„Färben“ von fossilen Diatomeen? War es das Kaliumpermanganat?

Begonnen von Jakob_Wittmann, Mai 26, 2023, 23:13:15 NACHMITTAGS

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Jakob_Wittmann

Guten Abend liebe Runde!

Vorbemerkung:

Bitte gleich vorweg, die von mir beigefügten Bildbeispiele sind eher fotografische Skizzen und von endgültigen herzeigbaren Bildern daher noch weit entfernt. Ich bitte Euch das zu berücksichtigen, nach einer gerade begonnenen Reinigung sehen Proben nun mal so aus.

Das Material ist fossiler Diatomit aus Bonneville Oregon, das von Anne zur Verfügung gestellt wurde, bei der ich mich auch hier dafür herzlich bedanken möchte. Anne trägt in diesem Forum ungemein viel zu der Beschäftigung mit Diatomeen bei. Man kann das gar nicht genug würdigen!

Allerdings passt dieses Thema nicht wirklich in den Bonneville Oregon Thread, denn es geht um Aufbereitung von einschlägigen Material. Wobei die Herkunft desselben ziemlich sicher nichts mit den folgend beschriebenen Beobachtungen zu tun hat.


Zum Thema der Färbung:

Ich habe in etwas abgewandelter Form eine Reinigungsmethode ausprobiert, die Gerhard Göke in einer Abhandlung beschreibt, die – auf Seite 8 und folgende – hier zu finden ist:

http://www.mikrohamburg.de/Goeke/Diatomeen_gesamt.pdf

Durch eine Diskussion in diesem Thread

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=46426.msg342539#msg342539


wurde mir erklärt (Dank an Helmut, ,,spectator"!), dass die Mengenangabe von nur 1 mg Kaliumpermanganat kein Tippfehler sondern tatsächlich richtig ist. Mir erschien das als verblüffend wenig, da aber das Kaliumpermanganat hier nur als Katalysator dient, reicht dies aus ...

Um es nicht zu lang werden zu lassen, ich habe eine Messerspitze des Diatomit-Materials mit etwa 20 ml Wasserstoffperoxid 30 % vermengt und eine winzige Menge – geschätzt 2 mm³ – Dr. Oetker Backpulver nach ca. 2 Minuten dazugegeben.

Bei einem ähnlichen Reinigungsvorgang vor einigen Wochen hat sehr deutlich mehr Backpulver zu einer etwa um 30 Minuten verzögerten starken exothermen Reaktion geführt. Sprudelndes Aufkochen mit Versprühen von H2O2. Diesmal wollte ich so etwas vermeiden.

Nach weiteren etwa 10 Minuten fügte ich (ca.) noch eine Menge von 2 ausgeprägt winzigen Körnchen Kaliumpermanganat dazu.

Reaktion mit Hitzeentwicklung ...


Nach dem Abkühlen der Flüssigkeit vermischte ich einen aufpipettierten Tropfen des Bodensatzes auf einem Objektträger mit paar Tropfen Aqua dest. und lies die Probe eintrocknen. Danach erfolgte eine Einbettung in Eukitt UV.

Das erste Fotobeispiel (Vierergruppe) zeigt die Resultate. Vor allem bei einer bestimmten Species zeigt sich die dunkle ,,Färbung" verblüffender Weise (manchmal) neben nicht gefärbten Exemplaren der gleichen Art.

Natürlich habe ich versucht dieses Verhalten zu reproduzieren. Seit Tagen. Mindestens 40 Mal! Aber es funktioniert nicht mehr (zweite Vierergruppe). Ich nehme (vorsichtig) an, dass ein bestimmtes exaktes Mischungsverhältnis gegeben sein muss. Da ich aber nichts abgewogen oder abgemessen habe, bleibt dieses (vermutete) geeignete Mengenverhältnis vorläufig unbekannt.

Lasst Euch bitte nicht durch das Violett irritieren. Weißabgleiche funktionieren bei der verwendeten Capture-Software (SharpCap) nur manuell. Eine Farbendrift ist - u.a. – schon bei geringstem Verstellen des Kondensors häufig. Jedenfalls halte ich die dunkle Färbung nicht für eine Wirkung, die durch verschiedene Fokuslagen oder anderes Variieren von Einstellungen der Optik erzeugt wird.

Ich tippe auf eine Beschichtung aus Mangandioxid.

Die nächste Anschaffung bei mir ist eine Feinwaage. Und: Ohne Abmessen und penibles Protokollieren mache ich solche bzw. vergleichbare Sachen auch nicht mehr ...  ;) :)

Noch ein Hinweis: Falls Ihr diese Methode ausprobieren wollt,  ist bitte unbedingt Vorsicht angebracht. Die beschriebene Reaktion ist alleine schon durch die Hitzeentwicklung nicht ungefährlich. Und H2O2 30-prozentig verätzt mühelos menschliche Haut!

(ich erspare Euch ein Makrofoto eines Stückchens Haut meines rechten Zeigefingers. Nitril-Handschuhe zu früh abgestreift ... :o :) )

Was meint Ihr bitte zu dieser Sache? Ich freue mich über alle Arten von Stellungnahmen, Meinungen, Tipps und dergleichen!

Liebe Grüße

Jakob

,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

plaenerdd

Hallo Jakob,
da ist nichts gefärbt. Du hast in einigen Exemplaren Luft eingeschlossen.
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Jakob_Wittmann

Zitat von: plaenerdd in Mai 26, 2023, 23:22:52 NACHMITTAGS
Hallo Jakob,
da ist nichts gefärbt. Du hast in einigen Exemplaren Luft eingeschlossen.
LG Gerd

Servus Gerd,

ich danke dir für den Hinweis. Luft also ...

Möglicherweise auch Sauerstoff aus Reaktionen mit dem Wasserstoffperoxid. Das ist allerdings reine Mutmaßung meinerseits. Jedenfalls ist das eine hochinteressante Begründung.
Wissenswert wäre, wie diese Einschlüsse detailliert beschaffen sind. Beispielsweise: Verteilt in den zigtausenden Hohlräumen einer Valve, oder einige wenige bzw. nur ein Bläschen?

Feinste Luftbläschen sollten in der Masse eher hell das Licht reflektierende Eigenschaften haben, andererseits könnte sich dies durch das amorphe Siliziumdioxid extrem eng neben Lufteinschlüssen genauso anders zeigen, vermute ich wenigstens.

Falls es Lufteinschlüsse sind, und ich glaube Dir das, Gerd, kann ich immerhin meine verzweifelten Wiederholungsversuche ad acta legen.  :) ;)

Dennoch ist es eigenartig, dass dies nicht bei allen aneinandergereihten Exemplaren zu beobachten ist.

Danke nochmals, liebe Grüße

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

plaenerdd

Hallo Jakob,
der Effekt mit den Lufteinschlüssen tritt natürlich nur bei nicht getrennten Diatomeenschalen auf. Der gesamte Hohlraum zwischen den Schalen ist mit Luft gefüllt (Brechungsindex 1,0), was zu sehr viel stärkeren Kontrastkanten führt, als bei einer Ausfüllung mit dem Eindeckmedium Eukitt-UV, das sehr nahe beim Brechungsindex der Diatomeenschalen liegt (ca. 1,5).

Zitat von: Jakob_WittmannNach dem Abkühlen der Flüssigkeit vermischte ich einen aufpipettierten Tropfen des Bodensatzes auf einem Objektträger mit paar Tropfen Aqua dest. und lies die Probe eintrocknen. Danach erfolgte eine Einbettung in Eukitt UV.

Normalerweise sollte man nach der chemischen Behandlung die ganze Probe mit Aqua dest. spülen, weil man nie weiß, wie die verbliebenen Chemikalien mit den Eindeckmedium reagieren. Das könnte im nächsten halben Jahr noch spannend werden, ob Deine Präparate wirklich Dauerpräparate sind.

Eukitt-UV ist hier in doppelter Hinsicht kein optimales Eindeckmedium:
1. ist der Brechungsindex zu nahe an dem der eingeschlossenen Diatomeenschalen und
2. wird es ohne Lösungsmittel relativ schnell verarbeitet

Es wundert mich ein wenig, dass da nicht mehr Lufteinschlüsse drin sind. Bei Eindeckmittel mit Lösungsmitteln wird ja das Lösungsmittel z.B. Xylol auf die Probe getropft und erst dann das Eindeckmittel darüber gegeben. Das sehr dünnflüssige Lösungsmittel füllt alle Hohlräume aus und zieht das Eindeckmittel mit hinein, wenn es sich mit diesem vermischt.

Wenn Du den Effekt mit den Luftblasen reproduzieren möchtest, solltest Du Dich einfach sehr beeilen mit dem Aushärten unter der UV-Lampe oder den Eukitt vorher im Kühlschrank lagern, damit er zähflüssiger wird und nicht so leicht in jeden Hohlraum kriechen kann. Auch die Vollständigkeit der Austrocknung könnte Einfluss haben, wenn die Probe zwar äußerlich trocken erscheint, im Innern der nicht getrennten Diatomeenschalen aber noch Wasser verbleibt.

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Jakob_Wittmann

#4
Zitat von: plaenerdd in Mai 27, 2023, 07:43:02 VORMITTAG
Hallo Jakob,
der Effekt mit den Lufteinschlüssen tritt natürlich nur bei nicht getrennten Diatomeenschalen auf. Der gesamte Hohlraum zwischen den Schalen ist mit Luft gefüllt (Brechungsindex 1,0), was zu sehr viel stärkeren Kontrastkanten führt, als bei einer Ausfüllung mit dem Eindeckmedium Eukitt-UV, das sehr nahe beim Brechungsindex der Diatomeenschalen liegt (ca. 1,5).

Zitat von: Jakob_WittmannNach dem Abkühlen der Flüssigkeit vermischte ich einen aufpipettierten Tropfen des Bodensatzes auf einem Objektträger mit paar Tropfen Aqua dest. und lies die Probe eintrocknen. Danach erfolgte eine Einbettung in Eukitt UV.

Normalerweise sollte man nach der chemischen Behandlung die ganze Probe mit Aqua dest. spülen, weil man nie weiß, wie die verbliebenen Chemikalien mit den Eindeckmedium reagieren. Das könnte im nächsten halben Jahr noch spannend werden, ob Deine Präparate wirklich Dauerpräparate sind.

Eukitt-UV ist hier in doppelter Hinsicht kein optimales Eindeckmedium:
1. ist der Brechungsindex zu nahe an dem der eingeschlossenen Diatomeenschalen und
2. wird es ohne Lösungsmittel relativ schnell verarbeitet

Es wundert mich ein wenig, dass da nicht mehr Lufteinschlüsse drin sind. Bei Eindeckmittel mit Lösungsmitteln wird ja das Lösungsmittel z.B. Xylol auf die Probe getropft und erst dann das Eindeckmittel darüber gegeben. Das sehr dünnflüssige Lösungsmittel füllt alle Hohlräume aus und zieht das Eindeckmittel mit hinein, wenn es sich mit diesem vermischt.

Wenn Du den Effekt mit den Luftblasen reproduzieren möchtest, solltest Du Dich einfach sehr beeilen mit dem Aushärten unter der UV-Lampe oder den Eukitt vorher im Kühlschrank lagern, damit er zähflüssiger wird und nicht so leicht in jeden Hohlraum kriechen kann. Auch die Vollständigkeit der Austrocknung könnte Einfluss haben, wenn die Probe zwar äußerlich trocken erscheint, im Innern der nicht getrennten Diatomeenschalen aber noch Wasser verbleibt.

Beste Grüße
Gerd

Guten Morgen Gerd, guten Morgen liebe Runde,

Deine absolut stimmige Feststellung, Gerd, was Lufteinschlüsse angeht, die eine abdunkelnde Wirkung bei der Fotografie von Diatomeen und ebenso auch visuell bewirken können, kann man meiner Meinung nach bei einer Betrachtung des beigefügten Bild deutlich nachvollziehen. Wohl auch deswegen, weil diese Diatomee(n) im Vergleich zu anderen der Probe eher groß sind/ist und man daher die Luftblasen besser erkennen kann.


Erstellt mit einem LOMO 40 × PlanApo am ZEISS GFL, Kamera QHY 183c, 20 Bilder, Helicon Focus 8, bisschen Bearbeitung mit bewusst betonter Kontrastanhebung.

Selbstverständlich hast Du damit vollkommen recht, Gerd, dass nicht fachgerecht von diversen Substanzen ,,befreite" Präparate nicht haltbar sein dürften, aber mir ging es erst mal um fotografierbare solche, bei denen z. B. bei Ölimmersion nicht das Deckglas angehoben wird und dergleichen Kleckereien mehr. Auch für so etwas ist Eukitt UV sehr praktisch.  :)

Liebe Grüße

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow

jochen53

Hallo Jakob,
ein paar Bemerkungen aus chemischer Sicht: Kaliumpermanganat ist ein sehr starkes Oxidationsmittel und wird dabei selbst entweder zu braunem Mangan(IV) in Form von unlöslichem Braunstein (MnO2) reduziert - das passiert in neutralen oder alkalischen Lösungen - oder zu (fast) farblosem, wasserlöslichem Mangan(II) - das passiert in sauren Lösungen.
Nach der vollständigen Oxidation allen organischen Materials würde man Braunsteinreste an ihrer braunen Färbung erkennen. Wenn so etwas passiert, kann man Braunstein durch eine verdünnte wässrige Lösung von Natrium- oder Kaliumdisulfit (K2S2O5) zu löslichen Mangan(II)salzen reduzieren und damit entfärben. Natriumdisulfit ist der Lebensmittelzusatzstoff E 223, Kaliumdisulfit ist E 224, es wird z.B. in der Winzerei verwendet.
Violettes Kaliumpermanganat ist in Gegenwart von irgendwelchen Spuren reduzierend wirkender Substanzen (z.B. Staub und anderer organische Substanzen) nicht stabil, besonders nicht am Licht.
Viele Grüße, Jochen

Jakob_Wittmann

Zitat von: jochen53 in Juni 08, 2023, 10:48:47 VORMITTAG
Hallo Jakob,
ein paar Bemerkungen aus chemischer Sicht: Kaliumpermanganat ist ein sehr starkes Oxidationsmittel und wird dabei selbst entweder zu braunem Mangan(IV) in Form von unlöslichem Braunstein (MnO2) reduziert - das passiert in neutralen oder alkalischen Lösungen - oder zu (fast) farblosem, wasserlöslichem Mangan(II) - das passiert in sauren Lösungen.
Nach der vollständigen Oxidation allen organischen Materials würde man Braunsteinreste an ihrer braunen Färbung erkennen. Wenn so etwas passiert, kann man Braunstein durch eine verdünnte wässrige Lösung von Natrium- oder Kaliumdisulfit (K2S2O5) zu löslichen Mangan(II)salzen reduzieren und damit entfärben. Natriumdisulfit ist der Lebensmittelzusatzstoff E 223, Kaliumdisulfit ist E 224, es wird z.B. in der Winzerei verwendet.
Violettes Kaliumpermanganat ist in Gegenwart von irgendwelchen Spuren reduzierend wirkender Substanzen (z.B. Staub und anderer organische Substanzen) nicht stabil, besonders nicht am Licht.
Viele Grüße, Jochen

Schönen Abend Jochen, schönen Abend alle zusammen!

Dankeschön, Jochen. Solche kompetenten Erläuterungen, wie hier von Dir erfolgt, sind ausgesprochen hilfreich für mich.

Es geht mir dabei ja nicht nur um wissenswerte Hinweise zu chemischen Reaktionen alleine, denn damit regelmäßig verknüpft erfährt man auch Wichtiges, was den sicheren Umgang mit gewissen Substanzen angeht. Und das ist meiner Meinung nach sehr wichtig, denn diverse Datenblätter alleine zu einer definierten Substanz können unmöglich alles an potentiellen Gefahren beim Gebrauch dieser abdecken.

Danke Dir nochmals, Jochen, beste Grüße

Jakob
,,Ein Leben mit nur einem schwarzen Mikroskop ist möglich aber sinnlos."


Bernhard-Viktor ,,Vicco" Christoph-Carl von Bülow