Botanik: Handschnitte von der Nadel der Schirmtanne / Idioblasten *

Begonnen von Fahrenheit, November 26, 2008, 23:24:45 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

#15
Hallo Klaus,

heute haben meine Tochter und ich noch mal frische Nadeln der Schirmtanne geschnitten (das klappt auch bei ihr schon ganz gut) und beim Mikroskopieren haben wir besonders auf Idioblasten geachtet.

Dabei sind wir auch fündig geworden. Leider waren die Photos so schlecht,
dass ich mich hier auf eine (idealisierte) Zeichnung beschränke:



Der Idioblast liegt wie auf Deinem Schnittbild im nur locker mit Zellen gefüllten Innenraum der Nadel. Nach dem, was ich gesehen habe, handelt es sich um eine schlauchartige, verzweigte Zelle - zumindest im Hellfeld ohne erkennbare innere Struktur.
Im Polarisierten Licht leuchtet sie auf, zeigt jedoch ebenfalls keine weiteren Details.
Zwei der 'Füßchen' meines Idioblasten ankern im äußeren, chloroblastenreichen Zellverbund, ein weiteres erstreckt sich unter die Hüllzellen des Leitbündels. Die verbleibenden Zwei enden frei im Innenraum der Nadel.
Im anderen Flügel der Nadel waren im hier gezeichneten Schnitt noch zwei weitere gleichartige Idioblasten erkennbar. Auch in unseren anderen Schnitten aus unterschiedlichen Nadeln des gleichen Baumes sind sie vorhanden, sie scheinen also recht häufig vorzukommen.

Ich habe Deinem Link folgend in den alten Threads leider nichts zur Funktion dieses speziellen Idioblasten gefunden. Konntet Ihr das seinerzeit klären oder hat jetzt vielleicht jemand eine Antwort?

Vielen Dank
Jörg
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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

das ist zum Verzweifeln, aber auch mir ist es bisher nicht gelungen, irgend etwas plausibles zur Funktion heraus zu finden. Die Literatur gibt (bisher) einfach nichts her!

Gute Nacht,

Detlef
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Segu

Hallo Detlef,

Zitatdas ist zum Verzweifeln, aber auch mir ist es bisher nicht gelungen, irgend etwas plausibles zur Funktion heraus zu finden. Die Literatur gibt (bisher) einfach nichts her!

http://de.wikipedia.org/wiki/Idioblast

Evtl. bringt Euch das ein Stück weiter. Wenn das so stimmt, dann sind das richtige Sonderlinge.

Administrator: Der Link war nicht richtig. habe das eben mal behoben

Danke Maik!
mit freundlichen Grüssen

Michel Siegrist

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Fahrenheit

#18
Hallo liebe Idioblastenfreunde,

ich bin dem Wikipedia Link noch mal etwas ausgiebiger gefolgt und finde, dass die Astrosklereiden im Seerosenblatt (Familie Nymphaeaceae) den Ideoblasten in unseren Schirmtannennadeln recht nahe kommen.
Weiterführender Link Sklereiden: Wikipedia/Sklereiden.

Ein entsprechendes Schnittbild durch ein Seerosenblatt gibt es ebenfalls bei Wikipedia im von Segu verlinkten allgemeinen Artikel über Idioblasten (Autor ist der Wikipedia-User "Biopauker" - Herr J.Dietrich aus Berlin):


Die Funktion als Stützgewebe erscheint mir von der Lage ("Abstützen" in den umgebenden dichteren Zellgeweben am Nadelrand und den Leitbündeln) und Häufigkeit dieser Zellen auch recht einleuchtend zu sein. Die Nadeln der Schirmtanne sind ja trotz des Innenraums in 'Leichtbauweise' sehr stabil.

Für die Interpretation der von uns in den Schirmtannennadeln beobachteten Idioblasten als Astrosklereiden spricht aus meiner Sicht auch das Bild im polarisierten Licht. Sie zeigen das gleiche Verhalten wie die Sklereiden in den Leitbündeln und haben demnach wohl auch Zellwände aus dem gleichen Material. Der gleiche Farbton der beiden Zelltypen in den Bildern von Klaus stützt m.E. ebenfalls diese Aussage.
Weiterhin würde auch passen, dass sich zumindest bei meinen Beobachtungen keine inneren Strukturen mehr erkennen lassen.

Sicher bringt ein Längstschnitt durch die Nadel zusätzliche Informationen zur räumlichen Anordnung der Idioblasten. Das könnte den Hinweis auf eine Stützfunktion weiter erhärten.

So, ich hoffe mal, ich habe mich als biologischer Laie mit meiner Interpretation nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt und freue mich auf Eure/Ihre Meinungen zu meinen Thesen.

Vielen Dank!
Jörg
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Detlef Kramer

Hallo,

ja, klingt nach plausibler Hypothese. Dagegen spricht, dass man ein Stützgewebe eigentlich ganz anders konstruieren würde; niemals mit spitzen Enden. Dagegen spricht auch, dass diese Spitzen niemals Kontakt mit den übrigen Zellwänden haben. Das habe ich damit gemeint, wenn ich sagte, dass die Literatur eigentlich nichts wirklich plausibles hergibt.

Ganz allgemein und grundsätzlich: man sollte immer über eine Funktion einer bestimmten Struktur nachdenken. Man muss allerdings auch in Betracht ziehen, dass die Natur Dinge "mitschleppt", die früher einmal eine Funktion hatten, die wir heute nicht mehr nachvollziehen können, einfach deshalb, weil sie nicht schaden und deshalb durch Auslese genetisch nicht ausgemerzt wurden. Dafür gibt es Beispiele!

Herzliche Grüße

Detlef Kramer
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Fahrenheit

Hallo Detlef,

wenn ich Dich richtig verstanden habe, sagst Du, dass die Astrosklereiden ihre Funktion in der Schrimtannennadel verloren haben, da kein richtiges Stützgewebe mehr ausgebildet wird und die Zellen mit ihren Ausläufern ins Leere greifen.

Ich will morgen mal versuchen, Längstschnitte zu machen, um einen besseren Eindruck von der räumlichen Lage zu bekommen.

Wilde Theorie: wenn es sich bei den Astrosklereiden um ein rückgebildetes funktionsloses Stützgewebe handelt, sollten vereinzelt noch Reste zu sehen sein, wo zwei oder mehr Stützzellen einander berühren und entsprechende Verbindungen aufbauen (ich will nicht sagen miteinander verwachsen).

Gute Nacht!
Jörg
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Fahrenheit

#21
Hallo Zusammen!

Hier nun die Ergebnisse meiner Längstschnitte: Detlef hat natürlich recht, die Astrosklereiden liegen verteilt im Mesophyll. Sie haben zwar Kontakt zu den Nachbarzellen, berühren Ihresgleichen aber in aller Regel nicht. Viele ihrer "Stacheln" enden frei in den Zellzwischenräumen.

Hier - stark idealisiert - wieder eine Zeichnung dessen, was ich gesehen habe:


Wenn die Astrosklereiden jemals eine Stützfunktion in den Schrimtannennadeln hatten, muss das sehr lange her sein  ;D

An der Schnittfläche der Idioblasten, die das Pech hatten, zu nahe an der Rasierklinge zu sein, kann man m. E. schön die Struktur der versteiften Zellwände erkennen, wie sie für Sklereiden typisch ist. Dies habe ich versucht, in der Zeichnung einzufangen.

Interessant fand ich, dass die Anzahl, Größe und die Zahl der Verzweigungen der Astrosklereiden in alten Nadeln zuzunehmen scheint. Mal sehen, ob Mike das bestätigen kann, er hat heute Nadeln von mir erhalten und verfügt somit über das gleiche Ausgangsmaterial.

Einen schönen Abend!
Jörg
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Segu

Hallo Maik,

evtl. würde diese Erkenntnis auch andere interessieren. (z.B. mich  ;))

Kann man das nicht hier weiter führen?

Diesen Beitrag finde ich hoch interessant. Man hat etwas beobachtet, analysiert es, stellt sich Fragen dazu und findet Antworten die zutreffen oder auch nicht. Forscht dann in die entsprechende Richtung weiter um neues zu finden. Auch die Handzeichnungen finde ich sehr informativ.
mit freundlichen Grüssen

Michel Siegrist

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Fahrenheit

#25
Guten Morgen an alle Schirmtannenfreunde!

Hier noch mal eine kurze Darstellung der zwei Fragerichtungen in diesem Thread:

1.) Sternegucken
     Hier geht es um die Idioblasten, auf die Klaus Herrmann in seiner ersten Antwort hingewiesen hat.
     Hypothese: es handelt sich um Atrosklereiden die aber ihre ursprüngliche Funktion verloren haben.
     
2.) Die Kellergeister
     Auf den beiden Schnitten von Klaus Herrmann hat Detlef Kramer "Kellergeister" identifiziert :). Damit sind die
     im Gegensatz zum umgebenden Zellgewebe schwarz angefärbten Zellen gemeint.
     Hypothese: eventuell handelt es sich aufgrund des Alters der Nadel oder Stress wegen falscher 'Haltung'
     (zu trocken, Boden-pH zu hoch) geschädigte Zellen.
     Hier könnte Klaus vielleicht noch mal was zur verwendeten Fixierung und Färbung sagen.

An beiden Themen kann gerne mitgearbeitet werden: das Material - die Schirmtanne - findet sich ja mittlerweile in vielen Vorgärten.

So, ich geh' jetzt laufen  ;D

Fröhliches Forschen!
Jörg

Änderung: ein paar Bugs geschossen.
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Klaus Herrmann


ZitatVielleicht hat jemand eine IDee was das in der Astrosklereide seinkann!
Die ist hohl würde ich sagen!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Detlef Kramer

Lieber Mike,

nein, ich glaube nicht, dass das von Bedeutung ist. Diese Astereosklereiden bestehen im Endzustand aus toten  Zellen. Die haben aner natürlich mal gelebt un davon ist halt etwas übrig geblieben. Aber gut beobachet!

Herzliche Grüße

Detlef
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