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HISTOLOGIE: Hämochromatose

Begonnen von Florian Stellmacher, März 20, 2010, 17:55:12 NACHMITTAGS

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Florian Stellmacher

Hallo purkinje,

eigentlich ist es doch aber so, dass Hämosiderin eben erst bei älteren Blutungen nachweisbar ist, und so wird die Berlinerblau-Reaktion auch diagnostisch eingesetzt. Frisches Eisen reagiert hier nicht, erst aggregiertes Ferritin bildet in saurem Millieu mit Kaliumferrozyanid einen typischen blauen Niederschlag.

Beste Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Holger Adelmann

man könnte versuchen, mittels H2O2-Bad das Fe2+ zum Fe3+ zu oxidieren, dann könnte die Berliner Blau reaktion evt. klappen ....?
Nur so eine Idee.
Holger

Florian Stellmacher

Lieber Ronald,

diagnostisch kann die Eisenreaktion z.B. helfen, einen älteren Entzündungsprozess von einem frischeren zu unterscheiden, da der ältere oftmals Hämosiderin enthält. Eine andere Anwendung wäre z.B. zum Nachweis einer Siderose der Leber oder der Milz bei chronischer Stauung, z.B. bei einer chronischen obstruktiven Lungenerkrankung. Die Eisenreaktion kann aber z.B. auch helfen, eine vorbestehende Verlezung z.B. des Gelenkknorpels von einer frischen zu unterscheiden.

Es gibt diverse Anwendungen.

Herzliche Grüße,
Florian
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Florian Stellmacher

#18
Lieber Holger,

jetzt habe ich mich mal im Labor schlau gemacht: In der Uni hatten wir zum Eisennachweis die Berlinerblau-Reaktion verwendet. Diese weist dreiwertiges Eisen nach.

Das Färbeprotokoll [1]:

1. Schnitte entparaffinieren und durch die absteigende Alkoholreihe in Wasser bringen
2. 5 min. in 10%ige wässrige Kaliumferrozyanidlösung bringen
3. 30 min. in eine Mischung aus gleichgroßen Teilen von 20%iger HCl und 10%iger Kaliumferrozyanidlösung stellen
4. Spülen in Aqua dest.
5. Gegenfärbung mit Kernechtrot
6. Spülen im Aqua dest.
7. Alkoholreihe, Xylol, Eindecken

Bei uns wird aber offenbar eine modifizierte Turnbulls-Blau-Färbung verwendet. Diese weist eigentlich nur zweiwertiges Eisen nach, wenn man zuvor aber dreiwertiges Eisen mittels Ammoniumsulfid in Schwefeleisen überführt, wird auch dieses nachgeweisen.

Das Färbeprotokoll [2]:

1. Schnitte entparaffinieren und durch die absteigende Alkoholreihe in Wasser bringen
2. 1 Stunde in Ammoniumsulfid (stinkt furchtbar!)
3. Spülen in Aqua dest.
4. 10 min. in 20%ige wässrige Kaliumferrozyanidlösung und 1%ige HCl 1:1
5. Spülen
6. Gegenfärbung mit Kernechtrot

Herzliche Grüße,
Florian

Quellen:
[1] Romeis: Mikroskopische Technik, 17. Aufl. 1989, S. 399 f
[2] Fasske*: Lehrbuch der histologischen Technik, 1964, S 89

* Erhard Fasske war langjähriger Leiter der Pathologie am Forschungszentrum Borstel - vielleicht hält sich daher hier sein Färbeprotokoll?
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derda

Hallo Florian,

vielen Dank für diesen Beitrag. Habe gerade ein Buch gelesen ("Die Steinzeit steckt uns in den Knochen, Gesundheit als Erbe der Evolution"), in dem die Hämochromatose auch vorkam. Die negativen Folgen beginnen im Alter von 30-40 Jahren, wenn sich zu viel Eisen im Körper angesammelt hat und Leber und Bauchspeicheldrüse geschädigt werden.
In jungen Jahren gibt es jedoch Vorteile bspw. kommt es nicht zu Eisenmangel während der Menstruation. Aber auch bei Pest- und Tuberkoluseepedimien haben Hämatochrosepatienten Vorteile, da die Erreger üblicherweise das in den Makrophagen vorhandene Eisen für sich nutzen. Bei Hämatochrose aber wird das Eisen von den Makrophagen ferngehalten, so das die Erreger kein Eisen bekommen.

VG, Erik




Florian Stellmacher

Lieber Erik,

das ist sehr interessant, was Du schreibst. Einige Dinge, die für uns heutige Menschen eine Krankheit bedeuten, stellten bei unseren Vorfahren faktisch einen Selektionsvorteil dar. Daher haben sich einige vererbbare Erkrankungen sehr weit verbreitet und halten sich bis heute im Genpool.

So ist z.B. die Faktor-V-Leiden-Mutation (FVL) in Europa recht weit verbreitet, ca. 5% der Bevölkerung sind heterozygote Träger, und je nach Kollektiv sind bis zu einem halben Prozent homozygote Träger. Dieser Defekt führt zu einer gesteigerten Gerinnungsfähigkeit des Blutes, was sich bei Meschen, die acht Stunden im Bett liegen, dann mit dem Auto zur Arbeit fahren, neun Stunden vor dem Rechner (oder am Mikroskop  ;)) sitzen, dann wieder mit dem Auto nach Hause fahren, um sich vor dem Zubettgehen noch ein paar Stündchen auf den Sofa zu entspannen, recht negtiv bemerkbar machen kann: es kann zur Bildung von Blutgerinnseln und hierdurch zu gefährlichen Gefäßverschlüssen kommen. Bei unseren "wildlebenden" Vorfahren stellte diese verstärkte Gerinnungsfähigkeit des Blutes aber einen echte Vorteil dar, da praktisch das ganze tägliche Leben mit einer eröhten Verletzungsgefahr verbunden war, und das Auskurieren einer Erkrankung bei als Nomaden lebenden Menschen möglichst rasch ablaufen musste. Wer sich bei der Jagd verletzte, konnte froh sein, wenn er schnell aufhörte zu bluten, und mit der Beute an das heimische Lagerfeuer zurückkehren konnte! So kam es wohl dazu, dass die heute als Krankheit eingestufte Mutation innerhalb der kleinen Gruppn, in denen die Menschen lebten, eine starke Verbreitung gefunden hatte, und daher ist sie auch heute noch relativ häufig anzutreffen.

Herzliche Grüße,
Florian
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Florian Stellmacher

Liebe Eisen-Freunde,

noch zwei Bilder zu den Färbungen:

Bild 1: Sog Herzfehlerzellen in der Lunge - Berlinerblau-Reaktion


Zeiss Planapochromat 63x am Axioskop 2 MOT, Zeiss MRc

Bild 2: Eisenbeladene Makrophagen in der Lungen bei starkem alveolärem Hämorrhagiesyndrom; die Autopsie erbrachte den Befunde einer Lymphangioleiomyomatose, einer außerordentlich seltenen Lungenerkrankung, die in diesem Falle zu massiven rezidivierten Lungenblutungen geführt hatte; die Abbauprodukte des "alte" Blutes" färben sich hier blau, das frische nicht - modifizierte Turnbulls-Färbung


Leitz Planapochomat 4x am Orthoplan mit Nikon Coolpix 950 und Periplan 10x

Herzliche Grüße,
Florian
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Peter V.

Lieber Florian,

..und den Selektionsnachteil, den heute FVL-Träger haben, gab es seinerzeit nicht, weil nur die wenigsten Menschen mit derart wenig Bewegung durchs Leben kamen wie wir heutzutage.
Und so muss man Vieles im Kontext der Zeit sehen: Beispiel: Adipositas! Fettansatz ist ja primär positiv, denn das Schaffen von Reserven für Notzeiten war früher überlebenswichtig, als die Ernährung noch vom Jagdglück abhing und nicht von den Öffnungszeiten der Pommesbude.
Selbst solche etwas merkwürdigen Mechanismen wie das "Sich-vor-Angst-in-die-Hose-machen" hatten durchaus ihren Sinn, weil es sich mit entleertem Darm und entleerter Blase einfach leichter vor dem Tiger flüchtet.
( Dir sind diese Beipiele sicher bekannt und vermutlich kennst Du noch mehr ).

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Ronald Schulte

@Alle,

Sehr interessantes Thema. Für mich Grund genug um mich was Kaliumferrozyanid zu beschaffen und einige Proben zu machen.
Melde mich dann nochmals mit hoffentlich gute Bilder.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Klaus Herrmann

Hallo Ronald,

ZitatKaliumferrozyanid zu beschaffen

Habe es schon rausgestellt. Es ist analysenreine Ware. An der Qualität wird der Versuch also nicht scheitern!  ;)

Schneider weist übrigens in seiner Botanischen Mikrotechnik auf eine Nebenreaktion hin. K4 Fe (CN)6 Gibt mit Salzsäure und Luftsauerstoff auch Berliner Blau. Man sollte also nicht mit zu hoher Säurekonzentration und zu lange mit HCl behandeln!

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Heino Lauer

Hallo,

angeregt durch Florians Beitrag zur Hämochromatose habe ich meine Sammlung durchgesehen und ein thematisch passendes Präparat gefunden. Ein Foto davon möchte ich hier zeigen; es ist zugleich das erste eigene Bild, das ich hier im Forum zeige, sozusagen mein Einstand.



Siderose und Fibrose der Leber, HE,  Leitz Pl 2,5 am Ortholux2 mit EOS 1000d

Gut sieht man die Einlagerung von Hämosiderin im Bereich der Portalfelder. Das Bindegewebe ist deutlich vermehrt. Hinweise zum Befund (Florian, Ulf) sind mir sehr willkommen. Wie findet Ihr die Bildqualität? Auffallend ist, das das Hämosiderin im Foto fehlfarben ist. Bei der visuellen Betrachtung hat es die korrekte, bräunliche Farbe. Aber schon das Rawbild tendiert dort ins bläuliche. Durch die Wandlung in das jpg Format wird dieser Effekt noch etwas verstärkt.

Florian Stellmacher

#26
Lieber Heino,

vielen Dank für Deinen fotografischen Einstand. Ich habe mir erlaubt, Dein Bild einmal ein bisschen nachzubearbeiten:



Ich habe mit der Gammakorrektur das Bild "dunkler" gemacht - sprich das Histogramm nach links verschoben, und dann den Kontrast erhöht und noch einmal weißabgeglichen. Jetzt ist das Eosin zwar ein bisschen bonbonrosa, das Hämosiderin ist aber jetz bräunlich, wie Du es wohl auch im Okular gesehen hast. Mit mehr Aufwand ist sicherlich noch mehr aus Deinem Bild zu machen, das aber nur, weil das Rohmaterial so gut ist wie Dein Foto! Im Prinzip gibt es nämlich nichts zu meckern. Ich könnte mir vorstellen, dass Dein Ausgangsbild ein wenig überbelichtet war; eine geringe Unterbelichtung eröffnet einem in der Nachbearbeitung aber größere Möglichkeiten. Ist Dir aufgefallen, dass wir für die Bilder das gleiche Mikroskop verwendet haben?  ;)

Zu den pathologischen Veränderungen würde es sich lohnen, einen separaten Thread aufzumachen - vielleicht morgen...


Herzliche Grüße,
Florian

Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
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Heino Lauer

Lieber Florian,

herzlichen Dank für die Nachbearbeitung meines Bildes! Ich werde die Bildbearbeitung noch üben. Dein Ergebnis ist auffallend schöner. Es würde mich sehr freuen, wenn Du etwas zum Befund sagen würdest!

Herzlicher Gruss

Heino

Ronald Schulte

Heino,

Wenn das, für einige Jahre her, mein erstes Bild war war ich schon sehr zufrieden. So sah es bei dann leider nicht aus.
Wie Florian schon zeigt ist mit was nachbearbeitung, und es gibt kein Professionellen Fotograf der nicht nachbearbeitet, eine vernünftige qualitätsteigerung zu erreichen.
Hut ab für so eine schönes erstes Bild.

Ich freue mich schon wider auf weitere Beiträgen an Histo- und Pathologie.

Grüße Ronald  
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Florian Stellmacher

Lieber Heino,

vielleicht nur auf die Schnelle soviel: Die typische Architektur der Leber mit einer Gliederung in Läppchen und Periportalfelder ist in Deinem Schnitt stark gestört; stattdessen sieht man breite Septen aus zellarmem Kollagengewebe, das das Leberparenchym in Form sog. Regeneratknoten unterteilt. Bei Deinem Schnitt ist das Parenchym, soweit ich das in der Übersicht erkennen kann, deutlich verändert, vielleicht durch Autolyse, ehlich gesagt sehen die Kerne von hier aus sogar recht "boshaft" aus. Da müsste man mal stärker vergrößern, um zu erkennen, was hier los ist. Was steht denn auf Deinem Schnitt drauf?

Herzliche Grüße,
Florian
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