Lieber Herr Renz,
vielen Dank für Ihre Abbildung des schönen Plössl-Instruments. Es kamen mir zuerst die drei "Spinnenbeine" in die Augen, noch bevor ich woanders hingeschaut oder einen Text gelesen hatte. Nobert rief ich aus, doch niemand hörte es, ich war alleine. Tatsächlich ähneln sich manche Instrumente des Pommern Nobert und des Plössl. Man möchte manchmal nicht glauben, daß diese filigranen Gebilde genügend Standfestigkeit hatten, um in irgendeiner Weise nützlich zu sein. - Die Zeiten und die Ansprüche an die Mechanik sind heute eben andere. Gerade bei den mechanischen Teilen zeigt sich, daß wir heute zu viel massiveren und grobschlächtigeren Formen gekommen sind, weil wir die Anforderungen an die Handarbeit-Präzision von damals aus Gründen der Lohnkosten gar nicht mehr erfüllen könnten. Wäre mein Steckenpferd nicht die Mikroskopie an und für sich und die einiger bot. Organismen im besonderen, dann wäre ich sicherlich gerne Sammler von "Messingmikroskopen" geworden.
Das schöne Wöhler-Mikroskop, das Sie im Bild zeigen, ist mir Anlaß, wieder einmal darauf hinzuweisen: In Hessen war die Tubuslänge anders, aber nicht nur diese. Manche Hufeisen-Mikroskopfüße von Leitz sehen so aus wie die von Kaps, Wöhler, Wenzl, Seibert usw. Ganz bestimmt haben im Lauf der Jahrzehnte mindestens 5 Wetzlarer Mik.hersteller auch als verängerte Werkbank von Ernst Leitz gearbeitet. Man möchte geradezu behaupten, die hessisch-thüringische Grenze markierte innerhalb Deutschland die Grenze zwischen 170 und 160 mm. Nachdem die Carl-Zeiss-Stiftung nach dem WW2 die Fertigung in Göttingen im alten Winkel-Betrieb und in Oberkochen wieder aufgenommen hatte, gerieten diese traditionellen Grenzziehungen völlig durcheinander.
Man darf fragen, was solche Reminizenzen an längst vergangene Mikrokopiker-Herrlichkeit heute noch bedeuten. Doch täuschen wir uns nicht. Gerade die Mikroskopie ist eine Branche, die sehr stark international ausgerichtet ist. Was heute in Deutschland durch DIN genormt wird oder von deutschen Herstellern als Quasi-Norm vorgegeben wird, findet Gehör und wird sofort, schneller als bei uns, in China und Indien in die Tat umgesetzt.
Beste Grüße
KH