Was leistet das Leitz Orthoplan für den fotografisch interessierten Tümpler (2)?

Begonnen von Ole Riemann, November 11, 2022, 13:00:28 NACHMITTAGS

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Ole Riemann

Liebe Mikroskopiefreunde,

nach einem weiteren Jahr Mikroskopie mit dem Leitz Orthoplan möchte ich meinen damaligen Erfahrungsbericht (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42391.0) in einem weiteren Beitrag um einige Bilder und Eindrücke ergänzen. Vielleicht sind diese für Orthoplan-Nutzerinnen und Nutzer von Interesse und auch für diejenigen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Orthoplan zu erwerben, um es auch für die Mikroskopie wasserlebender Kleinstorganismen und die fotografische Dokumentation einzusetzen.

Die Auswahl der Bilder orientiert sich nicht an inhaltlichen Aspekten – das Verbindende ist lediglich die Freude an der Arbeit mit dem Orthoplan. Ich hoffe, die Bilder transportieren etwas davon.

Ich habe seit dem Erwerb meines Orthoplans verschiedene Adaptationen der Kamera (Canon EOS 700D) ausprobiert. Sehr zufrieden war ich mit der Kombination des Okulars Leitz Periplan GW 8x / Canon 40 mm pancake. Seit kurzem nutze ich das Leitz Periplan GW 6,3x zusammen mit der Kamera-Adaptation von ZEISS aus der Standard-Ära mit der in diesem System eingebauten Relais-Optik f=63 mm. Die mechanische Stabilität ist hervorragend, die Abbildung im Fotostrahlengang lässt sich parfokal mit den Okularen einstellen, und die fotografisch genutzte Bilddiagonale ist für meine Ansprüche vollkommen ausreichend.

Die Artnamen der dargestellten Objekte – soweit bestimmt – und das verwendete Objektiv sind dem Dateinamen zu entnehmen.

Bilder 1-2: Spaß am Hellfeld

Ich nutze im Hellfeld fast ausschließlich die Plan Apochromaten mit TL 170 mm (25/0,65; 40/0,75; 100/1,32). Dies sind wunderbare Objektive, die für allgemeine Zwecke des Tümplers sicherlich keinen Vergleich mit modernen Spitzenobjektiven scheuen müssen. Ganz besonders schätze ich den Plan Apochromaten 100/1,32, wenn man denn entsprechende Präparate und Objekte hat.

Bilder 3-4: Der Interferenzkontrast nach Smith (ICT) im Einsatz am Lebendpräparat - Das Objektiv NPL 40/0,65 170/0,17

Es gibt für das Orthoplan zwei verschiedene Interferenzkontrast-Systeme: eines für TL 170 mm und eines für TL 160 mm. Die Version für TL 170 mm ist mir recht gut vertraut, das neuere System mit Objektiven für TL 160 mm lerne ich gerade erst kennen. Das Objektiv NPL 40/0,65 170/0,17 zeichnet sehr kontrastreich, die recht bescheidene Apertur begrenzt jedoch die erreichbare Auflösung merklich. Darüber hinaus ist je nach Objekt ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Blausaum an den Kanten zu registrieren. Bei direkter Beobachtung mag dies gelegentlich stören, bei der Bildverarbeitung lassen sich die Farbfehler meist auf ein akzeptables Maß reduzieren. Trotz der genannten Einschränkungen kann man mit diesem Objektiv schön kontrastierte und angenehm weich gezeichnete Bildergebnisse erzielen.   

Bilder 5-7: Mit den Ölimmersionen NPL 100/1,3 und Plan Fluotar 100/1,32 und Mikroblitz auf Ciliatenjagd

Obwohl ich kein Ciliatenkenner bin, nehme ich mir gelegentlich Objekte aus dieser Einzellergruppe fotografisch vor. Die Ölimmersionen 100:1 leisten hierbei gute Dienste und ermöglichen eine saubere Dokumentation aller taxonomisch relevanten Organellen. Manchmal finde ich die Ästhetik der reinen Graustufendarstellung besonders schön (Abb. 7).

Bild 8: Dokumentation winziger Protisten auch in unübersichtlichen Proben

Das Pseudoheliozoon Hedriocystis spinifera (syn. Belonocystis tubistella?) hat einen Zelldurchmesser von nur gut 10 µm. Die präsentierte Zelle befand sich inmitten feiner Detritusflocken, die es verhinderten, die Schichtdicke auf ein optimales Maß zu reduzieren. Aber auch unter diesen Bedingungen ist das Objektiv Plan Fluotar 100/1,32 in Kombination mit der Kondensorfrontlinse N.A. 0,9 gutmütig; ein Plan Apochromat 63/1,4 o.ä., womöglich noch mit immergiertem Kondensor, würde unter solchen Aufnahmebedingungen scheitern. Dennoch zeigt das Foto recht feine Details wie z.B. die zarten Bläschen, die zum Zeitpunkt der Aufnahme mit der kontraktilen Vakuole verschmelzen.

Bilder 9-10: Strukturmerkmale der Gastrotrichen

Die Gegenüberstellungen von Habitus und Details bei den Gastrotrichen Polymerurus rhomboides (Details Reproduktionssystem, Ez=Eizelle, Pn=Terminalorgan des Protonephridiums mit ,,Wimperflamme" (eingerahmt), Sp=Spermien) und Lepidochaetus zelinkai (Details Rumpfschuppen) demonstrieren, dass man mit dem Orthoplan-System eine für die meisten Zwecke wohl ausreichende Qualität in der Auflösung feiner struktureller Details für die Arbeit an Mikroinvertebraten erreicht.

Beste Grüße

Ole

Ralf Feller

Lieber Ole,
obwohl ich eigentlich histologisch unterwegs bin, hat mich dein erster Beitrag zum Orthoplan-DIK
doch so begeistert, das ich von Peter (und Diana) auch ein solches System erworben habe.
Für die Histologie ist das Orthoplan einfach klasse. Bei einem Sehfeld von 26 mm habe ich je
einen Satz 170 mm PlanApos und 160 mm PlFluotare. Beide Systeme unterscheiden sich nicht in der
Brillanz im Hellfeld, die 170 mm PlanApos sind etwas dunkler, und ein 63 x PlanApo
gab es wohl nur in 160 mm, ist aber klasse, und die 160 mm Leitzobjektive lassen sich in Hellfeld
auch (meiner Ansicht nach uneingeschränkt) im Zeiss endlich System mit den 10x /20 KPLs nutzen.
Adaptiert habe ich eine 700d momentan über ein System aus dem Orthomat-Programm mit
einem mechanischen Zoom von 5x bis 12,5x und Pancake 40 mm, bis 8x bildfüllend.



Zum Smith DIK fällt mir im Vergleich mit dem Zeiss-System (alt alt am WL) die
Gradientenfreiheit bei Leitz auf, dafür hat das Zeiss-System mit dem Leitz NPL Fluotar 50/1,0
ein sehr gut hoch auflösendes Objektiv.
Leider fehlte mir an beiden Systemen der Blitz, und weil ich die Mikroskope hauptsächlich
histologisch nutze, wollte ich keine Spiegelkästen oder ähnliches anbauen.
Nun hat sich Jürgen (Junio) noch einmal bereitgefunden mir seinen legendären
Blitzwürfel zu bauen und so freue ich mich schon auf das nächste Frühjahr mit
neuen Tümpelproben.
Zu deinem aktuellen Beitrag (klasse Bilder), die Aufnahmen 5 bis 10 sind doch auch
DIK, geblitzt?
LG Ralf


Michael

Hallo Ole,

ein toller Testbericht und fantastische Bilder! Besonders das (sicherlich geblitzte) Bild von der Wimpernflamme bei P. rhomboides ist Klasse!
Wie Du weist verwende ich ja auch das 170er Smith DIK (am Ortholux II) - wenn ich dann mal auf Blitz aufgerüstet haben sollte, fehlt mir dann bald jede Ausrede, warum meine Bilder soviel schlechter sind als Deine... :(

Nur eine Anmerkung: Die blauen und gelben Ränder beim DIK sind nicht durch die Objektive verursacht (so schlecht sind die NPLs dann doch nicht). Das Smith-DIK ist auf einen hohen Kontrast ausgelegt - die beiden "DIK-Strahlen" sind deshalb relativ weit voneinander getrennt. Bei doppelbrechenden Objekten - z. B. bei den Schuppen der Gastrotrichen - ist deshalb der Phasenunterschied an der Kante so groß, dass es zu (unschönen) Interferenzfarben kommt. Das verursacht die blauen und gelben Ränder (zumindest wenn der DIK sehr "scharf" eingestellt ist). Da aber meist einen starken Kontrast wünschenswert ist, kann man diese Ränder bei manchen Objekten nur vermeiden, wenn man das Bild einfach nach Graustufen wandelt. Da die Ränder "real" sind und keine Objektivfehler, erhält man so ein einwandfreies und kontrastreiches Bild (wenn auch ohne Farbinformation).

Ich bin schon auf Deinen Vergleich des 170er DIK mit dem 160er gespannt!

Herzliche Grüße

Michael
Gerne per Du

Ole Riemann

Lieber Ralf und Michael,

vielen Dank für Eure Rückmeldungen! Es freut mich, dass Ihr auch Erfahrungen mit dem Orthoplan bzw. dem DIC nach Smith einbringt. Ich finde es immer hilfreich - auch für spätere Recherchen -, wenn man bestimmte Informationen in einem Faden im Forum gebündelt findet.

Deine Fotoadaptation, Ralf, über das Leitz Orthomat-System mit einem Zoom-Okular kenne ich nicht. Ich glaube aber, Diana hat mir davon mal erzählt. Dass das Bild bis zur 8x-Stellung ohne Vignettierung ist, deckt sich mit meinen guten Erfahrungen bei der Kombination Periplan GW8x/Canon 40 mm pancake.

In den Bildern 8-10 ist nur die Detailaufnahme im Bild 10 mit der Wimperflamme geblitzt, für die anderen habe ich die normale 12V/100W Halogenleuchte verwendet. Meist stelle ich dann auf ISO 200 oder 400 und liege bei den Belichtungszeiten beim Objektiv 100:1 je nach DIC-Einstellung bei 1/15-1/60 Sekunden. Im Zweifelsfall versuche ich zumindest bei der Ölimmersion 100:1, auf den Blitz zu verzichten. Ich habe den Eindruck, dass ich dann einen besseren Kontrast und natürlichere Farbwiedergabe erreiche. Aber klar, sobald rasche Bewegungen ins Spiel kommen, geht es so nicht mehr. Ich brauche aber den Blitz nicht grundsätzlich, um Erschütterungen im System bei der Fotografie zu überlisten.

Vielen Dank, Michael, für die Erklärung des Physikers zur Entstehung der Blau- und Gelbsäume. Ja, das leuchtet mir ein. Der Interferenzkontrast für TL 170 mm ist in der Tat sehr kontrastbetont. Völlig richtig, ein Umwandeln in Graustufen ist häufig sinnvoll und verlustfrei, wenn es um die dokumentarische/wissenschaftliche Fotografie geht.

Schöne Grüße

Ole

Peter V.

Hallo,

die Farberscheinungen sind - wie bereits erklärt - in der Tat nicht durch die Objektivqualität bedingt, sondern dadurch, das der DIK kontrastoptimiert angelegt wurde. Das ist sicher eine gewisse Philosophie der Hersteller (gewesen), ob sie einen DIK mehr auf Kontrast oder mehr in Richtung Auflösung optimeiren. Ganz klar erkennt man das auch am CF250 DIK von Zeiss Jena. Hier sind die über jeden Zweifel erhabenen Objektive - die besser als  ihr zeitgleichen West-Pendants gelten -  vollständig auskorrigiert, also nahezu ohne eigene Farbfehler, aber auch dieser DIK weist die blauen Farbsäume auf, da er ebenfalls stark in Richtung Kontrast optimiert ist. Es ist eben immer eine Frage, welcher Eigenschaft der Vorzug gegeben wurde. Der Zeiss West DIK, der weniger kontrastreich ist, wird daher auch oft als etwas "flau" empfunden. Von Herr Schöppe, einem damaligen Entwickler bei Zeiss Jena, ist die Aussage überliefert dass man es bei Zeiss Jena nicht akzeptiert hätten, wenn sie "so einen DIK" abgeliefert hätten wie Zeiss West  ;).  Letztlich ist es alles eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und an Oles Beispielen sieht man klar, dass man mit jedem DIK (Orthoplan, Zeiss West unendlich und auch Zeiss West endlich) hervorragende Ergebnisse erzielt, wenn man es "kann"  ;)

Hezrliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Apochromat

Hallo in die Runde,

beim differentiellen Interferenzkontrast mit feststehendem beleuchtungsseitigen Kondensorprisma und feststehendem abbildungsseitigen Prisma (fest im Objektiv eingebaut: E. LEITZ ICT n. Smith oder als Zwischenring wie bei JENA 250- CF oder NIKON) wird der Grauwert des DIK- Bildes nicht über das seitliche Verrücken des abbildungsseitigen DIK- Prismas (sog. DIK- Schieber für NOMARSKI- DIK: CARL ZEISS, Oberkochen), sondern über eine drehbare Lambda- Viertel- Platte moduliert (oder: Lambda- Viertel- Platte feststehend in Orthogonalstellung, also n gamma in N-W- Richtung, mit drehbarem Polarisator- ist das Gleiche). Das nennt man auch de Senarmont- Kontrastmodulation im DIK. Da diese Lambda- Viertel- Platte aus Preisgründen nicht achromatisiert wird, kommt es beim Verstellen des Graukontrastes (von der Dunkelstellung ausgehend) mit weißem Licht statt zu wechselnden Neutralgrauwerten zu einem Farbumschlag von schwach Braungrau nach schwach Blaugrau. Das sieht man auch noch in den Interferenzstreifenbildern in den Öltröpfchen des Hedriocystis- Bildes. Ich nehme einmal an, dass der eigentlich nicht reingraue/ neutralgraue Bildhintergrund hier etwas nachbearbeitet wurde, ohne dies genau zu wissen. Das ist also eine dem de Senarmont- DIK innewohnende Eigenschaft. Ebenso wenig haben die an den Kanten entstehenden Farbsäume (bläulich oder gelblich) etwas mit der Stärke der gewählten Bildaufspaltung im DIK zu tun, sondern werden hier von der nicht- achromatisierten Lambda- Viertel- Platte verursacht.  Achromatisierte Lambda- Viertel- Platten sind sehr fertigungsintensiv und exorbitant teuer. Solche Platten wurden bei ZEISS 1990 zum Patent (DE 4032212A1) angemeldet. Derzeit baut B. HALLE in Berlin so etwas. Für den Preis einer solchen Platte mit 32 mm Durchmesser kann man ein schönes gebrauchtes ORTHOPLAN oder UNIVERSAL kaufen.... Am JENAPOL u/d gab es die auch. Für andere Zwecke.

Zu dem DIK- Kontrast am JENA 250- CF: Der DIK- Kontrast wurde dort von Physikern entwickelt und die Stärke der Bildaufspaltung, also des DIK- Kantenkontrastes so gewählt und mathematisch- kristallografisch festgelegt, wie eben in der Materialmikroskopie bis heute üblich, also etwas höhere Beträge, als bei einem für die Zellbiologie optimierten DIK- System. Die etwas gehässige Aussage über den "West- DIK" ist schlichtweg bestenfalls Unkenntnis dieser Tatsache. Mehr möchte ich dazu hier nicht schreiben. Der oben erwähnte ehemalige Kollege war Ingenieur- kein Biologe. Der applikative Einfluss von Biologen auf das JENAer 250-CF- Programm war leider fast gegen Null gehend, wie mir einmal Alfred Leman (der einzige Biologe im Kombinat bei der Mikro, der mit dem JENAVAL betraut war) bedauernd erzählte. Außerdem saßen die führenden Zellbiologen in der damaligen BRD, England, Japan und den Vereinigten Staaten. Dahin hatte das Kombinat ja kaum wissenschaftliche Verbindungen. Da war wiederum Carl Zeiss, Oberkochen mit Dr. Heinz Gundlach führend in der Zusammenarbeit mit den damals bedeutendsten Zellbiologen (z.B. Richard D. Allen, Woods Hole, USA; Prof. Trendelenburg, DKFZ, Heidelberg; verschiedene MPI- Institute etc.). Dr. Kurt Michel, dessen strenges Auge ja stets die Leistungsfähigkeit des CZO Ph- und DIK- Konzepts auch applikativ überwachte, war Zoologe. Sein berühmter Zellteilungsfilm von 1941 zeigt dies eindrücklich.

Das war übrigens beim variablen Phasenkontrast Phv von Carl Zeiss JENA genau so: Entwickelt in den 1950er Jahren von Dr. Hermann Beyer, Ingenieur und Techniker von Hause aus. Das wurde dann nach dem Ausscheiden von Hermann Beyer in Jena auch nicht geändert, obwohl eine bereits im Frühjahr 1987 fertiggestellte interne Untersuchung des Kombinats die Nachteile/ Abbildungsfehler des Phv- Kontrastes bei den neuen, optisch überragenden 250- CF Objektiven freimütig einräumte. Am Ende der DDR hatte man dann noch versucht, das Alles wieder gerade zu rücken (Ph statt Phv mit anderen Schichten etc.). Aber diese Objektive sind dann nicht mehr richtig auf den Markt gekommen. Ich habe da nur eine Liste der damals in Planung befindlichen neuen Optiken. Da waren sogar neue Wasserimmersionen PA WI 20x/0,52, 40x/1,0 und 80x/1,2 für Ph und DIK dabei. Und ich hatte mal ein Apo HI 100x/1,40 Ph (!).

Beim E. LEITZ ICT musste die Bildaufspaltung Prinzip- bedingt ebenfalls etwas stärker gewählt werden, aufgrund des durch den Linsendurchmesser im Objektiv zur Verfügung stehenden freien Durchmessers und damit der möglichen abbildungsseitigen DIK- Prismengröße (zur Verfügung stehende Länge des Prismenkeiles). Deshalb gab es bei E. LEITZ auch eine kleine Serie von NOMARSKI- DIK- Schiebern mit Zwischenringen für die Endlich- Objektive am ORTHOPLAN.

LG
Michael

PS: Lieber Ole, deine Bilder mit dem tollen E. LEITZ Plan- FLUOTAR 100x/1,32 sind sehr beeindruckend!

Peter V.

Lieber Michael,

vielen Dank für Deine fundierten und ausführlichen Erklärungen; die von Dir genannten Fakten sind sicher den meisten Hobbymikroskopikern nicht bekannt. Deine Beiträge erachte ich insofern immer als außerordentlich wertvoll, da sonst kaum jemand über diese detaillierten technischen und geschichtlichen Informationen verfügt.

Bei der etwas lästerlichen Aussage (wenn sie denn tatsächlich mal so gefallen ist) des ehemaligen Zeiss Jena-Ingenierus schwingt ganz ohne Zweifel auch eine reichliche Menge Ost-West-Folklore mit. Ich kenne auch die Zeiss West DIK-Systeme (Zentralschieber und Einzelschieberchen endlich sowie unendlich) und natürlich liefern alle Systeme ein hervorragendes Bild mit den entsprechenden Optiken.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

KayZed

Hallo Michael,

danke für deine fundierten Erläuterungen des Zeiss Jena-DIKs.

Jetzt ist mir auch klar, warum die Blausäume bei meinem Jenaval nicht von den Objektiven kommen, sondern wegen der Lambda-Viertel-Platte systembedingt sind.
Viele meiner Bilder haben je nach Kantenstärke ähnliche Blausäume wie Oles Hedriocystis-Bild.

Auch die Kontrastoptimierung des Zeiss-Jena-DIKs erklärt wohl einen Teil der etwas geringeren Feinauflösung beim Jenaval.

Herzliche Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Kurt

Hallo Ole,

vielen Dank für den Teil 2 Deines Beitrages zu den Erfahrungen mit dem Orthoplan. Ich schätze dieses Gerät ebenfalls sehr hoch ein und werde demnächst auch Bilder hier im Forum zeigen, welche ich mit meinem Orthoplan gemacht habe. Es werden Bilder im Hellfeld sei, da ich den ICT-DIK nicht besitze. Z.Z. optimiere ich noch die Foto-Adaption....

@Michael
Ich folge all Deinen Beiträgen ebenfalls sehr interessiet und lerne daraus auch immer wieder Neues, besonders wenn die Beiträge das Jenaval - mein Hauptgerät - betreffen.

@Klaus
Da ich ja dieses Jahr viele Jenaval-DIK-Bilder in der "Planktonzeit" gezeigt habe, möchte ich an dieser Stelle sagen, sind alles Bilder ohne Verwendung der Lambda-Viertel-Platte. Diese spezielle, von mir realisierte Methode, hatte ich Dir in einem Telefonat ausführlich erleutert. Probiere es einfach noch mal aus.

Grüße aus Freiberg
Kurt

KayZed

Danke Kurt,

jetzt verstehe ich den tieferen Grund deines Vorgehens.

Schönen Abend
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Apochromat

Zitat von: KayZed in November 13, 2022, 14:22:41 NACHMITTAGS
Hallo Michael,

danke für deine fundierten Erläuterungen des Zeiss Jena-DIKs.

Jetzt ist mir auch klar, warum die Blausäume bei meinem Jenaval nicht von den Objektiven kommen, sondern wegen der Lambda-Viertel-Platte systembedingt sind.
Viele meiner Bilder haben je nach Kantenstärke ähnliche Blausäume wie Oles Hedriocystis-Bild.

Auch die Kontrastoptimierung des Zeiss-Jena-DIKs erklärt wohl einen Teil der etwas geringeren Feinauflösung beim Jenaval.

Herzliche Grüße


KlausZ



Hallo Klaus,

der JENAVAL- DIK ist in seinen Möglichkeiten, Zellorganellen in Protisten zu zeigen, dem LEITZ SMITH- DIK nicht unterlegen und die Bilder von Ole Riemann (nachgeschärft und "weißoptimiert", zwar; aber für mich mit die schönsten wissenschaftlichen Aufnahmen von Protisten, neben denen von Kurt Herklotz) zeigen was möglich ist. Die "Feinauflösung" des JENAVAL ist durchaus sehr gut zu nennen und steht keinem der heute am Markt befindlichen Geräte- bei Verwendung vergleichbarer Objektive- nach. Wie schon telefonisch erklärt, ist Deine Beleuchtungsapertur zu klein, das liegt an Deinem gewählten Blitzaufbau und der damit verbundenen Tatsache, dass der Beleuchtungsstrahlengang des JENAVALs aperturmindernd modifiziert wurde. Der Beleuchtungsstrahlengang des JENAVALs ("Großfeldbeleuchtung") war recht speziell konstruiert: Zwei unterschiedliche Mattscheiben bewirkten 1.) eine maximale Ausnutzung des von der 6V 25W Lampe kommenden Lichtstroms, als auch 2.) eine recht hohe Beleuchtungsapertur. Das kann man im Handbuch der Mikroskopie von Beyer- Riesenberg auf Seite 146 nachlesen, obwohl dort legitimerweise verschwiegen wurde, was wirklich im Detail beim JENAVAL gemacht wurde.

Da Du mit den GF- Planachromaten arbeitest, erreichst Du eben nicht die Farbkorrektur und Apertur wie sie in unterschiedlichem Ausmaß in den Objektivreihen GF- Planapochromat, GF- Planachromat VI, WI und HI oder den Apochromaten verwirklicht wurde.

Wenn Du Dein Gerät noch weiter optimieren möchtest, würde ich empfehlen, dass Du Dir das Original- Beleuchtungsrohr für das JENAVAL beschaffst (bei einer bekannten Auktionsplattform bekommt man öfters JENAVAL- Leichen zum Ausschlachten), evtl. den Blitz anders anordnest und versuchst, etwas höher-aperturige/ besser farbkorrigierte 250-CF- Objektive zu bekommen. Einige der DIK- Zwischenringe "GF- PA" funktionieren auch mit anderen Objektiven recht gut (z.B. GF- PA WI 50x/1,0; GF- PApo HI 100x/1,35). Das muss man im Einzelfall selbst ausprobieren.

LG
Michael

KayZed

Hallo Michael,

mein Beleuchtungsrohr am hinteren Eingang ist ja ein Originalteil. Es hat "nur" eine der beiden Mattscheiben gefehlt. Mittlerweile ist das Problem behoben und das Bertrand-Bild schön gleichmäßig ausgeleuchtet. Bei der Feinauflösung mit dem 100/1,3 kann ich trotzdem keine erkennbare Verbesserung feststellen.

Ob die Blitzwürfeladaption nach dem Lampenhaus ein Grund ist, bin ich mir nicht so sicher. Wenn ich den Blitzwürfel komplett entferne, schaut das Pupillenbild unverändert aus. Statische Aufnahmen ohne Blitzadaption sind nach meinem Dafürhalten in der Auflösung vergleichbar gut.

Bleibt als Verbesserungspotential für mich eigentlich nur die Anschaffung von Apochromaten in der Hoffnung vorhandene DIK-Prismen einsetzen bzw. neue erforderliche beschaffen zu können.

Jedenfalls meine ich in Ole's Orthoplanaufnahmen etwas mehr Auflösungspotential zu erkennen. Dabei spielt natürlich auch seine große Erfahrung in der Präparation eine Rolle.
Kurt's Bilder sind zweifelsfrei erste Sahne, aber nicht unbedingt eine standartmäßige Jenaval-Kontrast-Referenz, weil er seine Einrichtung mit Eigenbaumaßnahmen und sehr spezieller DIK-Anpassung erheblich optimiert hat.

Nun, das ist für mich im Augenblick der technische Stand der Dinge. Ich will auch keinesfalls das Jenaval Kontrast schlecht schreiben. Ich bin über weite Strecken mit den vielfältigen Möglichkeiten dieses Mikroskops sehr zufrieden. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass in meinen Augen noch Luft nach oben gibt.

Herzliche Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Michael

Hallo,

Zitat von: Apochromat in November 13, 2022, 12:10:48 NACHMITTAGS
Da diese Lambda- Viertel- Platte aus Preisgründen nicht achromatisiert wird, kommt es beim Verstellen des Graukontrastes (von der Dunkelstellung ausgehend) mit weißem Licht statt zu wechselnden Neutralgrauwerten zu einem Farbumschlag von schwach Braungrau nach schwach Blaugrau. Das sieht man auch noch in den Interferenzstreifenbildern in den Öltröpfchen des Hedriocystis- Bildes. Ich nehme einmal an, dass der eigentlich nicht reingraue/ neutralgraue Bildhintergrund hier etwas nachbearbeitet wurde, ohne dies genau zu wissen. Das ist also eine dem de Senarmont- DIK innewohnende Eigenschaft. Ebenso wenig haben die an den Kanten entstehenden Farbsäume (bläulich oder gelblich) etwas mit der Stärke der gewählten Bildaufspaltung im DIK zu tun, sondern werden hier von der nicht- achromatisierten Lambda- Viertel- Platte verursacht.  Achromatisierte Lambda- Viertel- Platten sind sehr fertigungsintensiv und exorbitant teuer.

Du hast natürlich Recht, dass der nicht reinweiße (bzw. graue) Hintergrund von der wellenlängenabhängigen Lambda-Viertel-Platte kommt und leicht mit dem Weißabgleich der Kamera korrigiert werden kann. Die blauen bzw. gelben Farbsäume an den Kanten haben aber eine andere Ursache:

- die Farbsäume sind objektabhängig. Bei manchen Objekten treten sie - bei gleicher DIK-Einstellung - auf, bei anderen nicht. Sehr schön ist das ja an dem Hedriocystis-Bild zu sehen, bei dem der Farbsaum nur bei den Öltröpfchen auftritt, bei den anderen Strukturen nicht.
- die Farbsäume treten nur an den Kanten senkrecht zur Aufspaltungsrichtung der "DIK-Strahlen" auf und sind deshalb abhängig von der Ausrichtung der Prismen und nicht von der Lamda-Viertel-Platte
- kehrt man durch Drehen des Kompensators das Vorzeichen der Phasenverschiebung um (und damit die Hell-Dunkel-Position des Pseudo-Reliefs) ändert sich auch die Position des Farbrandes -> der Farbrand wird durch die Interferenz verursacht, die Farben sind also Interferenzfarben
- ähnliche Farbränder (in unterschiedlicher Ausprägung) sind auch bei anderen DIK-Systemen zu finden und werden manchmal aufwändig wegretuschiert. Die Farbränder sind also keine "Spezialität" des Smith-DIKs

Die Farbränder entstehen, weil der Gradient des optischen Wegs senkrecht zur DIK-Aufspaltung so groß ist, dass es zu Auslöschungen im sichtbaren Spektrum kommt. Deshalb hat man auf der einen Seite des Objektes einen blauen Rand, auf der anderen Seite (weit unauffälliger) einen gelben. Das spiegelt die optischen Objekteigenschaften wieder und wird korrekt durch das DIK abgebildet. Diese zusätzliche Information über das Objekt ist bei ästhetischen Fotos aber oft unerwünscht - dann muss man die Farbsäume halt entfernen. Eine andere Möglichkeit ist, den DIK unempfindlicher zu stellen - oft entfernt das bereits die Farbsäume. Leider werden dann auch die anderen Strukturen nicht mehr so stark kontrastiert. Es ist ähnlich wie bei der Hell-Dunkel-Dynamik eines Fotos: Entweder sind die hellen Bereiche überbelichtet und die Objekte im Schatten gut sichtbar, oder die hellen Bereiche sind richtig belichtet und der Schatten säuft ab...

In meinen Augen bringen die Farbsäume zusätzlich Informationen über das Objekt (z.B. doppelbrechende Zellwand etc.):
"It's not a bug, it's a feature"

Viel Grüße

Michael


Gerne per Du

Ole Riemann

Liebe Leute,

schönen Dank Euch allen für die interessante Diskussion - insbesondere den Michaels für die detailreichen Informationen zu den technischen Hintergründen, die ich mir alle nochmal genauer durchlesen muss. Fürs erste nehme ich als Orthoplan-Nutzer mit, dass die gewissen Blausäume an der fehlenden Achromatisierung des Polarisators und nicht an den NPL-Objektiven oder dem ICT an sich liegen [EDIT: Michael Müller hat gerade ergänzt, dass dies doch der Fall sei]. Ja, Michael, Du hast recht, der Hintergrund ist beim direkten Einblick eher blaugrau, ich strebe in der Bildbearbeitung aber möglichst ein reines Grau an, habe also die Sättigung des Hintergrundes etwas reduziert.

Lieber Klaus, ich verfolge Deine Optimierung des Jenavals und die Diskussionen mit Kurt und Michael mit Interesse, obwohl ich das Jenaval nicht direkt kenne. Vorausgesetzt die maximal mögliche Beleuchtungsapertur wird dem Objektiv auch zur Verfügung gestellt (hier vermutet Michael bei Deinem Setup ja durch die Blitzadaptation bedingte Verluste), denke ich, der für die Bildauflösung begrenzende Flaschenhals - auch beim Orthoplan - liegt an der Kondensorfrontlinse N.A. 0,9. Da hilft nur ein immersionsfähiges System, wie es z.B. Martin Kreutz einsetzt (oder das ZEISS Standard-System bietet). Für meine Zwecke habe ich jedoch festgestellt, dass der Gewinn an Auflösung nur bei ideal dünnen Präparaten wirklich zum Tragen kommt und darüber hinaus mit einem Verlust an Kontrast und (pseudo-)räumlichem Eindruck (im DIC) einhergeht, so dass ich mit dem Kondensor N.A. 0,9 meist gut auskomme.

Eine Idee, Klaus, hätte ich noch: Beim Einsatz des Spiegelkastens (also zwischen Leuchte und Stativ gesetzt) beobachte ich bei manchen Stativen und Leuchten, dass durch den verlängerten Lichtweg die Beleuchtungsapertur sekundär reduziert wird. Man hat beim Beobachten den Eindruck, dass die Kondensorblende etwas geschlossen ist. Im Blitzstrahlengang tritt dieser Aperturlust jedoch nicht auf. Möglicherweise ist das aber bei Deiner Blitzadaptation beim Jenaval der Fall?

Beste Grüße

Ole










KayZed

Hallo Michael,

deine Ergänzung bzw. Berichtigung zu den DIK-Blausäumen ist sehr aufschlussreich. Ich kann durch meine Beobachtungen bestätigen, dass diese orientierungsabhängig sind und bei unterschiedlichen Kanten verschieden stark bis gar nicht auftreten. Am besten ist es, wohl einen guten Kompromiß zwischen abgeschwächtem DIK und noch ausreichendem Kontrast zu finden.

Hallo Ole,

ich glaube, deine Überlegungen zur DIK-Optimierung sind sehr praxisrelevant. Ich werde deshalb auch nicht um jeden Preis an einer technischen Um- oder Aufrüstung arbeiten.

Die Vermutung mit der beleuchtungsseitigen Apertureinschränkung hatte ja auch schon Michael (Apochromat) geäußert. Ich will nicht ausschließen, dass das bei meiner Adapation eine Rolle spielen könnte.
Ich habe bislang allerdings festgestellt, dass beim völligen Entfernen des Blitzwürfels die Aufnahmen unter gleichen Standartbedingungen an den gleichen Testdiatomeen keine für mich erkennbaren Auflösungsverbesserungen bringen. Daher nehme ich mal an, dass dies keine so wesentliche Rolle spielen kann. Wenn ich dagegen unter Schieflicht ohne DIK (Prismen) fotografiere ist eine leichte Verbesserung der Feinstrukturen erkennbar. Da die kondensorseitigen DIK-Prismen des Jenaval bekanntermaßen die beleuchtungsseitige Apertur ohnehin auf ca. 0,6 bis 0,7 begrenzen, vermute ich, dass dieser systembedingte Aspekt eine größere Rolle spielt.

Aber wie dem auch sei, wenn ich den Spass-Fakor an meinem Jenaval Kontrast auf einer Skala zwischen 0 und 1 einschätzen sollte, dann liegt der eindeutig relativ nahe zu 1 und damit wohl noch höher als die bei mir erreichbare Apertur.

Schönen Abend
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7