Bitte um Hilfe "Altes Messing Mikroskop Grom & Holl Frankfurt am Main"

Begonnen von obifipskenobi, März 07, 2017, 11:26:27 VORMITTAG

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obifipskenobi

Hallo

Ich bin neu hier in diesem Forum und mir ist vor kurzem ein Mikroskop von Grom & Holl Frankfurt am Main in die Hände gefallen, aussehen tut es wie das Stativ C von Leitz Wetzlar von 1912 oder 13 ...

Jetzt habe ich über diese Firma fast nix gefunden, und im WEB wird diese Mikroskop nur 2x erwähnt (bei einem Amerikanischen Auktionshaus, und in Deutschland in einer Ausstellung wo das alter mit 1905 angegeben wird)

Ich habe nur so viel rausgefunden das die Fa. Grom & Holl wohl Optische Ausbildungsinstrumente gefertigt hat.
Jetzt wollte ich von euch Experten mal wissen ob wer diese Firma kennt, bzw. ob schon wer mal was davon gehört hat.

Danke schon mal
VG Helmut Steidl aus Österreich

Hier noch ein paar Bilder ....
https://drive.google.com/file/d/0B3yRltKn2acBaVVSYnNQeUpKWlk/view?usp=sharing
https://drive.google.com/file/d/0B3yRltKn2acBWFRmN1poMVVqNVU/view?usp=sharing
https://drive.google.com/file/d/0B3yRltKn2acBOWs3dUlvS0NQTFU/view?usp=sharing

obifipskenobi

Hallo

Weis keiner was darüber ....  :'( Sehr Schade .... Da hab ich wohl ein rares Stück Geschichte :-)

VG Helmut

Peter V.

Hallo,

wende Dich doch bitte einmal an Timno Mappes

http://www.musoptin.com/

Wenn der nichts dazu weiß - dann niemand!  ;)

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

obifipskenobi


Alfons Renz

Hallo Helmut,

Ganz unbekannt sind diese Mikroskope doch nicht:

Ich habe eines mit der Nummer 511, das sich nur in kleinen Details unterscheidet:
Der Hebel zum Fixieren des Kipp-Stativs fehlt und statt des Abbeschen Kondensors wird Letzterer über eine seitlich, vertikale Schraube gehoben und gesenkt.

Die Ähnlichkeiten zu zeitgleichen Leitz-Stativen ist frappant, so dass ich vermute, hier stammen zumindest einige Bauteile (Fuß aus Gusseisen und auch die Optiken) aus der selben Quelle.

Darauf deutet auch hin, das die Gravur  "Gromm und Holl; Frankfurt A.M.; Nr 511" leicht schief auf dem Tubus sitzt, so als hätte man noch wenig Erfahrung, wofür auch die niedrige Geräte-Nummer hindeutet. Und auf Ihrem Mikroskop (Nr 540) lautet die Gravur schon ...; Frankfurt a. Main;...

Denkbar wäre, dass im Ersten Weltkrieg unter dem Druck der Rüstung Teile der Produktion von den Leitz-Werke an andere Firmen abgetreten wurden.

In Frankfurt gab es übrigens ca. 50 Jahre zuvor eine Firma von Friedrich(?) Albrecht, der bei Kellner (oder Belthle) in Wetzlar gearbeitet hatte und für Philip Reis auch den Prototyp des ersten Telephons gebaut hat. Auch Ernst Leitz war möglicherweise daran beteiligt, aber da müsste ich nochmals recherchieren.

Ob es eine Verbindung zwischen der Firma Albrecht (1803 gegründet vom Vater, später Sohn) und Gromm & Holl gab, ist völlig offen. Jedenfalls hat F. Albrecht einfache Trommelmikroskope unter seinem Namen verkauft.

Vielleicht kann ein Frankfurter Mitleser des Forums etwas zu der Geschichte dieser Firmen beitragen?

Mit besten Grüßen aus Tübingen,

Alfons

obifipskenobi

Hallo Alfons

Ihres habe ich ja im Internet gefunden ..... :-)

http://www.elisabeth-barth.de/TMG/Rund/Praes/75.htm

und das zweite:

http://www.worthpoint.com/worthopedia/antique-grom-holl-microscope-gorgeous-49948476

Danke jedenfalls für die Info, dies ist sehr aufschlussreich, und man kann mit den Infos weiter recherchieren ...

Ich habe meins aus der Bucht und ist mechanisch und optisch in einem TOP Zustand, hab es für 150 Euro ersteigert .... :-) + Holzkiste + Okulare

VG Helmut

olaf.med

Lieber Alfons,

ZitatIn Frankfurt gab es übrigens ca. 50 Jahre zuvor eine Firma von Friedrich(?) Albrecht, der bei Kellner (oder Belthle) in Wetzlar gearbeitet hatte und für Philip Reis auch den Prototyp des ersten Telephons gebaut hat. Auch Ernst Leitz war möglicherweise daran beteiligt, aber da müsste ich nochmals recherchieren.

Hier handelt es sich wohl um J. V. Albert, über den man in einem Nachruf auf Wilhelm Steeg, Gründer der Fa. Dr Steeg & Reuter (mikroskopische Präparate und physikalische Apparate) lesen kann:

... Nach Frankfurt zurückgekehrt, verkaufte er (W. Steeg) bis 1854 Spielwaren bei J. V. Albert, der nebenher eine Werkstätte für physikalische Apparate betrieb und später dem Telefon-Erfinder Philipp Reis Apparateteile baute...

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Alfons Renz

Liebe Technik-Geschichte Interessierte,

Ich habe nun in meinen Unterlagen nachgeschaut:

1855, in Todesjahr von Kellner in Wetzlar, war ein Friedrich Albert aus Frankfurt bei dem aus Tübingen (Bebenhausen) stammenden Christian Friedrich Belthle angestellt, welcher bald nach Kellners Tod durch Heirat der Witwe das Optische Institut übernommen hatte.

Dieser Friedrich Albert scheint aus einer Frankfurter Familie von Händlern, Mechanikern und Optikern zu stammen:

Johann Valentin Albert (* 26. Juni 1774 in Frankfurt am Main; † 6. Januar 1856 ebenda) war ein Frankfurter Kaufmann und Mechaniker. In seinem Laden in der Frankfurter Töngesgasse verkaufte und reparierte er mathematische und physikalische Instrumente, aber auch Spielwaren und Kunst. 1803 erwarb er bei einer Versteigerung eine umfangreiche Sammlung an physikalischen Apparaturen, die den Grundstein für seine Sammlung bildeten (aus Wikipedia). Bei ihm war Wilhelm Steeg bis 1854 als Verkäufer (?) angestellt.

Dessen Sohn J(ohann) Wilhelm Albert hat 1863 mindestens 50 Exemplaren des Telephons' für Philipp Reis hergestellt (http://www.physikalischer-verein.de/index.php/verein/historisches).  J. W. Albert hatte zwei Töchter und einen Sohn:

Friedrich (Fritz) Albert, der bei Belthle als Mechaniker angestellt war. Er musste wohl schon nach kurzer Zeit nach Frankfurt zurück kehren, möglicherweise, weil sein Großvater krank wurde und am 6. Januar 1856 starb. Fritz Albert wurde Spielwarenhändler "auf der Zeil".

In meiner Sammlang habe ich ein kleines Trommelmikroskop im Mahagoni-Kasten, signiert mit: J. Wilh. Albert, Mechanikus und Optikus Schäfergasse No. 1 2. Frankfurt A.M..

Eine Firma Grom & Holl, eingetragen im Handelsregister Frankfurt am Main (No: HRA 12802) wurde am 21.09.1983 aufgelöst (Internet). Im Stürmer von 1939 findet sich ein Inserat: Meßwerkzeuge aller Art, GROM & HOLL, Frankfurt am Main (leider ohne Ortsangabe). Ansonsten brachte eine Suche mit Google keine Treffer.

Ob es eine Beziehung zwischen den Frankfurter Firmen Albert und Grom & Holl gab, ist demnach völlig unklar.

Auch nach der Quelle meiner Vermutung, dass auch Ernst Leitz an einer Verbesserung des Reis'schen Telephons beteiligt war, suche ich noch...

einstweilen herzliche Grüße,

Alfons

olaf.med

#8
Lieber Alfons,

herzlichen Dank für diese Daten.

Wilhelm Steeg war tatsächlich Verkäufer bei Albert, hat aber zu der Zeit auch schon bei ihm Kristallpräparate hergestellt. Die Kenntnisse dazu hatte er sich in den Jahren 1844 - 1846 in Paris angeeignet. Steeg machte sich 1855 selbstständig und hat noch bis mindestens 1860 regelmäßig Präparate an Albert geliefert. Eine Kopie seines "Conto-Buchs" mit vielen Hundert Positionen liegt mir vor:



Das Original ist leider verschollen.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Alfons Renz

Lieber Olaf ,

Vielen Dank für die Informationen zu Steeg. Die Welt der Mikroskope in Messing & Mahagoni war damals ziemlich klein und offenbar bestens vernetzt!

Lieber Helmut,

Hier noch Bilder meines Grom & Holl - Mikroskops (rechts), im direkten Vergleich zu einem Leitz (links):



=> Beide Mikroskope ähneln sich wie zwei Eier! Und hinsichtlich der Befestigung des Kondensors scheint es sowohl bei Leitz wie bei Grom & Holl verschiedene, aber jeweils identische Varianten gegeben zu haben.

Wobei hier wieder weitere Fragen auftauchen:



Beim Leitz-Mikroskop (es stammt aus einem Arzt-Haushalt in Tübingen) wurde heftig an der Signatur herumgeschliffen und die Nummer sehr unprofessionell eingehämmert. Wozu dieser Aufwand? Sollte da die Provenienz vertuscht werden? Und weshalb wurde auch der Namen E. Leitz überschliffen??

Meine Vermutung geht dahin, dass im Ersten Weltkrieg mehrere Firmen bei der Produktion dieses Typs von Standard-Mikroskopen ('Schul- und Feld-Mikroskop') beteiigt waren und dieser unter verschiedenen Namen vermarktet wurden.

Oder gibt es noch andere Möglichkeiten?

Herzliche Mikro-Grüße,

Alfons

Dypsis

Lieber Alfons,

warum so kompliziert? Was spräche gegen die simple These, dass es sich um ein dreistes Plagiat von Groll&Holm handelt?
Die Stellräder der Grobfokussierung an Deinem wie an Helmuts Groll&Holm weisen einen glatten Absatz um die Befestigungsschraube auf. Den gibt es bei Leitz bei keinem Stativ. Warum sollte man den Aufwand (mit Mehrkosten) treiben, eigene Räder herzustellen? Diese Differenzierung wäre keinem Käufer aufgefallen, hätte als Markendifferenzierung also gar keinen Sinn.
Die Stative ähnelten sich zu der Zeit doch eh sehr. Hier ist halt einer einfach den Weg fast zu Ende gegangen.

Herzliche Grüße
Thomas



Ich bevorzuge das forumsübliche Du!

obifipskenobi

#11
Hallo

@Dypsis
An ein Plagiat glaube ich nicht, damals kochten alle mit Wasser .... und wie du schon festgestellt hast sind die Stative aller Hersteller ähnlich zu dieser Zeit, witzig ist nur das man über die Fa. Grom & Holl absolut nichts findet ???? Und es gibt auch keine weiteren Mikroskope dieses Herstellers gleicher oder verschiedener Machart, und wie oben schon beschrieben findet man genau 2x dieses Mikroskop im Internet, das von Alfons und das eine im Auktionshaus, sonnst keins.

@Alfons
Das weitet sich ja schon fast zu einem Krimi aus :-)

@Olaf @Alfons @Dypsis
Auf jedenfalls, Danke euch für die Infos ist echt aufschlussreich.

VG Helmut

Alfons Renz

Lieber Thomas,

Gegen ein Plagiat spricht vor allem die Qualität der 'Kopie': Guss, Drehteile, Lackierung und Optik lassen sich nicht so leicht aus dem 'Nichts' produzieren. Und die Firma Grom & Holl is ein solches 'Nichts': Keine Spur, nirgendwo, außer im Stürmer.

Gegen eine eigene Produktion spricht auch die 'Produkttiefe': Ein neuer Anbieter hat üblicherweise sowohl kleine wie mittlere Stative und Zubehör im Angebot. Das hätte mit Sicherheit Spuren, auch im Internet, hinterlassen.

Da vermute ich eher, dass die Lieferanten von Leitz auch eine solche (kleinen) Vertriebsfirma bedient haben und diese 'ihre' Mikroskope aus Teilen ganz unterschiedlicher Firmen zusammengesetzt haben. Bislang lagen die Geräte-Nummern der 3 bekannten Grom & Holl Mikroskope ganz nahe beeinandr, so dass möglicherweise nur wenige Hundert (?) ingesamt geliefert wurden.

Es fällt auch auf, dass der Tubus-Flansch beim Leitz-Mikroskop ein wenig länger ist. Das ist für die Herstellung kein Problem, aber die Rundkehlung für den Zahntrieb etc. bedarf sehr präziser Fertigungsmaschinen, die sich nur bei einer Großserie lohnen.

Gerade Ernst Leitz war ja dadurch so erfolgreich geworden, weil er die Fertigung standardisierte und fließbandartig organisierte. Die Teile kamen,wie heute bei der Produktion von Automobilen, möglicherweise von vielen, 'namenlosen' Zulieferern, und bei Leitz wurde nur die Endmontage gemacht.

In Notzeiten kann dann schnell die Produktion erweitert (oder reduziert) oder vom Zulieferer auch an andere Firmen geliefert werden.

So meine Vermutung!

Herzliche Grüße,

Alfons

Werner

@ Helmut

Immer im Hinterkopf behalten, daß man im Netz nur dann was finden kann, wenn es ein freundlicher Mensch mal hineingestellt hat. Ich bedaure auch, daß es nicht viel mehr freundliche Menschen gibt, weil ich ebenfalls oft suche...
Glücklicherweise werden von einigen alte Schinken neu eingescannt, so daß sich die Situation allmählich verbessert.

Sonst bleiben nur noch die älteren Bücher, deren Literaturverzeichnis man auswerten muß.
Bei fehlendem Zugriff auf eine große Bibliothek ist das aber sehr zeitraubend.

Gruß   -   Werner


Dypsis

Lieber Alfons,

wenn die Stative wirklich zu 100% identisch sind, dann würde ich fast doch Deiner Argumentation folgen. Aaaaber: sind sie wirklich vollkommen gleich? Ich meine auf den Bildern von Dir und Helmut zu erkennen, dass die Grom&Holl Stative am Hals etwas "eckiger" und nicht so schön ausgeformt sind. Auch am hinteren Ausläufer des Hufeisens meine ich leichte Formunterschiede zu erkennen.
Klar, das sind feine Unterschiede, doch wenn sie da sind, dann wären es sehr wahrscheinlich doch nur Plagiate. Die Leitzstative waren immer sehr akkurat in der Formgebung. Auch während des Krieges.
Ich glaub ich kann mich Deiner Vermutung doch nicht anschließen  :). Auch wenn sie noch so plausibel klingt.

Herzliche Grüße
Thomas
Ich bevorzuge das forumsübliche Du!