Frage an Chemiker: Was ensteht "Ätzendes" bei der Schaumstoffzersetzung?

Begonnen von Peter V., September 22, 2020, 14:14:59 NACHMITTAGS

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ortholux

#15
Zitat von: Diana1982 in September 22, 2020, 20:03:02 NACHMITTAGS
Also gut, Wolfgang muss gefragt werden.
Er hat den Filterkasten sicher auch.


Mehrfach. Und immer mit grauem Stoff bezogen.
Was gut geht, ist, den Schaumstoff rauskratzen und den Stoff mit dem noch vorhandenen klebrigen Schaumstoff direkt auf's Holz kleben. Dann muß man nicht sooo sauber wegkratzen und die Kiste erscheint original.

Ich such übrigens noch diese Kiste für die 35 mm Lollipop-Filter. Es gibt sie. Haben tu ich aber nur die für die 50 mm Orthoplan-Filter. Gerne unrestauriert und im TAusch.

Wolfgang

ortholux

Zitat von: Peter Reil in September 22, 2020, 19:59:51 NACHMITTAGS
PS: Tröstet euch, auch bei OLYMPUS gibt es sowas - nur die Farbe ist anders - grün.    ::)

Ach Peter, Du erinnerst Dich vielleicht noch an die Zeit, in der man Fotokameras mittels eines Deckels hinten öffnen konnte. Man tat dann irgendwelche mit Silber und Gelatine beschichtete Kunststoffstreifen rein. Diese waren lichtempfindlich und entsprachen quasi dem Bildsensor.

Diese Deckel - meist mit Scharnieren zum Aufklappen - griffen, um einen lichtdichten Abschluß zu gewährleisten, in eine Nut im Kameragehäuse. Diese Nut war mit Schaumstoff gefüllt, um die Lichtdichtheit noch zu steigern.

Sie WAR es. Heute ist das oft die gleiche Plempe, wie man sie in Leitz-Kästchen findet.

Übrigens nicht nur Zeiss, LEitz, Olympus und Canon konnten selbstauflösende Kunsstoffe herstellen. Das konnte auch Volvo. Die Gummierung der Drehknöpfe meines erst 20 JAhre alten Autoradios löst sich genauso auf, wie eine Innenbeschichtung der Türen.

Wolfgang

Thomas M

#17
Hallo Peter,

Zitat von: Peter V. in September 22, 2020, 14:14:59 NACHMITTAGS
Hallo,

das Problem der sich zersetzendes Schaumstoffe - speziell in alten Leitz'schen Versand- oder Aufbewahrungskisten - ist ja bekannt. Offenbar sind die dabei entstehenden Zerfallsprodukte (ggf. auch gasförmige?) derart aggressiv, dass sie nicht nur Metalloberflächen (wie z.B. bei einem U-Tisch), sondern auch Glas angreifen. Filter aus einem solchen Behältnis sind regelrecht mattiert und auch nicht mehr polierbar.

Welches Reaktionsprodukt entsteht vermutlich beim Zerfall dieser Schaumstoffe?

Hezrliche Grüße
Peter

dieses Schaumzersetzungproblem habe ich auch bei einigen Kästen.

Solche Schäume sind häufig Polyurethan-basiert und werden bzw. wurden meist aus Polyolen (z.B. Polyethern wie z.B. PPG oder Polyestern) und aromatischen Isocyanaten, meistens MDI (Methylendiphenylisocyanat) hergestellt. Bezüglich der Hydrolyse der Polyester hat Florian ja schon etwas geschrieben.

Bezüglich aggressiver Inhaltsstoffe gibt es aber noch einen ganz anderen Kandidaten: das MDI. Dieses wird großindustriell aus dem entsprechenden aromatischen Diamin MDA (Methylendianilin) und Phosgen hergestellt. Durch das Phosgen enthalten die so hergestellten Isocyanate immer einen gewissen Anteil an Chlorid in Form von HCl (Salzsäure). Diesen kann man zwar durch Aufreinigung reduzieren aber besonders für industrielle Anwendungen wird/wurde aus Kostengründen gern wenig oder ungereinigtes Roh-MDI verwendet. Für sensible Anwendungen wird Isocyanat mit niedriger Chloridzahl angeboten (Spezifikation). Diese Chlorid-Quelle, insbesondere wenn sie in Form von HCl vorliegt, ist natürlich entsprechend korrosiv, insbesondere wenn auch noch (Luft-)Feuchtigkeit zugegen ist.

Ich habe z.B. einen Transportkoffer für ein schwarzes SM, in dem der Stativkopf viele Jahre auf einem mit Schaum gepolsterten Lager ruhte. Der Schaum hat zwar eine andere Konsistenz wie der in den gezeigten Kästen und ist mechanisch noch intakt aber der verchromte/vernickelte Ring der Tubusaufnahme zeigt an der Kontaktfläche eine signifikante Lochfraßkorrosion.

Die Zersetzung des Polyurethans kann darüberhinaus durch Hydrolyse auch Amine freisetzen, die ebenfalls korrosiv wirken können auf Oberflächen, die empfindlich auf Basen reagieren.

Herzliche Grüße
Thomas

EDIT: Wenn man zu schnell auf senden drückt. MDI ist natürlich kein Methylendiisocyanat sondern Methylendiphenylisocyanat, meist in Form von 2,4'- / 4,4'-Isomerengemischen verkauft.

Peter V.

Hallo,

sogar die leicht gummiartige Oberfläche eine Logitech-Computermaus fühlt sich nach vielleicht zwei oder drei Jahren (seltenster) Nutzung eklig schmierig an. Und auch zahlreiche andere Kandidaten...

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37819.msg278112#msg278112

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Florian D.

Auch im Schuhsektor sorgen die Polyurethane dafür, dass man sich alle 2 Jahre neue Schuhe kaufen muss, weil die Sohlen brechen, auch wenn die Wanderschuhe halt nicht so oft benutzt werden. 

othum

Zitat von: Florian D. in September 23, 2020, 07:40:42 VORMITTAG
Auch im Schuhsektor sorgen die Polyurethane dafür, dass man sich alle 2 Jahre neue Schuhe kaufen muss, weil die Sohlen brechen, auch wenn die Wanderschuhe halt nicht so oft benutzt werden.

Das ist jetzt aber etwas übertrieben. Bei hochwertigen Wanderschuhen (auch Arbeitsschuhen) halten die PU Sohlen etwa 10 Jahre. Ich habe schon 2 Paare von Meindl neu besohlen lassen...

Beste Grüße, Oliver
Zeiss Axiovert S100 HF/Ph/DF, Auflicht-FL
Zeiss Axioskop 50 HF/Ph/Pol, Auflicht-HF/DF/Pol
Kamera: Pentax K-1