Normalesmikroskop mit fluoreszenz ausstatten?

Begonnen von Hyperion, Februar 08, 2011, 21:01:42 NACHMITTAGS

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Eckhard

Hallo Detlef,

ZitatPräparate, mit Wacker gefärbt - nee dat wird nix!
Acridinrot und Acriflavin sind Fluoreszenzfarbstoffe!

Die Lichtausbeute ist bei dem Verfahren mit gekreuzten Polarisatoren meiner Erfahrung nach zu gering, um Acridinrot oder Acriflavin zur Fluroreszenz anzuregen.

Ich teile die Meinung, dass es eine Intensitätsfrage ist, wann auch Chlorophyll b (Grünalgen) zur Autofluoreszenz angeregt wird. Evolutionär ist Chlorophyll b eine Weiterentwicklung von dem älteren Chlorophyll a. Es ist deswegen nicht unwahrscheinlich, dass Chlorophyll b eine grössere Lichtmenge verträgt, bevor die nicht nutzbare Energie mittels Autofluoreszenz wieder abgegeben wird.

Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
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Piper

Hallo an alle,
ein sehr interessanter Exkurs, speziell über die Polfiltermethode. Habe mal eben Wikipedia befragt (Stichwort: Polarisationsfluoreszenz). Dort steht im ersten Abschnitt, dass - bis auf "wenige Ausnahmen", die leider nicht näher spezifiziert werden -, bei Einstrahlung von polarisiertem Erregerlicht auch das emittierte Fluoreszenzlicht polarisiert ist, wobei das Emissionslicht in zwei Ebenen schwingt. Eine Ebene ist parallel zu der des Erregerlichts, die andere steht senkrecht hierzu. Dies bedeutet, dass bei der von Eckhard beschriebenen Methode infolge der Kreuzstellung von Polarisator und Analysator nur die senkrecht zum Erregerlicht stehenden Anteile des Emissionslicchts zur Abbildung beitragen. Je nach Objekt scheinen die Intensitäten der beiden emittierten Strahlenanteile unterschiedlich zu sein, d.h. manche Objekte führen schwerpunktmäßig zu Emissionslicht, welches parallel zum Analysator schwingt, andere Objekte verhalten sich umgekehrt. Auch dies könnte vielleicht erklären, weshalb bei manchen Objekten die Fluoreszenz bei dieser speziellen Methode relativ intensiv erkennbar ist, bei anderen Objekten hingegen nicht.
Hoffe sehr, keinen spontanen Denkfehlern aufzusitzen.
Schöne fluoreszierende Grüße
Jörg Piper

wilfried48

Hallo Detlef,

also die Farbstoffe in der Wackerfärbung sind sehr fluoreszenzintensiv. Wenn ich jemandem schell Fluoreszenz zeigen will dann nehme ich immer ein Wackerpräparat und eine blaue LED, das geht sogar in jedem hellen Raum.
Wenn es mit dem Wackerpräparat nicht geht, weiss ich nicht mit was es sonst gehen soll. Mit der Quecksilberdampflampe HBO 100 am Fluoreszenzkondensor ist die Fluoreszenz sogar derart hell, dass man sich fast schon eine Dimmung der Lampe wünscht.

Mit einem solchen Präparat habe ich es gerade am Polmikroskop mit 100 W Halogen, Dunkelfeldkondensor und gekreutzten Polarisatoren versucht. Ohne Objekt ist jetzt also der Hintergrund absolut dunkel !
Mit Objekt ist nur das depolarisierte Streulicht im Dunkelfeld zu sehen, das die Fluoreszenz überstrahlt.
Mit Blaufilterung der Halogenlampe durch ein Anregungsfilter ist die Fluoreszenz dann zu sehen.
Werden die Polfilter dann durch ein 530 nm Sperrfilter ersetzt wird die Fluoreszenz erst richtig brilliant!

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

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Detlef Kramer

Lieber Wilfried,

tut mir leid, so habe ich es nicht gemeint und mich wohl auch falsch ausgedrückt. Was ich zum Ausdruck bringen wollte: Chlorophyll-Eigenfluoreszenz kann man natürlich nur an lebenden Zellen bekommen. Und darum ging es doch Eckhard!

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Frank D.

Liebe autonom Fluoreszierende,

mit großem Interesse verfolge ich jetzt diesen Beitragsfaden, gibt er doch für mich leuchtende Einblicke in das allgegenwärtige Blattgrün.
Um das Feuer noch etwas zu schüren, hätte ich einen kleinen Druck von P. Metz zu "Einfache Einrichtungen zur Fluoreszenzmikroskopie und Photographie" (1930) anzubieten.

http://www.npshare.de/files/2f15c91a/P%20Metzner%20Einrichtungen%20zur%20Fluoreszenzmikroskopie%20und%20Mikrophotographie.pdf

Danke und herzliche Grüße
Frank

reblaus

Hallo an Alle -

damit der thread nicht etwa frühzeitig zum Erliegen kommt:

Die Besonderheiten der Chlorophyllfluoreszenz im Photosyntheseapparat (Verzögerung, Kautsky-Effekt etc.) treten tatsächlich nur in funktionsfähigen ("lebendigen") Chloroplasten auf und das dürfte wohl zu den Ausnahmen bei den von J. Piper zitierten Ausführungen zur Polarisationsfluoreszenz (leider im deutschen Wiki nicht gefunden ?!) zählen.

@detlef:
Das Chlorophyll in toten Zellen (z.B. kurz erhitzten Blättern) fluroresziert jedoch immer noch sehr schön, auch in Lösung (Chloroform, Alkohol etc.). Da verhält es sich dann auch wie ein Fluoreszenzfarbstoff (vielleicht sogar nach dem zitierten Prinzip: Pol rein, Pol raus)

Viele Grüße

Rolf


Detlef Kramer

Lieber Rolf,

danke für die Klarstellung. Isolierung von Chlorophyll in Chloroform und die Beobachtung, dass die Lösung im Gegenlicht rot ist, war einer meiner ersten und beeindruckendsten Versuche in meinem physiologischen Praktikum, ca. 1965; der Assistent war ein gewisser Dr. W. W. Franke, Sport-Anhängern als Anti-Doping-Kämpfer bekannt.

Wir haben die Gewebe dazu aber nicht in FPA fixiert, entwässert, gefärbt und in Kunstharz eingebettet. ;D

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Klaus Herrmann

Hallo Frank,

ein absolut polarisierender Beitrag! :D

Schön finde ich die Zusammenfassung in der gesagt wird, dass einige einfache Anordnungen zur Durchführung der Fluoreszenzmikroskopie beschrieben werden. Was haben wir es doch heute einfach: bissel Royal Blue-LED; Sperrfilter und schon leuchtet das Chlorophyll ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Guy Marson

Hallo´le,

tja, und wenn da nicht diese IR-Sperrfilter wären, könnte man auch noch fluoreszierende Bande im IR-Bereich "sehen", (also über eine Kamera, klar). Und dann kann wieder interpretiert und gerätselt werden.. (Einige haben die IR-Sperrfilter ja schon aus ihren Okularkameras verbannt ;D  ;D  ;D ).

Viel Spass - da unten!

Guy

treinisch

Zitat von: reblaus in Februar 15, 2011, 00:05:58 VORMITTAG
Die Besonderheiten der Chlorophyllfluoreszenz im Photosyntheseapparat (Verzögerung, Kautsky-Effekt etc.) treten tatsächlich nur in funktionsfähigen ("lebendigen") Chloroplasten auf und das dürfte wohl zu den Ausnahmen bei den von J. Piper zitierten Ausführungen zur Polarisationsfluoreszenz (leider im deutschen Wiki nicht gefunden ?!) zählen.

Hallo Rolf,

streiche Polarisationsfluoreszenz, setze Fluoreszenzpolarisation, dann klappt es mit der Wikipedia ;-)

Viele liebe Grüße

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Klaus Herrmann

Hallo Rolf,

http://de.wikipedia.org/wiki/Fluoreszenzpolarisation

Timm war schneller, aber ich machs Dir noch leichter.

Ist ja sehr einfache Beschreibung des Phänomens! 8)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Piper

Hallo,
danke für den Hinweis auf meinen Wortverdreher (Fluoreszenzpolarisation versus Polarisationsfluoreszenz). Interssant bleibt für mich die Frage, warum überhaupt emittiertes Fluoreszenzlicht in angeblich den meisten Fällen polarisiert sein soll, wenn das Erregerlicht polarisiert ist und warum sich lebende autofluoreszierende Proben hier von Fluoreszenzfarbstoffen unterscheiden (scheinbar ist die Autofluoreszenz ben den hier gezeigten Algen ja trotz Einstrahlung von polarisiertem Erregerlicht unpolarisiert). Es würde mich freuen, wenn ein in diesem Bereich der Physik bewanderter eine verständliche Erklärung beisteuern könnte.
Fragende Mikro-Grüße
Jörg Piper

treinisch

Zitat von: Piper in Februar 16, 2011, 09:32:46 VORMITTAG
Hallo,
danke für den Hinweis auf meinen Wortverdreher (Fluoreszenzpolarisation versus Polarisationsfluoreszenz). Interssant bleibt für mich die Frage, warum überhaupt emittiertes Fluoreszenzlicht in angeblich den meisten Fällen polarisiert sein soll, wenn das Erregerlicht polarisiert ist und warum sich lebende autofluoreszierende Proben hier von Fluoreszenzfarbstoffen unterscheiden (scheinbar ist die Autofluoreszenz ben den hier gezeigten Algen ja trotz Einstrahlung von polarisiertem Erregerlicht unpolarisiert). Es würde mich freuen, wenn ein in diesem Bereich der Physik bewanderter eine verständliche Erklärung beisteuern könnte.

Hallo Jörg,

ich weiss jetzt nicht, ob Du die Erklärung nur nicht gesehen hast, oder ob du sie schlecht oder falsch findest. Ich schreibe daher noch mal den Erklärungsansatz.
Alle Moleküle und das gilt soweit auch für Chlorophyll müssen das Photon erstmal absorbieren, effektiver ist hier die Wellenvorstellung, du kannst dir ein einzelnes Photon als Welle vorstellen, diese hat eine Schwingungsebene (eigentlich zwei, aber das spielt hier keine Rolle). Das Molekül kannst Du dir vereinfacht für diesen Fall als aus zwei Dipolen zusammengesetzt denken, einem Absorptionsdipol und einem Emissionsdipol (Die Lage dieser Dipole kann nicht so ohne weiteres an der Struktur abgelesen werden, oft sind die beiden aber parallel, spielt aber auch keine Rolle). Nur wenn die Schwingungsebene des Photons mit der Orientierung des Absorptionsdipoles zusammenfällt (und weitere Bedingungen zutreffen die hier keine Rolle spielen) wird die Energie des Photons zu 100% absorbiert.  Die ganzen anderen willkürlich orientierten Dipole absorbieren auch (fast alle), aber nur einen Bruchteil der Energie. Wenn nun alle wieder emittieren über den starr zum Absorptionsdipol ausgerichteten Emissionsdipol, dann wird der Löwenteil der Energie in der Polarisationsebene abgestrahlt (wenn sie parallel liegen, was sie aber oft tun).
Das heisst, das Licht wird leicht depolarisiert, hat aber in der Energieverteilung ein Maximum in der Polarisationsebene.

Zu Abweichungen kommt es natürlich, wenn zwischen Absorption und Emission so viel Zeit vergeht, dass das Molekülk sich drehen kann. Bei Chlorophyll kann sehr viel Zeit vergehen.

Viele liebe Grüße
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Piper

Hallo Timm,

vielen Dank für Deine nochmaligen Erläuterungen. Ich hatte Deine vorherigen zwar gelesen, aber, da auch nur mit Wasser kochend, zunächst nicht vollumfänglich verstanden. Ich möchte die wesentlichen Erkenntnisse aus den erhaltenen Infos noch einmal ganz einfach formuliert zusammenfassen (so, wie "de Dampfmaschin" in der "Feuerzangenbowle") und wäre Dir für berichtigende Hinweise dankbar, falls sich bei mir Denkfehler eingeschlichen haben sollten.

Jede fluoreszierende Substanz oder Struktur muss man sich zusammengesetzt aus zwei Dipolen vorstellen: Der eine Dipol nimmt das Erregerlicht auf (Absorptionsdipol), und der andere Dipol gibt das Fluoreszenzlicht ab (Emissionsdipol). Jedes einzelne emittierte Fluoreszenzlicht-Quant bzw. jeder einzelne emittierte Lichtwellenzug schwingt in derjenigen Ebene, welche der Ausrichtungsebene des emittierenden Dipols entspricht. Umgekehrt wird ein einfallendes Erregerlicht-Quantum bzw. ein einfallender Erregerlicht-Wellenzug in umso höherem Maße absorbiert, wie dessen Schwingungsebene mit der Ausrichtungsebene des Absoptionsdipols übereinstimmt. Eine maximale Übereinstimmung liegt vor, wenn die einfallende Erregerlichtwelle parallel zur Längsache des Absorptionsdipols schwingt und daher diesen Dipol sozusagen auf voller "Breitseite" trifft. In analoger Weise wird eine Fluoreszenzlichtwelle von der "Breitseite" des Emissionsdipols emittiert, so dass der emittierte Lichtwellenzug parallel zur Längsachse des Emissionsdipols schwingt.

In fluoreszierenden biologischen Proben (Lebendmaterial) sind die insgesamt vorhandenen Dipole in ihrer Orientierung zufallsverteilt und wechseln ständig ihre Position im Raum. Daher ist das von solchen Proben emittierte Fluoreszenzlicht insgesamt nicht polarisiert, und zwar unabhängig davon, ob das Erregerlicht polarisiert ist oder nicht.

Polarisiertes Fluoreszenzlicht kann folglich nur in Sondersituatioinen emittiert werden, wenn mehr oder weniger alle Emissionsdipole parallel zueinander ausgerichtet sind. Dies dürfte wahrscheinlich nur in manchen kristallinen oder einigen polymeren Strukturen der Fall sein, spielt also für biologisch-medizinische Anwendungen keine Rolle.

Wenn das Erregerlicht unpolarisiert ist, kommt wahrscheinlich für jeden vorhandenen Absorptionsdipol ein Lichtwellenzug in Betracht, welcher "zufällig" parallel zu dessen Ebene schwingt, so dass die Energie des Erregerlichtes im Bezug auf ein Ansprechen möglichst vieler Absorptionsdipole besonders gut ausgenutzt werden dürfte. Wird das Erregerlicht polarisiert, werden nur diejenigen Absorptionsdipole voll angesprochen, welche "zufällig" in der Polarisationsebene des Erregerlichtes liegen. Aber auch hier bleibt das emittierte Fluoreszenzlicht unpolarisiert, so lange die Emissionsdipole in ihrer Raumorientierung zufallsverteilt sind.

Diese Zusammenhänge erklären, dass die Intensität des Fluoreszenzbildes bei bei den gezeigten Blaualgen unverändert bleibt, wenn der Objekttisch gedreht wird, auch dann, wenn das Erregerlicht polarisiert ist und mit einem gekreuzten Analysator nach der Objektpassage ausgeschaltet wird. Auch geht bei dieser Methode -zumindst theoretisch betrachtet - keine visuelle Information im Vergleich zur herkömmlichen Fluoreszenztechnik verloren, sofern die Energie des Erregerlichtes und die Intensität des emittierten Lichtes ausreichend sind.

Die hier gezeigte grüne Fadenalge fluoresziert also im Gegensatz zu den benachbarten Blaualgen nicht, weil die Intensität des polarisierten Erregerlichtes (zumindest im Hinblick auf die erforderlichen Wellenkängen) zu gering ist und die Blaualgen offenbar weniger Erregungslicht (ggf. in einem abweichenden Wellenlängenbereich) benötigen, um in sichtbarer Menge Fluoreszenzlicht abzustrahlen. Die grüne Fadenalge stellt sich daher im gezeigten Bild in konventioneller Dunkeldeld-Manier dar, weil offensichtlich voerhandene Restanteile des einfallenden polarisierten Lichtes, welche den Analysator passieren können, für eine Bildgebung ausreichend sind.

Hiermit wäre das Zustandekommen der hier gezeigten Bilder erklärt.

Sind diese Schlussfolgerungen so richtig?????

Liebe Grüße Jörg




Eckhard

Hallo Jörg,

Danke für die schöne Darstellung! Du müsstest nur noch einbauen, "die Zellwände der Grünalge sind im Gegensatz zu den Blaualgen doppelbrechend".

Herzliche Grüsse
Eckhard
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