Kaufberatung für lichtmikroskopische Identifikation von Asbest

Begonnen von fiese_faser, Dezember 13, 2024, 16:54:57 NACHMITTAGS

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fiese_faser

Hallo zusammen,

ich komme nach ein paar kurzen Ausschweifungen gleich zum Thema.
Im Moment setze ich mich etwas mit einem Altbau von etwa 1958 auseinander und musste leider feststellen, dass ab den 60ern die Hochzeit der Asbestfaser im Bau begann.
Ich habe mich in dem Altbau etwas umgesehen und einige verdächtige Stellen (Bitumenkleber, Eternitplatten :( , faserige Heizungsrohr-Dämmmittel, Kunststoffbodenfliesen) gefunden, die ich gerne auf die fiese Faser hin untersuchen möchte.

Da ich an vielen Stellen interessante Beiträge zu der Analyse von Asbest per Mikroskop[2][3][4][8] und Spektrographie[5] gefunden habe und hin und wieder sowieso damit liebäugel, mir ein Mikroskop zuzulegen, wäre das eigentlich ein guter Zeitpunkt, ein neues Hobby - mit etwas produktivem verknüpft - zu beginnen.
Natürlich stellen sich mir deshalb sofort die Fragen "Wo fange ich an?", "Welches Mikro passt zu mir?" und "Wie komme ich an ein Mikro in ordentlichem Zustand?". Der erste (mehr oder minder sinnvolle) Anlaufpunkt waren natürlich eBay, Kleinanzeigen und Co., bei denen ich mich etwas umgesehen habe. Allerdings musste ich feststellen, dass ich eigentlich überhaupt keine Ahnung habe, worauf ich achten muss. Um das zu ändern, habe ich mich hier angemeldet und direkt freundliche Unterstützung erfahren. Damit es vielleicht auch anderen nützt, wollte ich meine Vorstellungen und Fragen nochmal zusammenfassen und um etwas Kaufberatung bitten. Ich hoffe, ihr könnt mir vielleicht ein paar Hinweise zu meinen Fragen geben. Um euch nicht mit (zu viel) unnötiger Fragerei zu nerven, habe ich schon mal meine Hausaufgaben gemacht und mir die "Mikroskop-Kaufberatung für absolute Anfänger"[1] durchgelesen und die Mikrofibel[6] in Teilen studiert. Immerhin konnte das bereits für etwas Klarheit sorgen, was Dinge wie den technischen Zustand und die generelle Marktsituation angeht.

Während der Lektüre der Mikrofibel musste ich allerdings etwas schmunzeln, weil dort die Anfängerfrage "[...] mein neues Mikroskop müßte ziemlich universell einsetzbar sein. Mein Preislimit sind 250 Euro. Was könnten Sie da empfehlen?" diskutiert wurde und das ursprünglich ziemlich genau dem Inhalt in diesem Beitrag entsprochen hätte. :D

Damit es nicht so weit kommt, möchte ich zunächst etwas Kontext zu meinen Nutzungsszenarien und meinem (gefährlichen) Halbwissen geben:

Meine Nutzungsszenarien:
  • Optische Identifikation/Analyse von Asbest
  • Wenn möglich, Vermessung von lungengängigen Fasern wie feiner Steinwolle (indentifiziert ist sie)
  • Im Moment wirklich nicht so wichtig, aber vielleicht später einmal:
    • die Ansicht von Zellen
    • die Nutzung von Dunkelfeld Mikroskopie
    • die Bestimmung von Pilzen
    • die optische Analyse von Elektronikbauteilen (z.B. Leiterbahn-Defekte)

Wenn ich alles richtig verstanden habe, dann bedeutet das, dass:
  • die optische Identifikation/Analyse von Asbest
    • ein Durchlicht-Mikro benötigt
    • mit separaten Polfiltern, als Polarisations-Mikro oder mit zusätzlichem Phasenkontrast durchgeführt werden kann
    • ggf. Färbungen (Dispersionsfarben?) für eine genauere Analyse benötigt
    • ggf. Immersionsöle für eine genauere Analyse benötigt
  • die Ansicht von Zellen sowieso ein Durchlicht-Mikro benötigt
  • die Vermessung von Steinwollefasern einfach nur Probenplättchen mit einer Skala benötigt
  • Pilze und Elektronikbauteile eigentlich besser mit einem Stereomikroskop betrachtet werden können

Auch wenn ich schon einiges in Erfahrung gebracht habe, stellen sich mir noch ein paar (mehr oder minder kuriose) Fragen:
  • Hat jemand Erfahrungen wie gut es funktioniert, ein Durchlichtmikro mit seitlichem Auflicht zu benutzen? Stemis verfügen über einen relativ großen Raum zwischen Objektiv und Probe, wohingegen Durchlichtmikros doch fast gegen die Probe stoßen müssten. Kann man mit einem Durchlichtmikro trotzdem strukturierte Körper betrachten oder gibt es vielleicht sogar Probleme mit der Arbeitsweise der Objektive (Auflicht vs. Durchlicht)?
  • Gibt es noch irgendetwas abseits dessen, was die Mikrofibel anspricht (Gute Triebigkeit; Kein Rost; unzerkratzte, unverrutschte, nicht-delaminierte Linsen mit nicht-brüchigem Kitt), worauf man generell beim Kauf achten sollte?
  • Ich habe gelesen, dass es Probleme machen könnte, einen Polfilter in dem Strahlengang zu platzieren und man deswegen oft Endlosoptiken nutzt, um belibig Filter dazwischenzusetzen. Wäre es wirklich ein großes Problem, bei einem typischen 160er Durchlicht-Mikro mit Polfilterfolien zu arbeiten? (Wenn man direkt ein Polarisationsmikro nimmt, müsste es das doch von Haus aus können, auch wenn es keine Endlosoptik hat, oder?)
  • Asbest
    • In seinem Vortrag[2] hat Olaf M. ein Mikroskop mit Phasenkontrast verwendet und zusätzlich einen Polarisator benutzt. Sehe ich es richtig, dass PhaKo-Mikros und Polarisations-Mikros erstmal unabhängig voneinander sind, aber auch (fast) ohne wechselseitige Einflüsse kombiniert werden können? (PhaKo spielt also mit der Phase und Polarisation mit der Drehung der Welle ohne sich in die Quere zu kommen; Dämpfung der Lichtstärke durch Filter ausgenommen)
    • Wenn ich davon ausgehe, gekreuzte Polfilter zu nutzen, bedeutet das doch, dass ich damit testen kann, ob etwas doppelbrechend ist. Ist das zusammengenommen mit der Form der Probe bereits ein Beweis, dass es sich um Asbest handelt oder darf man das nur als starke Vermutung deuten? Ich wurde nämlich gerne wissen, ob es noch andere Stoffe gibt, die so ähnlich aussehen, eine ähnliche Größe haben, aber gänzlich ungefährlich sind.

Kommen wir nach den Fragen zur Kaufberatung.
Ich gehe mal davon aus, dass ich am ehesten mit einem Durchlichtmikro zufrieden sein werde - ein Stereomikroskop macht erstmal keinen Sinn.
Abseits meiner Nutzungsszenarien wären mir noch die folgenden Eigenschaften ganz lieb:
  • Elektrische Beleuchtung
  • Binokular
  • ggf. 4er Revolver

Könnt ihr mir ein paar Vorschläge zu Modellen bzw. Modellreihen machen?
Ich habe schon gehört, dass die Standard-Reihe von Zeiss generell ganz gut und erweiterbar sein soll, aber ist es auch möglich, damit meine Nutzungsszenarien abzudecken? Bei einigen Mikros gibt es ja auch nur eine begrenzte Erweiterbarkeit).

Tja, und zu guter Letzt die unangenehme Frage nach dem Preis. Ich weiß, dass das Thema in der Kaufberatung relativ kritisch bedachtet wird, aber mir geht es darum, überhaupt ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Ausstattung grob in welcher Preisspanne liegen wird (vorausgesetzt es ist in einem guten Zustand) und wie gut sie meine Nutzungsszenarien abdeckt. Also zum Beispiel:

  • Normales Durchlichtmikro (keine Extras; Rumgebastel mit Polfilterfolien nötig; mit Glück tragbare Ergebnisse)
  • Polarisationsmikro (kommt mit Polfilter bzw. Polfiltervorichtung; Form und doppelbrechende Eigenschaft erkennbar ~> Identifikation)
  • Phasenkontrastmikro (mit einem 40x oder 100x PhaKo Objektiv - je nachdem, was besser geeignet ist; außerdem Polfilter; klareres Bild; besser für Analyse?)

Da ich mich erst seit ein paar Tagen mit Mikros beschäftige, seht mir bitte fehlerhafte Annahmen und übersehene Antworten in der Mikrofibel nach. Falls jemand ein Mikro hat, das für meine Anwendungen gut passen könnte und das er/sie gerne veräußern möchte, meldet euch gerne.

Vielen Dank und beste Grüße,
Jonas


P.S.: Danke auch nochmal an Olaf M. und Herbert D., die mich gleich mit Informationen versorgt haben :)
P.P.S.: Entschuldigung für meine hemmungslosen Ausschweifungen :-[ :D  Beantwortet nur soviel ihr wollt!


Referenzen:

3nzo

Hallo Jonas,
Da ich alles andere als ein Experte für makroskopische Asbestforschung bin, weiß ich, dass es gar nicht so einfach ist, eine Asbestfaser verschiedener Art von anderen Faserarten zu unterscheiden, auch von harmlosen.
Sie haben sich für die schwierige Aufgabe entschieden, Spezialist zu werden. Ich wünsche Ihnen viel Zufriedenheit. Beste grüße.

Enzo

Werner

Hallo Jonas!

Asbest (-fasern) kann man leicht unschädlich machen, indem man die zugänglichen Stellen mit "Wasserglas" streicht. Wasserglas ist eine relativ zähe wäßrige Natriumsilikatlösung (Kali-Wasserglas ist das Kaliumsalz), die unter Einwirkung von CO2 quasi verglast und die Fasern fixiert. Wird auch zum Wasserfestmachen von fertigem Beton  verwendet. Früher wurden Hühnereier über den Winter zum Konservieren in Wasserglas eingelegt. Wasserglas gibts im Baumarkt oder bei ebay.

Asbest ist aber überbewertet!
Wenn das wirklich so gefährlich für uns alle wäre, gäbe es garantiert ein Gesetz, daß alle (millionen) Eternitdächer alle 5 Jahre neu gestrichen werden müssen, um von der Witterung freigelegte Fasern wieder zu fixieren. Das Gesetz gibt es aber nicht, die Eternitdächer-Altlasten sind jedoch immer noch vorhanden...

Gruß - Werner



Sourdough

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#3
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Aljoscha

Zitat von: fiese_faser in Dezember 13, 2024, 16:54:57 NACHMITTAGSWenn ich davon ausgehe, gekreuzte Polfilter zu nutzen, bedeutet das doch, dass ich damit testen kann, ob etwas doppelbrechend ist. Ist das zusammengenommen mit der Form der Probe bereits ein Beweis, dass es sich um Asbest handelt oder darf man das nur als starke Vermutung deuten? Ich wurde nämlich gerne wissen, ob es noch andere Stoffe gibt, die so ähnlich aussehen, eine ähnliche Größe haben, aber gänzlich ungefährlich sind.


Hallo,

Doppelbrechend ist viel mehr als Du vermutest. Sogar eine Baumwollfaser ist doppelbrechend. Das gleiche gilt für jede Papierfussel. Auf einer ordinären, völlig asbestfreien, Gipskartonplatte findest Du also jede Menge doppelbrechender Fasern.

Olaf hat dir doch Informationen geliefert, wie man Asbest sicher von anderen Fasern unterscheidet und wie man Asbeste unterscheidet. Lesen bildet.

Für den Job wirst Du kein vollwertiges Polarisationsmikroskop brauchen. Phasenkontrast und dazu zwei Polfilter reichen wahrscheinlich. Die Herstellung und Anwendung der Immersionsflüssigkeiten setzt einen erheblichen Sachverstand voraus. Olaf ist hier Experte, ihn um Hilfe zu bitten sicher kein Fehler.

Viele Grüße

Alexander


Gerd Schmahl

Hallo Jonas,
zu Deinen Fragen:
1: Ja das geht, dass man mit einer seitlichen Beleuchtung an einem Durchlichtmikroskop auch Auflicht improvisieren kann, allerdings nur bis zu mittleren Vergrößerungen (etwa dem 20er Objektiv) oder mit recht teuren Objektiven mit erhöhtem Arbeitsabstand. Neben dem Arbeitsabstand gibt es aber noch ein weiteres Problem: Die meisten Durchlichtobjektive sind für die Anwendung mit Deckglas konzipiert und je höher die nummerische Apertur und damit das Auflösungsvermögen wird, um so genauer muss die Deckglasdicke stimmen. Man kann mit diesen Objektiven keine unbedeckten Objekte betrachten. Das improvisierte Auflicht bleibt somit im mittleren Vergrößerungsbereich "stecken".

3: Wird auch erst zum Problem, wenn ich höchste Auflösung anstrebe. Man kann durchaus ein normales Durchlichtmikroskop mit Polfiltern ausstatten. Für den Analysator (so heißt der Polfilter nach dem Objekt)kommen verschieden Plätze in Frage. Am bequemsten ist es ihn einfach unterhalb vom Binotubus in den Strahlengang zu legen. Dort kann er aber auch am meisten stören, wenn er schräg liegt oder nicht ganz sauber ist. Ein anderer Platz ist, ihn auf das Okular zu stecken. Es gab von Zeiss-Jena sogenannte "kleine Polsets", die nach diesem Prinzip gebaut waren. Am saubersten ist aber natürlich einen speziellen Zwischentubus mit drehbarem Analysator zwischen zu schalten. Die gab es auch für Endlichmikroskope namhafter Firmen.

4.2
Zitat von: fiese_faserWenn ich davon ausgehe, gekreuzte Polfilter zu nutzen, bedeutet das doch, dass ich damit testen kann, ob etwas doppelbrechend ist. Ist das zusammengenommen mit der Form der Probe bereits ein Beweis, dass es sich um Asbest handelt oder darf man das nur als starke Vermutung deuten? Ich wurde nämlich gerne wissen, ob es noch andere Stoffe gibt, die so ähnlich aussehen, eine ähnliche Größe haben, aber gänzlich ungefährlich sind.
Doppelbrechend sind alle Minerale, die nicht zum kubischen Kristallsystem gehören, also einem der 6 weiteren Kristallsysteme angehören. Nicht doppelbrechend sind auch alle amorphen Mineralien wie z.B. Gläser.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Herbert Dietrich

Hallo Jonas,

Respekt, ein klar gegliederter umfangreicher Fragen-Katalog v o r  einer Kaufentscheidung!
meist ist es Umgekehrt. Ich habe ein Mikroskop gekauft, kann ich damit das und das machen?

Um Deine Fragen beantworten zu können, habe ich zwei Fragen:

Sollen Deine Untersuchungen auch in einem eventuellen Rechtsstreit vor Gericht hieb- und stichfest sein?
Wenn ja, dann wird Dein Budget von EURO 250.-- nicht ausreichen.
Dann klinke ich mich mangels Fachkenntnis aus.

Sollen Deine Untersuchungen Informationen für Dich einen Überblick geben, ob Dir verdächtige Baustoffe
Fasern enthalten? Dann wird Dein gesteckter finanzieller Rahmen sicher ausreichen.
Wie man verschiedene Fasern klar zuordnen kann, erfordert sicher Spezial-Literatur. Das nötige Wissen
wirst Du Dir aneignen und auch durch Vergleiche die nötige Erfahrung erwerben.

Im zweiten Fall wird Dir sicher im Forum geholfen. Vielleicht sind im Forum auch Faser-Spezialisten?

Herzliche Grüße
Herbert

Mikroman

Moin,
es wäre sicher nervenschonender und umweltverträglicher, einen Spezialisten kommen zu lassen, um nach verbautem Asbest professionell zu suchen. Ansonsten könnte auch ein Blick ins Nachbarforum helfen: https://mikroskopie-forum.at/forum/index.php?thread/2288-l%C3%A4%C3%9Ft-sich-asbest-mittels-lichtmikroskop-identifizieren/
Zu sehr auf sich selbst zu beharren,
ist ein unvernünftiges Vergeuden der Weltsubstanz (Juarroz, 9. Vertikale Poesie,1)

Florian D.

Hallo,
wenn man mal von der Auflichtuntersuchung von Leiterplatten absieht, sollte man die sonstigen Punkte (Pilze, Dunkelfeld) mit nahezu jedem FeldWaldWiesenBiologenmikroskop abdecken können.
Biologische Mikroskope mit Phasenkontrast gibt es wie Sand am Meer, Du brauchst evtl. einen Phototubus um Deine Ergebnisse zu dokumentieren.
Polarisatoren und Analysatoren gibt es auch als Einschübe:
https://moticeurope.com/en/accessories/polarizing.html
Das sollte für Deine Zwecke genügen.
Du brauchst für das Dispersion-Staining allerdings Objektive mit eingebauter Blende. Die sind wohl eher für Endlichoptiken zu finden.

Viele Grüsse
Florian

fiese_faser

Moin zusammen,

vielen Dank für die vielen Antworten in so kurzer Zeit. Sie helfen mir schon um einiges weiter.

Zitat von: Werner in Dezember 13, 2024, 21:36:15 NACHMITTAGSAsbest (-fasern) kann man leicht unschädlich machen, indem man die zugänglichen Stellen mit "Wasserglas" streicht.

Ein guter Hinweis. Das klingt so, als könnte man damit auch die Stellen der Probeentnahmen danach gut versiegeln - zumindest wenn es sich um Putz oder ähnliches handelt (funktioniert das bei Kunststoffbodenfliesen auch? Eher nicht, oder?).
Die Eternitplatten in dem Altbau wurden übrigens mal mit Betonfarbe gestrichen, um die Fasern besser zu binden. Ich weiß natürlich nicht, ob das so viel bringt, aber die Platten sehen zumindest makellos aus.

Zitat von: Werner in Dezember 13, 2024, 21:36:15 NACHMITTAGSAsbest ist aber überbewertet!
Wenn das wirklich so gefährlich für uns alle wäre, gäbe es garantiert ein Gesetz, [...]

Auch wenn ich mich nur ungern aus dem Fenster lehne, aber als kleiner Hobby-Zyniker würde ich natürlich vermuten, dass ein Staat, der über einen millionenfachen Bestand an belasteten Gebäuden verfügt mit Sicherheit ein unglaubliches Interesse daran hat, diese Gebäude alle auf einmal sanieren und sperren zu müssen und damit ein unglaubliches Loch in jeden Haushalt zu schlagen. Das Verbot der lungengängigen Fasern in Neuprodukten war dagegen niederschwellig, sinnvoll und mit wenig Kosten verbunden. Außerdem hat es den am stärksten betroffenen Arbeitern relativ leicht einen Schutz verschafft.

(Außerdem erinnere ich mich auch noch an andere Altlasten wie PCB-Fugenmassen, die nur zu gerne in Schulbauten und ähnlichem verwendet wurden und durch dauerhafte Ausdünstungen wahrscheinlich noch gemeiner sein dürften.)

Es geht mir bei dem ganzen mit Sicherheit nicht darum, in Hysterie zu verfallen, aber warum sollte man sich oder andere freiwillig und sehenden Auges gefährden, wenn man über die Zukunft eines Altbaus (z.B. Sanierung) diskutiert?

Zitat von: Aljoscha in Dezember 13, 2024, 23:40:23 NACHMITTAGSDoppelbrechend ist viel mehr als Du vermutest.
[...]
Phasenkontrast und dazu zwei Polfilter reichen wahrscheinlich. Die Herstellung und Anwendung der Immersionsflüssigkeiten setzt einen erheblichen Sachverstand voraus. Olaf ist hier Experte, ihn um Hilfe zu bitten sicher kein Fehler.

Danke, das hilft mir weiter. Vollwertige Polarisationsmikros beginnen ja anscheinend im 4-stelligen Bereich - vielleicht etwas über meinen Vorstellungen.
Wenn ich mich in die Verwendung von Immersionsölen eingelesen habe, werde ich Olaf bestimmt nochmal kontaktieren.

Zitat von: Gerd Schmahl in Dezember 13, 2024, 23:56:57 NACHMITTAGS1: Ja das geht, dass man mit einer seitlichen Beleuchtung an einem Durchlichtmikroskop auch Auflicht improvisieren kann, allerdings nur bis zu mittleren Vergrößerungen (etwa dem 20er Objektiv)
[...] Das improvisierte Auflicht bleibt somit im mittleren Vergrößerungsbereich "stecken".

Vielen Dank, das beantwortet meine Frage sehr gut. Ich denke, dass so eine mittlere Vergrößerung für meine Zwecke voll und ganz ausreicht :)

Zitat von: Gerd Schmahl in Dezember 13, 2024, 23:56:57 NACHMITTAGS3: Wird auch erst zum Problem, wenn ich höchste Auflösung anstrebe. Man kann durchaus ein normales Durchlichtmikroskop mit Polfiltern ausstatten. [...]

Sehr gut, interessant dass es so viele Anordnungsmöglichkeiten gibt und die Hersteller sie sogar selbst in ihren Sets anbieten.

Zitat von: Gerd Schmahl in Dezember 13, 2024, 23:56:57 NACHMITTAGS4.2 Doppelbrechend sind alle Minerale, die nicht zum kubischen Kristallsystem gehören, also einem der 6 weiteren Kristallsysteme angehören. Nicht doppelbrechend sind auch alle amorphen Mineralien wie z.B. Gläser.

Das ist interessant, ich werde mir mal ein paar Grundlagen dazu anlesen. Spannend wäre natürlich auch herauszufinden, wie sehr solche Mineralien in Baustoffen auftreten. Alexander hatte ja schon angedeutet, dass Baumwollfasern, Papierfussel und Gipskarton auch gerne solche Eigenschaften besitzen.
Man möchte am Ende ja schließlich eine gute Differentaldiagnose haben ;)


Zitat von: Herbert Dietrich in Dezember 14, 2024, 07:42:00 VORMITTAGRespekt, ein klar gegliederter umfangreicher Fragen-Katalog v o r  einer Kaufentscheidung!
meist ist es Umgekehrt. Ich habe ein Mikroskop gekauft, kann ich damit das und das machen?

Danke, ich hoffe ja schließlich auch, von euch vor einem kompletten Fehlkauf bewahrt zu werden. Dann sollte ich es auch so gut wie möglich aufbereiten.

Zitat von: Herbert Dietrich in Dezember 14, 2024, 07:42:00 VORMITTAGSollen Deine Untersuchungen auch in einem eventuellen Rechtsstreit vor Gericht hieb- und stichfest sein?
Wenn ja, dann wird Dein Budget von EURO 250.-- nicht ausreichen.
Dann klinke ich mich mangels Fachkenntnis aus.
[...]

Nein, zum Glück gibt es da keinen Rechtsstreit. Es soll eher als erster Test dazu dienen vor einer Sanierung schon mal einen Eindruck von der Lage zu erhalten. Wenn es wirklich rechtlich relevant wird, dann würde ich die Proben sowieso zur Analyse einsenden.

Zum Budget kann ich vielleicht noch sagen, dass ich jetzt nicht zwangsläufig auf 250€ festgenagelt bin, etwas mehr in Richtung 300€ wäre auch in Ordnung.


Zitat von: Mikroman in Dezember 14, 2024, 09:31:26 VORMITTAGes wäre sicher nervenschonender und umweltverträglicher, einen Spezialisten kommen zu lassen, um nach verbautem Asbest professionell zu suchen.

Hmm, der einzige Unterschied den es macht einen Spezialisten kommen zu lassen, wäre doch, dass er die Raumluft beprobt (im Altbau ist sowieso schon Eternit vorhanden) und vielleicht noch ein paar Proben von weniger offensichtlichen Stellen entnimmt (soetwas wie einen Schornstein oder Lüftungskanäle?).
Macht es wirklich einen großen Unterschied dazu, selbst die Materialproben zu entnehmen und einzuschicken? Aber ich stimme Dir zu, dass es natürlich nervenschonender ist. Ich würde aber auch nichts lernen und es würde meine Rechtfertigung für ein Mikroskop untergraben ;)


Zitat von: Florian D. in Dezember 14, 2024, 12:48:31 NACHMITTAGSwenn man mal von der Auflichtuntersuchung von Leiterplatten absieht, sollte man die sonstigen Punkte (Pilze, Dunkelfeld) mit nahezu jedem FeldWaldWiesenBiologenmikroskop abdecken können.
Biologische Mikroskope mit Phasenkontrast gibt es wie Sand am Meer, Du brauchst evtl. einen Phototubus um Deine Ergebnisse zu dokumentieren.

Das klingt ja schon mal sehr gut :)
Notfalls wäre ich wahrscheinlich auch mit einem Binokular zufrieden. Dann könnte ich einfach eine kleine Halterung konstruieren, ausdrucken (3D-Drucker) und dann eine leichte Raspberry Pi Kamera an der einen Seite befestigen.

Zitat von: Florian D. in Dezember 14, 2024, 12:48:31 NACHMITTAGSPolarisatoren und Analysatoren gibt es auch als Einschübe:
https://moticeurope.com/en/accessories/polarizing.html
Das sollte für Deine Zwecke genügen.
Du brauchst für das Dispersion-Staining allerdings Objektive mit eingebauter Blende. Die sind wohl eher für Endlichoptiken zu finden.

Danke für Deine Vorschläge. Das ist eine interessante Zubehörseite. Einen Unterschied zwischen Analysator und Polarisator gibt es doch nicht, oder? Beides sind Polfilter, nur die Platzierung und ihre Halterung geben ihnen andere Namen.

Bezüglich des Dispersion-Stainings: Das klingt so als wäre es fast noch schwieriger als die Analysevariante mit Immersionsölen. Olaf hat am 3. November beim Tübinger Mikroskopstammtisch wohl noch einen Vortrag zum Dispersion-Staining gehalten. Schade, dass es dazu keine Materialien auf der Seite gibt :(

Meintest Du, dass die Objektive mit Blenden eher für Unendlichoptiken zu finden sind? Ansonsten wäre es ja gut, da ich wohl eher eine Endlichoptik kaufen werde.

(Kleine Randbemerkung: in meinem ersten Beitrag sprach ich von Dispersionsfarbe. Das war natürlich grober Unsinn. Eigentlich wollte ich aufs Dispersion-Staining verweisen  :-[ )


Vielen Dank und viele Grüße,
Jonas

Gerd Schmahl

Hallo Jonas,
ZitatDas ist interessant, ich werde mir mal ein paar Grundlagen dazu anlesen.
Dann schau mal auf Olafs Homepage links auf der Home-Seite im Dowenload-Bereich. Vielleicht solltest Du mit "Kristalloptik spielerisch erlernen" beginnen.

Ein sehr gutes Buch, in der die Grundlagen zur Bestimmung verschiedenster Materialien grundlegend erläutert werden ist "Der Blick ins Bild - Lichtmikroskopische Methoden zur Untersuchung von Bildaufbau, Fasern und Pigmenten" von S. WÜLFERT. Das ist so etwas wie die "Bibel der mikroskopierenden Restauratoren". Das musst Du Dir aber über eine gute Bibo besorgen lassen. Es ist schon lange vergriffen und z.Z. nur zu Mondpreisen erhältlich. Darin wird auch das Dispersions-Staining behandelt.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

fiese_faser

Hallo zusammen,

vielen Dank Gerd für die Links und die Lesetipps. Ich habe direkt mal die Präsentationen heruntergeladen und angesehen. Sie sehen wirklich nach einem guten Einstieg aus. Bei den Preisen für das Buch "Der Blick ins Bild" stockte mir kurz der Atem :-X. Zum Glück gibt es hier genug Bibliotheken bei denen ich mein Glück versuchen könnte.


Inzwischen habe ich mich noch etwas in der Bucht umgesehen und habe ein Angebot von Olaf Jaurich gefunden, das erst einmal gar nicht schlecht für meine Zwecke klingt (und mein Budget ziemlich ausreizt). Er bietet ein gut erhaltenes Zeiss Standard 14 mit einem 40x Phasenkontrast Objektiv und Halterung für ein Ringblende an. (Ein anderes Angebot für das ich allerdings zwei Stunden fahren müsste, wäre dieses Zeiss Standard KF).

Eigentlich entsprechen die beiden Angebote ja in etwa dem, was ich ich suche, aber wenn ich mit Immersionsölen und Phasenkontrast arbeiten möchte, dann fehlt mir ein 100x Phasenkontrast Objektiv wie - Olaf Medenbach es in seinem Vortrag benutzt hat, schade :-\

Vielleicht könnten wir Olaf J.'s Angebot ja als Beispiel betrachten, damit ich euch noch ein paar Fragen um die Ohren hauen kann :P :
  • In der Mikrofibel wurde eine Vergrößerung von 1000x als sinnvolles Maximum bezeichnet. In dem Angebot beträgt sie 1250x bei einem 100x Objektiv (n.A. 1,25), Okular 10x und Tubusvergrößerung 1,25x. Das klingt erstmal so als wäre das nicht viel zu weit von 1000x entfernt. Ist so eine Vergrößerung dennnoch akzeptabel?
  • Es wird außerdem von provisorischem Dunkelfeld gesprochen. Dazu habe ich ein paar Fragen:
    • Habe ich es richtig verstanden, dass ein solches einfach dadurch erzeugt wird, dass die PhaKo-Ringblende die Funktion einer fixen Dunkelfeldblende übernimmt, allerdings noch mehr Licht im äußeren Bereich absorbiert?
    • Es heißt weiter, dass die schwenkbare Linse vorgeschaltet werden muss. Streut diese das Licht dann nochmal stärker, sodass der Außenbereich breiter beleuchtet wird?
    • Eignet sich so ein Dunkelfeldverfahren überhaupt oder steht man am Ende dann doch im Dunklen, weil zu viel Licht verloren geht?
    • Wie arbeitet das dann mit den normalen und den PhaKo-Objektiven zusammen? Ist am Ende beides verschwommen?


Viele Grüße,
Jonas

olaf.med

#12
Lieber Jonas,

ich habe niemals ein 100er Phasenkontrast-Objektiv benutzt, da liegt ein Missverständnis vor. Das 20er reicht für die angesprochenen Zwecke völlig aus.

Herzliche Grüße, Olaf

BTW: die kommerziellen Dispersion-staining Objektive für die Asbest-Diagnostik haben meist sogar nur eine 10-fache Eigenvergrößerung und das reicht auch schon aus!
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

K. B.

#13
Hallo Jonas,

das Zeiss KF2 hat einen eher speziellen "Kondensor" und ist eher schwierig zu modifizieren, vor allem wenn man noch Phasenkontrast nachrüsten will wird das teuer und die Kondensorwippe ist auch etwas speziell in der Bedienung.
Da wäre das Standard 14 meiner Meinung nach schon die bessere Entscheidung, einen Kreuztisch sollte man dann aber schon nachrüsten.

Viele Grüße
Kay
Mikroskop: Olympus BH-2 BHTU/ BHS mit Trino (DL; PH; Fluo; DF; AL)
                  Zeiss GFL Trinokular (DL; PH; Fluo; AL)
                  Olympus CK2 Invers Trino (DL; PH; Fluo)
                  Olympus GB (DL; PH)
Mikroskopkamera: Canon EOS 550D; EOS RP

fiese_faser

Hallo zusammen,

Zitat von: olaf.med in Dezember 15, 2024, 13:01:02 NACHMITTAGSich habe niemals ein 100er Phasenkontrast-Objektiv benutzt, da liegt ein Missverständnis vor. Das 20er reicht für die angesprochenen Zwecke völlig aus.

BTW: die kommerziellen Dispersion-staining Objektive für die Asbest-Diagnostik haben meist sogar nur eine 10-fache Eigenvergrößerung und das reicht auch schon aus!

Oh je, da habe ich wohl implizit eine Fehlannahme getroffen, ich glaube, das stammt daher, dass ich bis jetzt an Gebrauchtgeräten immer nur 100x Ölimmersionsobjektive gesehen und daraus abgeleitet habe, dass Ölimmersion ein Spezialfall ist, der erst ab 100x notwendig wird  :-[
Danke Dir, für die Richtigstellung. Dann bin ich also doch nicht auf ein PhaKo-Objektiv mit 100x angewiesen, sondern sollte lieber ein 20x oder vielleicht gerade noch ein 40x nehmen. :)
Das heißt doch aber auch, dass das 20x oder 40x Phako-Objektiv für die Ölimmersion gekennzeichnet sein muss, oder?


Zitat von: K. B. in Dezember 15, 2024, 13:54:12 NACHMITTAGSdas Zeiss KF2 hat einen eher speziellen "Kondensor" und ist eher schwierig zu modifizieren, vor allem wenn man noch Phasenkontrast nachrüsten will wird das teuer und die Kondensorwippe ist auch etwas speziell in der Bedienung.

Vielen Dank für den Hinweis, Kay. Genau solche Details helfen mir sehr.

Viele Grüße,
Jonas