Was bestimmt die Farbe und die Auflösung beim Licht

Begonnen von rlu, Februar 25, 2025, 10:46:37 VORMITTAG

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Jürgen Boschert

#15
Hallo Michael,

Du sprichst ja den Doppler-Effekt an. Da ist es doch so, dass vor dem sich bewegenden Objekt die Wellen gestaucht werden, also die Wellenlänge abnimmt, damit aber auch die Frequenz zunimmt; hinter dem Objekt (hinter = entgegen der Bewegungsrichtung) hingegen die Wellenlänge zu, die Frequenz aber abnimmt. Damit wäre dann doch die Welt wieder "in Ordnung" oder?

Im Prinzip sind ja Wellenlänge und Frequenz nur zwei Seiten derselben Münze, sie sind über die Zeit miteinander verknüpft.

Und übrigens: Die Lichtfarbe geben wir in nm und nicht in Hz an!
Beste Grüße !

JB

Michael Müller

Hallo in die Runde,

Farbe ist keine physikalische Eigenschaft von Licht - Farbe ist der Sinneseindruck, der im Auge / Gehirn entsteht. Zwei unterschiedliche Spektren können zu demselben Farbeindruck führen.

Licht hat eine Frequenz / Wellenlänge und eine Geschwindigkeit. Wellenlänge und Frequenz sind zwei Seiten einer Medaille, die über die Geschwindigkeit miteinander verknüpft sind. Bewegt man ein Pendel mit einer bestimmten Frequenz, wandern die Orte der Maximalausschläge mit der Bewegungsgeschwindigkeit. Es ergibt sich eine Wellenlänge.

Die Frequenz bleibt immer gleich, lediglich die Wellenlänge ändert sich mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle (bei Licht auch mit der Energie -> Rotverschiebung). Bewegt sich das Licht wieder im Vakuum, wird die Wellenlänge wieder kürzer. Die Wellenlänge, die das Auge wahrnimmt, ist also die Wellenlänge, die das Licht einer bestimmten Frequenz im Medium des Auges wegen der Lichtgeschwindigkeit im Auge hat. Es ist absolut sinnlos, zu Fragen wie sich die Wellenlänge im Auge beim Durchgang des Lichtes durch die Probe geändert hat. Da ändert sich nix!

Viel Grüße

Michael 
Gerne per Du

Florian D.

Hallo Hubert,

ich glaube, wir meinen das Gleiche.

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

#18
Zitat von: Sourdough in März 06, 2025, 13:59:27 NACHMITTAGSIch würde mich daher sehr freuen, wenn die Physiker unter uns da mal was zu sagen könnten, also ich meine mal was für die Ewigkeit, also Rubrik Sternstunden des Forums oder so.


Für die Ewigkeit will ich hier nichts sagen. Aber die Frequenz des Lichtes (und natürlich auch die Vakuumwellenlänge) ändert sich bei der kosmischen Expansion. Das tut sie auch schon durch das Schwerefeld der Erde. Man kann dies sehr empfindlich z. B. mittels des Mössbauereffektes schon bei Höhenunterschieden von ca 1 m nachweisen. Wie ein Apfel, den ich nach oben werfe, verliert das Licht Energie. Während ein Apfel diese verliert, indem er langsamer wird (sich also die kinetische Energie verringert), kann Licht nicht langsamer werden, nur seine Frequenz kann kleiner werden.  Für die gewöhnliche Optik spielt das allerdings keine Rolle. Dort ist Licht durch die Frequenz oder auch Wellenlänge im Vakuum  charakterisiert.

Dazu gibt es doch aber schon hervorragende Texte. Z. B. Bergmann/ Schäfer Lehrbuch der Experimentalphysik, Optik.


Viele Grüsse
Florian

Lupus

Hallo,

das Durcheinander zu dem Thema entsteht durch oft unsaubere Begrifflichkeit. Die Lichtgeschwindigkeit c ist mit der Wellenlänge und Frequenz fest miteinander verknüpft, aber nur im Vakuum - ohne Materieeinfluss. c ist eine feste Konstante. Da wir aber über Lichtausbreitung innerhalb von Medien reden mit dem Brechungsindex n, ändert sich die sog. Phasengeschwindigkeit von Licht v = c/n. So entsteht auch die Brechung an der Grenze zweier transparenter Medien, durch plötzlich unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit an der Mediengrenze. Die Wellenlänge sieht man mit dem Auge nicht, nur die Frequenz über die (energie- und damit frequenzabhängige) Absorption von Photonen.

Die kosmische Rotverschiebung ist eine Art Dopplereffekt wie ihn jeder von akustischen Signalen von vorbeifahrenden Fahrzeugen kennt. Die Frequenzverschiebung des klassischen Dopplereffektes entsteht dadurch, dass sich die Signalquelle relativ zum Beobachter bewegt. Bei gleicher Abstrahlfrequenz z.B. eines Singnalhorns wird also die akustische Laufstrecke zum Empfänger zwischen zwei aufeinander folgenden Signalmaxima kürzer oder länger (je nach Bewegungsrichtung zwischen Sender und Empfänger). Beim Empfänger kommen diese Maxima daher in höherer oder niedrigerer Frequenz an. Allerdings ist der kosmische Dopplereffekt ein relativistischer Effekt weil die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von der relativen Bewegung zweier Objekte zueinander ist, verknüpft mit der Zeitdilatation zweier relativ zueinander bewegter Systeme. Die zugehörige Formel für die relativistische Frequenzverschiebung ist ein etwas komplizierterer Zusammenhang zwischen Lichtgeschwindigkeit und Bewegungsgeschwindigkeit.

Der Einfluss auf die Lichtausbreitung durch eine Masse ist wieder ein anderes, relativistisches Thema.

Hubert


Oecoprotonucli

#20
Hallo zusammen,

es ist interessant, wie man sich selbst als studierter Naturwissenschaftler an gewisse Konventionen gewöhnt und damit fachlich ungenau wird:

Zitat von: Sourdough in März 06, 2025, 13:59:27 NACHMITTAGSich glaube, dass die Lichtfarbe durch die Frequenz bestimmt wird und nicht durch die Wellenlänge sollte Konsens sein. Wenn es nicht Konsens ist, liegt das an unseren mangelnden Physikkenntnissen oder es ist ein Nobelpreis für ne neue Entdeckung fällig.

Das ist dann wohl korrekt - dennoch lernt es sich leichter und fühlt sich praktischer an, Lichtfarben mit der Wellenlänge zu beschreiben (jedenfalls zum Beispiel in der Biologie). Das ist wohl wirklich der Bequemlichkeit und "Griffigkeit" geschuldet, denn wer würde schon gerne mit den Einheiten Zetahertz und Petahertz hantieren und sich diese merken... So etwas wie "550 Nanometer" ist irgendwie freundlicher...

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

Lupus

Hallo Sebastian,

die Verwendung der Wellenlänge ist keine "Gewöhnung" an eine Konvention oder fachlich ungenau, das Ganze hängt nur von der jeweiligen Anwendung ab. Kein noch so pedantischer Physiker verwendet die Lichtfrequenz als Einheit, wenn er z.B. mit einem Spektrometer arbeitet, oder über Beugungseffekte redet....

Hubert

Michael Müller

Hallo zusammen,

ich versuche es nochmal:

Licht hat keine Farbe - Licht erzeugt Farbe im Auge! Farbe ist keine physikalische Größe und existiert nicht unabhängig vom Menschen.
Es ist etwa so wie beim Regentropfen: Ein Regentropfen hat kein Geräusch - er erzeugt ein Geräusch, wenn er auf ein Blechdach trifft.

Frequenz und Wellenlänge sind absolut äquivalent. Man kann die Schwingung auf zwei Arten messen:
- Frequenz ist ein Maß für die Schwingungsdauer (genaugenommen nur ihr Kehrwert). Die Schwingungsdauer gibt an, wie lange das Licht braucht, um eine Wellenlänge zurückzulegen
- Wellenlänge ist der Weg, den das Licht in einer Schwingungsdauer zurücklegt
Die beiden Größen sind (bis auf die Einheit), einfach der Kehrwert des anderen.
Das ist so ähnlich wie bei der Geschwindigkeit eines Autos. Die kann ich angeben als die Zeit, die ich brauche, um einen Kilometer zurückzulegen oder als den Weg, den ich in einer Stunde zurücklege. Beide Angaben sind absolut gleichwertig!

Licht bewegt sich immer mit der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Im Medium werden die Lichtquanten nur ab und an absorbiert und gleich darauf wieder ausgesendet. Durch diesen Zeitverlust wird die Zeit, die ein Lichtstrahl braucht, um das Medium zu durchqueren, größer. Man sagt dann (klassisch), dass die Geschwindigkeit des Lichtstrahls im Medium kleiner war. Letztendlich bleibt die Geschwindigkeit (im Vakuum zwischen den Atomen / Elementarteilchen) immer konstant.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Lupus

Hallo Michael,

ZitatFrequenz und Wellenlänge sind absolut äquivalent.
das sind sie nicht wenn man die Ausbreitung in Materie betrachtet. Natürlich ist die Vakuum-Wellenlänge unverändert, aber durch die Überlagerung der in Materie gestreuten Wellen (konstruktive Interferenz der Wellen in Ausbreitungsrichtung) kommt es zu einer verringerten Phasengeschwindigkeit, die einer Änderung der effektiven Wellenlänge entspricht. Es geht dabei übrigens nicht um einen "Zeitverlust" durch Absorption und Reemission der Lichtquanten in Materie.

Hubert

Sourdough

Zitat von: Michael Müller in März 09, 2025, 13:00:52 NACHMITTAGSLicht bewegt sich immer mit der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Im Medium werden die Lichtquanten nur ab und an absorbiert und gleich darauf wieder ausgesendet. Durch diesen Zeitverlust wird die Zeit, die ein Lichtstrahl braucht, um das Medium zu durchqueren, größer.
Eine interessante Deutung. Ist das deine Idee oder die quantenphysikalische Deutung?
Wenn ich es mir bildlich vorstelle, müsste eine Gruppe von Lichtquanten, die alle innerhalb eines Zeitintervalls abgestrahlt werden, nach einer Strecke im Vakuum innerhalb des selben Zeitintervalls auch am Detektor ankommen. Stellt man sich nun einen Durchgang durch Materie vor, bei dem es zu den genannten Zusammenstößen kommt, sollte sich das Zeitintervall, in dem Lichtquanten dieser Gruppe ankommen vergrößern. Denn einige werden gar  nicht zusammenstoßen, andere öfters und wieder andere noch öfters. Sie werden also alle unterschiedlich lange brauchen. Außerdem müsste die Lichtgeschwindigkeit mit der Dicke der durchmessenen Schicht einem Grenzwert zustreben, weil die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne ohne Zusammenstoß durchkommen irgendwan sehr nahe Null ist. Ist das so?

Viele Grüße
Sauerteig
Only those who
Greatness see in little things
Worthy are the simple
They're happy in their ways
(Runrig, Running to the Light)

Michael Müller

Hallo Hubert,

da hast Du sicherlich klassisch gesehen recht. Ich glaube mich zu erinnern, dass die Streuung von Photonen an Elektronen quantenmechanisch als eine Folge von Absorption und Emission beschrieben wird. Aber es ist schon mehr als 40 Jahre her, seit ich mich damit beschäftigen musste - vielleicht habe ich da ja auch was falsch verstanden.

@ Sauerteig: Bei der quantenmechanischen Beschreibung gehts wirklich ans Eingemachte, das traue ich mir heute nicht mehr zu. Hubert liegt mit seiner klassischen Beschreibung sicher richtig. So oder so würde eine Diskussion weit über die Frage nach Frequenz / Wellenlänge / Farbe hinausgehen.

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

Lupus

Hallo Michael,

natürlich kann man quantenmechanisch das Ganze auch als wiederholte Absorption und Emission des Lichts in der Materie betrachten. Aber man kann daraus keine Verzögerungszeiten ableiten, die würden so nicht stimmen denn wenn man das in grober Abschätzung auf reale Materie und dessen Dichte anwendet, würden sich bei den Re-Emissionszeiten unmöglich große Linienbreiten ergeben (da die spektrale Linienbreite des Lichts mit der Lebensdauer des Anregungszustandes zusammen hängt).

Hubert

Florian D.

Die Elementarquanten des Lichtes, das sich in Materie ausbreitet, werden Excitonen genannt, um anzudeuten, dass auch die Anregung der Materie eine Rolle spielt. Die Wechselwirkung mit der Materie führt aber nicht nur zu einer Verzögerung, sondern kann sogar zu einer Erhöhung der Phasengeschwindigkeit führen; dies entspricht einem Brechungsindex kleiner 1.
Qualitativ lässt sich dies auch klassisch verstehen. Modelliert man die Elementaranregungen als harmonische Oszillatoren, so schwingen diese unterhalb der Resonanzfrequenz im Gleichtakt mit dem erregenden elektrischen Feld. Ober halb der Resonanzfrequenz jedoch um 180 Grad phasenverschoben. Dies führt dazu, dass oberhalb der Resonanzfrequenz die Phase des von den Oszillatoren wieder abgestrahlten Lichtes dem des Erregenden quasi vorauseilt, die Phasenfrequenz erhöht sich also. Die Resonanzfrequenzen der meisten elektronischen Übergänge liegen im Ultravioletten. Deshalb sind die Brechungsindices im Optischen normalerweise >1. Im Röntgenbereich ist n <1. Dies nutzt man z. B. für Spiegel von Röntgenstrahlen, wo beim fast streifenden Übergang aus dem Vakuum Totalreflexion auftritt.

Viele Grüsse
Florian

Michael Müller

Hallo Hubert und Florian,

jetzt habt Ihr doch mein Ehrgeiz geweckt und ich habe mich nochmal durch die quantenmechanische Beschreibung durchgekämpft.

Exciton / Polaronen / Plasmonen etc. sind Anregungen des Festkörpers, die durch die Absorption von Licht erzeugt werden. Hier geht es aber gerade um die Ausbreitung von Licht im transparenten Medium, also um die Verhältnisse ohne Absorption.

Klassisch ist das ganze ja klar: die elektromagnetische Welle regt im Medium ein Elektron (oder allgemeiner Ladungsträger) zum Schwingen an. Die beschleunigten Elektronen wiederum senden als beschleunigt Ladungen Licht aus. Dabei kommt es zu einer Phasenverschiebung, deren Größe von der Anzahl dieser Streuereignisse und damit von der Dicke des durchlaufenen Materials abhängt. Die Phase des austretenden Lichtes ist deshalb größer als die, die bei einer Ausbreitung im Vakuum erwartet werden würde - die Phasengeschwindigkeit des Lichtes ist Medium kleiner.

Quantenmechanisch läuft das ganze Ähnlich. Eine genaue und gut zu lesende Darstellung findet man in Feynmans fantastischen Buch "QED: The Strange Theory of Light and Matter" aus dem Jahr 1985 (kann kostenlos von
https://archive.org/download/richard-feynman-pdf-library/Feynman%2C%20Richard%20%2837%20books%29/QED/Feynman%2C%20Richard%20-%20QED%20%28Princeton%2C%202006%29.pdf
heruntergeladen werden). Ein deutsche Übersetzung gib es auch - allerdings kostenpflichtig:

Richard P. Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. 5. Auflage (2. Auflage der Neuausgabe), Piper, München und Zürich 1994, ISBN 3-492-11562-4

Ich werde versuchen, den Mechanismus hier kurz zu skizzieren, muss aber für Details auf das Buch verweisen.
Zuerst: Photonen sind masselose Teilchen und bewegen sich daher immer (ob im Vakuum oder in einem Medium) mit der (Vakuum-) Lichtgeschwindigkeit. Das ist tief in der Struktur unseres Universums verankert.
In der Quantenelektrodynamik (QED) wird die Wechselwirkung von Photonen und Elektronen (geladenen Teichen) als ein Streuprozess behandelt:
Ein Photon trifft auf ein Elektron (vornehmer wechselwirkt mit ihm) und wird von dem Elektron absorbiert. Einige Zeit später wird ein anderes Photon wieder von dem Elektron mit einer anderen Phase emittiert. Die Phasenverschiebung ist abhängig von dem Material und beträgt bei transparenten Medien wie Glas 90°. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude des gestreuten Photons überlagert (interferiert) mit den ungestreuten und es ergibt sich eine resultierende Phasenverschiebung, die (ganz wie bei der klassischen Betrachtung) etwas größer ist, als man bei einem ungestreuten Lichtstrahl erwarten würde - die Phasengeschwindigkeit ist kleiner als im Vakuum.

Letztendlich ist nur der Streuprozess bei der klassischen und quantenelektrodynamischen Betrachtung unterschiedlich. Das Ergebnis ist (muss ja auch) gleich.

Wichtig erscheint mir aber das Prinzip, dass Photonen / Licht sich immer mit der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit bewegen.

Viele Grüße

Michael


Gerne per Du

Florian D.

Zitat von: Michael Müller in März 10, 2025, 09:08:13 VORMITTAGExciton / Polaronen / Plasmonen etc. sind Anregungen des Festkörpers, die durch die Absorption von Licht erzeugt werden. Hier geht es aber gerade um die Ausbreitung von Licht im transparenten Medium, also um die Verhältnisse ohne Absorption.

Hallo Michael,

schon klar, aber das sind die zwei untrennbaren Seiten einer Medaille. Deshalb verwenden wir ja auch den komplexen Brechungsindex, dessen Realteil die Ausbreitung und dessen Immaginärteil die Absorption beschreibt.
Eine einfache Beschreibung, ähnlich meiner, findet sich in "Gertsen, Kneser, Vogel, Physik", einem Buch, das vielen auch nicht-Physikern vielleicht noch aus dem Studium geläufig ist.

Viele Grüsse
Florian