Euglena und Volvox kultivieren - klappt bisher leider nicht

Begonnen von Schraube, Juni 02, 2024, 18:08:45 NACHMITTAGS

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Schraube

Hallo zusammen

Ich würde gerne Euglena (gracilis) und Volvox, welche ich manchmal finde, kultivieren. Meine bisherigen Versuche sind leider kläglich gescheitert.

Erfolgreich konnte ich bisher Paramecium caudatum und seit ein paar Monaten auch Paramecium bursaria züchten. Diese gedeihen sehr gut, die sind wahrscheinlich auch sehr einfach zu halten :)

Mein Ansporn ist es, die Zucht mit selber gefundenen Exemplaren zu machen, also ohne Zuchtansatz. So ist mir wie gesagt z.B. aus sechs Stück P. bursaria die Zucht sehr gut gelungen. Diese füttere ich mit getrockneten Bananenschalen. Ich  impfe alle 4 Wochen in einen neuen Ansatz. Die Gläser stehen an einem Ost-Fenster, ohne direkte Sonnenbestrahlung (Es gibt nur Ost oder West-fenster).

Bei den Volvox und Euglena klappt es nicht.

Bei Volvox habe ich mehrere Dutzend selektiert und in einen mit Volvic gefüllten 250ml Erlmeyerkolben überführt. Diese halten sich da zwar zwei Wochen, aber vermehren sich nicht.
Versuche das Volvic mit Flüssigdünger (3ml pro Liter Volvic) zu ergänzen, waren auch nicht fruchtbar.

Das selbe habe ich mit Euglena gracilis probiert, ich konnte auch so ca. 10 Stück selektieren. Auch in Volvic und einmal in Volvic mit Flüssigdünger. Ich habe keine Euglenen in diesem Erlmeyerkolben mehr finden können. Auch versuche die Dinger in kleinen Petrischalen zu halten, sind überhaupt nicht geglückt. Darum habe ich die in 250ml Behältern versucht.

Habt ihr Tipps, wie es mir trotzdem gelingen könnte, ohne Zuchtansatz, selber eine Zucht aufzubauen? Oder ist diese Variante (welche mir bei P. bursaria geglückt ist) für Euglena und/oder Volvox zu ambitioniert?

Vielen Dank für eure Hilfe und Gruss

Roli
Mikroskop: Leica DMRE
Website: https://www.mikrokosmos.gallery

Aljoscha

Hallo Rolli,

zu Volvox kann ich nichts sagen aber Euglena gedeihen bei mir problemlos. Ich verwende Volvic mit Flüssigdünger, allerdings in etwas höherer Konzentration als Du, 1 ml auf 200 ml Wasser.

Euglena braucht sehr viel Licht. Das oft genannte Nordfenster reicht nicht. Ein Westfenster in der prallen Sonne bringt wesentlich mehr.

Ich verwende Zellkulturflaschen. Euglena gedeihen aber auch in einem offenen Glas, wenn man regelmäßig das verdunstete Wasser ersetzt. Man hat dann halt jede Menge anderer Sachen in der Suppe.

Wenn Du es doch mit einem Kulturansatz versuchen willst, schicke ich dir gerne etwas.

Viele Grüße

Alexander

Werner

Wie wäre es ganz ohne Dünger?
Ich fand vor wenigen Jahren grüne Flecken in einem offenen Regenfaß. Unter der Lupe waren Volvoxkugeln zu erkennen. Das Faß hatte nur ganz wenig Bodensatz vom Gerätereinigen. Ob Mückenlarven mit drin waren, kann ich nicht erinnern, aber warscheinlich schon.

Gruß - Werner

Siegfried

#3
Hallo Roli
Ich hatte bis voriges Jahr eine Volvox-Kultur über 2 Jahre erfolgreich am Leben gehalten.
Ein Microfreund beschaffte mir mehrmals Bold's Medium.
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41866.msg309078#msg309078
nach oben scrollen.
Auch mit Erdabkochung letztes Rezept hier:
http://www.william-hogarth.de/Kulturanleitungen.html
Zweites Rezept für Euglena.
hatte ich eine Zeit lang Erfolg.
War aber nicht so gut wie mit Bold's Medium.
Im Moment will ich mal wieder Paramecium Bursaria kultivieren.
Bekomme eine Reinkultur von Thilo Bauer.
  Gruß von Siegfried

Gerd Schmahl

Hallo Rolli,
gleich vorweg: Ich habe selber noch nicht versucht Volvox zu züchten, habe sie nur einige Wochen in Standortwasser gehalten. Vielleicht fragst Du mal Gerald Helbig direkt an. Auch wenn er keine Lebendkulturen mehr verschickt, weiß er sicher wie es geht.

Auf seiner Homepage steht einiges zu Volvox (brauchen Vitamine B1 und B12). Neben dem von ihm seinerzeit vertriebenen Kulturmedium "P" ist auch ein Foto zu sehen, dass Volvox in Erdwasserkultur zeig. Wenn Du nicht unbedingt eine richtige Reinkultur anlegen möchtest, wäre das vielleicht ein Weg, denn dabei sorgen Bakterien für die Freisetzung der Vitamine. Wie man Erdwasserkulturen anlegt steht im "Wassertropfen". Ich habe das Wassernetz recht lange in Erdwasserkultur halten können.

Bei Volvox muss man aber auch aufpassen, dass man sich keinen Volvox-Parasiten einfängt. Parasiten sind oft der Tod vieler Kulturen, weil die eigentlichen Bewohner kaum eine Möglichkeit haben, den Parasiten auszuweichen, wenn sie in einem kleinen Volumen "gefangen" sind. Bei meiner Standortwasserkultur war es das Rädertier Ascomorphella (Hertwigella) volvocicola, das hier marodierte.

Auch Siegfried hat Volvox erfolgreich in Erdwasserkultur aus Buchenerde gehalten, dem er einen Vitamin-B-Komplex zufügt.

Wenn ich mich recht erinnere ist auch die Kultivierung von Euglena im Wassertropfen beschrieben, von dem ich aber z.Z. räumlich getrennt bin, um selber nachzuschlagen. Auf Geralds Seite wird auch wieder das Kulturmedium "P" empfohlen, dessen Zusammensetzung dort allerdings nicht verraten wird.


LG Gerd
EDIT: Da war der Siegfried doch tatsächlich noch etwas schneller.
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Schraube

Hallo zusammen

Schon toll, dieses Forum. Da geht man kurz kochen und kommt zurück... zack, schon ein Haufen sachdienliche Hinweise eingegangen. Vielen Dank erst mal allen. Ich habe noch einige Fragen:

Grundsätzlich: Wie viele Euglena muss ich isolieren und in ein Gefäss welcher Grösse überführen? Hat da wer Erfahrung?

@Siegfried
Wie viele einzelne Volvox hast du den separiert und in das Kulturmedium überführt?
Hast du diese mehrmals in Wasser übersetzt um möglichst wenig Beifang in das Kulturgefäss zu überführen?
Wie grosse Gefässe hast du verwendet?

@Alexander
Es war also vielleicht zu wenig Dünger im Spiel. Ist das mit dem Dünger bei Euglena und Volvox für beide passend? Spielt die Art des Flüssigdüngers eine Rolle? Ich habe mit Wuxal Universaldünger von Hauert versucht. Der Hinweis mit dem Licht, danke dir.
Was ist der Vorteil dieser Zellkulturflaschen? Und sind diese geschlossen, also brauchen die Euglena wenig Sauerstoff?

@Gerd
Das mit dem Parasit, daran hatte ich noch gar nicht gedacht.

Gruss
Roli

Mikroskop: Leica DMRE
Website: https://www.mikrokosmos.gallery

Aljoscha

Zitat von: Schraube in Juni 02, 2024, 20:11:55 NACHMITTAGS@Alexander
Es war also vielleicht zu wenig Dünger im Spiel. Ist das mit dem Dünger bei Euglena und Volvox für beide passend? Spielt die Art des Flüssigdüngers eine Rolle? Ich habe mit Wuxal Universaldünger von Hauert versucht. Der Hinweis mit dem Licht, danke dir.
Was ist der Vorteil dieser Zellkulturflaschen? Und sind diese geschlossen, also brauchen die Euglena wenig Sauerstoff?


Hallo Roli,

zu Volvox kann ich wie gesagt nichts sagen. Damit habe ich keine Erfahrung.

Die Zellkulturflaschen haben eine Membran im Verschluss, die Sauerstoff rein und Kohlendioxid raus lässt. Der Gasaustausch ist gewährleistet. Bakterien und andere unerwünschte Mitbewohner werden dagegen zuverlässig ferngehalten.

Viele Grüße

Alexander

Gerd Schmahl

Hallo,
ZitatDie Zellkulturflaschen haben eine Membran im Verschluss, die Sauerstoff rein und Kohlendioxid raus lässt. Der Gasaustausch ist gewährleistet. Bakterien und andere unerwünschte Mitbewohner werden dagegen zuverlässig ferngehalten.
Ein Wattestopfen als "Korken" einer Flasche/eines Erlenmeyerkolbens tut 's auch, wenn auch vielleicht nicht gaaanz so zuverlässig.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter V.

Hallo,

ich gebe zu, dass ich kein verantwortungsvoller Algenvater bin  :-\  Meine Euglena-Kulturen (ich meine, Aljoscha hatte sie sogar von mir) sind inzwischen weitestgehend euglenafrei, dafür finden sich inzwischen reichlich kleine einzellige runde Algen. Ich habe aber auch nie Vitamin B zugesetzt, "ohne" konnte ich die Kulturen ca. 2 Jahre gut halten, neue Ansätze habe ich auch schön länger nicht mehr vorgenommen. Zugesetzt habe immer nur ein paar Tropfen Blumendünger.

Als Gefäße habe ich einfache 500 ml Gläser mit Schraubdeckeln, die in der Küche anfielen und insofenr nix kosteten, genommen. Die Schraubdeckel habe ich einfach etwas gekippt aufgelegt. Die Erlenmeyerkolben, die ich anfänglich verwendet habe, bekam man kaum mehr sauber, deshlab habe ich davon Abstand genommen.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Siegfried

Hallo Roli
Ich hatte von Anfang an eine Reinkultur von dem Mikrofreund mit dem Bold's Medium.
Angesetzt habe ich immer in 250ml Erlmeyerkolben am Nordfenster auch dann mit der Erdabkochung und auch mit dem B-Komplex.
  Gruß von Siegfried

Gerd Schmahl

#10
Hallo Peter,
ZitatMeine Euglena-Kulturen (ich meine, Aljoscha hatte sie sogar von mir) sind inzwischen weitestgehend euglenafrei, dafür finden sich inzwischen reichlich kleine einzellige runde Algen.
Euglena kann ungünstige Lebensbedingungen im sog. "Palmella-Stadium"  überdauern. Dabei wird die lange Geißel abgeworfen (was man oft schon auf dem Objetträger beobachten kann) und die Zelle kugelt sich in einer Gallerte ein. Also frisch auf: Erde mit reichlich (Regen-)Wasser abkochen (am besten Gartenerde, aber nicht frisch gedüngt oder Laubwalderde), abkühlen lassen und etwas von Deiner alten Kultur dazu. Sollte mich sehr wundern, wenn die nicht wieder angeht.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Schraube

Nochmals Danke für euren weiteren Input. Ich werde daher mal mit Erdabkochungsextrakt probieren. Ich hätte noch eine Frage zum Kochen: Also einfach in einer Pfanne das Zeugs, zugedeckt 1h köcheln lassen, so dass möglichst wenig vom Wasser verdampft?

Auch das mit der Erdwasser-Kultur will ich parallel versuchen. Ich halte euch auf dem Laufenden :)

Gruss
Roli
Mikroskop: Leica DMRE
Website: https://www.mikrokosmos.gallery

limno

Guten Abend Roli,
ja genau wie im "Streble/Krauter" 10. Auflage, S.18 beschrieben. Mit künstlicher Düngelösung nach Knop (0,15%) brach meine Grünalgenkultur (Chlorella) nach der "Blüte" restlos zusammen, bei Erdabkochung mit Buchenlauberde konnten sich hingegen offenbar Dauerstadien bilden. Volvox habe ich noch nicht probiert. Den Erdextrakt habe ich eingefroren und für den Gebrauch auf  5% verdünnt
Viel Freude und Erfolg wünscht Dir
Heinrich
So blickt man klar, wie selten nur,
Ins innre Walten der Natur.

SNoK / Stephan Krall

Moin Roli,

da wirst du ja überhäuft mit Ratschlägen. Ich habe auch noch einen. Meine Erd-Wasser-Kultur habe ich mit dem Autoklav gemacht, besser gesagt, mit einem geeigneten Druckdampfkochtopf, wie er zumindest früher in jedem Haushalt stand. Ich hatte mir seinerzeit allerdings einen etwas spezielleren nur dafür gekauft, mit Manometer. Das Wasser habe ich dann portionsweise in Rollrandgläschen  eingefroren. Es liegt seit Jahren im Tiefkühlschrank mit anderen Proben, und meine Frau denkt sich, ,,die spinnen, die Mikroskopiker".

Grüße (und wann kommen die nächsten Bilder?),
Stephan
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK), Lomo MBD-1 ("Für-alle-Fälle-Mikroskop")
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

Schraube

@Heinrich: Danke für die Infos
@Stephan: Einen Dampfkochtopf haben wir leider nicht, und der meiner lieben Mutter würde sie mir zum Erde abkochen wohl nicht ausleihen :). Vielleicht einen gebraucht erwerben? Das Einfrieren macht Sinn und ist notiert. Ja, Bilder sollte ich wieder mal machen, aktuell beobachte ich nur. Aber ich hoffe, wieder mal etwas zeigen zu können.
Gruss
Roli
Mikroskop: Leica DMRE
Website: https://www.mikrokosmos.gallery