Was ist die beste Strategie zur Bestimmungshilfe?

Begonnen von bzemella, Juli 27, 2023, 12:35:04 NACHMITTAGS

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bzemella

Hallo,
ich habe einige Videoaufnahmen von Lebewesen aus meinem Gartenteich. Ich persönlich (als Anfänger!) finde Videoclips wesentlich informativer als Fotos... So, und nun weiß ich auch, wie ich sie ins Forum stelle - vielen Dank für all die freundlichen Tipps, die hier eingegangen sind! Aber nun habe ich die Aufnahmen eingestellt - und bislang überhaupt keine Antworten erhalten. Woran liegt das? Ich hatte zuerst bei Betreff: aus meinem Gartenteich geschrieben, dann aber gedacht: wen fordert das schon heraus? Dann habe ich den Betreff geändert und zwei Vermutungen notiert. Auch Fehlanzeige. Vielleicht mache ich es mir ja auch zu einfach und müßte mich durch alle Bestimmungshilfen quälen... Aber der STREBLE/KRAUTER hilf mir nicht wirklich weiter, und bei Youtube oder Plingfactory müßte man schon etwas mehr Fachwissen mitbringen. Ich habe mit Interesse den Beitrag überflogen - nein, nicht gründlich gelesen! - den über von künstlicher Intelligenz erschaffenen Fakes. Und ich denke mir naiverweise: es müßte doch in heutigen Zeiten bessere Strategien für die Bestimmungshilfe geben als sich durch Bücher und Bibliotheken zu wälzen. Vielleicht mit Bildersuche über Google? Wer hat nüttzliche Tipps für mich?
Gruß
Bernd

liftboy

Hallo Bernd,

ZitatIch persönlich (als Anfänger!) finde Videoclips wesentlich informativer als Fotos

das wird wohl auch das Problem sein! Ein Video kann selten so aussagekräftig sein wie ein scharfes Foto; eventuell mehrere aus verschiedenen Schärfeebenen. Die Bestimmung eines Wimperntieres ist oft nur durch die Form der Bewimperung oder der Kauer möglich und das funktioniert nur bei höheren Vergrößerungen.
Die Dokumentation eines lebenden Organismus ist natürlich interessanter (besonders wenn man vorher am fixierten Tier eine Bestimmung durchgeführt hat :-} ).
Lass Dich aber nicht entmutigen und arbeite Dich in das Thema ein (ich weiß, das dauert).

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

A. Büschlen

Hallo Bernd,

Zitates müßte doch in heutigen Zeiten bessere Strategien für die Bestimmungshilfe geben als sich durch Bücher und Bibliotheken zu wälzen.

Ich liebe gute Bücher! Wenn ich darin lese bin ich immer wieder beeindruckt, wie es Autoren gelingt, in einfacher und verstädlicher Sprache Merkmale einer Gattung so zu beschreiben, dass ich mich darin zu recht finde. Wenn dann diese beschriebenen Merkmale noch gezeichnet sind bin ich einfach begeistert!
Viele dieser Bücher habe ich als PDF auf meinem Compi abgespeichert. Oder es sind Publikationen die ich von den Autoren direkt erhalten habe.
Mir hilft es wenn ich mir Grenzen setze. So habe ich mich vor Jahren bei den ersten Gehversuchen in der Bestimmungsarbeit von Laub- unsd Lebermoosen dazu entschieden, mich auf die epiphytisch wachsenden Arten zu beschränken. Denn das ist ein überschaubarer Lebensraum mit einer überschaubaren Artenvielfalt.
Ebenso hilft es mir, wenn ich persönliche Kontakte zu Spezialisten pflege. Sei dies bei gemeinsamen Exkursionen, bei Studientagen oder per Email.
Ob verlinkte Youtube Filmchen das geeignete Medium sind bestimmungsrelevante Merkmale darzustellen? Ich bezweifle es.

So weit einmal meine Gedanken zu deinem fragen.

Gruss Arnold Büschlen







Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.

liftboy

Hallo Arnold,

Du sprichst mir aus der Seele; mein Wahlspruch:
"Nur was gedruckt ist, kann man auch heimtragen"
Das funktioniert sogar bei Stromausfall:-))

viele Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Niels Bohr

limno

Hallo Bernd,

vorab eine Anmerkung zu Deinen Videos: Sie sind Dir zu dunkel geraten, aus welchem Grund auch immer. Möglicherweise hast Du die Aperturblende zu sehr geschlossen, oder die Videoeinstellung Deiner Kamera ist nicht optimal.  Auch ein höher vergrößerndes Objektiv und damit eine größere Abbildung können u.U. hilfreich sein Wie Du dem  "Streble/Krauter" entnehmen kannst, handelt es sich bei dem Rädertier tatsächlich um Notommata allantois- sehr leicht erkennbar durch die Ringplatte am Fuß
Es tut mir leid, verspätet auf Dein Video geantwotet zu haben.
Beste Grüße von
Heinrich
P.S. In den fixierten Beiträgen zur Rubrik Bestimmungshilfe ist auch ein Artikel der Hilfestellung bei der Bestimmung von Wasserorganismen zu geben versucht.
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

Gerd Schmahl

Hallo Bernd,
ja genau: von Michael: Einige Tipps für die effektive Bestimmungshilfe von Gewässerorganismen.
Mit den freien Programm "Free Video to JPG Converter" kann man aus Videos sehr einfach einzelne Frames gewinnen, aus denen man sich die bestimmungsrelevanten Merkmale heraussuchen kann. Was einem nicht erspart bleibt, und hier ist der "Wassertropfen" wirklich hilfreich, ist die Kenntnis der großen Gruppen wie "Rädertier" (hier sind die Kauer wichtig - nicht bei Wimperntieren  ;) ) oder "Goldalge". Dazu nicht die Bildertafeln durchblättern, sondern die zweiseitige Typenschlüssel im Vorsatz nutzen und die Beschreibungen der einzelnen Gruppen in vorderen Teil des Buches durchlesen. Bestimmen nach dem Prinzip Fotos oder Zeichnungen anzugucken reicht nicht.

Mit der google-Bildersuche bekommst Du alle möglichen Ergebnisse, die von der Anmutung her ähnlich sind, also mit dem gleichen Kontrastverfahren aufgenommen wurden. So einfach wie bei den makroskopischen Pflanzen oder Tieren geht es in diesem Bereich nicht. Für diese gibt es ja inzwischen schon recht brauchbare Bestimmungs-Apps, wo man ein Foto einstellt und meist ganz brauchbare Ergebnisse bekommt. Das im mikroskopischen Bereich hin zu bekommen, bedarf sicher noch recht intensiver Arbeit, die jemand leisten müsste, aber dafür gibt es wahrscheinlich nicht ganz so viele Interessenten wie bei den großen Pflanzen und Tieren. Die Vertreter einiger Gruppen sind nur von Spezialisten bestimmbar. Die Vielfalt ist hier weit größer, als der Wassertropfen vermuten lässt. Das ist ein Übersichtswerk, vergleichbar mit "Was blüht den da?", in dem 870 Arten von Blütenpflanzen vertreten sind, aber es gibt ja sehr viel mehr. Wenn es wirklich interessant wird, versagen diese Übersichtswerke.

LG Gerd

Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

liftboy

Hallo Gerd,

Zitat(hier sind die Kauer wichtig - nicht bei Wimperntieren

erwischt! Das passiert, wenn man schnell sein will (ausserdem war ich grad selbst am kauen :-) plus Rotwein)

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
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Niels Bohr

bzemella

Hallo Heinrich, und all Ihr anderen! Vielen Dank für die Antworten.
Noch habt Ihr mich nicht überzeugt, daß Videos nicht hilfreich wären. (Ich denke, die meisten von Euch sind noch von der "alten Schule") Wenn ich nicht gesehen hätte, wie das Rädertier die Wimpernohren ausstülpt, wäre ich wohl nicht auf die Vermutung gekommen, daß es sich um Notommata handeln könnte. Die Abbildung bzw. Zeichnung im STREBLE/KRAUTER zeigt eigentlich einen ganz anderen Umriß... Ich habe Interesse an der Lebendbeobachtung und möchte nicht Tiere töten, quetschen oder narkotisieren. Ich möchte mich nur einfach am Formenreichtum der Wasserlebewesen erfreuen und gelegentlich wissen, um was es sich da handelt... Ich will aber kein Fachstudium nachholen und bin eigentlich ganz zufrieden, wenn ich einen Hinweis in die richtige Richtung erhalte. Wenn jemand in dem Sinne sagen könnte, um was für ein Wimperntier es sich bei dem zweiten Video handeln könnte, wäre ich dankbar. Oder mit Hinweisen, wie der eine oder andere von Euch es nun anstellen würde, das herauszufinden. Zu der Qualität der Videos: die ist sicherlich verbesserungsfähig, aber es hat sich schließlich nur um einen ersten "Versuchsballon" gehandelt, zu testen, wie hilfreich das Mikrokopieforum für mich sein könnte.
Gruß
Bernd

A. Büschlen

Hallo Bernd,

Zitatzu testen, wie hilfreich das Mikrokopieforum für mich sein könnte.
Du wünschest dir ein hilfreiches Forum! ;) Und was bietest du denn ?
Zitat(Ich denke, die meisten von Euch sind noch von der "alten Schule")
Danke für deine Einschätzung! >:(

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.

bzemella

Hallo Arnold, ja ich wünsche mir ein hilfreiches Forum. Und das Problem ist, daß ich außer meinem Dilettantentum wohl wenig zu bieten habe, außer schlechten Aufnahmen. Aber wie soll ich als Anfänger vorgehen, wenn da nicht wohlwollende Spezis wären, die mich an ihrem Fachwissen teilhaben lassen? Einigen macht das vielleicht Spaß. Was ich mir nicht wünsche ist ein Gebalze um die besten Aufnahmen und die ausgefeiltesten Geräte.
Verstehst Du, was ich meine?
Gruß
Bernd

A. Büschlen

Hallo Bernd,
auf dein fragen hin haben vier Forumsmitglieder versucht dir aus ihrer unterschiedlichen Sichtweise Hilfestellung zu geben. Du bezeichnst sie der alten Schule! Was soll das? Es mag sein, dass wir das sind. In dieser alten Schule habe ich aber doch einiges gelernt, das ich nicht missen möchte.

Gruss Arnold


Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.

bzemella

Lieber Arnold, und alle anderen,
vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt: ich möchte nicht notwendigerweise eine wissenschaftlich-exakte Artenbestimmung, die Voraussetzungen dafür wären mir , zumindest jetzt noch, zu anspruchsvoll. Ich suche eher nach einer gröberen Richtungsweisung. Verbessern kann ich das Suchergebnis immer noch in den nächsten Jahren.
Was ich brauche, sind Tipps zur Strategie.
Das mit der alten Schule nehme ich selbstverständlich zurück.
Gruß
Bernd

Nochnmikroskop

Hallo Bernd,

es scheint immer etwas schwierig zu sein komplexe Zusammenhänge über eine vermeintlich einfache Lösung zu finden.
Deine Vorgehensweise mit Video ist doch schonmal gut.
Aber:
1. bessere Bildqualität!!! (Weißabgleich vor jedem Wechsel der Vergrößerung, ggf. 4K?, brauchbare Schärfe und Kontrast, ggf. mit 60 oder mehr Bildern/s arbeiten, dann Bilder Stacken)
2. Zahlreiche Screenshots vom Standbild des Videos anfertigen, oder das von Gerd zitierte Programm benutzen.
3. Mit den Screenshots nach und nach die Bildersuche im Internet bemühen.
4. Literatur beschaffen, zum Vergleichen.
5. Internet-Recherche (Google, Youtube) wenn mögliche Treffer bekannt sind.
6. Freundlich und ohne Hektik hier nachfragen!

Wäre dass eine "Strategie" für Dich?

LG Frank

PS: Manche Bestimmungsdetails erschließen sich nur mit immergierten Objektiven im Fotomodus, an mehr oder weniger langsam gemachten Tieren, oft erst mit Blitz. Daher bleibe geduldig, es wird schon ...
Meistens Auflicht, alle Themenbereiche
Zeiss Axiolab, Leitz Orthoplan, Keyence VHX, Olympus SZX16, Canon EOS 700D, Panasonic G9, Touptek u.a.
keine KI

Michael Plewka

#13
Hallo zusammen,

@ Bernd: zunächst einmal finde ich deinen Ansatz zur Betrachtung und Beschäftigung mit den Kleinlebewesen sehr sympathisch. Da es hier in diesem thread auch um ein Rädertier geht und ich auch noch der Autor der "Tipps" bin: hier noch einige Bemerkungen zu der ganzen Sache.

Sicherlich wird in der Zukunft ein großer Teil der Dokumentation von mikroskopischen Vielzellern durch Videos passieren. Aber bei beiden Medien: Video und Foto, besteht dasselbe Problem: wenn man nicht weiß, auf welche Merkmale man achten muss, ist die Dokumentation und damit die Grundlage der (Art-)Bestimmung ein Hit-and-miss-Ding. Da kann man zufällig richtig liegen, das muss  aber nicht der Fall sein.

Am Beispiel der Rädertiere kann man das nochmal klarmachen. Von den ca. 2300 bekannten Rädertieren sind im WT ca 150 dargestellt. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass im WT nicht alle Arten dieser Organismengruppe erfasst sein können.  Und ähnliches gilt für da anderen im WT behandelten Organismengruppen. Somit besteht prinzipiell die Gefahr, dass eine Beobachtung, die man unter dem Mikroskop gemacht hat, einer falschen Art zugeordnet wird, wie es auch hier der Fall ist.  Solange, wie man den WT für sich selbst "im eigenen Kämmerchen" nutzt, ist das kein Problem, man kann sich allmählich in eine Organismengruppe einarbeiten und findet dann weitergehende Informationsquellen dazu. Ich halte es aber für problematisch, wenn diese falschen  "Bestimmungen" dann  im www. öffentlich sind (google vergisst nie!!!) und dann andere Menschen ein Problem mit der Zuordnung ihrer Beobachtungen haben.

Währen ich das hier schreibe; ist von Dir ein weiterer Beitrag gekommen:
Zitat
Zitat...ich möchte nicht notwendigerweise eine wissenschaftlich-exakte Artenbestimmung,...


das steht nun im Widerspruch zu deinem Ansatz in einem Parallelthread, wo du selbst Vorschläge zur Artbestimmung machst und damit deine Ansprüche signalisierst.  Was anderes als eine exakte Artbestimmung gibt es nicht.

Nun konkret zu der Rädertierart:
ZitatDie Abbildung bzw. Zeichnung im STREBLE/KRAUTER zeigt eigentlich einen ganz anderen Umriß..

Das ist korrekt und somit ist klar, dass es sich nicht um N. allantois  handelt. Vermutlich handelt es sich um N. pachyura, aber das kann man nur ermitteln, wenn die Blase des Viechs dokumentiert ist, die man in dem Video nicht sehen kann (s.o.). Ich selbst habe diese Form noch nie gesehen und sie ist m.W. hier im Forum noch nie gezeigt worden. Ist also etwas besonderes.
Umso trauriger ist es, dass  du als Lebensraum lediglich "Gartenteich" angibst. Ich würde da schon vom Grundsatz her mehr Informationen erwarten, vor allem, wenn du von anderen eine konkrete Hilfe erwartest. U.a. wäre es wichtig zu wissen,  welche Pflanzen in dem Teich vorkommen. Dies gilt umso mehr, als sowohl für diese Art als auch für N. allantois saure Gewässer als Habitat angegeben sind.

Zu dem Ciliaten: ich halte das für ein zerstörtes Stentor-Viech. Wird sich also in der Bestimmungsliteratur nicht finden lassen. Das aber ohne Gewähr.

Zur Strategie:

1. bei "inaturalist" einstellen und hoffen, dass jemand das Viech richtig bestimmt.
https://www.inaturalist.org/home

2. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass immer noch die "alte Schule" gilt: man kommt um geeignete Bestimmungsliteratur  zu den jeweiligen Organismengruppen nicht herum. Im Fall der Ciliaten gibt es dazu umfangreiche Literatur kostenlos hier:
http://www.wfoissner.at

Ergänzt wird das durch Martin Kreutz´site:
https://realmicrolife.com


3. ansonsten nach Literatur zu konkreten Gruppen  fragen. da wir dir bestimmt hier geholfen.


Beste Grüße
Michael Plewka

mikropa

Hallo,

habe hier nur interessiert mitgelesen, möchte aber auch von meiner Seite Michael meinen Dank aussprechen für seine konstruktiven Hinweise.
Die beiden letzten Quellen kannte auch ich noch nicht.
Und natürlich "danke" für Plingfactory, eine ganz wunderbare Website! Da habe ich schon viel drin gestöbert.
Solche Sachen sind gerade auch für uns Anfänger unschätzbar.

Viele Grüße
Uwe
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