Liebe Pflanzenfreunde,
in den letzten Tagen habe ich mich ein wenig mit der Wachsblume (Hoya, auch Porzellanblume) beschäftigt.
Die Art Hoya carnosa - und somit natürlich auch die Gattung Hoya - gehört zur Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae) und zwar innerhalb der Unterfamilie der Seidenpflanzengewächse (Asclepiadoideae). Man findet sie als leicht zu haltende und schöne Zimmerpflanze häufig im Handel und da sie sich durch Stecklinge vermehren lässt, haben wir nun zwei Vertreter dieser Art im Haus. Spross, Blattstiel und Blattspreite bieten eine interessante Anatomie, auf die ich anhand einiger Querschnitte eingehen möchte.
Zunächst aber einige Informationen zur Pflanze selbst:Der Gattungsname Hoya geht auf den englischen Gärtner und Botaniker Thomas Hoy (1750 - 1822) zurück. Hoya carnosa kommt in einem großen Verbreitungsgebiet vor, das von Indien über Südchina, Japan, Taiwan bis nach Queensland (Australien) reicht. Auch auf den Fidschi-Inseln ist die Art anzutreffen. Neben der Wildform existieren zahlreiche Zuchtformen, da H. carnosa eine einfach zu haltende und schon relativ alte Kulturpflanze ist.
Bild 1: Illustration von Hoya carnosa

Die Wachsblumenarten leben oft als Epiphyten auf Bäumen oder Sträuchern. Der Setzling wurzelt zunächst im Boden und rankt an der Gastpflanze nach oben. Später stirbt die Basis ab und die Pflanze lebt rein epiphytisch.
An diese Lebensweise angepasst sind trotz der tropischen Heimat alle Pflanzenteile leicht sukkulent. Die Sprosse bilden Ranken mit leicht rissiger, blassgrauer Oberfläche. Junge Sprosse sind zunächst unverholzt (
ein Beispielschnitt wurde hier im Forum bereits gezeigt) und haben eine dunkelbraune, ins lila spielende Färbung. Im Gegensatz zu den älteren, verholzten Sprossen sind sie leicht behaart.
Bild 2: Blätter

Die ausdauernden Blätter sitzen in aller Regel paarig an einem Sprossknoten, aus dem auch der Stiel der Scheindolde entspringt. Die 1 bis 2,5 cm langen Blattstiele können deutlich dicker sein, als der jeweilige Spross und haben eine raue Oberfläche. Die Blattspreite ist längstoval bis breitoval mit einer dunkelgrünen Oberseite, die von unregelmäßigen, weißen Flecken bedeckt ist. Die Cuticula ist wachsartig und recht dick, was den Blättern einen gewissen Glanz verleiht. Die Blattunterseite ist hellgrün und stumpf sowie bei jungen Blättern leicht behaart.
Bild 3: Blütenstand in der Aufsicht
Hoya carnosa blüht in einer meist hängenden Scheindolde mit ca. 25 bis 30 Einzelblüten. Jede sitzt an einem bis zu 4 cm langen Blütenstängel an einem kurzen Stiel. Nach der Blüte fallen die Einzelblüten ab und im nächsten Jahr treiben an gleicher Stelle neue Blüten aus. Die Blütenkrone der einzelnen, fünfzähligen Blüte hat einen Durchmesser von etwa 1,5 cm und ist weiß bis rosa gefärbt. Die Kronblätter sind breitoval bis gerundet dreieckig mit jeweils umgebogenem Rand. Innen ist ihre Oberfläche mit Papillen besetzt.
Die 5 Staubgefäße ergeben die Nebenkrone (Corona) mit nach außen zugespitzten weißen Lappen, deren inneres Ende kräftig rot gefärbt ist. Sie scheiden klebrigen Nektar aus, der Ameisen anzieht, die auch die Befruchtung übernehmen. Diese geschieht nicht durch lose Pollen, sondern mittels zweier miteinander verwachsener Pollenpakete pro Staubgefäß. Im Zentrum der Blüte stehen zwei Fruchtblätter. Der Necktar duftet zudem stark - ob angenehm oder nicht, muss jeder Besitzer einer Hoya selbst entscheiden.
Aus den befruchteten Blüten entwickeln sich spindelförmigen Früchte mit einer Länge von 6 bis 10 und einem Durchmesser von 0,5 bis 1,5 cm.
Bild 4: Scheindolde seitlich

Gut erkennbar sind die Blütenstängel, die am Stiel der Scheindolde ansetzen. Dieser treibt an seinem Ende jedes Jahr neue Blüten aus und wächst dabei ein wenig in die Länge - daher das schuppig wirkende Ende mit den Resten abgefallener Blütenstängel vergangener Blüten. Auch interessant: am Spross zeigen sich viele Knospen von Luftwurzeln, die bei unserer Pflanze allerdings nicht weiter ausgebildet werden - wohl ein Tribut an die epiphytische Lebensweise.
Bild 5: Einzelblüte

Verschiedene Arten der Gattung Hoya werden aber nicht nur als Zierpflanzen genutzt, sondern auch als Heilpflanzen. Dies gilt auch für Hoya carnosa, die in Malaysia bei Lungenentzündungen und Bronchitis zum Einsatz kommt.
Einen entsprechenden Hinweis findet man z.B. auf der Webseite
www.rimbundahan.org im Rahmen der Beschreibung des
Kräutergartens (Taman Sari - engl.):
akar setebal/akar serapat
East Asia to Australia and Pacific. Epiphytic herb. Toxic and narcotic latex. Fresh leaf juice with honey used for pneumonia and bronchitis; anti-inflammatory.
Frei übersetzt:
Akar Setebal / Akar Serapat (lokaler Name)
Verbreitung: Ostasien, Australien und im pazifischen Raum. Epiphytische Pflanze. Giftiger und betäubender Pflanzensaft. Der frische Saft der Blätter wirkt entzündungshemmend und wird mit Honig gegen Lungenentzündung und Bronchitis verwendet.
Wer mehr wissen möchte, wird in der
Wikipedia fündig oder erhält erschöpfende Informationen unter
http://www.simones-hoyas.de/. Auf der letzteren Seite ist auch der oben nur angerissene Befruchtungsmechanismus gut erklärt.
Nun zur Präparation:Fixiert wurden die zurechtgeschnittenen Stücke von Spross (einjährig), Blattstiel und Blattspreite für drei Tage in AFE (Wechsel der Fixierlösung nach 48 stunden).
Der anschließende Schnitt erfolgte mit dem Handzylindermikrotom und Leica Einmalklingen im Halter. Dabei erwies sich der Spross wegen seiner hohen Elastizität als schwer zu schneiden, auch eine Möhreneinbettung führte nicht zu optimalen Schnitten. Der Blattstiel konnte hingegen frei stehend ohne Probleme geschnitten werden, ebenso die Blattspreite in der
Möhrenzange mit einer kleinen Kerbe für die Hauptader.
Die Schnittdicke beträgt beim Spross ca. 60 µm, bei Blattstiel und -spreite ca. 50 µm.
Die Färbung erfolgte nach dem bekannten Rezept für die Wacker W3A Färbung (Eckhardschen Uhrglasmethode):
- Acridinrot (1%ige Lösung in Ethanol 50%, 8 Minuten),
- Acriflavin (1%ige Lösung in Aqua dest., 30 Sekunden) und
- Astrablau (1%ige Lösung in Aqua dest., 1 Minute)
Dem letzten Färbegang wurde natürlich wieder das berühmte Quäntchen Acriflavin beigesetzt.
Nach gutem Wässern wurde dann über reines Isopropanol als Intermedium (min. drei mal wechseln zum Entwässern der Schnitte) in Euparal eingeschlossen.
Und was ist dabei herausgekommen? Hier die Bilder von den drei Schnitten.
Der SprossBild 6: Schnittführung

Schnitte durch den Spross und einen Sprossknoten - hier beispielhaft, geschnitten wurde ein junger Sprossknoten, der gerade Blattknospen bildete.
Bild 7: Sprossquerschnitt in der Übersicht, Vergrößerung 25x, Einzelaufnahme

Im Querschnitt erkennt man grob fünf Bereiche (von Außen nach Innen):
- Die Epidermis mit dem darunter liegenden Rindenparenchym und der Cuticula als Abschluss. Auch einige Trichome sind zu sehen.
- Von diesem Bereich durch eine
teilweise mit Steinzellen verstärkte Endodermis getrennt folgt ein Bereich, der nach außen
hin Nester sklerenchymatisch veränderter Zellen enthält, die jedoch nicht verholzt sind (daher die blaugrüne Farbe). Zum Xylem
hin ist dann das ebenfalls in Nestern angeordnete äussere Phloem zu sehen.
- Der dritte Bereich wird von einem massiven Xylem-Ring gebildet, der von einzellreihigen Markstrahlen durchbrochen wird.
- Es folgt das Markparenchym, in dessen äußerem Bereich - wieder in Nestern - das innere Phloem zu finden ist.
- In der Mitte liegen große Gruppen von Steinzellen (Idioblasten)
Durch die mehrfachen unterschiedlichen Verstärkungen entsteht eine äußerst zähe Struktur, die Knick- und Zugbelastungen gut abfangen kann - optimal für eine Rankpflanze.
Bild 8a/b: genauer hingeschaut: der Sprossquerschnitt in einhundert facher Vergrößerung. Stapel aus 16 Bildern, Bild 8a mit Beschriftung


Von Außen nach innen:
Tr : Trichom (Pflanzenhaar)
Cu : Cuticula
Ep : Epidermis
Rp : Rindenparenchym
Skl : Sklerenchym
Apl : äußeres Phloem
Xl : Xylem
IPl : inneres Phloem
D : Calciumoxalat-Druse
MP : Markparenchym
StZ : Steinzellen
Wie es in der Unterfamilie der Seidenpflanzengewächse (Asclepiadoideae) vorkommt, hat auch Hoya carnosa ein innen liegendes Phloem. Inneres und äußeres Phloem sind zudem nicht in einem mehr oder weniger geschlossenen Ring angelegt, sondern liegen in - besonders außen - recht kleinen Nestern an den Flanken des Xylems. Dazu die nächsten beiden Aufnahmen.
Bild 9a/b: äußeres Phloem und umgebende Gewebe, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern, Bild 9b mit Beschriftung


Wieder von Außen nach innen (rechts nach links):
RP : Rindenparenchym
StZ : Steinzelle, darunter eine Endodermis aus einer einzelnen Zellschicht
Skl : Sklerenchymnest
D : Calciumoxalat-Druse
Pl : (äußeres) Phloem
ca : Cambium
Xl : Xylem
MS : Markstrahl
Bild 10a/b: inneres Phloem und umgebende Gewebe, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern, Bild 9b mit Beschriftung


Wieder von Außen nach innen (oben nach unten):
Xl : Xylem
MS : Markstrahl
Pl : (inneres) Phloem
D : Calciumoxalat-Druse
MP : Markparenchym
Nun noch einige Einzelaufnahmen besonderer Zellgruppen:
Bild 11: Sklerenchymnest, Vergrößerung 400x, Stapel aus 7 Bildern

Bild 12: Zentrale Steinzellen im Markparenchym, Vergrößerung 100x, Stapel aus 8 Bildern

Bild 13: Steinzellen im Markparenchym, Vergrößerung 400x, Stapel aus 14 Bildern

In einem der Sprossknoten sieht der Querschnitt ein wenig anders aus: aus der nun ovalen Grundform bilden sich gegenüberliegend Blattknospen, die aus den Leitgeweben des Sprosses versorgt werden. Eine davon ist hier angeschnitten.
Bild 14: Sprossknoten mit Blattknospe, Vergrößerung 25x, Stapel aus 10 Bildern

Die Anatomie folgt der Beschreibung von Bild 8b
Bild 15: Die "Abzweigung" aus der Nähe betrachtet, Vergrößerung 100x, Stapel aus 6 Bildern

Das Xylem ist hier im Längstschnitt dunkelrot, das Phloem, wieder innen und außen, fast schwarz und nicht sehr schön aufgelöst.
Bemerkenswert ist der Farbunterschied zwischen dem grünen Gewebe der Blattknospe und den blauen Parenchymen des Sprosses.
Uups! Es gibt eine maximale Beitragslänge ...

Dann muss ich hier teilen. Hoffentlich bis gleich in der Fortsetzung.
