Hauptmenü

Trichocerca longiseta

Begonnen von Michael Plewka, Mai 18, 2010, 06:59:07 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Michael Plewka

Liebes Forum,
Das Rädertier Trichocerca longiseta kann u.a. an den zwei auffälligen Zähnen des Kopfpanzers erkannt werden. Dabei hat der längere  Zahn einen Kiel, der bis zur Körpermitte reicht, während der andere Zahn ca. halb so lang ist (Körperlänge ohne Zehen: ca. 170µ).




Die Länge der Zehe beträgt ca. 2/3 der Körperlänge. Auch im amerikanischen Forum gab es mal Irritationen über die scheinbar so lange Zehe bei Trichocerca, wie dieses Bild ebenfalls nahelegt:


Es handelt sich dabei aber teilweise um einen Faden aus einem klebrigen Sekret, welches von der Klebedrüse des Fußes ausgeschieden bzw. besser: ausgeschossen wird. Ich konnte das bei diesem Exemplar beobachten; es dauert lediglich Sekundenbruchteile, bis der Faden die gezeigte Länge erreicht hat. Die Zehe selbst scheint dabei als Führung zu dienen. Hier in zwei Fotos ein Vergleich der Fußdrüse unmittelbar vor und direkt nach dem Ausschießen des Fadens. Man erkennt deutlich, dass die Fußdrüse kleiner geworden ist.  Im oberen Bild ebenfalls zu sehen: der Dorsaltaster, während im unteren Bild der Lateraltaster zu sehen ist (gelber Pfeil):

vorher:



nachher:



beste Grüße Michael Plewka





Ernst Hippe

Hallo Herr Plewka,

dieser Faden ist ja höchst interessant. Merkwürdigerweise bei Voigt/Koste nicht erwähnt. Danke für diesen Beitrag!
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

Michael Plewka

hallo Herr Hippe,

im KOSTE (2.Aufl.,1978) auf S. 14 zu finden, sowie ebenda auf Tafel 137a bei Tr. stylata. Scheint also bei einigen Arten der Trichocerciden aufzutreten, wobei mir die Funktion noch nicht klar ist. Mir ist außerdem nicht klar, warum gerade in dem beobachteten Moment der "Schuß" losging (welcher Reiz?? >> Reflex?).

beste Grüße Michael Plewka

Martin Kreutz

Hallo Michael, hallo Ernst,

ich habe diesen Effekt des "Schleimfadens" bei Trichocerca auch schon sehr oft beobachtet. Es tritt nach meinen Beobachtungen nur in Stresssituationen auf, z.B. bei Deckglasdruck. Evtl. ein Schutzmechanismus, da der Schleim sehr klebrig zu sein scheint. Ich kann noch ein weiteres Foto zu diesem Effekt beitragen. Ich weiß nicht, ob es sich bei meinen Exemplar auch um T. longiseta handelt. Die Fußdrüsen haben unter zunehmenden Deckglasdruck mir dem ausscheiden des Schleimfadens begonnen, der über die Zehen floß und aufgefaltet wurde. Als dieses "Auffalten" nicht weiterging, die Produktion des Schleimes aber nicht stoppte, bildete sich im Bereich der Fußdrüse eine Schleimblase. Es kann also offensichtlich eine recht große Menge Schleim produziert werden.

Schönen Abend!

Martin



Ernst Hippe

Hallo beide,

im Koste habe ich offenbar nicht genau genug nachgesehen, jetzt aber die Stellen auch gefunden. Danke für den Hinweis und das zusätzliche Bild. Ich habe sowas noch nicht beobachtet, wohl weil ich nur selten ein Objekt aus der Petrischale unters Deckglas nehme (drücke).Wieder was gelernt!
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

Michael Plewka

liebe Trichocerca-Fans,

@Martin: vielen Dank für das ergänzende Foto. Ich kann mich auch an ein Foto erinnern, auf dem Du eine Trichocerca in einer Schleimhülle zeigst. Ist es möglich, dass diese ebenfalls durch die Sekretdrüsen am Fuß gebildet wird?
Ich halte Dein Viech hier übrigens nicht für T. longiseta. Letztere hat nur eine winzige Nebenzehe, wie das folgende Bild noch zeigt:



Um was genaueres sagen zu können, braucht es aber  -wie immer- mehr Fotos

beste Grüße Michael Plewka



Martin Kreutz

Hallo Michael,

ich sehe schon, Dein Langzeitgedächtnis ist ausgezeichnet! Hatte tatsächlich mal Fotos einer kleinen Trichocerca-Art in das alte Forum eingestellt oder Dir geschickt.

Hier die Fotos nochmal. Ich hatte Sie auch 2008 an Christian Jersabek an der Uni Salzburg geschickt. Der kannte diese Art von Schleimhülle bei Trichocerca-Arten nur als Schwebehilfe im Plankton. Die Ausbildung der Hülle bleibt also weiter rätselhaft. Das gezeigte Individiuum konnte sich übrigens in der Hülle gut bewegen. Sie war offenschtlich hohl. Man erkennt auch, dass diese Hülle offensichtlich am Detritus festgekittet ist. Weitere Interpretationen überlasse ich dem Forum!

Schönen Abend!

Martin



Michael Plewka

hallo Martin,
nachdem ich nun deine Bilder nochmals sehe, wage ich mal folgende Spekulation: der leere Kelch der Dinobryon-Alge (=Plankton!) brachte mich auf die Idee, dass es sich bei dem Gallert-Gebilde möglicherweise um den bereits leergefressenen Rest einer Algenkolonie (damit ist jetzt nicht Dinobryon gemeint) handeln könnte, analog  wie in dem C. edax-Beitrag dargestellt. Einige Trichocerca-Arten sind ja auf das Aussaugen von Algenzellen spezialisiert...
beste Grüße Michael Plewka

Martin Kreutz

Hallo Michael,

eine sehr gute Theorie! Das klingt logisch und wenn ich mir die festgepappte Gallerthülle so anschaue, könnte es sich um eine ausgehöhlte Kolonie von Apiocystis brauniana handeln. Die ist auch an Algen oder Detritus befestigt und vor allem finde ich Apiocystis regelmäßig (wenn auch icht häufig). Größe passt auch. Schade, das Trichocerca nicht eine Algenzelle übrige gelassen hat, dann wüssten wir es ganz genau. Mal sehen, ob ich im Archiv nicht noch ein paar weitere harte Fälle für Dich finde! Das war ja schon fast zu einfach  ;) !

Martin