... und weiter gehts
Nun aber zu den Schnitten!Bilder 8a-d: Der Querschnitt des Fiederblättchens in der Übersicht, Bilder 8a-c Dujardin Grün, Bild 8c W3Asim II, Bild 8b mit Beschriftung, Bild 8c Polarisationskontrast; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 49 bzw. 29 Aufnahmen




Zunächst fallen die großen Sekretgänge (SG) ins Auge, die oberhalb der geschlossen kollateralen Leitbündel liegen.
Dann fangen die vielen im Schwammparenchym (SP) verteilt liegenden runden Idioblasten den Blick, die auch das Leitbündel umschließen. Dabei handelt es sich um sklerifizierte - aber nicht verholzte - abgestorbene Faserzellen (SklF), die das Fiederblättchen in Längsrichtung stabilisieren. Gut erkennt man den geschichteten Aufbau der dicken Zellwände. Das verbliebene Zelllumen hat sich - vermutlich durch den Kapilareffekt - mit Acridinrot voll gesogen.
Das Fiederblättchen hat eine Dicke von gut 720 µm. Davon entfallen auf der Oberseite zwischen 10 und 20 µm auf die pockige Cuticula (Cu). Darunter liegt die einreihige Epidermis (Ep) mit zwei verschiedenen Zelltypen, einer sklerifiziert, der andere nicht. Die nächste Schicht bildet eine sklerifizierte Hypodermis (SklHyp), an deren unterem Rand die schon aus dem Schwammparenchym bekannten sklerifizierten Fasern angelagert sind. Es folgt das Palisadenparenchym oder Assimilationsparenchym (AP), dessen Zellen zur Blattoberseite und zur seite hin ebenfalls sklerifizierte Zellwände haben. Im Schwammparenchym finden wir zusätzlich noch eine große Anzahl Calciumoxalat-Drusen (D) und den Abschluss zur Unterseite bildet wieder eine Epidermis mit diesmal etwas dünnerer Cuticula, in die viele Stomata (St) eingelagert sind. Diese haben große Vorhöfe, wie die dicke Cuticula ein Verdunstungsschutz und somit eine Anpassung an Trockenheit.
Im Polarisationskontrast treten die sklerifizierten Zellen, insbesondere die Fasern sowie die Drusen schön hervor.
Zum Vergleich noch Bild 8d mit den über die ganze Schnittfläche verteilten Artefakten des Inhalts der Sekretkanäle.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 8b sowie den folgenden beschrifteten Aufnahmen findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB:
Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.
Bilder 9a-c: Der leicht nach unten gebogene Blattrand, Bild 9b mit Beschriftung, Bild 9c zum Vergleich; Vergrößerung 100x, Stapel aus 37 bzw. 30 Aufnahmen



Auch am Außenrand des Fiederblättchens zeigt sich der oben beschriebene Aufbau, dabei ist die obere Deckschicht aus Cuticula, Epidermis und Hypodermis um den Rand herunter gezogen.
Bilder 10a-c: Die Oberseite des Fiederblättchens, Bild 10b mit Beschriftung, Bild 10c zum Vergleich; Vergrößerung 200x, Stapel aus 56 bzw. 40 Aufnahmen



Wir sehen den schon unter Bild 8 beschriebenen Aufbau aus Cuticula, Epidermis, Hypodermis (SklHyp) mit Fasern (SklF) und Assimilationsparenchym. Im unten liegenden Schwammparenchym sind wieder die Fasern (SklF) und Drusen (D) wieder mit von der Partie. Besonders deutlich werden in der Aufnahme die lignifizierten oberen und seitlichen Zellwände der Zellen des Assimilationsparenchyms. Auch Zellkerne (ZK) sind gut erhalten.
Bilder 11a-c: Stomata mit Vorhöfen an der Blattunterseite, Bild 11b mit Beschriftung, Bild 11c zum vergleich; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 22 bzw 21 Aufnahmen



Wir sehen dicht an dicht Stoma eines an trockenheit angepassten Blattes: sie liegen tief eingesenkt am oberen Rand der Vorhöfe, ein Schutz vor übermäßigem Wasserverlust. Die Form des Stomas mit seinen paarigen Neben- und Schließzellen finden wir so auch bei den meisten Coniferen, auffällig sind die vorderen Cuticularhörnchen am Beginn des stomatären Spalts, ebenfalls ein Verdunstungsschutz. Der substomatäre Interzellularraum (sIZR) fällt hier recht klein aus, dafür sind die Interzellularen des Schwammparenchyms recht groß.
Schauen wir nun noch einmal etwas genauer auf Leitbündel, Sekretgang und Fasern:
Bilder 12a-c: Strukturen im Mesophyll des Fiederblättchens, Bild 12b mit Beschriftung, Bild 12c zum Vergleich; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 37 bzw 24 Aufnahmen



Der große Sekretgang (SG) ist innen mit Zellen eines Drüsenepitels (DEp) ausgekleidet, das das Sekret in das Lumen des Gangs abgibt. Zwischen Xylem und Phloem des Leitbündels finden wir kein Cambium, es handelt sich also um ein geschlossen kollaterales Bündel. Am Rand des Xylems liegen einige Transfusionstracheiden (TTr), ein Zelltyp, den wir auch bei den Coniferales und z.B. bei der
Welwitschia finden. Das oben vom Sekretgang begrenzte Leitbündel ist von den bekannten Fasern (SklF) umgeben, die neben vielen Calciumoxalatdrusen (D) auch im Schwammparenchym verstreut liegen.
Wie müssen wir uns nun diese im Querschnitt runden Fasern aus abgestorbenen, dickwandig sklerifizierten Zellen ohne Lignineinlagerungen genau vorstellen? Sind sie kugelförmig oder doch eher gestreckt? Da kann nur ein Längsschnitt helfen.
Bild 13a,b: Längsschnitt durch das Fiederblättchen zwischen den Leitbündeln, Bild 13b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 29 Aufnahmen


Wir sehen im unteren Teil des Mesophylls zwei Faserstränge (SklF): die Zellen sind regelmäßig 2 oder mehr Millimeter lang und somit neben den vielen verholzten Zelltypen für die sehr derbe und steife Haptik des Fiederblättchens verantwortlich. Der weitere Aufbau folgt dem unter Bild 8 beschriebenen Muster, unten finden wir den knochenförmigen Längsschnitt durch ein Stoma (St)
Bild 14a,b: Etwas näher heran, Bild 14b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 24 Aufnahmen


Im Detail ist der geschichtete Aufbau der Zellwände der Faserzellen gut zu erkennen. Im Laufe des Zellwachstums lagert die Zelle nach und nach Wandmaterial ab und verengt damit ihren Lebensraum innerhalb der Zellwand mehr und mehr, bis sie schließlich abstirbt. Zurück bleibt nur die sklerifizierte Zellwand.
Bild 15a,b: Ein Faserende im Längsschnitt, Bild 15b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 14 Aufnahmen


Die Fasern enden im Mesophyll und haben dort Kontakt zu den normalen Zellen des Schwammparenchyms. Im Kopf der Faser liegt eine runde Struktur, von der ich annehme, dass es sich um den Rest des Zellkerns der abgestorbenen Faserzelle handelt. Unterhalb der zentralen Faser liegt eine weitere, die etwas unscharf unter den darüber liegenden Zellen des Schwammparenchyms hervor scheint (...SklF).
Leider nicht im Bild: auch über die Länge der Faser besteht immer wieder Kontakt zu den umgebenden Parenchymzellen. Dort verlaufen durch die Zellwand der Faser Tüpfelkanäle, wie wir sie z.B. auch von Steinzellen kennen.
Nun noch ein Längsschnitt auf Höhe des Leitbündels und des Sekretgangs:
Bild 16a,b: Leitbündel und Sekretgang im Längsschnitt, Vergrößerung 200x, Stapel aus je 20 Aufnahmen


Hier sehen wir die Strukturen aus Bild 12 längs angeschnitten: Der Sekretgang mit seinem Drüsenepitel, darunter Xylem, Phloem und die Transfusionstracheiden gefolgt vom Schwammparenchym, unter dem wieder eine Faser hervor scheint.
Ein VergleichDioon edule ist nun der vierte Palmfarn, den ich unter dem Messer hatte. Die drei anderen sind:
-
der Sagopalmfarn (Cycas revoluta)-
der Karoo-Palmfarn (Encephalartos lehmannii), hier bereits mit Vergleich zum Sagopalmfarn
und
-
der Buschmannsfluss-Palmfarn (Encephalartos trispinosus)Alle vier Pflanzen gehören in die Ordnung der Palmfarne (Cycadales) und sind mehr oder weniger nah miteinander verwandt:
Bild 17: Das Kladogramm nach Hill et all zeigt die Verwandtschaft in der Ordnung Cycadales:

Aus der Wikipedia (Artikel zu den Palmfarnen)
Tabellarisch wird das ganze durch die vollständige Systematik etwas übersichtlicher:
Bild 18: Die Ordnung Cycadales

Quelle:
The Cycad pages, Ken Hill, 2012 Royal Botanic Gardens Sydney
Cycas revoluta ist also die ursprünglichste Form, Dioon liegt dazwischen und die Gattung Encephalartos ist entwicklungsgeschichtlich die jüngste Form.
Auch wenn die Systematik heute hauptsächlich auf der Molekulargenetik beruht: in den Schnitten sollten sich einige Ähnlichkeiten erkennen lassen.

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Habitus der vier Pflanzen. Wie in den folgenden Serien auch in der Reihenfolge Cycas revoluta, Dioon edule, Encephalartos lehmannii und Encephalartos trispinosus:
Bilder 19a-d: Der Sagopalmfarn (Cycas revoluta), 19a Pflanze, 19b weiblicher Zapfen, 19c älterer weiblicher Zapfen, 19d männlicher Zapfen




Bilder 20a-c: Der Mexikanische Doppelpalmfarn (Dioon edule), 20a Pflanze, 20b weiblicher Zapfen, 20c männlicher Zapfen



Bilder 21a-b: Karoo-Palmfarn (Encephalartos lehmannii), 21a Pflanze, 21b männlicher Zapfen


Bilder 22a-b: Buschmannsfluß-Palmfarn (Encephalartos trispinosus), 22a Pflanze, 22b weiblicher Zapfen


Zunächst fällt auf, dass der Grundbauplan der vier Arten recht ähnlich ist, obwohl sie sich von Form und Farbe der Blattfiedern und auch vom Bau des Stammes deutlich unterscheiden. Dies ist nicht weiter verwunderlich, zumal die Pflanzen sich in recht unterschiedlichen Ökosystemen behaupten müssen: Cycas und Dioon finden sich in den Hochwäldern und an den Küsten Mittelamerikas, während die beiden Encephalartos-Arten sich in sehr trockenen Zonen Südafrikas behaupten müssen. Allerdings zeigt die Verteilung der Gattungen der Ordnung Cycadales über Kontinente hinweg, dass wir es mit sehr altertümlichen Pflanzen zu tun haben.
Spannend ist der Blick auf die weiblichen Zapfen. Die Sporophyllen der jüngeren Arten bilden tatsächlich einen geschlossenen Zapfen, während sie bei der ältesten Art C. revoluta einen offenen Kranz bilden. Hier ist ganz deutlich eine Entwicklung hin zu einem besseren Schutz der Samen zu erkennen, die so bei den männlichen Zapfen nicht zu sehen ist.
Zum Schluss nun noch ein vergleichender Blick auf die Querschnitte der Fiederblättchen:
Bilder 23a-e: 23a C. revoluta Querschnitt ohne Mittelrippe, 23b C. revoluta Mittelrippe, 23c D. edule, 23d E. lehmannii, 23e E. trispinosus





Hier zeigt sich, dass C. revoluta im Fiederblättchen nur ein zentrales Leitbündel hat, das in der Mittelrippe liegt. Dafür ist das Schwammparenchym parallel zur Schnittrichtung orientiet, um eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit und Nährstoffen sicher zu stellen. Die anderen Arten haben in den glatten Fiederblättchen jeweils mehrere parallel liegende Leitbündel.
Auch finden wir im insgesamt deutlich einfacher aufgebauten Fiederblättchen von C revoluta keine Sekretgänge, die bei den anderen Arten auftauchen. Bei D. edule liegen die Sekretgänge immer direkt über den Leitbündeln, bei den Encephalartos-Arten zwischen den Leitbündeln im Mesophyll.
Die sklerenchymatischen Zellwände der Zellen des Assimilationsparenchyms zeigen sich bei allen Arten, ist aber bei den älteren Formen stärker ausgeprägt.
Die Fasern hingegen gibt es so nur bei Dioon edule.
Natürlich kann eine solche vergleichende Betrachtung anhand einiger Fotos und Schnitte keine entwicklungsgeschichtliche Analyse sein, aber für mich war die Entdeckung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede sehr interessant.
Vielen Dank an alle, die bis hier hin durchgehalten haben!

Anmerkungen und Kritik sind wie immer willkommen.
Herzliche Grüße
Jörg