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Begonnen von Michael Plewka, November 22, 2020, 09:54:19 VORMITTAG

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Michael Plewka

Hallo zusammen,

in derselben Probe, aus der der letzte Stentor stammt, fand ich einen weiteren Stentor, der sich unter der Stereolupe durch seine braune Färbung von den anderen, eher weißlich erscheinenden Stentoren unterschied. Unter dem Mikroskop war der Makronucleus mit seinerr ovalen Form ebenfalls unterschiedlich zu S. roeseli. In dieser Übersichtsaufnahme sieht man deutlich, wie weit sich der Ciliat in der Röhre fortsetzt.  Was man auf dieser Aufnahme nicht sehen kann, aber durchaus auch schon wahrnehmbar war,  war ein Cilienband längs des Zellkörpers mit einer sehr deutlichen metachronen Cilienbewegung, wie es bei Stentor normalerweise nicht zu finden ist:



t=0


Bei stärkerer Vergößerung und entsprechender Lage wurde das Cilienband dann deutlicher sichtbar; der Blitz hat die metachrone Bewegung der Cilien gut "eingefroren".
War das überhaupt Stentor? 


t=12


Schaut man sich dieses Cilienband etwas genauer auf der im Foto linken Seite an, fällt die Krümmung des Cilienbands um eine Vertiefung herum auf, die klar macht, dass es sich hier um eine Zellteilung handelt. 
Dieses war somit meine 2. Beobachtung, wie aus einer Stentor-Zelle zwei werden... Ich hatte hierzu schon mal vor längerer Zeit berichtet:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=11083.0

Also mal weiter beobachet, was noch passiert (Unter den Bildern ist jeweils die Zeit in Minuten, vom Zeitpunkt meiner ersten Beobachtung an gezählt, angegeben). Auf dem nächsten Bild sieht man, dass das Cilienband sich vom Oralbereich entfernt und im zukünftigen neuen Mundbereichs  einen Winkel bildet:


t=24




Setzt man die Fokusebene anders, wird deutlich, dass der Makronukleus nun eine deutlich längere Form hat als zuvor:


t=34

Dieser Vorgang setzt sich in der nächsten Stunde fort; dabei bewegt sich dier Ciliat fortlaufend, wird mal länger, mal kürzer und krümmt sich auch. Nach ca. einer halben Stunde und etlichen Aufnahmen später ist bereits eine deutliche Gliederung in zwei Mundbereiche zu erkennen. Der zweite Mundbereich hat sich während dieser Phase weiter ausdifferenziert. In der folgenden  Aufnahme liegt der Fokus wiederum auf dem Makronukleus, der sich durch die beiden Zellhälften erstreckt und bereits die typische Bandform eines S. roeselii-Makronukleus hat:


t=60


Die nächste Aufnahme ist eine von vielen, die ich während den nächsten 40 Minuten von der zukünftigen Trennstelle der beiden Tochterindividuen gemacht habe, immer in der Erwartung, dass sich die Viecher trennen. Während dieser Wartephase des Beobachters treten dann spontan solche  Fragen auf wie z.B.:
"warum passiert jetzt noch nichts?"
"woher "weiß" die Zelle, wann die  DNA innerhalb des Makronucleus zwischen den beiden Zellhälften im richtigen Maß verteilt ist?"
"Wie wird die DNA bei den / innerhalb der Makronuklei  transportiert?"
"Wie wird dieser Transportprozess molekular  geregelt ?"

In der mir zur Verfügung stehenden Literatur (u.a. die verschiedenen Bücher von Hausmann et al.) habe ich keine konkrete Antwort finden können. Wer da etwas weiß.....

Aus dieser, sowie anderen Aufnahmen wird deutlich, dass die DNA ähnlich einer Wurstmasse von einer Membran umhüllt ist, die für mehr als eine Stunde lang im Bereich der zukünftigen Trennstelle einen gleichmäßigen Durchmesser hat.  Erst kurz vor der Trennung verändert sich der Durchmesser ähnlich einer Sanduhr:


t=94


Hier noch einmal ein Bild der gestreckten Zellen.  Während der gesamten Phase der Zellteilung passierte es immer wieder, dass Stentor in einer Weise zusammenzuckte,  die auch für andere Heterotrichiden wie z.B. den "Sumpfwurm" Spirostomum typisch ist. Vom mechanischen Trägheitsmoment der Tochterzellen her könnte das  eine Trennkraft auf die beiden Zellhälften ausüben, doch blieben diese zusammen:


t=97


Hier ein Bild nach einer solchen Kontraktion im selben Größenmaßstab wie das Bild zuvor. Natürlich ist nach eiiner solchen Kontraktion auch der Makronukleus ziemlich verwurschtelt:


t=104


Aber dann war es doch geschafft......


t=105


Viel Spaß beim Anschauen & beste Grüße

Michael Plewka

limno

Hallo Michael,
eine wie stets liebevoll und akurrat gemachte Dokumentation. Besonders Bild 7 ist wunderbar poetisch und erinnert an ein Jugendstilornament.
Mit verträumten Sonntagmorgengrüßen und Dank
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Peter Reil

Hallo Michael,

mal wieder ganz großes Kino - traumhafte Aufnahmen!

Freundliche Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

Siegfried

Hallo Michael
Angefangen von der fachlichen Erläuterung der Aufnahmen, als auch die Foto's selbst,
ein Weltspitzenbeitrag.
Da hängen die Trauben für mich ( Möchtegern) leider viel zu hoch.
Aber von Bewunderung habe ich ja auch was.
Danke für's Zeigen.
   Gruß von Siegfried

deBult

Reading the German language is OK for me, writing is a different matter though: my apologies.

A few Olympus BH2 and CH2 stands with DIC and phase optics.
The correct number of scopes to own is N+1 (Where N is the number currently owned).

regulus56

Einfach ein Genuss deine Bilder zu betrachten.
Gruß vom Klaus
,,Ich weiß, dass ich nichts weiß"
Und gern per Du.

Michael Plewka

Hallo zusammen,

recht herzlichen Dank für die netten Kommentare!

beste Grüße
Michael Plewka

Holger Adelmann

Lieber Michael,

diese Röhren-Stentoren sind wirklich außergewöhnlich!
Danke für die tolle Doku in allen möglichen Ansichten, so kann man sich das Tier in 3D gut vorstellen.
Die Teilung ist ein absolutes Highlight!

Viele Grüße,
Holger