Nun aber zur Sprossentwicklung bei Wisteria sinensis:Eines gleich vorweg: nach den Informationen von Herrn Prof. Schweingruber sind die Anomalien in der Abfolge von Xylem und Phloem - Ursache sind aufeinanderfolgende Cambien - erst bei älteren Sprossen zu erwarten. Zitat: "Successive Kambien treten erst nach einigen Jahren auf. Ein bestimmtes Alter kann ich Ihnen nicht angeben. Sobald die Stämme mikroskopisch kleine Unregelmäßigkeiten aufweisen ist anzunehmen, dass sich zumindest lokal ein eingeschlossenes Phloem befindet." Hier hoffe ich, mit Detlef an der großen Glycine noch fündig zu werden und dann den Thread ergänzen zu können.
Aber auch die "Jungspunde" zeigen einige Besonderheiten, die wir nach ein paar Wirrungen aufklären konnten. Im Folgenden zeige ich die einzelnen Aspekte und Übersichten immer in Gruppen vergleichbarer Stellen der drei Altersstufen, teilweise ergänzt durch die Bilder der frischen Schnitte des ganz jungen Sprosses. Den Abschluss bilden interessante Einzelaufnahmen aus allen bisher untersuchten "Altersklassen", wie z.B. Stoma und Siebplatten.
Los geht es mit einer Übersicht über den Sprossaufbau. Das erste Set mit unbeschrifteten Bildern und das zweite dann mit den gleichen Aufnahmen aber mit Maßstab, Beschriftung und Erläuterungen zu den Aufnahmen. Wer die Beschriftung nachlesen möchte, findet auf der MKB Webseite eine
Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen zum Herunterladen.
Bild 6a/d: Übersicht, 6a junger Spross ungefärbt, 6b junger Spross W3Asim II, 6c im Alter von 6 Monaten und 6d zweijähriger Spross. Vergrößerung 100x (a/b) bzw. 50x (c/d), Stapel aus 18, 16, 12 und 14 Bildern




Bild 7a/d: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 6.

Hier fällt gleich eine Besonderheit ins Auge: Es gibt nicht nur einen Ring von Zellen mit Chloroplasten (AP) im Rindenparenchym, sondern auch weiter innen zeigt die Grünfärbung der Zellen das Vorhandensein der kleinen Energiewandler an. Deutlicher als im folgenden gefärbten Schnitt ist ein mehrlagiges Kollenchym unterhalb der Epidermis zu erkennen. Als Besonderheit, die wir in einer weiteren Serie genauer betrachten werden, zeigen sich hier unterhalb der Sklerenchymkappen große Idioblasten, bei denen es sich wohl um Exkretzellen (ExZ) handelt. In der Literatur (siehe Beschreibung oben) wird auf ein giftiges Harz hin gewiesen - eventuell ist es hier unter gebracht ...

Im gefärbten Schnitt treten die verholzten Zellen besser hervor und es zeigt sich, dass im Phloem Inseln von Siebröhren und Geleitzellen liegen, die vom Phloemparenchym umgeben sind. Mitten drin liegen die Exkretzellen.

Leider in anderer Orientierung, aber die Entwicklung fällt sofort ins Auge: im Xylem haben sich große Tracheen gebildet und im Phloem finden sich bis zu drei Lagen sklerifizierten Phloemparenchyms übereinander und dazwischen Bänder von Siebröhren und Geleitzellen. Oberhalb, aber noch immer innerhalb der noch weitgehend intakten Sklerenchymkappen sieht man dunkelgrüne Bänder zusammengeschobener Phloemzellen und auch die Exkretzellen sind nicht mehr prall, wie im jungen Spross sondern wirken schrumpelig. Unter der alten Epidermis hat sich ein Periderm entwickelt.

Ein weiteres Jahr Wachstum bringt weitere Veränderungen. Das Xylem mit den großen Tracheen nimmt noch mehr Raum ein (siehe auch die Makroaufnahme Bild 5), es hat sich neues Phloem gebildet - diesmal können wir an machen Stellen schon vier Lagen sklerifizierten Phloemparenchyms zählen. Neues Phloem? Ja! Denn oberhalb finden wir, stark zusammengeschoben aber anhand des sklerifizierten Parenchyms noch gut erkennbar, einige alte Lagen disfunktionalen Phloems (APl). Das sekundäre Dickenwachstum hat alle außerhalb des Cambium liegenden Gewebe nach außen abgedrängt. Die Sklerenchymkappen sind zerrissen und die Lücken füllen nun Steinzellen (Skl/SZ) und die Exkretzellen sind verschwunden, an sie erinnern nur noch einige dunkle Stellen, die hier nicht zu erkennen sind. Große Teile des Korks lösen sich im Periderm ab und mit ihnen die Reste der Epidermis und der Cuticula - hier zeigt sich das Rindenbild des adulten Sprosses.
Am interessantesten ist sicher die Entwicklung der Exkretzellen, die wir uns nun in zwei neuen Serien gemäß dem obigen Muster anschauen.
Bild 8a/c: Gruppen von Exkretzellen in den unterschiedlich alten Sprossen. 8a junger Spross, 8b im Alter von 6 Monaten und 8c zweijähriger Spross. Vergrößerung 400x, Stapel aus 7,6 und 10 Bildern



Bild 9a/c: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 8.

Schön prall gefüllt: ein Nest mit vier Exkretzellen (ExZ; Idioblasten) unter der Sklerenchymkappe (SklK). Drum herum liegen, im Phloemparenchym eingebettet, einzelne Nester von Siebröhren mit ihren Geleitzellen. rechts unten sind sogar Siebplatten erkennbar.

Wie in der Übersicht schon zu sehen, ändert sich das Bild: der durch den Beginn des sekundären Dickenwachstums entstehende Druck der vom Cambium neu gebildeten Zellschichten schiebt die älteren Zellen unter der Sklerenchymkappe zusammen. Die Zellen des primären Phloems sind kollabiert und funktionslos und auch die Exkretzellen wirken ein wenig gequetscht.

Nach einem weiteren Jahr sind die Änderungen extrem: die Sklerenchymkappen sind auseinander gerissen, die Lücken werden von Steinzellen gefüllt (SZ, auch ein Idioblast). Nun sind auch die Exkretzellen vollständig kollabiert und nur noch als dunkle Struktur in der Bildmitte erkennbar (aExZ).
Hier haben wir länger diskutiert. Klar ist, dass es sich um Zellen handelt. Dies ist an den Zellwänden schön zu erkennen, die gerade bei den Gruppen sichtbar werden, in denen die Exkretzellen direkt aneinander liegen. Die Form der Zellen (länglich oder kugelförmig) muss noch durch Längsschnitte geprüft werden - wieder Arbeit für das kommende Frühjahr.
Hierzu noch einmal ein Zitat von Prof. Schweingruber: "Die Lakunen sind im ersten Jahr im Phloem entstanden, unmittelbar innerhalb der Cortex. Ich vermute, dass es sich um laticifers (Gänge zur Leitung von Exkretstoffen) handelt. Sie scheinen nur im ersten Jahr vorhanden zu sein. In meinen 3 Präparaten älterer Triebe fehlen sie. Erst mit Längsschnitten ließe sich die Hypothese verifizieren."
Für mich stellt sich nun die Frage, wozu diese großen Idioblasten dienen. Enthalten sie, wie oben schon vermutet, ein Harz oder ein Gemisch aus verschiedenen sekundären Pflanzenstoffen? Die Rotfärbung der kollabierten Zellen in Bild 8c und 9c könnte ein Hinweis auf Phenole sein ...
Was ist der Nutzen dieser Strukturen für die Pflanze? Immerhin "leben" die Zellen nur ca. ein Jahr. Vielleicht ein Fraßschutz für den frischen, leckeren Trieb? Aber der ist ja auch giftig ...
Und vor allen Dingen: was passiert mit dem Zellinhalt? Wird der resorbiert? Ich gestehe, ich habe keine Idee.
Werfen wir nun einen Blick auf das Phloem.
Bild 10a/c: Das Phloem in den unterschiedlich alten Sprossen. 10a junger Spross, 10b im Alter von 6 Monaten und 10c zweijähriger Spross. Vergrößerung 200x (10a/b) und 100x, Stapel aus 14, 14 und 18 Bildern



Bild 11a/c: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 10.

Im Phloemparenchym unterhalb der Sklerenchymkappe befinden sich Nester von Siebröhren und Geleitzellen und dazwischen die Exkretzellen.

Hier hat sich nun die schon angesprochene Struktur aus mehreren Lagen von Siebröhren und Geleitzellen getrennt von Bändern sklerenchymatischen Phloemparenchyms gebildet. Auffällig ganz rechts im Bild die großen Öffnungen der Siebplatte.

Tendenziell scheint die Anzahl der Phloembänder mit dem Alter zu zu nehmen, aber es gibt keine prinzipiellen Änderungen mehr.
Jetzt sind die Tracheen dran!
Bild 12a/d: Tracheen, 12a junger Spross ungefärbt, 12b junger Spross W3Asim II, 12c im Alter von 6 Monaten und 12d zweijähriger Spross. Vergrößerung 200x, Stapel aus 7, 9, 10 und 16 Bildern




Bild 13a/d: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 12.

Wir sehen eine Baustelle: die hier angeschnittene Trachee ist noch ganz jung, was daran zu erkennen ist, dass sie noch nicht über die typischen verholzten Zellwände verfügt und quasi am Cambium anliegt. Trotzdem hat sie bereits einen Durchmesser von etwas mehr als einem zehntel Millimeter.

Zwar aus dem gleichen Sprossstück, aber schon etwas älter zeigt sich diese Trachee mit schon gut definierten Zellwänden. Interessant und auch schon in den Bildern 12a und 13a zu erkennen: verholzte Xylemzellen findet man erst unterhalb der Trachee.

Hier haben wir nun eine voll ausgebildete Trachee mit einem Kranz transversal orientierter Zellen. Das ganze ist ordentlich verholzt und die Trachee hat einen Durchmesser von gut 0,2 mm.

Hier setzt sich die Ausdifferenzierung des Xylems weiter fort und die Anzahl der Tracheen hat massiv zugenommen. Siehe auch 6d und 7d.
Nun noch einen Blick auf die äußeren Gewebeschichten (Rindenparenchym und Epidermis bzw. Periderm), hier zeigt sich der Übergang vom primären zum sekundären Abschlussgewebe.
Bild 14a/d: Abschlussgewebe, 14a junger Spross ungefärbt, 14b junger Spross W3Asim II, 14c im Alter von 6 Monaten und 14d zweijähriger Spross. Vergrößerung 200x, Stapel aus 13, 14, 12 und 12 Bildern




Bild 15a/d: Nun mit Beschriftung in der gleichen Reihenfolge wie in der Bildserie 14.

Hier sind die einzelnen Zellarten auch ohne Färbung sehr gut zu erkennen. Unter der Einreihigen Epidermis mit der Cuticula folgt ein Kollenchym, darunter liegt das Rindenparenchym auf der chloroplastenhaltigen Endodermis auf. Dann folgen die von Markstrahlen durchbrochenen Sklerenchymkappen. Auf der Epidermis sind auch zwei Haarstümpfe zu sehen.

Der gleiche Aufbau, aber die Zelltypen sind nicht mehr so eindeutig zu unterscheiden.

Nun haben wir ein Periderm, das sich aus dem Phellogen direkt unterhalb der noch vorhandenen abgestorbenen Epidermis entwickelt hat. An den Markstrahlen zeigen sich erste Steinzellen.

Im Zuge des weiteren Dickenwachstums wurde die alte Epidermis und auch einige Lagen des Phellems (Kork) abgestoßen. Das Periderm hat nun seine endgültige Form erreicht. Steinzellen füllen die Lücken der zerrissenen Sklerenchymkappen und finden sich nun auch im Rindenparenchym.
Und noch einen ...