Leitz Diavert Kombitrieb / eine Matrjoschka unter den Mikroskoptrieben

Begonnen von Frank D., Oktober 13, 2018, 15:24:10 NACHMITTAGS

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Frank D.

Hallo,

erst einmal möchte ich nur das Innenleben dieses beachtlichen Mikroskoptriebs vorstellen. So etwas habe ich bei einer ersten Wartung im Inneren dieser "Messingröhre" nicht vermutet!
Wenn man dann auch noch die Funktionsweise einzelner Baugruppen und deren Zusammenspiel kennen lernt, möchte man den Konstrukteur persönlich kennenlernen und sich mit Respekt verneigen.
Der Orthoplan-Trieb liegt ab sofort bei mir auf Platz 2.

Falls Interesse aufkeimen sollte, wäre ich bereit, mal eine Bild- und Text-Doku zu präsentieren.

Herzliche Grüße
Frank





Rene

Ah, the Diavert, that first Stativ of the modern inverted Bauweise! Yes, I would like a detailed service plan!

The spring on top seems different from mine, is it an update?

Thanks, René

Herbert Dietrich

Hallo Frank,

das ist ja kaum zu glauben, dass man mit so ein paar Schräubchen einen Mikroskop-Trieb konstruieren kann :)
An einer Doku wäre ich sehr interessiert, da bei mir schon jahrelang ein Diavert mit schwergängigem Trieb vor sich hin schlummert.
Vielleicht kann ich es aus seinem Dornröschenschlaf erwecken?

Herzliche Grüße
Herbert

Peter V.

Lieber Frank,

das ist doch das Diavert-ChW mit dem eingebauten Chronometer mit Weltzeituhr! Wo hast Du denn das Ziffeblatt gelassen?

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Diana1982

#4
Lieber Frank,

Das ist ja meiner  :D

So eine Doku, wenn ich mal vorher gehabt hätte ... hätte ich vermutlich trotzdem die Segel gestrichen! Das Ding war absolut nix für Mikroskopwartungsanfängerinnen  ;)
Dabei war der Trieb ja gar nicht richtig fest - nur ein bisschen - und ich hab ihn mehr oder weniger nur aus Neugierde und weils etwas gestört hatte, angefangen zu zerlegen. Tja...musste es ja dann, wie Du weißt, aufgeben. Umso schöner, dass Du das so gut zu Ende bringen konntest!

Danke nochmal, der Trieb läuft jetzt wieder "wie geschmiert" und auch ich würde mich über die Doku freuen!

LG
Diana

Leitz Orthoplan
Leitz Diavert
Leica DMR
Olympus SZX12

www.microscopia.de

Frank D.

Zitat von: Peter V. in Oktober 13, 2018, 19:46:19 NACHMITTAGS
Lieber Frank,

das ist doch das Diavert-ChW mit dem eingebauten Chronometer mit Weltzeituhr! Wo hast Du denn das Ziffeblatt gelassen?

Herzliche Grüße
Peter

Böse Zungen behaupten, Chuck Norris habe den Trieb konstruiert. Bin fassungslos ...

Viele Grüße
Frank

derda

Guten Morgen Frank,

ZitatBöse Zungen behaupten, Chuck Norris habe den Trieb konstruiert. Bin fassungslos ...

Chuck Norris braucht kein Mikroskop, er hat zwei Augen. 😉

Ich weiß nicht, ob man dem Konstrukteur gratulieren sollte. Es gibt gut funktionierende Triebe mit weniger Bauteilen.

Viele Grüße

Erik

Werner

Ist da ein Reibrollen-Feintrieb in der Schnecke?

Gruß   -   Werner

Frank D.

Zitat von: Erik W. in Oktober 14, 2018, 05:57:03 VORMITTAG
....

Ich weiß nicht, ob man dem Konstrukteur gratulieren sollte. Es gibt gut funktionierende Triebe mit weniger Bauteilen.
....

Hallo Erik,

die Frage habe ich mir auch gestellt. Auch die, welchen Vorteil dieser Kombitrieb gegenüber dem geteilten Trieb mit durchlaufendem Feintrieb hat.

Für mich als Gelegenheitsbeobachter ohne besonderen Anspruch hat er den gravierenden Nachteil, dass nicht fixierte Lebendpräparate nicht kontinuierlich mit dem Feintrieb fokussiert (verfolgt) werden können. Gelangen die Tierchen in einen Bereich, an dem der Einstellbereich des Feintriebs endet (beim Diavert ca. 1,75 Umdrehungen), aktiviere ich automatisch den Grobtrieb und das Präparat wird unscharf. Evtl. verschwindet es aus dem Gesichtsfeld, bevor ich neu fokussieren kann.
Als möglichen Vorteil könnte ich mir nur den begrenzten Tischhub vorstellen, der dem Objektiv eine bestimmte Höhendifferenz zuweist.
Wenn jemand dazu etwas schreiben könnte? Es würde mich interessieren.

Zur aufwändigen Konstruktion ....
Dieser Trieb ist erst einmal durch Verharzung nicht zerstörbar. Im Gegensatz zum Orthoplantrieb,
an dem bereits kristallisierte Verharzungen die Zähne des großen Messingrades verstopfen, die Stahlschnecke deshalb aus der Führung gerät und abhebt, die Spitzen von Stahlschnecke und Messingrad wieder aufeinandertreffen und die Flanken der Messingzähne abgeschält werden,
ist dieser Kombitrieb unempfindlich. An diesem Trieb kann auch keine mech. Überbelastung ein Ritzel brechen lassen.
Die Endanschläge werden durch eine einfache robuste Mechanik, entkoppelt vom Triebwerk, realisiert. Der Trieb trägt größere Lasten - wie auch der des Orthoplans -, ohne dass ein Absenken des Tisches befürchtet werden muss; er benötigt deshalb auch keine Triebbremse. Auf- und Ab-bewegung werden mit (fast) identischem Kraftaufwand erledigt. Er kann schnell ausgetauscht werden, d.h., er steht in keiner mech. Funktion zum Stativ. Obwohl es sich in meiner Beschreibung (die kommt später) anders liest, ist er sehr leicht zu justieren.
Ob das alles mal Konstruktionsvorgaben waren? ... keine Ahnung! Jedenfalls wäre ein Gespräch mit einem der damaligen Konstrukteure wirklich sehr spannend.

Nun hat Leitz ja viele verschiedene Konzepte verfolgt - ich erinnere nur an den des Labovert FS oder des Fluovert FS - (mit den neueren Modellen kenne ich mich nicht aus), muss aber sagen, dass mich deren Realisierung jedes Mal fasziniert hat und ich nicht das Gefühl hatte, einen "gepröbelten" Trieb vor mir zu haben.

Viele Grüße
Frank

Frank D.

Zitat von: Werner in Oktober 14, 2018, 17:01:57 NACHMITTAGS
Ist da ein Reibrollen-Feintrieb in der Schnecke?

Gruß   -   Werner

Hallo Werner,

nein, die Nadelrollen dienen nur der Wellenlagerung.
Ich verrate es schon mal vorab: Mit dem Feintrieb erfolgt "nur" eine horizontale Verschiebung der Schnecke. Also, während man den Feintrieb betätigt, dreht sich die Schnecke nicht.

Viele Grüße
Frank

Herbert Dietrich

Hallo in die Runde,

nachdem ich das Innenleben des Diavert-Kombitrieb gesehen hatte, war mir klar: die lange vor mir hergeschobene Reparaturabsicht wird begraben.
Ich hatte vor Jahren mein Spiegelteleskop gegen ein Leitz Diavert eingetauscht und damit so gut wie nie mikroskopiert, da der Haupttrieb sehr schwer
zu drehen war, der Feintrieb lief butterweich.
Nun fasste ich den Entschluss, entweder Katz oder Kater: ich stellte die Saunaheizung auf 60° und stellt das Diavert, nachdem ich Objektive und Trino
entfernt hatte, in die Sauna.
Nach zwei Stunden Sauna-Aufenthalt habe ich nun das erste mal mit dem Diavert mikroskopiert, so weich wie bei den Zeiss Standard läuft der Grobtrieb
noch nicht, aber vielleicht nehme ich das Diavert wieder mal mit in die Sauna :)

Meine Frau schüttelte nur den Kopf und Ihr?

Herzliche Grüße

Herbert

Bob

Hallo zusammen,
der Grund für diese alternative Konstruktion wird sicher in der Zeit vor der Einführund des Diavert zu suchen sein. Herausragend billig zu fertigen ist er wohl nicht, also war es eher die Bedienung, Servicefreundlichkeit oder Robustheit, die der Vertrieb gefordert hat.
@Frank: Ist der Trieb evtl. speziell unempfindlich gegenüber grober Behandlung? Auf so ein inverses Mikroskop könnte man ja ganze Eimer draufstellen.
Oder mag es die verkürzte Einweisung sein: "Drehst Du da bis scharf!"?

Für mich sieht das auf den oberflächlichen Blick hin recht ordentlich konstruiert aus, also warum nicht?

Viele Grüße,

Bob

Frank D.

Ich fange mal mit der Tischführung an, denn die gehört ja ebenfalls zum Triebblock und ist mit der des Orthoplan-Mikroskops identisch. Die Tischführung sollte nur dann zerlegt werden, wenn ein leichtes Verschieben des Tischschlittens durch Verharzung nicht mehr gegeben ist.
Die Bilder sind alle während der Montage entstanden und werden hier für die Demontage in umgekehrter Reihenfolge benutzt.

Nachdem der komplette Block über die 4 tiefliegenden Inbusschrauben vom Stativ getrennt wurde, fährt man mit der Grobverstellung vorsichtig gegen einen Endanschlag. Den Grobtrieb jetzt nicht mehr bewegen.

Die 4 Kreuzschrauben entfernen, den Triebblock abheben und umdrehen.


Am Bügel ist eine Stahlfeder lose angebracht, diese entfernen.
Die Positionen von Endanschlag und Schlittenmulde markieren (besser fotografieren). Wird diese Position bei der Montage nicht eingehalten, verringert sich der Verstellweg (Hub) des Tisches.
Funktion: Die Mulde im Schlitten gibt den Bügel frei und dieser wird durch die Feder von der Welle getrennt. Wird der Tisch jetzt weiter verschoben, drückt der Bügel wieder Richtung Welle. Nach max. einer weiteren Wellenumdrehung schlägt der Bügel gegen den Messingblock und blockiert die Schneckenwelle.


Detailansicht von Bügel und Feder.


Detailansicht von Bügel und Feder.


Die 8 Druckschrauben werden erst nach der Montage der Tischführung eingestellt. Und auch nur dann, wenn sich der Schlitten schwer oder mit ungleichmäßigem Widerstand verschieben lässt. Das ist Gefühlssache und kann nicht richtig beschrieben werden. Ein Anhaltspunkt wäre vielleicht, dass der Schlitten nicht von selbst nach unten fährt und nur bei leichter händischer Aufwärtsbewegung des Blocks gleichmäßig nach unten zieht. Ich hoffe das hat jemand verstanden.  ::)


8 Inbusschrauben entfernen und die beiden oberen Laufflächen abheben.


Eine Lauffläche besitzt eine Rollenführung, die andere eine ebene Gleitbahn.
Funktion der Rollenführung und Gleitbahn: Die Führung gibt die exakte Laufrichtung vor, die Bahn gleicht leichten Versatz durch variablen Laufweg aus und verhindert ein Klemmen.


1. Ebene mit 16 Lagerkugeln und 2 Führungsblechen entfernen. Bei der Montage auf die Lage der Ausprägungen (Nasen) in den Blechen achten.


Schlitten abheben


2. Ebene mit 16 Lagerkugeln und 2 Führungsblechen entfernen. Bei der Montage auf die Lage der Ausprägungen (Nasen) in den Blechen achten.


Die zwei Gleitbahnen abheben. Darunter befinden sich 8 x 3 Tellerfedern. Diese werden über die 8 Druckschrauben eingestellt. Die Tellerfedern müssen bei der Montage wie abgebildet eingelegt werden.
Funktion der Tellerfedern: Diese drücken alle beweglichen Komponenten zusammen und halten diese unter Spannung. Tellerfedern können kraft- oder wegaddierend zusammengesetzt werden. Liegen sie wie "Löffelchen" zusammen addieren sich die einzelnen Federkräfte und der Federweg ist gering. Bei diesem Trieb werden die Federn wegaddierend montiert. Der Federdruck entspricht einer Tellerfeder nur der Federweg ist 3x länger.


Ansicht Rollenführungen und Gleitbahnen




Herzliche Grüße
Frank


Klaus Herrmann

Lieber Frank,

für diese vorbildliche Dokumentation solltest du eigentlich einen Ehrendoktor bekommen. So etwa Dr. hc Leitz-Mechanicus

In dieser Qualität gab es das bestimmt nicht bei Leitz!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

klausLM

Moin Frnk,
ganz großer Dank für Deine Doku.
Ich stehe auch vor der Demontage eines verharzten Diavert-Triebes - beide, Fein- und Grobtrieb.
Zur Zeit bekomme ich die Drehknöpfe noch nicht ab.
Ich hoffe mit Deiner Schrift- und Bildhilfe den Trieb wieder leichtgängig zu bekommen.
Gruß
Klaus