Ginster scheibchenweise - mit Pilz- und Larvenbefall - gelöst: Psyllidae

Begonnen von Fahrenheit, März 13, 2009, 22:02:46 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Hallo liebe Milbenfreunde,

seit heute Mittag habe ich nun leihweise ein gutes altes MBL 10 hier stehen. Der Nachbar, der es mir geliehen hat, ist Biologe und tippte beim Blick auf Mikes Bild auch auf eine Milbe.

So weit, so gut. Da wir über das Wochenende Besuch haben, werde ich mich wohl noch ein wenig gedulden müssen, um genug Ruhe zu haben, um die lieben Tierchen frei zu präparieren.

Ich hoffe, ich bekomme die A520 mit Klaus' Adapter und Universalokular auf die Schnelle adaptiert, um Bilder zeigen zu können.

Sobald ich was habe, stelle ich es hier ein.

Da ich immer noch davon ausgehe, dass es sich bei den Strukturen in meinem Schnitt (die Bilder 2, 4 und 8 ) um Pilzhyphen handelt und das Alien auf Mikes Bild nun von verschiedenen Seiten als Milbe angesprochen wurde, glaube ich, dass die von den Milben geschädigten Ästchen anschließend Opfer eines Pilzes geworden sind.

Welche Theorien habt Ihr / haben Sie auf Basis des bisher vorliegenden Materials? Welche weiteren Untersuchungen sind sinnvoll?

Viel Spaß, herzlichen Dank fürs Mitmachen und schöne Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#32
Guten Abend zusammen,

so, nun noch ein paar Milbenbilder. Teils mit dem Stereomikroskop MBL 10 und teils im Hellfeld bei vorsichtig aufgelegtem Deckglas aber ohne Flüssigkeit, daher die flauen Bilder.

Bild 12: Der Kopf einer Milbe schaut durch die Epidermis eines Ginsterästchens. Darüber befindet sich in der Regel eine Kappe aus abgestorbenen Zellen, diese habe ich hier entfernt. MBL 10, 33x mit Canon A520 und Universalokular.


Bild 13: Die herauspräparierte Epidermis mit Milbe von unten. Leider sehr unscharf ...


Bild 14: Hier die freipräparierte Milbe von der Bauchseite gesehen. Nun im Hellfeld bei 200x unter dem Leica DM E.
Der Kopf ist oben (2 Stummelfühler mit je zwei Filamenten sind außerhalb der Schärfenebene noch als Schatten erkennbar), der Hinterleib unten. Man erkennt 6 Beine mit schaufelförmigen Enden.


Bild 15: Noch mal in einer anderen Schärfenebene. Zwischen den Beinen beginnt eine Art Saugrüssel (?). Dieser ist sehr lang, er verläuft zwischen dem 2. und 3. Beinpaar auf der Rechten Seite und endet irgendwo am Hinterleib. Ob die Milbe damit das Phloem des Ginsters anzapft? Der Rüssel ist übrigens auch auf Mikes Bild zu sehen. Da schlängelt er sich links an den Beinen vorbei.


Bild 16: hier noch mal die Oberseite des Milbenkopfes bei 400x


Die Ginsterästchen sind voll mit diesen Milben. Ich würde vermuten, dass es sich dabei um ein Larvenstadium handelt, die letzte Milbengeneration also ihre Eier in den Ginster gelegt hat. Diese haben sich dort über den Winter entwickelt.
Hat jemand eine Idee, um welche Milbenart es sich handeln könnte und wo man etwas über die Entwicklungsstadien der Milben nachlesen kann?

Somit leidet der Ginster also unter zwei Parasiten: den Milben und wohl aufgrund der von diesen stammenden Verletzungen auch noch an einem Pilz (Hyphen in Bild 8 dieses Threads).

Schöne Grüße
Jörg
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schnecken-maike

Guten Morgen,

auf diesen Bildern ist nun deutlich zu sehen, dass es sich nicht um eine Milbe handelt. Es ist ein Insekt, deutlich an den 6 Beinen und den drei Körpergliedern (Kopf, Thorax, Abdomen) zu erkennen.
Milben legen ihre Eier auch nicht in Pflanzengewebe, sondern auf der Unterseite oder in Blattachseln auf der Oberfläche, wie Blattläuse auch.
Wahrscheinlich handelt es sich um eine Pflanzenwespe.

Gruß Maike

Fahrenheit

Guten Morgen Maike,

klar, da fehlt ein Beinpaar  :-[ - da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Danke für Deinen Hinweis.

Ich habe mal ein wenig nach Blattwespen gegoogled - deren Larven sind ja meist raupenförmig und haben deutlich erkennbare Mundwerkzeuge und nicht so einen seltsamen "Saugrüssel".

Nun bin ich wirklich gespannt, um was für ein Tier es sich genau handelt. Ich habe im Forum der Site Insektenfotos mal eine Anfrage eingestellt. Vielleicht gelingt dort ja trotz der unscharfen Photos die Bestimmung.

@Mike: wenn Du möchtest, kannst Du den dortigen Thread ja noch um Deine Bilder erweitern. Ich denke, das erhöht die Chance für eine Bestimmung unseres Aliens  :)

Schöne Grüße
Jörg
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Fahrenheit

Hallo Maike,

im Parallelthread im Forum der Pilzfotopage lese ich gerade, dass Milbenlarven grundsetzlich nur 3 Beinpaare haben. Erst die Adulti haben 4.

Auf meine Anfrage im Forum von Insektenfotos.de kam ein Hinweis auf Zikadenlarven.

Es bleibt also weiter spannend.

Schöne Grüße
Jörg
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A. Büschlen

... oder eventuell Wanzen?!

Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.

Fahrenheit

#37
Hallo Zusammen!

Gestern habe ich noch etwas gearbeitet, ein kleiner Schwarm der Larven ruht nun in Euparal und muss noch etwas aushärten. Es war ganz schön frickelig, die Tiere unbeschädigt aus dem umgebenden Pflanzengewebe zu präparieren. Ich hoffe, bald bessere Photos einstellen zu können.

Zwei neue Details waren schon erkennbar: ein Zacken- oder Wellenkranz am After sowie je zwei Atemöffnungen oberhalb der Beine.
Eine solche ist auch auf Mikes Aufnahme erkennbar: die Strukturen direkt links oberhalb des ersten Beins.

Schöne Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#38
Guten Morgen miteinander!

Nun geht es weiter mit dem fröhlichen Larvenraten  :)

Heute habe ich das soweit ausgehärtete Präparat unter die Linse gelegt und eine Serie Bilder von den hartnäckigen Unbekannten gemacht.

Alle Bilder sind mit Helicon Focus gestackt (2 bis 21 Aufnahmen) und leicht nachgearbeitet. Die Aufnahmen wie immer mit Leica C-Plan Objektiven an Leica DM E und Canon A520 über Periplan Okular.

Die Größe der Larven liegt bei ca. 150 bis 200 µm.

Bild 17: Übersicht Bauchseite, 200x


Bild 18: Übersicht in Seitenlage, 200x. Man beachte die langen Fibrillen, die zu den Mundwerkzeugen gehören.


Bild 19: Nochmal die Bauchlage mit besserem Blick auf die Mundwerkzeuge, 200x


Bild 20: Die Mundwerkzeuge bei 400x, für mich seltsam erscheint die Lage zwischen dem 1. und 2. Beinpaar. Sie scheinen bei beträchtlicher Länge unter Kopf und Torax gefaltet zu sein.


Bild 21: Atemöffnungen(?) oberhalb der Beinansätze und ein roter Augenfleck. 400x.


Bild 22: Die Afteröffnung ist von einem welligen Kranz umgeben. 400x.


Vielleicht ergibt sich ja mit dem neuen Bildmaterial eine Möglichkeit zur Bestimmung. Es würde mich schon sehr interessieren, um welche Art oder wenigstens Familie es sich hier handelt. Alleine schon, um das Präparat ordentlich beschriften zu können.  ;)

Schöne Grüße und viel Spaß beim Raten!
Jörg
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Klaus Herrmann

Hallo Jörg,

toll, was Du da rausgefunden hast und super Präparation!

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Fahrenheit

Hallo Klaus,

vielen Dank für Dein Lob! Ich hoffe, die Bildqualität ist diesmal ausreichend für eine Bestimmung.

Schöne Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#41
Guten Abend miteinander!

Leider haben die letzten Bilder nicht für eine Bestimmung gereicht. Im Forum von Insektenfotos.de erhielt ich den Tipp, die befallenen Zweige aufzubewahren um Bilder der weiteren Entwicklungsstufen machen zu können.

Nach meinem Osterurlaub fand sich tatsächlich eine frei bewegliche Larve, die dem unbeweglichen Stadium noch sehr ähnlich sieht sowie - leider nur - die Häutungsreste eines noch weiter entwickelten Tieres.

Hier nun der nächste Satz Bilder, aufgenommen mit dem Stemi - Kameratechnik wie üblich.

Vielleicht klappt es ja diesmal. Die Kopfform des Häutungsrestes erinnert mich nun stark an eine Zikade.

Nun muss ich überlegen, wie ich die Funde weiter präpariere - zumal die Aufnahmen der Dauerpräparate im Durchlichtmikroskop um einiges besser sind. Vielleicht findet sich ja noch ein zweites Exemplar, sodass ich beide Seiten darstellen kann ...

Bild 23: Unterseite der Larve, die Ähnlichkeit mit dem Entwicklungsstadium im Ginster ist unverkennbar. Insbesondere auch bezüglich der seltsamen Mundwerkzeuge. Leider lässt die Schärfe etwas zu wünschen übrig. Vergrößerung 35x zuzüglich Kamera-Zoom. Das Tier ist ca. 1,5 mm lang. Immer noch 6 Beine.


Bild 24: Oberseite des gleichen Tieres. Die roten Augen lassen sich einigermassen erkennen - vielleicht hilft die Rückenzeichnung bei der Bestimmung.


Bild 25: Der Häutungsrest von schräg oben. Länge ca. 3 mm, Vergrößerung wieder 35x. Die Anlage der Mundwerkzeuge wird nun deutlicher und die Facettenaugen waren schon vor der Häutung voll entwickelt. Für mich sieht das wie eine Zikade aus. Immer noch 6 Beine ...
Problematisch: trotz des Fundortes kann ich nicht ausschließen, dass es sich um einen 'Beifang' handelt.


Bild 26: Besonders interessant finde ich die Reihen kreisförmiger Vertiefungen an Kopf und Thorax - auf dem Bild leider etwas unscharf als helle Punkte erkennbar, siehe Markierung. Bei einem schnellen Blick durchs Lichtmikroskop bei 400x habe ich festgestellt, dass sich in der Mitte jeder dieser Vertiefungen ein Kolben auf einem Stielchen befindet. Ob es sich dabei um eine Art Sinnesorgan handelt?


Wer kann anhand der neuen Bilder etwas zu meinen unbekannten Ginsterbewohnern sagen?

Vielen Dank!
Jörg

p.s.
Den gleichen Beitrag habe ich auch an die Threads im Forum der Pilzfotopage und im Forum von Insektenfotos.de angehangen.
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Fahrenheit

Hallo zusammen!

Hier noch ein Nachtrag für alle Interessierten: beim Stöbern im Netz bin ich auf die Zikadenseite der Uni Oldenburg gestoßen. Dort wurde ein Bestimmungsschlüssel für Zikadenlarven erstellt. Eine Vorabversion davon von 2005 ist auf der Site als PDF abrufbar.

Zikadenlarven bei der Uni Oldenburg

Auf Seite 2 des Schlüssels im Abschnitt 3(2) ist von Sinnesgruben im Stirnbereich die Rede. Vom Aufbau her (wenn ich die Hülle präpariert habe, werde ich hoffentlich Bilder zeigen können) kommt das sicher hin und ich bewerte das mal als Bestätigung für meine Vermutung bezüglich der Strukturen am Häutungsrest (Bild 4).

Vom der Fundpflanze her und dem was ich bisher im Netz gesehen habe, lehne ich mich jetzt mal weit aus meinem Laien-Fenster und vermute, dass es sich vielleicht um die Ginsterzikade (Gargara genistae) handeln könnte.

Schöne Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#43
Nochmals Hallo!

Heute möchte ich ein Bild von den Sinneszellen an Kopf und Thorax der Zikadenlarve nachreichen.

Es ist mit dem Durchlichtmikroskop ohne Deckglas bei 200x entstanden und daher etwas flau. Ich konnte mich noch nicht dazu durchringen, ein Dauerpräparat zu erstellen, da man bei diesem Objekt unter dem Stemi noch den besten Gesamteindruck bekommt.



Wie schon in weiter oben beschrieben, besteht jede Sinnesgrube aus einer mehr oder weniger halbkugelförmigen Vertiefung, in der auf einem Sinneshaar eine Art Kolben sitzt.
Das Sinneshaar entspringt in einer Art Becher, der dessen Fuß nach aussen abzuschirmen scheint.

Meine Vermutung zur Funktionsweise (hier bitte ich um Korrektur, wenn ich falsch liege): die Gebilde reagieren auf Erschütterungen oder Luftschall, der vielleicht noch durch die Grube gebündelt auf den Kolben trifft und diesen somit in Schwingung versetzt. Nervenzellen am unteren Ende des Sinneshaares registrieren die Schwingungen und bilden somit eine Art Gehör.
Wenn dem so ist, ermöglicht die Verteilung der Sinnesgruben dem Tier wahrscheinlich eine gute Richtungsbestimmung der Schall- oder Erschütterungsquelle.   

Schöne Grüße
Jörg
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Fahrenheit

#44
Guten Abend zusammen!

Für alle, die noch immer interessiert sind, hier nun die Bilder von der fertig präparierten Larve.  ;D

Leider hat es zu einer genaueren Bestimmung bisher noch nicht gereicht, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.

Kurz zur Technik: Leica C-Plan 10x und 40x mit Canon A520 über den Herrmannschen Adapter an Leica Periplan 10x.

Bild 27: Die Larve von oben gesehen bei 100-facher Vergrößerung - Gesamtlänge ca. 1,5 mm. Die Strukturen der Beinansätze scheinen leider etwas durch und ein Bein ist beim Auflegen des Deckglases abgebrochen (es liegt einzeln ausserhalb der Aufnahme). Der Objektträger liegt für dieses Bild auf der falschen Seite, da die Larve auf dem Rücken liegend präpariert ist und ich leider keine zweite für ein Doppelpräparat gefunden habe. Stack mit Helicon Focus (39 Aufnahmen).


Bild 28: Dieselbe Larve von unten gesehen, ebenfalls bei 100-facher Vergrößerung. Hier wieder die charakteristischen Mundwerkzeuge, wie sie auch schon bei den jüngeren Tieren aus dem Ginsterästchen erkennbar waren. Hier nun mit dem Deckglas nach oben. Stack mit Helicon Focus (26 Aufnahmen).


Bild 29: Noch mal die Mundwerkzeuge bei 400-facher Vergrößerung. Es hat den Anschein, als ob die bei den jüngeren Larven herausragenden Fibrillen nun 'eingezogen' sind.


Schöne Grüße
Jörg
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