Interessante Pilz- und Flechtenfunde 167 – Tannen-Zystidenrindenpilz

Begonnen von Bernd Miggel, Januar 11, 2025, 10:49:29 VORMITTAG

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Bernd Miggel

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,,Nomen est omen" kann man bei dieser Pilzart nun wirklich nicht sagen: Der recht unscheinbare Tannen-Zystidenrindenpilz (Peniophora piceae) lebt als Saprobiont nur auf der Rinde morscher Weißtannen-, jedoch nicht auf der von Fichtenästen. In der Roten Liste Pilze 2016 wird er in der Gefährdungskategorie 2 (stark gefährdet) geführt. Ich vermute allerdings, dass die Art aufgrund ihrer unscheinbaren Färbung vielfach übersehen wird. Gefunden wurde der Pilz auf einem morschen, am Boden liegenden Weißtannenast in einem Kalklaubwald mit eingestreuten Weißtannen im nördlichen Schwarzwaldrandgebiet.

Bild 1 - Peniophora piceae_Biotope Vogelsang_2008_B. Miggel, 1000x.JPG
Bild 1 – Ältere Fruchtkörper im Bereich einer Astgabel eines morschen Weißtannenastes. Graubraun, flächig gewachsen, im Alter aufspringend. Foto: Bernd Miggel.

Gemäß Eriksson et al 1978 werden wachsen die Fruchtkörper rein resupinat und liegen dem Substrat dicht an. Sie brechen allerdings bald in unregelmäßige Stücke auf, wobei sich die Ränder ablösen. Farblich ist die Oberfläche recht unscheinbar, jung rötlich grau, dann grau bis violettlich grau, schließlich graubraun. Die Fruchtkörperdicke beträgt 0,1-0,3 mm.

Bild 2 - Peniophora_piceae_GBIF_observation_4105711611 (wiki).jpg
Bild 2 – Graue, ältere Fruchtkörper auf der Rinde eines morschen Weißtannenastes. Foto: Uschi Österle.
(Österle Uschi, CC BY 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/4.0>, via Wikimedia Commons)


An Zystiden finden sich nur Laprozystiden. Sie wachsen in mehreren Schichten, sind zuerst dünnwandig und hyalin, später dickwandig und stark inkrustiert. Der Apikalteil ist konisch. Dendrohyphidien und Gloeozystriden fehlen.

Bild 3 - Peniophora piceae_Lamprozystiden, 1000x.JPG
Bild 3 – Dickwandige, inkrustierte Lamprozystiden. Erkennbar sind zwei Schichten, wobei die oberste mit ihrem Apikalteil herausragt. Angefärbt wurde in Baumwollblau. Foto: Bernd Miggel.


Verwechslungsmöglichkeiten mit ähnlichen Peniophora-Arten
• Sofern man auf das Substrat, die unscheinbare Fruchtkörperfarbe, das Aufbrechen der Fruchtkörper und die aufgebogenen Ränder achtet, ist eine Verwechslung meines Erachtens unwahrscheinlich.

Empfehlenswerte Literatur
• BERNICCHIA, A. (2005): Polyporaceae s.l. – Fungi Europaei Vol 12: 469-470.
• Eriksson, J., K. Hjortstam & L. Ryvarden (1978): The Corticicaeae of North Europe Volume 5: 956-957, 959.
• Jülich, W. (1984): Die Nichtblätterpilze, Gallertpilze und Bauchpilze. Kleine Kryptogamenflora Bd. IIb/1: 204.
• KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs Bd. 1: Nr. 59.10.
http://www.pilzflora-ehingen.de/pilzflora/arthtml/ppiceae.php


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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Fachausdrücke, Abkürzungen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41611.msg306729#msg306729

jcs

Hallo Bernd,

da braucht man wohl ein sehr geschultes Auge, um diesen Pilz zu sehen und zu identifizieren.

Sehr schöne Aufnahmen!
Jürgen

Bernd Miggel

Hallo Jürgen,
Du hast völlig Recht. Diese graubraunen Schuppen fallen kaum auf.
LG - Bernd