Hallo liebe Mikroskopikergemeinde,
mein Tipp bezieht sich auf ein leider vergriffenes und nur noch antiquarisch erhältliches Werk:
Hugo Freund (Hrsg.), Handbuch der Mikroskopie in der Technik, Band IV, Teil 1: Mikroskopie der Gesteine, 1. Auflage, Umschau Verlag, Frankfurt 1955.
(Achtung: Der Band IV wurde in den 70er Jahren neu aufgelegt und dabei komplett überarbeitet; dieser Tipp bezieht sich ausdrücklich auf die 1. Auflage von 1955!)
Warum ist dieses Buch so empfehlenswert? Hauptsächlich wegen des Beitrags von E. Tröger, "Optische Eigenschaften und Bestimmung der wichtigsten gesteinsbildenden Minerale". Tröger ist den Petrographen unter den Amateurmikroskopikern unter anderem deshalb bekannt, weil er ein eigenständiges, zweibändiges Werk über diesen Gegenstand geschrieben hat, welches zum festen Bestand der Bibliothek eines einschlägig interessierten Mikroskopikers gehören sollte. Leider ist auch dieses Werk vergriffen und taucht nur selten im antiquarischen Buchhandel auf. Weniger bekannt ist jedoch, dass der oben zitierte Band IV des Handbuchs der Mikroskopie in der Technik eine über 200seitige Abhandlung aus der Feder desselben Autors enthält, die dem Hauptwerk nur wenig nachsteht. Besonders interessant ist hierbei, dass Tröger im "Handbuch" eine andere Systematik für die Präsentation der Mineralien wählt: Hier sind die Mineralien nicht - wie üblich - nach ihren optischen Eigenschaften klassifiziert (also opake, isotrope, optisch einachsige, optisch zweiachsige), sondern vielmehr nach Paragenesen: Die Mineralien werden also nach ihrem Auftreten in magmatischen, sedimentären und metamorphen Gesteinen geordnet. Eine solche Ordnung kann natürlich niemals absolut sein, da nur wenige Mineralien ausschließlich in jeweils einer derartigen Paragenese auftreten. Für den Anfänger in der Mineralbestimmung jedoch, der ein Gestein einer bestimmten Paragenese unter dem Mikroskop hat, ist es mitunter hilfreich, wenn er bereits ein oder mehrere Mineralien identifiziert hat, die typischen Begleitmineralien nicht mühsam heraussuchen zu müssen, sondern sie rasch bei der Hand zu haben. (In der zweiten Auflage wurde diese Anordnung zugunsten der Ordnung nach optischem Verhalten leider aufgegeben.)
Ein Manko des Buches (aus heutiger Sicht!) ist natürlich die ausschließliche Verwendung von Schwarzweißfotografien zur Illustration. Ein Vorteil gegenüber modernen Atlanten ist die ausführliche theoretische Zusatzinformation zu jedem Mineral.
Für die Gesteinsmikroskopiker, die ernsthaft in die Mineralbestimmung einsteigen wollen, Trögers Hauptwerk aber nicht beschaffen konnten, ist dieses Buch eine wertvolle Hilfe.
In der Neuauflage von 1974 findet sich Trögers überarbeiteter Beitrag übrigens in Teil 2 des Bandes IV, nicht mehr in Teil 1!
Gruß,
Holger