Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate

Begonnen von TPL, Januar 22, 2016, 12:00:44 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

rlu

#30
Hallo,

hier der Versuch, die Suche im Ausstrich mit Hilfe einer Bildbearbeitung zu beschleunigen.
Das funktioniert zumindest dann, wenn keine RBK übereinander geschichtet sind.
Dabei wurde in Photoshop Elements eine Tonwertkorrektur durchgeführt. Pipette Weiß auf die gelben Zwischenräume. Entweder in Schwarz Weiß umwandeln oder die Farbkanäle anpassen, jeweils mit höchstem Kontrast. Dann die Ebene kopieren und den Ebeneneffekt von Normal auf Farbig abwedeln stellen. Man braucht nur die dunklen Bereiche kontrollieren, indem man den Effekt"Farbig abwedeln" ausschaltet = Ebene ausblenden/einblenden.
Das GIF zeigt beide Bildeinstellungen hintereinander. (Leider tauscht die Software vom Forum nach einer Stunde das gif in ein jpeg um)   ???



Wäre schön, wenn das beim dicken Tropfen auch funktionieren würde und es ein Bild vor und nach dem Hämolysieren gäbe. Mit einer Software könnte man alle auffälligen Stellen in Quadrate nebeneinander anordnen und den Objektträger auf einmal auswerten. Das wäre eine Idee für eine Startup-Handy-App.
Handy vor das Okular, Stichmodus an, Kontrastverarbeitung. WeißeBlutKörperchen und die Schattierungen der RBKs werden durch eine KI natürlich ausgeblendet. Die gefunden Stellen könnnen natürlich angefahren werden.  8)
In der heutigen Zeit sollte eine x,y und z-Achsen Steuerung, z.B.: als Modul, doch nicht mehr die Welt kosten und in jedem neuen Mikroskop vorhanden oder nachrüstbar sein, wo doch viele ihre CNC-Maschine oder 3D-Drucker selber bauen.


Einstellungen in Photoshop Elements:



Nachweis von Plasmodium falciparum Gametozyten-RNA in Malaria-Patienten-Probenmittels QT-NASBA.pdf

"Bisherige Studien über die Anzahl asymptomatischer Gametozytenträger in endemischen Malariagebieten mit verschieden hohen Transmissionsraten ergaben mittels molekularer Detektionsverfahren Prävalenzen zwischen 15 und 70 %..."
--> die asymptomatischen Gametozytenträger = das sind die Kranken, die sich gesund, oder einigermaßen gesund fühlen also teilimmun sind und diese müssen gefunden und behandelt werden

"Alle weiteren Malaria Medikamente haben unzureichende Wirkung auf reife Gametozyten, weshalb diese noch einige Wochen nach Malaria-Behandlung im Blut nachgewiesen werden können"
--> D.h.: man müßte, obwohl geheilt, noch für Wochen in Quarantäne oder unter dem Moskitonetz bleiben. Man bleibt, solange Gametozyten im Blut sind, ansteckend für die Mücken
--> Es fehlt ein Gametozytenmedikament


Ob KI oder Bildverarbeitung,
das eigentliche Ziel ist, die Gametozytenträger zu finden. D.h.: die Leute, die krank sind, ohne es zu merken. Das setzt ein funktionierendes Gesundheitssystem und halbjährliche Kontrollen voraus.


Liebe Grüße
Rudolf

rlu

#31
Hallo zusammen,

ohne Gametozyten keine Malaria bzw. keine Mücke, die die Malaria übertragen könnte.
Nur die sichelförmigen Gametozyten können sich im Darm der Mücke nach der Blutmahlzeit weiterentwicklen.
Diese sind so groß, dass sie nicht mehr ganz in das RBK = rote BlutKörperchen/Erythrozyten reinpassen - man sieht noch die Hülle vom RBK.
Erst wenn sich die Mücke vom Menschen angesteckt hat, kann sie andere Menschen als Vektor infizieren.


Zeiss Planapo 100x - dünner Blutausstrich, Malaria tropica


Lebenszyklus der Malaria, Gametozyten  gelangen in den Darm der Mücke, daraus werden Ei und Samen. Die befruchtete Eizelle ist eine Zygote. Die Zygote wandelt sich in eine bewegliche um, den Ookinet. Dieser arbeitet sich durch den Darm und bildet eine Blase, die Oozyste. Dort wachsen die Sporozoiten heran. Diese bewegen sich durch die Mücke bis zu den Speicheldrüsen und dringen in diese ein. Erst dann kann die Mücke die Malaria übertragen. Das passiert indem Sporozoiten aus den Speichelzellen nach dem Stich die Leber befallen. Es bilden sich Merozoiten in den Leberzellen, die die Blutkörperchen befallen. Ist erst einmal ein Blutkörperchen befallen, läuft der Kreislauf nur noch über die Blutkörperchen, da sich auch hier Merozoiten bilden. Ab und zu bilden sich Gametozyten, die dann wieder die Mücke beim nächsten Stich infizieren können.


Plasmodium falciparum ist der Erreger der Krankheit Malaria tropica.
falciparum = Sichelform, Plasmodium = mehrkernig(siehe auch Schleimpilze, Kremer S.133), in der Zelle reifen mehrere Kerne heran, die sich erst später in einzelne Zellen abtrennen. Diese befallen dann wieder andere Blutzellen.


Animierter Film zeigt den Lebenszyklus der Malaria
Malaria Lifecycle

Das ist der Grund, warum ein gutes Moskitonetz nicht reicht. Man darf das Netz nicht mit der bloßen Haut berühren.

Mosquito trying to bite through net - youtubelink

guter Artikel zur Malaria im Forum
oder nach Out of Afrika suchen

Liebe Grüße
Rudolf


PiusX

#32
Lieber TPL,

danke für Deinen Einblick in die Situation vor Ort in der Demokratischen Republik Kongo bezüglich des Risikos, sich eine schwere Erkrankung zu holen.

ZitatEine ansonsten lächerliche Verletzung bei Gartenarbeiten heilte über Monate nicht, das Neugeborene einer Mitarbeiterin starb an Tetanus, Menschen mit Konjunktivitis, Polio und anderen Krankheiten stehen bettelnd an den Straßenkreuzungen.
Kannst Du vielleicht etwas näher auf Deine lächerliche Verletzung eingehen? Möglicherweise ein stärkerer, ganz leicht und nur oberflächlich blutender Kratzer, wie man den sich ganz schnell z.B. beim Schneiden von Rosen einfangen kann?
Darf ich Dich auch noch fragen, in welchem Lebensjahrzehnt Du Dich befindest?
Meine Fragen zielen darauf ab, mein Bild vom hohen Risiko des Einfangens einer schweren Erkrankung in tropischen Gegenden Afrikas zu komplettieren.

Eine letzte Frage noch: Sind eigentlich Blutuntersuchungen mit dem Mikroskop in den afrikanischen Ländern noch üblich, anders als in den Industrieländern?


Netten Gruß

PiusX

Ralf Feller

Liebe Kollegen,

ich bin zwar nicht gefragt, aber

Eine letzte Frage noch: Sind eigentlich Blutuntersuchungen mit dem Mikroskop in den afrikanischen Ländern noch üblich, anders als in den Industrieländern?

Mikroskopische Blutuntersuchungen sind auch in Industrieländern unverzichtbar,
denn die Automaten können nur normale Blutbilder erstellen.
Jede Abweichung in Richtung Leukämie oder Lymphom müssen manuell bearbeitet werden.
Der Automat sagt dann nur "Kann ich nicht"

LG Ralf

TPL

Lieber Pius,

ich habe in meinem Garten einen extrem schnell wachsenden Schoss (ca. 5 kg schwer) einer mir unbekannten Pflanze abgesägt. Der Schoss fiel auf meinen (unzureichend geschützten) Fuß und durchdrang den dünnen Schuh teilweise. Die Wunde war sehr klein, heilte aber trotz sofortigem Auswaschen und Desinfektion mehr als 2 Monate lang nicht richtig, sondern begann immer wieder zu eitern. Ich war damit nach der ersten Woche beim Arzt, der aber auch nichts anderes tat, als das was ich bereits unternommen hatte (reinigen, desinfizieren, verbinden). Ich war zu diesem Zeitpunkt 54 Jahre alt.

Leider gibt es in diesem Land fast nichts, was nicht krank macht oder anderweitig gefährlich ist. So ist es z.B. keine gute Idee, Wäsche zum Trocknen an der "frischen" Luft aufzuhängen. Denn wird sie danach nicht erneut durch Bügeln wärmebehandelt, kann man sich die Larven der Mangofliege zuziehen, die sich gerne in unserer Haut breitmachen. Die eigentlich schlimmste Bedrohung kommt aber nicht von außen, sondern lauert im eigenen Kopf: es ist weiterhin das Herz der Finsternis. Ich war froh, dass ich vor der Zeit abberufen wurde!

Schöne Grüße,
Thomas

ammererlutz

Zitat von: Ralf Feller in August 30, 2020, 21:15:00 NACHMITTAGS
Liebe Kollegen,

ich bin zwar nicht gefragt, aber

Eine letzte Frage noch: Sind eigentlich Blutuntersuchungen mit dem Mikroskop in den afrikanischen Ländern noch üblich, anders als in den Industrieländern?

Mikroskopische Blutuntersuchungen sind auch in Industrieländern unverzichtbar,
denn die Automaten können nur normale Blutbilder erstellen.
Jede Abweichung in Richtung Leukämie oder Lymphom müssen manuell bearbeitet werden.
Der Automat sagt dann nur "Kann ich nicht"

LG Ralf

Hallo Ralf,
Ja, wird eigentlich routinemäßig in größeren und mittleren Spitälern gemacht (in 5 von 6 besuchten hatten sie Mikroskope ( mit US Aid finanziert), ABER die Expertise fehlt immer mehr . Während es auch für Ungeübte einfach ist , Tryps im dicken Tropfen zu identifizieren, überfordert Malaria Diagnostik sehr viele Laboranten und Mediziner in Afrika.
Afrika bildet fast nur Grundversorger aus, fast alle Spezialisten in HNO, Gyn, Pädiatrie, Chirurgie sind Gast Mediziner aus USA oder seltener Europa. Erfahrene Labormediziner zieht es viel seltener nach Afrika als Chirurgen oder Augenärzte und so schwindet leider das Fachwissen vor Ort.
Lg lutz
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

rlu

Zitatüberfordert Malaria Diagnostik sehr viele Laboranten und Mediziner in Afrika

@All,

es müssten eigentlich stundenlange Vorträge, Bilderreihen, Anleitungen, Tests, Onlinetests , Mikrobilder und Mikroskop Videos im Netz zu finden sein, dazu in allen Sprachen. Noch dazu so einfach, dass man angelernte Kräfte einsetzen kann. Aber es ist fast nichts da.

Selbst im Buch: Tropenmedizin in Klinik und Praxis, Löscher, Burchard findet man zum dicken Tropfen wenig und keine Bilder vom dicken Tropfen, Seite 582.
ZitatDa der dicke Tropfen nicht fixiert wird, ist die Form der Parasiten nicht so gut erhalten, und die Morphologie der befallenen Erythrozyten kann nicht beurteilt werden! Daher setzt diese Methode entsprechende Erfahrung voraus.
Praxistipp:
Der Dicke Tropfen sollte zur sicheren Spezies-Differenzierung immer mit einem Ausstrich angewandt werden.
Das warum es nicht so ist, scheint mir fast noch interessanter zu sein, als die Malaria selbst.

Dieser Auszug aus einer PowerPoint Präsentation zeigt, wie lange die Malaria unbehandelt ansteckend bleibt("Dauer einer unbehandelten Infektion"). Ich habe keine weitere stützende Literatur dazu finden können. Die Mücke steckt sich von Kranken und Kranken symptomlosen an. Die Übertragung findet von Mensch zu Mensch höchstens bei einer Bluttransfusion statt. Solange man sich darauf konzentriert nur die akuten Fälle im Krankenhaus zu behandeln, wird man sie nicht los.



Liebe Grüße
Rudolf

ammererlutz

#37
mein Eindruck in afrikanischen Spitälern war, dass man sich dort immer mehr auf die Schnelltests verläßt, deren Fehlerquellen aber unterschätzt.
Meist sitzt bei der Anmeldung die nurse mit Schnelltests auf Malaria, HIV, Hepatitis B, Schlafkrankheit etc, bei jedem Fiebernden wird das Test-Kit durchgemacht bevor er untersucht wird. Dadurch wird das Labor "entlastet". Später wird dann zwar bei Verdacht noch dicker Tropfen und Ausstrich gemacht, aber es hapert eben an der Auswertung.

Ein anderes Problem der Expertise betrifft z.B CT  oder MRT Geräte, die werden von Entwicklungshilfe Organisationen oder Herstellern gratis geliefert ( absurderweise werden solche Lieferungen von der überbordenden und korrupten Bürokratie vieler afrikanischer Länder oft blockiert) , aber es gibt keine geschulten Radiologen, die die Bilder interpretieren können, und die Geräte stehen nutzlos herum oder -noch schlimmer- die Bilder werden falsch interpretiert.
mit freundlichen mikroskopischen Grüßen,
Lutz

"Mikroskope und Fernrohre verwirren eigentlich den reinen Menschensinn" ( Goethe)

Peter V.

#38
Hallo Lutz,

kennst Du eigentlich Globolab und ihren Gründer und Vorsitzenden Nils, der auch hier im Forum als "Hagen v.T." vertreten ist? Ich unterstütze sie durch eine (für jeden bezahlbare) Mitgliedschaft und gelegentliche bedarfsorientierte mikroskopische Sachspenden aus meinem Sammlerfundus. Sie verfolgen nämlich genau den entgegengesetzten Ansatz - die Implementierung guter Diagnostik in Afrika durch an die dortigen Kenntnisse und die Möglichkeiten angepasste "Low Tech" sowie Schulungen.

https://www.youtube.com/watch?v=IcdyZxMb5Ig

Das ist jedenfalls sinvoller als die "Entsorgung" alter CTs etc. in Afrika.

Herzliche Grüße
Peter



Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.