Buchenwald. Foto: Bernd Miggel.


Bernd Miggel

#1
Makroskopische Merkmale

Beim Schwachfleckenden Täubling haben wir es mit einem mittelgroße Täubling mit bis zu etwa 10 cm breiten Hüten zu tun. Der Hut ist meist leuchtend rot, etwa kirschrot, korallenrot oder blutrot, doch auch freudig rosa oder sogar nach Creme entfärbt. Schneckenfraßstellen färben rot nach. Der Hutrand ist glatt oder kurz gerieft, die Huthaut glatt oder etwas körnig gerunzelt, bei feuchter Witterung glänzend und klebrig und maximal 1 cm am Hutrand abziehbar.

Bild 2 – Population mit leuchtend rosa bis blutroten Hüten. Bei Rotbuchen, Hainbuchen und Eichen in einem ,,Mittelwald" über Unterem Muschelkalk. Foto: Bernd Miggel.


Bernd Miggel

Die Lamellen sind brüchig, am Stiel breit angewachsen, engstehend, je nach Exemplar mehr oder weniger stark untermischt und gegabelt, bei reifen Fruchtkörpern cremefarben. Der Stiel ist stabil, fest, weiß oder rosalich überlaufen, mehr oder weniger zylindrisch und glatt bis längsadrig. Das Fleisch ist fest, ja fast hart, und reinweiß, fleckt gerne gelblich, schmeckt sehr scharf und riecht leicht fruchtig.

Sporenstaubfarbe
Das frisch ausgefallene Sporenpulver ist intensiv creme, IIc-d nach der Farbtafel in MARXMÜLLER, H. (2014).

Makrochemische Farbreaktionen
FeSO4 ergibt eine rosa Reaktion.

Bild 3 – Exemplare mit Hüten in mehr gedeckten Farben. Foto: Karl Wehr.


Bernd Miggel

#3
Mikroskopische Merkmale

Die Sporen sind rundlich bis ellipsoid, mit isoliertwarzigem oder kurzgratigem Ornament, wobei die Warzen oft zu mehreren oder zu kompletten Reihen zusammenlaufen oder duch feine Linien verbunden sind. Mitunter macht das Ornament einen geradezu zebrierten Eindruck. Ornament und Hilarfleck sind deutlich amyloid. Sporengröße nach eigenen Messungen:

L x B = 7,5-8,0 x 6,5-7,0 µm      Schlankheitsgrad Q = 1,14      Ornament meist bis 0,5 µm (max. 0,7 µm) hoch


Bild 4
–  Sporen, präpariert in Melzers Reagenz. Foto: Bernd Miggel


Bernd Miggel

#4
Die Epikutis setzt sich aus Epikutishaaren und Pileozystiden zusammen. Die Epikutishaare sind nach GALLI, R. (1996) vielfach septiert, unverzweigt, aus zylindrischen Zellen bestehend, 3-5 µm dick, apikal gerundet oder mit Köpfchen. Die Pileozystiden sind langgestreckt, zylindrisch oder geschlängelt, apikal gerundet oder mit Ausstülpung versehen, 5-10 µm dick und in Sulfovanillin grauend bis schwärzend.

Bild 5
–  Zupf/Quetschpräparat der Epikutis, präpariert in Sulfovanillin. Es zeigt die in SV grauenden bis schwärzenden Pileozystiden. Foto: Bernd Miggel.


Bernd Miggel

#5
Notizen
•    ROMAGNESI, H. (1985) unterscheidet mehrere Typen des Schwachfleckenden Täublings, die sich vor allem durch unterschiedliche Sporenform und -größe unterscheiden.

Ähnliche Arten mit scharfem Geschmack
•    Der Gelbfleckende Täubling (Russula luteotacta) besiedelt vergleichbare Habitate, besitzt aber reinweiße Lamellen und weißes Sporenpulver. Außerdem fleckt er bei Berührung oder Liegenlassen wesentlich stärker chromgelb.
•    Der Bluttäubling (Russula sanguinaria) ist Kiefernbegleiter; er ist dickfleischiger und besitzt deutlicher sichelförmige, oft regelrecht herablaufende Lamellen.
•    Der Buchen-Speitäubling (Russula nobilis/mairei) ist wie unsere Art Laubbaumbegleiter, besitzt aber weiße Lamellen und weißes Sporenpulver.

Literatur
•    BON, M. (1988): Pareys Buch der Pilze: 74-75.
•    DÄHNKE, R.M. (1993): 1200 Pilze in Farbfotos: 919.
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 110, 111.
•    GALLI, R. (1996): Le Russule: 198-199.
•    KIBBY, G. (2014): The genus Russula in Britain: 54, plate 28.
•    KRÄNZLIN F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 181.
•    KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2: 570.
•    MARXMÜLLER, H. (2014) - Russularum Icones: 290-293.
•    MICHAEL, M., Hennig, B. & Kreisel, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band 5: Nr. 146.
•    MONEDERO, C. (2012): El Género Russula en la Península Ibérica: 244-245.
•    ROMAGNESI, H. (1985): Les Russules d ́Europe et d ́Afrique du Nord: 430-438.
•    SARNARI, M. (1998): Monographia illustrata del genere Russula in Europa 1: 667-672.
•    https://de.wikipedia.org/wiki/Schwachfleckender_T%C3%A4ubling
(abgerufen am 21.7.2023).
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-persicina-schwachfleckender-t%C3%A4ubling


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd




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