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Dumme Fragen ...

Begonnen von Heiko, Dezember 30, 2014, 22:56:33 NACHMITTAGS

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Heiko

Hallo,

dumme Fragen – wird zumindest immer kolportiert – gäbe es nicht. Somit bin ich, wenn auch nur vermeintlich, auf der sicheren Seite für folgendes Szenario.
Dieses * Hexahydrat kristallisiert hexagonal. Da die Kristallwasserabgabe schon bei Zimmertemperatur erfolgt, frage ich mich, ob bei diesen aus warmer Lösung (das Hexahydrat schmilzt (fast) im eigenen Kristallwasser, es musste minimal nachgeholfen werden) erhaltenen Species vom monoklinen Dihydrat ausgegangen werden kann? Sieht ,,man" das an den Morphen? Nein – es entstehen (kalt wie warm) diese nadelförmigen Aggregate:



Nebenbei: das wasserfreie Salz kristallisiert kubisch – kann ich aber nicht zeigen in momentaner Ermangelung eines geeigneten wasserfreien polaren Lösungsmittels.

Wechselt man das Anion, verringert sich die Löslichkeit drastisch. Es entsteht dieser Niederschlag, aufgenommen mit dem 40er. Die wohl als unprofessionell zu bezeichnende ,,Einfärbung" soll der Illustration der Kristallform, vielleicht als bipyramidal zu bezeichnen, dienen:



Sieht ,,man", welches Kristallsystem vorliegt? Da meine (bescheidenen) Quellen hierzu schweigen, gehe ich davon aus, dass es schwierig sein könnte, eine Bestimmung vorzunehmen. Andersherum: Wann ist die Motivation gegeben, eine solche Zuordnung vorzunehmen? Denn immerhin besitzt die Substanz einige ,,technische" Bedeutung.

[* = wird erst später verraten]

Viele Grüße,
Heiko


olaf.med

Lieber Heiko,

die Bestimmung der Symmetrie (also des Kristallsystems) mit dem Polarisationsmikroskop ist eines der wesentlichen Bestimmungskriterien für Kristalle, verlangt aber fundierte kristalloptische Kenntnisse und Erfahrung. Im Wesentlichen zeigt dieser Screenshot aus einer Kristalloptik Vorlesung den Anfang des analytischen Gangs:



Spannend wird es dann, wenn man innerhalb der beiden Gruppen tetragonal, trigonal und hexagonal (sprich einachsig) einerseits und rhombisch, monoklin und triklin (sprich zweiachsig) andererseits weiter unterscheiden will. Da muss man die Kristallmorphologie und das Auslöschungsverhalten mit einbeziehen.

Ich traue mich kaum, da ich wegen des Xylits eigentlich noch in der Bringschuld bin (ich hatte mir seinerzeit die Kristalle angesehen, die aber kristalloptisch ziemlich unspektakulär waren und dann mangels Reizentfaltung nicht weitergemacht), aber wenn Du möchtest kann ich mir die schönen idiomorphen Individuen in Deinem zweiten Bild gerne einmal ansehen. Meine Vermutung aus der Morpholgie ist, dass die Symmetrie entweder tetragonal oder rhombisch ist, aber das bedarf natürlich weiterer kristalloptischer Untersuchungen.

... ach übrigens: gute Fragen ;D ;D ;D

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
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Heiko

Lieber Olaf,

danke für Deine Antwort. Lassen wir zuerst das Hexahydrat aus dem Sack: Strontiumchlorid, im zweiten Foto dann das gefällte Oxalat. Wir werden heute am späteren Abend ja noch die Möglichkeit auf – hoffentlich indirekten – Kontakt mit der Substanz bekommen (Feuerwerk).

Zuerst also die Frage, ob in der Literatur für Strontiumoxalat (als Monohydrat?) das Kristallsystem genannt wird? Falls nicht, lieber Olaf – die Aggregate sind halt verflixt lütt ...

Viele Grüße, prächtige Emissionen mit sattem Rotanteil :D heute Abend und Zufriedenheit für das neue Jahr wünscht
Heiko

olaf.med

Lieber Heiko,

50 µ haben die Dinger, die Du zeigst, ja sicher, und das würde völlig ausreichen.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Miner

Frohes Neues Jahr allerseits.
bei den "bipyramidalen" Kristallen im letzten Foto sieht man ja eigentlich eine Bipyramide und, so scheint es, ein Prisma. Scharf sieht man nur die Pyramidenspitzen, aber vielleicht koenntest du einfach mal auf die obere Prismenflaeche fokussieren? Wahrscheinlich koennte man schon so zwischen einem tetragonalen einerseits und einem trigonalen oder hexagonalen Prisma andererseits unterscheiden.
Schoenen Tag
Ole

olaf.med

Lieber Ole,

auch Dir alles Gute für das Neue Jahr.

Bei Heikos Kristallen bin ich etwas verunsichert. Zunächst dachte ich es sei sehr einfach und nur eine Kombination von Prisma und einer Pyramide wie in der linken Kristallzeichnung, aber der in Heikos Bild mit dem roten Pfeil markierte Kristall, den ich als senkrecht zu c interpretiere, zeigt eine Morphologie, die der rechten Zeichnung entspricht. Wenn das stimmt sollte man an diesem ein Achsenbild sehen, aber da er nicht isoliert ist wird dies schwierig werden. Wenn man die Dinger in den Händen hätte und unter dem Deckglas wälzen würde, wäre dieses Problem sofort geklärt.





Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Miner

Lieber Olaf,
danke. Zugegeben, der eine Vertreter (den du markiert hast), scheint oben abgestumpft zu sein. Aber all die anderen Kristalle sind doch unbestreitbar an beiden Enden spitz zulaufend. Vielleicht sehen wir da zwei Kristallarten Seite an Seite?
Schoenen Abend
Ole

Heiko

Lieber Ole,

zwei Kristallarten im Sinne verschiedener Substanzen – im Prinzip möglich, praktisch eher unwahrscheinlich, da das Präparat frisch war und z.B. die Oxalsäure erst viel später kristallisieren dürfte ...

Jetzt, im trocken gefallenen Zustand, ist natürlich auch mit Kristallen der Ausgangssubstanz im Überschuss zu rechnen – hier vermutlich aber auch nicht der Fall:



Lieber Olaf, ich sende Dir den OT natürlich gerne zu ...

Viele Grüße,
Heiko

Klaus Herrmann

Lieber Heiko,

deine "dummen Fragen" gefallen mir immer wieder gut und durch die "dummen" Antworten von Olaf wird das Ganze ein schöner lehrreicher Beitrag!  :)

Natürlich ist das Rätsel nicht zu lösen gewesen und auch die Frage nach der Kristallklasse konnte ich durch Literatursuche leider nicht klären. Im D´Ans Lax ist Sr-Oxalat nicht aufgeführt. Ich habe nur im W. Geilmans Bilder zur Mikroanalyse anorganischer Stoffe 2 Mikrobilder gefunden, auf denen die Kristalle zu sehen sind. Beschreibung: Gut ausgebildete Bipyramiden oder prismatische Kristalle mit Pyramidenflächen
Deine Bilder sind natürlich schöner! ;)
Leider gibt er nicht immer einen Hinweis auf die Kristallklasse. Also muss Olaf klären!

Ich tippe mal auf rhombisch. 8)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

olaf.med

Lieber Ole,

da hab' ich mich wohl nicht klar genug geäußert. In der ersten Zeichnung sieht man eine Pyramide erster Stellung (0kl) , und die wird duch Heikos neues Bild eineindeutig bestätigt. Der von mir markierte Kristall wird jedoch von einer Pyramide zweiter Stellung (hkl) und der Basis begrenzt.

Lieber Heiko,

Du kannst mir den OT gerne zuschicken, Du kannst es aber auch einmal selbst probieren. Bedecke die Kristalle mit einem kleinen Tropfen Immersionsöl und lege ein Deckglas vorsichtig auf, sodass keine Blasen entstehen. Dazu legt man das Deckglas mit einer Kante auf und hält es mit einer Präpariernadel geneigt. Dann senkt man die Präpariernadel langsam ab bis das Deckglas Kontakt zur Immersion bekommt und legt es dann langsam ganz ab. Schiebe nun mit der Präpariernadel das Deckglas ganz vorsichtig hin und her. Die Kristalle wälzen sich dann in der Immersion und Du kannst sie von allen Seiten betrachten. Wenn es Dir gelingt einen isolierten Kristall ausreichender Größe so hinzuschieben, dass er wie folgendes Bild aussieht (idealisierte Strichzeichnung und roter Pfeil in Deinem Bild) sollte er keine Doppelbrechung zeigen und bei konoskopischer Betrachtung ein einachsiges Interferenzbild geben (wenn die Kristalle tetragonal sind, was ich ganz stark vermute).



Herzliche Grüße,

Olaf
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olaf.med

Lieber Klaus,

wieder einmal haben sich unsere Beiträge überschnitten. Danke für die Ergänzung.

ZitatIch tippe mal auf rhombisch

Natürlich kannst Du recht haben, aber tetragonal ist natürlich auch möglich. Die eindeutige Antwort liefert das Interferenzbild! Ist es zweiachsig hast Du recht, ist es einachsig bin ich der Glückliche.

Jetzt haben wir Heiko präparativ und konoskopisch ganz schön gefordert  ;D ;D ;D

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Klaus Herrmann

Lieber Olaf,

ich bin gespannt wie der berühmte Flitzebogen und habe eben ein Paket mit einem "ordentlichen" Objektiv 50/0,9 an Heiko losgeschickt, damit seine konoskopischen Voraussetzungen besser werden:

ZitatJetzt haben wir Heiko präparativ und konoskopisch ganz schön gefordert
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Heiko

Oh je, oh je,

habe ich das verdient, derart mit anspruchsvollen Arbeitsaufträgen ,,ausgezeichnet" zu werden? Das hat man nun von seiner dummen Fragerei ...

Und wie ich Euch kenne, werdet Ihr mit 50% ,,Wahrheit" nicht zufrieden sein: Klaus möchte seinen 50er-Boliden vorgeführt sehen (wenn er denn eiszapfenfrei hereingeschneit sein wird) und während andere ihren Karpfen in Ei und Semmelmehl wälzen, habe ich dies nun mit Kristallen in Silicon-Öl zu versuchen.
Den Isotropie-Effekt bemerkte ich schon im Frischpräparat. Jetzt trocken – ich traue mich noch nicht an die Zubereitung des Karpfens heran – gibt es natürlich ,,Überstrahlungen", aber dennoch:



Viele Grüße,
Heiko

olaf.med

Lieber Heiko,

sei mir bitte nicht böse, aber ich traue keinem nicht immergierten Präparat. Die Totalreflektion kann einem üble Dinge vorspiegeln. Da warte ich doch bis Du Klaus' Kanone montiert und das Präparat ordnungsgemäß immergiert hast! Ach ja, welchen Brechungsindex hat denn das Zeug überhaupt? Je näher Du mit der Immersion an diesem Wert bist um so besser werden die Interferenzbilder.

Sei doch froh dass wir Dich fordern. Das hält Dich ab an Straßenecken rumzustehen und Bier zu trinken ;).

Herzliche Grüße,

Olaf

Gerne per Du!

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Heiko

Tja, lieber Olaf,
und damit schwinden die Chancen, dass wir uns bei unserem Sekundär-Hobby einmal ,,über die Ecke stehen und trinken" ...  ;D

Hier jetzt die geölte Variante, zum besseren Vergleich in das Ursprungsfoto eingelötet*:



* Für die Nicht-Kollegen: Fachterminus der Eck-Trinker.  ;)

Das Objekt der Begierde selbst hat Schlagseite, leidet unter Kantenkorrosion, ist jämmerlich klein (100er x 12,5er) ...



... und gänzlich nicht geneigt, ein Achsenbild zu spendieren.

Da werde ich die ,,Mischtrommel" wohl noch einmal anwerfen müssen.

Viele Grüße,
Heiko