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Blendenwerte und Auflösung

Begonnen von peter-h, April 17, 2012, 21:29:18 NACHMITTAGS

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peter-h

Liebe Physiker im Forum,

will ich einen Blendenwert von einem Objektiv in Auflösung oder Linien/mm umrechnen, so gehe ich davon aus dass :

1. der Blendenwert in den objektseitigen Winkel umgerechnet wird
2. daraus die nummerische Apertur berechnet wird
3. aus der Apertur dann die Auflösung, bzw. die Linien/mm gewonnen werden.

Beispiel:
Objektiv mit Blendenwert 4 resultiert in einem Winkel von 14,25°
Aus dem Winkel von 14,25° dann eine num.Apertur von 0,124
Und letztlich nach d = 0,61 * 550e-9 / NA = 0,61*550e-9/0,124 = 2,705µm oder 370 Linien

Ist das richtig ? Mache ich einen Denkfehler ?
Sehr gespannt - Grüße
Peter


-JS-

#1
Hallo Peter,
ich darf mich zwar nicht angesprochen fühlen, dieweilen ich weder Physiker bin noch von diesem Fache auch
nur den Hauch einer Ahnung habe. Das soll nun aber bitte wirklich nicht heissen, dass ich die
Physik nicht respektiere. Im Gegenteil !
Trotz Deiner Ausgrenzung möchte ich als thumbes Physik-Knickei ein paar Fragen stellen.
a) Woher hast Du das Winkelmaß 14.25 ° ? (Sorry, ich weiss es wirklich nicht.)
b) Wie sähe denn Deine Brechnung - gleiche Objektivbrennweite vorausgesetzt -, bei einem Blendenwert
von f=1: 1.4 oder f=1: 2 aus?
c) Andersherum gefragt: Warum waren früher Repro-Obkejtive (von denen ja hohe Auflösung abverlangt
wurde) nie Lichtriesen, sondern hatten eher sparsame Ausgangsöffnungen wie 1:3.5 oder 1:4, manchmal
sogar bloss 1:5.6?
d) Ist Deine Rechnung allgemein von der Brennweite unabhängig oder tun sich da evtl. Grenzbereiche
auf? (So mal ins Blaue: Lichtstarkes 28er Weitwinkel mit 1:1.4 hat höheres Auflösungsvermögen als
600er Tele mit Ausgangsblende 1:5,6 ? (Vielleicht mache *ich* hier ja auch einen Denkfehler, das kann
sehr gut sein und ist absolut nicht auszuschließen: siehe oben bereits genannte Einschränkungen).
Viele Grüße
Joachim


... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

wilfried48

Zitat von: peter-h in April 17, 2012, 21:29:18 NACHMITTAGS
Liebe Physiker im Forum,

will ich einen Blendenwert von einem Objektiv in Auflösung oder Linien/mm umrechnen, so gehe ich davon aus dass :

1. der Blendenwert in den objektseitigen Winkel umgerechnet wird
2. daraus die nummerische Apertur berechnet wird
3. aus der Apertur dann die Auflösung, bzw. die Linien/mm gewonnen werden.

Beispiel:
Objektiv mit Blendenwert 4 resultiert in einem Winkel von 14,25°
Aus dem Winkel von 14,25° dann eine num.Apertur von 0,124
Und letztlich nach d = 0,61 * 550e-9 / NA = 0,61*550e-9/0,124 = 2,705µm oder 370 Linien

Ist das richtig ? Mache ich einen Denkfehler ?
Sehr gespannt - Grüße
Peter




Hallo Peter,

absolut richtig, genau diese Rechnung habe ich nach deinem  Makro Beitrag mit dem Rodenstock Apo auch angestellt und bin auf gleiche Werte gekommen. Man sieht dadurch, dass das Objektiv auch über den von dir dort angewendeten Vergrösserungsmassstab von 3:1 hinaus noch Potential hat, wenn man es mit Mikroskopobjektiven vergleicht.

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

peter-h

Hallo Joachim,

entschuldige, ich wollte nicht ausgrenzen  :(  Vielleicht hilft die kleine Zusammenstellung.



Gruß
Peter

Jürg Braun

Guten Tag

Das Standart 40x Objektiv hat eine Appretur von 0.65. Trockene Neofluare und Apos meist von 0.75. Welcher Wert wird denn nun verändert um die höhere Appretur zu erlangen?

Gruss in die Runde

Jürg

-JS-

Hallo Peter,
herzlichen Dank für Deine Erläuterungsskizze und die damit verbundene 'Nachhilfestunde'.
Ich habe die von Dir angegebenen Formeln einmal für ein Modellobjektiv mit der Brennweite 50mm eingesetzt und dabei stufenweise die bekannte Blendenreihung in die Berechnungen unter Nutzung der von Dir genannten Formeln einbezogen. Nachstehende Tabelle zeigt die resultierenden Ergebnisse:



Es ist an dieser Stelle hervorzuheben, dass Deine Berechnungen (in obiger Tabelle durch Fettschrift hervorgehoben)  für die Zusammenstellung Objektiv mit Brennweite 50mm und Blende f/4 rein mathematisch betrachtet absolut stimmig sind, dies wurde ja auch bereits von Wilfried bestätigt und ich plappere es hier halt nur noch einmal nach...

Eine kleine grafische Umsetzung ist in der nächsten Abbildung dargestellt:



Es hat nun den Anschein, dass eine Abblendung nach den von Dir genannten Berechnungsgrundlagen eine saubere e-Funktion ergibt, aus welcher mit kleiner werdendem Blendenwert sich offenbar eine dramatische Verschlechterung der Auflösung entwickelt.
Die bedingt durch Aberrationsfehler parallel entstehenden Beugungsphänomene sind in die hier vorgelegten Berechnungen noch nicht einmal eingeflossen, und so ergibt sich die kritische Frage, an welcher Stelle ich hier unter Umständen einem Denkfehler unterlegen bin.

Der konträre Fall (unterschiedliche Objektivbrennweiten bei konstanter Blendenöffnung f/4) ist in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst:



Es zeigt sich zum Einen, dass Deine bereits vorgestellten Berechnungen und Ergebnisse hier in jedem Fall ebenfalls absolut sauber verifiziert werden (was meiner Ansicht nach jedoch für den in Rede stehenden jeweiligen Anwendungsfall aber gar nicht gehen kann).
Zum Anderen erhebt sich leider genau so die Frage nach einem Denkfehler meinerseits.
Ich kann mir nämlich schwer vorstellen, daß auf Grund der vorliegenden Daten z.B. ein Teleobjektiv mit 135 mm die gleiche Auflösung haben soll wie ein Weitwinkel mit 28 oder 35 mm, beide jeweils mit Blende 4 eingesetzt.
Mir ist bewusst, dass hier ein sehr spezielles Thema erörtert wird, aber es würde sicher nicht nur mich freuen, wenn Hinweise darauf gegeben werden könnten, an welcher Stelle die von mir vermuteten Denkfehler liegen.
Vielen Dank für's Lesen.
Gruß,
Joachim
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

treinisch

#6
Hallo Joachim,

ich will mich ja nicht in eure Diskussion einmischen und bin auch schon wieder weg, aber vielleicht erscheint Dein Graph viel plausibler, wenn Du die x-Achse mit Blendenzahl beschriftest, die Du ja auch aufgetragen hast?
Ich finde es dann ganz logisch, kleinere Blendenöffnung -> kleinere Auflösung.

Viele Grüße

Timm


P.S. Die Kurve verläuft (jedenfalls, wenn Blendenzahlen nicht negativ sein können :-) ) nach 1/Quadratwurzel(x^2+1) und nicht nach e^-x. Den Unterschied siehst Du bei kleinen Blendenzahlen.
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Kay Hoerster

#7
Guten Morgen,

eine Frage habe ich dann aber auch noch dazu: Wie ist es zu erklären, dass die meisten Objektive ihre beste Auflösung im mittleren Blendenbereich (5,6 - 8 ) erreichen? Das wird auch von den Objektivherstellern so propagiert und ist, zumindest bei meinen Fotoobjektiven, auch so.
Es muss also noch einen weiteren Zusammenhang geben, der da mit hineinfließt, aber welcher?

Gruß Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

Detlef Kramer

Hallo Kay,
ZitatEs muss also noch einen weiteren Zusammenhang geben, der da mit hineinfließt, aber welcher?
Denke mal in Richtung Öffnungsfehler!

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

peter-h

Wenn die Optik nur sooooo einfach wäre

Hier ein einfaches Beispiel. Ein alter Aufbau eines bekannten Objektivs. Die Strahlvereinigung sieht perfekt aus und ist für das Konstruktionsjahr auch ausgezeichnet.



Betrachtet man jetzt aber für unterschiedliche Einfallshöhen (von der Mitte bis zum Rand) die sog. Schnittweite (Abstand zur Bildebene) und das auch noch für unterschiedliche Farben, so kommt keine senkrechte Linie (Idealfall), sondern stark verbogene Kurven heraus. Man erkennt, dass der Optikrechner versuchte einen Kompromiss zu finden, aber die Randstrahlen weichen sehr schnell vom Idealpunkt ab. Resultat : ein Bild mit einem scharfen Kern und einem leichten Schleier bei voller Öffnung.

Werden die Randstrahlen ausgeblendet (1 bis 2 Blenden abblenden), so kommen die abweichenden Strahlen nicht mehr zur Bildgebung, das Bild wird schärfer ! Gleichzeitig werden aber durch die Beugung bedingt die Beugungsscheibchen immer größer und übertreffen ab ~ Blende 11 den Zugewinn an Schärfe durch die mangelnde Strahlvereinigung. So hat jedes Objektiv, je nach Konstruktion, eine ideale Blende für beste Abbildungsleistung.


Abszisse => Längsabweichung der Schnittweite , Ordinate => Einfallshöhe (Radius) der Strahlen

Vielleicht hilft diese Betrachtung  ???

Gruß
Peter

Kay Hoerster

Na also, wie Peter schrieb:

Zitat von: peter-h in April 19, 2012, 09:10:33 VORMITTAG
...
So hat jedes Objektiv, je nach Konstruktion, eine ideale Blende für beste Abbildungsleistung.
...
Gruß
Peter
es gibt sie doch, die weiteren Zusammenhänge (war mir auch so in Erinnerung...), also muss doch die o.g. Aussage, dass sich die Auflösung mit steigender Blende (= Verringerung der Öffnung) reduziert, zumindest eingeschränkt werden.

Gruß Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

Eckhard F. H.

Hallo zusammen,
möchte meinen Senf auch loswerden. Man darf nicht übersehen, daß das meiste Licht, welches das Objektiv passiert und die Bildebene erhellt, nicht der Objektebene entstammt. Die Schärfebene der Abbildung wird also durch ´Fremdlicht´ stark überstrahlt . Auch helle Objekte der Objektebene fördern die Überstrahlung. Somit entsteht der Eindruck besserer Schärfe durch Abblendung. An höhere Auflösung durch Ausblendung achsferner Strahlen glaube ich weniger. Wäre das ausschlaggebend, hätten Zentralblenden keine Berechtigung. Belehrung bzw. Korrektur erwünscht.
Gruß - EFH

Detlef Kramer

Lieber Eckhard, lieber Kay,

das ist schon so, wie Peter es ausführlich beschrieben hat und was ich mit dem Stichwort Öffnungsfehler angedeutet habe. Der Öffnungsfehler wirkt dem Beugungsfehler entgegen, das heißt, er wird um so größer, je weiter die Blende geöffnet ist und Randstrahlen zur Abbildung "zulässt". Die Konstrukteure der Fotoobjektive haben halt diese weiten Öffnungen "zugelassen", weil man dadurch, unter Inkaufnahme leichter Unschärfe, einen Gewinn von zwei bis drei Blendenstufen bekommt. Man muss halt wissen, mit was man sich dieses erkauft.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Kay Hoerster

Zitat von: Detlef Kramer in April 19, 2012, 10:16:45 VORMITTAG
Lieber Eckhard, lieber Kay,

das ist schon so, wie Peter es ausführlich beschrieben hat und was ich mit dem Stichwort Öffnungsfehler angedeutet habe.
...
Herzliche Grüße
Detlef
Lieber Detlef,

daran habe ich auch nie gezweifelt und das von Peter so schön dargestellte Verhalten deckt sich ja auch mit meiner Erfahrung. Es ging mir lediglich darum, die o.g. Aussage, dass sich die Auflösung mit geringerer Öffnung reduziert, einzuschränken, es müssen eben bei der Auflösung die weiteren Effekte mit berücksichtigt werden.

Gruß Kay
Mit freundlichen Grüßen
Kay

hinrich husemann

#14
Hallo Auflösungsfreudige,
Vielleicht nur nochmal zur Erinnerung: Die von Herrn Höbel dargestellte klassische Rechnung zur Zweipunkte-Auflösung (sie stammt ursprünglich mehr aus der Astronomie zur Auflösung von Doppelsternen von dem britischen Astronomen Airy) enthält zur Vereinfachung natürlich einige idealisierende Voraussetzungen; hier: Die Abbildungsobjekte sind benachbarte, gleich hell monchromatisch mit gleicher Wellenlänge inkohärent leuchtende "Punkte" in dunkler Umgebung, die Abbildung sei völlig aberrationsfrei (d.h. z.B. auch die Sinusbedingung gilt voll), und es wird das  - durchaus nicht ganz "willkürfreie" - Rayleigh-Kriterium (daher der Faktor f = 0,61 in der Gleichung) zu Grunde gelegt. Das aber ist - bei aller praktischen "Vernünftigkeit" - an sich mehr mathematisch motiviert und es gibt durchaus noch etwas andere , wie z.B. das Sparrow-Kriterium, das zu einem kleineren Faktor führt, siehe hierzu die Abbildungen.
Links Bild und Intensitätsverteilung eines bei Abbildung eines monochromatisch leuchtenden "Punktes" in der Bildebene resultierenden "Airy-Scheibchens"; rechts die sich bei Überlappung zweier Airy-Scheibchen - inkohärent leuchtende Objektpunkte vorausgesetzt - resultierenden Intensitäts-"Gebirge" mit den unterschiedlichen Vorfaktoren f zur Berechnung des Auflösungsvermögens. (Die Ordinaten stellen jeweils die Intensität, die Abszissen jeweils den Ort in der Bildebene dar). Man sollte schon deshalb die so errechneten Zahlenwerte des Auflösungsvermögens nicht zu eng sehen.

                 

Es wird also hierbei nur der Einfluss der Beugung an der Aperturblende des Objektivs auf das Auflösungsvermögen erfasst, nicht der der nie ganz zu vermeidenden Unvollkommenheiten von dessen Korrektur. Diese lassen sich - wie schon in der Diskussion angesprochen - mit steigendem Öffnungsverhältnis zunehmend schwerer beherrschen.

Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann