Hallo Diana,
Olaf und Hubert haben beide erklärt, wie sich Immersions- und Trockenobjektive unter unterschiedlichen refraktiven Bedingungen verhalten.
Ich habe auch noch einige kleine Anmerkung dazu:
Seit ihrer Einführung durch August Köhler wird die sog. Abgleichlänge (= Parfokalitätslänge) definiert als Abstand Objektivanschraubfläche zur Lage des Fokus. Bleibt nach einem Wechsel des Objektivs (stets von der höheren zur niedrigeren Vergrößerung wechselnd) der Objekt-Bildabstand bei allen Objektiven nahezu gleich, sind die Objektive abgeglichen oder, wie wir mit August Köhler sagen, "parfokal". Dabei sind kleine Fokusabweichungen beim Wechsel zur nächst niedrigeren Vergrößerung erlaubt, die es aber dann trotzdem ermöglichen müssen, das Bild schnell nachzufokussieren. Absolute Parfokalität gibt es nur bei den modernen Stativen mit motorisiertem Fokustrieb. Diese wird durch eine Parfokalitätskorrektur-Kalibrierung erreicht! Dazu kompensiert man die geringen Toleranzen der Parfokalitätslängen durch abgespeichertes Heben oder Senken des Tisches über den Fokustrieb.


Trockenobjektive D= 0,17 sind unter sich parfokal. Beim Wechsel auf Ölimmersionen D= 0,17 betrachtet man diese trotz meist gleicher Parfokalitätslänge aus praktischen Gründen getrennt. Außerdem gibt es ja auch noch D= - und D= 0 Ölimmersionen, Korr- Objektive, LD- Korr- Objektive, Multi- Wasser- und Glycerinimmersionen, sowie D= 0 und D= - Trockenobjektive. Dass nur die jeweiligen "Familien- hier im wesentlichen D= 0,17 gegen Immersionen D= 0,17" in sich betrachtet werden, ist seit der Erfindung des Prinzips der Parfokalität durch August Köhler 1911 bei ZEISS aus praktischen Erwägungen (Auftragen des Öls etc.) so geblieben. Zwar haben beide Objektivtypen die gleiche Abgleich- oder Parfokalitätslänge, beim Auftragen des Öls wird aber meist der Tisch abgesenkt und daher erfolgt die Bewertung der Parfokalität hier meist nur für Trockenobjektive oder die Immersionen jeweils für sich.
Zum Beispiel haben unsere D= 0,17 Objektive eine Parfokalitätslänge von 45,06 mm, die D= 0 Objektive von 45,00 (seltener auch 45,06 mm). Die Einführung der Parfokalität der Mikroskopobjektive war auch besonders wichtig, da ja früher die Mikroskope monokular waren und einen Ausziehtubus hatten, mit dem man die mechanische Tubuslänge verändern konnte. Die entwicklungsgeschichtlich sehr interessanten Einzelheiten dazu hat Kurt Michel in seinem Buch "Die Grundzüge der Theorie des Mikroskops", 3. Auflage auf den Seiten 155- 156 unter Hinzuziehung einiger weniger bekannter Erklärungen von August Köhler schön beschrieben.
Das führt bei den Mikroskopnutzern bisweilen zu Problemen, da diese dann nicht verstehen, warum man beim Mischen verschiedener Immersionen, z.B. D= 0,17 mit D= 0 und der Benutzung von Präparaten mit und ohne Deckglas, wie dies beispielsweise in der Hämatologie oft der Fall ist, dann in manchen Fällen Parfokalitätsdifferenzen von 60 µm hat.
Zur richtigen, visuellen Bewertung der Parfokalität müssen die Okulare auf den Augenfehler des Betrachters korrekt eingestellt sein und Parfokalität gilt immer nur in der Richtung von der höheren zur niedrigeren Objektivvergrößerung (wegen der Akkomodation des Auges und der Abbildungstiefe der Objektive). Letzteres gilt auch für die akkomodationsfreie Bewertung der Parfokalität über das Kamerabild.
Man verwendet in der Fertigung zur Fokussierung für D= 0,17 mm Trocken- und Immersionsobjektive typischerweise Präparate, bei denen auf die Deckglasunterseite eines hochpräzisen D= 0,17 mm Deckglases ein sehr kontrastreiches Muster photolithographisch aufgetragen wird (oder eine solche Struktur auf der unbedeckten Oberfläche eines Objektträgers). Das Objektiv- Feingewinde wird dann erst ganz zum Schluss in einem hochgenauen und von den Firmen jeweils streng geheim gehaltenen, letzten Arbeitsschritt angebracht.
Praktisch genügt zur Prüfung der Parfokalität auch ein Objektmikrometer. Diatomeenpräparate sind ebenfalls gut geeignet.
LG
Michael
NACHTRAG: Wenn man also die Frage ganz genau nimmt, ist es so: In dem Fall, dass die Beobachtungsbedingungen sphärisch für das jeweils benutze Objektiv exakt stimmen, also bei einem D= 0,17 Objektiv die Verwendung eines exakt dicken Deckglases, Objekt bei D= 0,17 unmittelbar unter der Deckglasunterseite, bei D= 0 kein Deckglas, Struktur direkt auf Oberfläche etc. und man dann immer von der höheren zur nächst niedrigeren Objektivvergrößerung wechselt arbeitet man parfokal. Ändern sich aber diese Parameter, also zu dickes/ dünnes Deckglas, wässrige Probe mit größerem Objektabstand von der Deckglasunterseite etc. ändert sich die Parfokalität, teils nur geringfügig teils stark. Hier gilt der Merksatz "Der Glasweg verkürzt" (Abgleichlänge in Luft z.B. 45,06 mm bei Verwendung mit Deckglas dann 60 µm kürzer, also hier 45 mm): 170 µm/1,52= ~110 µm und 170 - 110 µm= 60 µm (daher kommen die 60 µm für den weiter oben erwähnten Fall). Die Baulänge der Objektive ändert sich nicht, dafür ihre Fokuslage und damit ihre Parfokalitätslänge. Denn die Abgleichlänge gilt für ganz bestimmte Eigenschaften der Probe.
Zum Schluß: Bei Korr- Objektiven ist es noch komplizierter. Die meisten verlieren den Fokus, wenn man den Korr- Ring betätigt. Selten haben solche Objektive Fokuserhalt (z.B. unser phantastischer Plan- APOCHROMAT 40x/0,95 Korr). Dann ändert sich aber ganz leicht jeweils die Vergrößerungsleistung des Objektivs. Bei LD- Korr- Objektiven gibt es Reihen mit und ohne Fokuserhalt. Darüber schweigen sich die Hersteller oft aus, obwohl das wichtige Gebrauchswerteigenschaften von Objektiven sind. Auch der neuerdings auf dem Objektiv angegebene Freie Arbeitsabstand FWD ist nur der theoretische Wert. Dieser wird streng genommen kaum exakt eingehalten. Nur etwa ein Objektiv unter 10000 Gleichen erfüllt das exakt (sog. Nullobjektive).