Erzmikroskopie: Dickschliffe herstellen

Begonnen von Stefan_O, September 25, 2011, 16:00:32 NACHMITTAGS

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Stefan_O

Salü Zusammen,

da hier öfters das Thema Dünnschliffe auftaucht, die verwandten "Dickschliffe" (polierte Proben fürs Erzmikroskop) aber kaum erwähnt werden, möchte ich einmal vorstellen, wie ich sie anfertige. Natürlich ist dies nur ein Weg von vielen.

Vorweg: mein Ziel ist es, für jede besuchte Lagerstätte Handstücke, polierte Scheiben und Proben fürs Erzmikroskop zusammen zu tragen. Daher lässt sich die Herstellung der Dickschliffe nicht ganz von denen der polierten Scheiben trennen.

Zuerst werden die Proben in Scheiben gesägt. Dazu habe ich eine Säge "Modell Baustelle" mit einem 350 mm Granit-Diamantsägeblatt angeschafft. Die Säge war vergleichsweise billig und schneidet Sücke bis 12 cm Höhe. Nachteil: die Schnittbreite beträgt 3 mm, was viel Material kostet und noch mehr Schlamm produziert. Die Kühlung erfolgt mit Wasser ohne Zusatz, was das Entsorgen einfach macht. Die Säge schneidet ziemlich schnell, aber auch ziemlich grob. Der moderate Preis wird leider mit zusätzlichem Schleifaufwand erkauft. Vom Bauchgefühl her wäre ein Sägeblatt für Keramik besser, da es feinere Diamanten besitzt.

Hier die Säge in Aktion, mit feinem Nebel:



Das Sägegut liegt auf einem Schlitten, der ins laufende Blatt geschoben wird. Ob die Scheiben parallel werden, hängt davon ab, wie gerade die Probe aufliegt. Kugeln gehen definitiv nicht. Aber: alles was nicht parallel ist, wird weiter für das Erzmikroskop aufbereitet, ist also kein Drama, solange wenigstens eine Scheibe gut ist.



Vor einiger Zeit gab es hier im Forum den Tip, einen Fliesenschneider zum Schneiden für Dünnschliffe zu verwenden. Der Rat ist wirklich gut, ich habe mir daraufhin eine Husqvarna TF 230 F gekauft. Damit lässt sich sehr feinfühlig und präzise arbeiten. Die Schnittbreite lässt noch Material über. Auf dem Foto sieht man die Erz-Scheiben aus dem ersten Sägegang.





Die Oxidations- bzw Verwitterungszone wird abgesägt, dann werden die Scheiben in Streifen...


....und anschliessend in die finale Form gesägt.


Die Dicke erlaubt einen guten Griff beim folgenden Schleifen und Polieren, und erlaubt unzähliges Nachpolieren für erneute Untersuchungen. Damit ist der Sägegang erledigt, es folgt erst das Schleifen der Scheiben und Proben, dann das Polieren. Das Schleifen erfolgt mit nickelgebundenen Diamantscheiben auf einer Töpferscheibe. Scheiben werden in vier Schritten, Proben in drei Schritten geschliffen:

250 um -> FEPA 400 -> FEPA 800 (damit sind die Proben fertig) -> 10 um kunststoffgebundener Diamant für die Scheiben.

Die Art der Bindung der Diamanten ist extrem entscheidend für das Endergebnis. Bei gleicher Korngrösse verursachen die kunstoffgebundenen Scheiben weniger tiefe Kratzer und ein gleichmässigeres Schliffbild. Die nickelgebundenen haben dafür eine höhere Abtragsleistung.

Die Erzscheiben bzw Gangstücke erhalten durch den 10 um Schleifschritt einen leichten Glanz, der alle Erz-Eigenschaften erkennen lässt, ohne zu blenden oder zu stark zu spiegeln. Das ist aber letztendlich Geschmackssache. Die FEPA Körnungen sind eher Zufall und Reste früherer Versuche. Nur die 250 um Scheibe ist auf die Töpfscheibe geklebt, die anderen Scheiben lege ich einfach auf die 250 um Scheibe drauf. Wechselteller etc braucht es nicht.

Der 250 um Schleif-Schritt braucht am längsten Zeit, da hier alle Unebenheiten und Materialdeformationen der Säge herausgeschliffen werden müssen. Die Schleifdauer geht von 3-5 min für die Erzproben bis in den Stundenbereich für 12x20 cm Platten aus harten Material. Neben der glatten Oberfläche gebe ich den Proben für das Mikroskop noch eine Fase an den Kanten, damit später das Poliertuch nicht beschädigt wird.

Hier noch ein Bild der Töpferscheibe:



Damit wäre die grobe Fronarbeit im Keller erledigt. Die Proben und Scheiben werden mit Seife gewaschen, dann mit Alkohol abgespült und möglichst rasch getrocknet.

Vom Keller geht es dann ins "Labor". Die Schleif/Polierarbeiten erfolgen auf einer chinesischen Poliermaschine, die auf den schönen Namen MoPao 160 F hört. Da hier die Scheiben plan sein sollen, arbeite ich mit Aluminium-Wechseltellern, auf die Diamantscheiben und Poliertücher aufgeklebt sind. Die Politur erfolgt in vier Schritten, wobei die erste eine Wiederholung ist, aber eben auf plan-liegender Scheibe und in sauberer Umgebung:

20 um nickelgebunden (Buehler Ultraprep)
-> 6 um kunststoffgebunden (Buehler APEX)
-> 3 um Diamantsuspension (Buehler Metadi Supreme) auf hartem Poliertuch (Buehler Texmet)
-> Reinigung im Ultraschall-Bad
-> 0.3 um Aluminiumoxid-Suspension (Pieplow & Brandt Präzisions-Aluminiumoxyd SEPP 0.3) auf hartem Poliertuch (Buehler Texmet)
-> Reinigung im Ultraschall-Bad
-> Reinigung in Wasser mit Seife
-> Spülen mit Alkohol und rasch Trocknen
-> sofort Mikroskopieren, bevor sich Oxidationseffekte zeigen

Meine Erfahrung lautet: solange wie möglich auf Schleifscheiben bleiben, so wenig wie möglich auf Tuch, um Reliefbildung zu vermeiden. Die Standzeit der 6 um Scheibe ist sehr niedrig, die Ergebnisse aber wesentlich besser als mit 6um Diamantsuspension auf Poliertuch. Die Scheibe war ein guter Rat von Buehler auf mein Problem mit dem Übergang von Scheibe auf Tuch. Erst mit der Kunstoff-Bindung hat das ohne bleibende Kratzer geklappt. Nach den einzelnen Schritten überprüfe ich jeweils die Oberfläche mit dem Stereomikroskop auf Homogenität, was mir oftmals schon ein "Zurück zum Start" erpart hat.

Wie schon gesagt, es gibt viele Wege zum Ziel, und andere Hersteller haben gleichwertige Produkte. Hier noch Bilder das Aufbaus:

Poliermaschine, Mikroskop und Ultraschall-Bad. Extra fürs Foto aufgeräumt....



Die Wechselteller im Magazin. Jede Scheibe hat ihre eigene Bürste zur Reinigung, um das Verschleppen von Schleifstaub und Schleifmittel zu verhindern. Die im Text nicht erwähnten Scheiben im Magazin sind die Überbleibsel unzähliger Versuche, zu guten Ergebnissen zu kommen. Leider gibt es keine gute Literatur zum Thema, und wenig guten Rat, so dass viel Probieren gefragt ist. Ohne Hilfe von Freunden hätte es aber nicht geklappt.



Und zuletzt das treue Arbeitspferd. Das Wasser kommt per Saugheber von einer 5L Flasche auf einem Regal neben der Maschine. Da ich mit kreisförmiger Bewegung schleife/poliere, stört der Wasserhahn. Ich benutze ihn nur zum Reinigen der Scheibe und giesse bei Bedarf Wasser aus einem Becherglas auf die Scheibe.



Ich bin gespannt auf eure Kommentare und freue mich auf Verbesserungsvorschläge und Hinweise.

Liebe Grüsse,
Stefan

Peter V.

Hallo Stefan,

....der schöne Perser!!!  :'(   ;D

Nein, im Ernst: Sehr gute Darstellung der Materie ( und gleichzeitig die Erklärung, wieso dann doch die meisten Mikroskopiker - von Olaf beklagt - lieber tümpeln oder "an Blümchen schnippeln"! ). Ein nicht unbedingt mietwohnungskompatibles Hobby.

Herzliche Grüße
Peter

Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Ragin

Hallo Stefan,
Hast Du die große Säge wirklich im Haus stehen? Da brauchst Du sicher noch nen gewaltigen Luftentfeuchter.
Ich mach das nur im Freien, will nicht auch noch eine Indoorschimmelzuchtanlage in´s Leben rufen
Ich pflege das bayrische Du, von Mensch zu Mensch

Stefan_O

Hallo Zusammen,

ein Rotationsmikrotomschnitt ist nicht weniger kompliziert....nur sauberer.

Ich wohne auch nur zur Miete, habe im Keller neben der Tiefgarage aber einen Hobbyraum mieten können. Vorher war die grosse Säge in der Garage. Beide Kellerfenster (Schächte) sind stehts offen, (noch) kein Problem mit Schimmel oder zu feuchter Luft. Im Winter ist das Kühlwasser dann schön kalt, gut für empfindliche Proben  :D. Für das normale Miethaus ist eher der Lärm das Problem, die Sägen sind sehr laut und man braucht einen Gehörschutz beim Arbeiten. Daher auch die schwarzen Schallschlucker im Hintergrund. Neben der Tiefgarage macht es nichts, die frisierten Motorräder und die Musik der eher noch jugendlichen Fahrer sind noch lauter. Hat auch sein gutes.

Wie gesagt, es ist nur ein Weg, aber kein Schlechter. Angefangen habe ich auch mit möglichst glatten Bruchflächen und SiC auf Glasplatte. Sobald es mehr Proben werden, wird es aber mühselig und zeitraubend. Wie es so ist, kommt dann eines zum anderen.

Gruss,
Stefan

olaf.med

Hallo Stefan,

Respekt! Das ist ja wirklich völlig professionell. Wir machen es hier im Institut praktisch geauso.

Weiterhin viel Erfolg und wir freuen uns auf schöner Schliffbilder.

Glück Auf, Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Rawfoto

Hallo Stefan

Spannend und schokierend gleichzeitig, Du hast ja wirklich einiges an Geraetschaften herumstehen ...

Da wird schneiden lassen immer konkreter ...

Schoenen Abend :-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Holger Adelmann

Tolle Dokumentation, Stefan! Vielen Dank.

Ich denke, dass ich mir zum Formatieren der Proben schon mal so einen nass-Fliesenschneider mit Diamantblatt aus dem Baumarkt hole...

Herzliche Grüsse
Holger


Bastian

Liebe Kollegen,
zum Schneiden von Gesteinsproben kann ich die Fliesenschneider von Plasplugs nur wärmstens empfehlen, denn die haben System das den Großteil des Kühlwassers in der Maschine behält. Man muss also nicht jedes mal die Werkstatt/das Labor aufwischen.

Ansonsten kann man den Baumarktfliesenschneider ein wenig modifizieren und in eine Plastikwanne mit Abfluss stellen. Makrolonhaube drüber und schon kann man daran im Anzug arbeiten....
Weitere Modifikationen sind ein dünneres und größeres Diamantblatt (ø 250mm), so dass man eine ordentliche Schnitttiefe von 45 mm erreicht.
Präzisionsschnitte kann man damit allerdings nur bedingt machen und auch nur dann wenn man sich ein paar eigene Anschläge baut.
Durch das neuere und dünnere Blatt ist die Sägearbeit allerdings sehr gut von Hand durchführbar.


Grüße,
Bastian

Stefan_O

Hallo zusammen,

erstmal vielen Dank für eure Antworten, der Zuspruch freut mich sehr.

Zum Fliesenschneider: die Husqvarna ist mit Anschlägen und Verstellmöglichkeiten gesegnet, das Konzept ist gut durchdacht. Die grösseren Maschinen von Plasplugs aus Bastians Empfehlung ebenfalls. Der Tisch der Husqvarna liegt allerdings recht hoch und verschenkt Schnittbreite. Ist bei mir aber kein Problem, da ich ja nur Scheiben zurechtsäge.

Zur Kühlung läuft das Sägeblatt durch eine Wanne mit Wasser, in der sich auch der Schlamm sammelt. Es ist wichtig, dass das Sägeblatt niemals längere Zeit im Wasser steht. Die Sägeblätter rosten extrem schnell. Bei Änderungen der Sägeblätter muss man aufpassen. Fliesenschneider und auch die grosse Säge haben vergleichsweise (zu Sägen für Achate oder Edelsteine) hohe Drehzahlen. Diese ermöglichen ein schnelles Schneiden, brauchen aber ein solides Sägeblatt. Der Versuchung, ein 3 mm dickes gegen ein 0.5 mm dickes Blatt zu tauschen, sollte man tunlichst widerstehen. Also immer darauf achten, dass das Sägeblatt zur Drehzahl passt. Letztere könnten man über einen Frequenzumrichter steuern, darunter leidet aber das Drehmoment, was bei den direktgetriebenen Sägen ohnehin schon gering ist.

Hier noch der Link zur Plasplugs, nicht erschrecken, dort startet eine Sounddatei nach ein paar Sekunden:
http://www.plasplugs.com/acatalog/Powered_Tile_Cutters_Diamond_wheel.html

Gruss,
Stefan

Bastian

Hallo Stefan,

also einen billigen Fliesenschneider mit Frequenzumrichter zu betreiben halte ich für verfehlt, da der Frequenzumrichter ja um Klassen teuerer ist als der Fliesenschneider. Das Drehmoment leidet bei einem Frequenzumrichter soweit isch weiss nicht, wohl aber bei einer Phasenanschnittsteuerung. Die Phasenanschnittsteuerung ist sehr preisgünstig funktioniert aber meines Wissens nur mit Universalmotoren, und die sind i.d.R. nicht in billigen Fliesenschneidern verbaut.

Was die Diamantscheiben angeht, so gibt es eine Unzahl von Herstellern, die einem so ein Blatt fertigen. Kosten so um die 200 Euro für ein dünnes Blatt mit 250mm Durchmesser. Ein dünnes Blatt ist wohl für Gesteinsschnitte nicht unbedingt erforderlich. Da ich aber Kulturgüter zerschneide  ;D ist es wichtig möglichst wenig Material zu verlieren....

Glückauf,
Bastian



Stefan_O

Hallo Bastian,

wie dünn ist denn dein Blatt? Dein Fliesenschneider ist auch direkt angetrieben, d.h. das Sägeblatt sitzt auf der Motorwelle, oder?

Für Erzproben wäre ein dünneres Blatt schon schön, die Proben sind eben auch wertvoll, wenn die Materialmenge limitiert ist. Bei den 350 mm Blättern für die grosse Säge gibt es nur 3 mm dicke auf dem Markt, egal ob Granit oder Keramik. Und die "Idar-Oberstein" Blätter sind halt für Maschinen konzipiert, die mit einem Viertel der Drehzahl laufen. Ein gerissenes Blatt nimmt unter Umständen auch gerne mal 1-2 Finger mit.

(Yup, der Umrichter ist teuerer als der Fliesenschneider. In der Summe aber immer noch billiger, als eine Säge von Buehler oder aus dem Mineralienhandel. Hatte ich aber ja eh als schlechte Idee verworfen; die Motorkühlung leidet auch darunter).

Gruss,
Stefan

Holger Adelmann

Wäre so eine GF 600 brauchbar? Sieht lt. Bild ja scheinbar auch eine Wasserwanne:
http://www.technik-handel.com/fliesenschneider.htm

Liegt unter 100 Euro

Gruss
Holger

Stefan_O

Hallo Holger,

Wasserwanne ist normal, es ist der einfachste Weg zur Kühlung des Blattes. Die Frage ist, wo landet das Wasser dann? Das Sägeblatt nimmt einiges mit, welches über die Probe und den Tisch läuft. Meine Säge hat Rinnen, die das Wasser in die Wanne zurückbefördern. Bei der GF600 kann ich nicht erkennen, wo das Wasser landet. Mir gefällt der Anschlag nicht, da er nur an einer Seite festgemacht ist. Die Säge wird das Werkstück zur Seite drücken und nicht parallel abschneiden. Da liesse sich aber etwas basteln, eine Lösung wurde im Forum ja schon gezeigt. Eine Führungsschiene mit Objekträger-Halter kann man sicher gut auf der Metallplatte anbringen. Die Motorleistung ist mit 800 W OK, wäre selbst mit 230er Blättern kein Thema. Letztlich ist es die Frage, wieviel Geld und Bastelarbeit du investieren willst und kannst.

Gruss,
Stefan

Bastian

Hallo Holger,
auf der Maschine steht zwar Güde. Es ist aber die 0-8-15 China Fliesenschneidemaschine. Wenn Du zu Obi, Hornbach oder Bauhaus gehst, kriegst Du die gleiche Maschine für 49,-. Man kann die Dinger so direkt benutzen, was aber mit der o.g. Aufwischarbeit einher geht. Denn die Sägeblätter verteilen das Wasser wunderbar im ganzen Raum. Die Plastikwanne von der da die Rede ist, ist eine kleine Wanne in der die Scheibe eintaucht. Aber diese Wanne ist nach oben offen und binnen weniger Minuten leer. Wo das Wasser hin verschwindet kannst Du Dir ja vorstellen.
Deswegen mein Rat zu den Plasplugs Maschinen, die da wesentlich cleverer sind. weil sehr viel Wasser wieder zurück in die Wanne fliesst, was bei den anderen Teilen nicht der Fall ist. Deswegen habe ich da ja unter meiner Billigmaschine auch noch eine graue Plastikwanne darunter.

Bastian

Holger Adelmann

Danke ihr beiden, wo bekommt man denn so eine Plasplugs Maschine? Gibt es die Makrolonhaube als Originalzubehör?

Grüsse
Holger